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Komme von: Der erste Abend
Kurz nachdem ich die Frage des Professors beantwortet hatte, schien die Stunde auch schon wieder rum zu sein. Wie die Zeit manchmal verging... Am Anfang hatte ich das Gefühl gehabt die Zeit verginge nur träge, aber als ich allmählich "warm" wurde und nicht nur der alte Stoff repetiert sondern auch ein neues Thema eingebracht wurde, konnte ich den Gedanken an Elodie endlich wenigstens etwas beiseite schieben und mich gänzlich auf den Unterricht konzentrieren. Professor Howlin stellte der Gryffindor Lucia Giovanni noch eine Frage, welche sie korrekt beantwortete. Natürlich gab es auch Hausaufgaben, was ich jedoch ohne murren entgegennahm. Ich liess meine flotte Schreibfeder die exakte Frage des Professors notieren und packte schliesslich meine Bücher und Pergamente wieder ordentlich in meine Schultasche. Da dies bei mir immer etwas länger dauerte, war ich beinahe der letzte der den Klassenraum verliess und sich von Professor Howlin verabschiedete.
Die Schultasche geschultert und meine Blindenstock gewohnt in der rechten Hand, blieb ich unschlüssig wieder stehn als ich den Raum verlassen hatte. Eigentlich müsste es jetzt Mittagszeit sein. Ein Blick auf meine Armbanduhr sagte mir, dass der Unterricht pünktlich beendet wurde und sich die Grosse Halle somit mit einem Grossteil der Schülerschaft fülllen wurde. Mein "Blick auf die Armbanduhr" sah so aus, dass ich meine rechte Hand zum linken Handgelenk anhob und dort den gläsernen Deckel meiner Uhr öffnete. Mit dem Zeigefinger befühlte ich den Stand der Zeiger. Eine praktische Sache, diese Uhr. Mein Vater hatte sie so für mich umgebaut.
Auch wenn es nun eigentlich Essenzeit war, war mein Bauch noch voll von einem seltsamen, kribbelnden Gefühl und liess gar keinen Platz für etwas zu Essen. Mit dem Abbruch des Unterrichts waren nämlich umgehend die Gedanken an Elodie zurück gekehrt. Ich nahm mir vor sie zu suchen. Es gab drei Orte, an denen ich sie am Wahrscheinlichsten antreffen würde: Der Gemeinschaftsraum, die Grosse Halle oder die Bibliothek. Unschlüssig stand ich immernoch im Korridor vor dem Klassenraum. Wo sollte ich als erstes nachsehen? Ich entschied mich auf gut Glück für die Bibliothek. Vielleicht würde ich dort auch noch Joslyn antreffen.
Diesen Entschluss gefasst, wandte ich mich nach rechts und marschierte Zielstrebig los. Die Gänge waren wieder voll von Schülern, die die meisten zum Mittagessen strömten. Ob ich doch besser zuerst in der Grossen Halle nachsehen sollte? Ich verwarf den Gedanken so schnell wieder wie er gekommen war. Wenn so viele Leute gleichzeitig in der Halle waren, würde es mir schwer fallen eine einzelne Person ausfindig zu machen. Vorallem wenn es noch jemand so stilles wie Elodie war. Ich verliess mich also weiterhin auf mein Glück und ging Richtung Bibliothek weiter.
Nach wenigen Minuten erreichte ich mein Ziel und trat ein. Sogleich stockte ich auch wieder. Wie sollte ich Elodie jetzt hier finden, vorausgesetzt sie war hier? Gut durchdacht, Severin. Raunte ich mir selbst in Gedanken zu, während ich wie bestellt und nicht abgeholt stehen blieb. Es war ziemlich still in der Bibliothek, nur leise konnte ich Stimmen vernehmen, aber es war mir unmöglich sie jemandem zu zuordnen. "Kann ich ihnen helfen, Mr. Montague?" Hörte ich plötzlich Mr. Koohorn's Stimme neben mir und ich kam mir reichlich dumm vor. Ja Mr. Koohorn, können sie mir bitte sagen ob Elodie Rhytem hier ist? Dachte ich lakonisch, sprach die Frage jedoch nicht aus. "Ich äh... ja, könnten sie mir sagen ob Joslyn hier ist oder hier war?" Fragte ich dann nach meiner Schwester. Der Bibliothekar wusste dass ich oft mit ihr zusammen las und so würde ihn diese Frage wohl weniger wundern als die nach Elodie. Zudem wollte ich nicht dass er wusste das ich nach ihr suchte. Ich hätte den Grund dafür nicht benennen können, aber ich fand das ging den Bibliothekar nichts an. "Nein, Josyln war noch nicht hier." Antwortete er mir und ich nickte knapp. "Vielen Dank." Fügte ich an und ich konnte hören, wie sich die kleinen, trippelnden Schritte Koohorns entfernten.
Unschlüssig stand ich wieder da. Ich wusste immernoch nicht ob Elodie nun hier war oder nicht. Erneut kam ich mir reichlich dumm vor. Am Besten wäre wohl ich würde doch in die Grosse Halle gehen und unauffällig Joslyn nach Elodie fragen. So drehte ich mich auch schon wieder ab um die Bibliothek wieder zu verlassen.
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Komme von: Ein neuer Tag
Kaum hatte ich gesehen, dass sich die Türe öffnete und Severin in die Bibliothek kam, waren meine Gedanken nicht mehr bei dem Gespräch mit Natalia. Ihre Worte zogen an mir vorbei wie ein Rauschen und ich musste mich anstrengen, aufzupassen, was sie eigentlich sagte, damit ich antworten konnte. Gebannt verfolgte ich, wie Severin langsam herein ging und der Bibliothekar auf ihn zugetrippelt kam. Es war ein recht kleiner Mann, ein Kobold und er schaute aus, wie man sich einen typischen Bibliothekar vorstellte.
»Ich glaube, ich sollte mal was Essen, das hab ich nämlich heute noch nicht getan. Hast du schon was gegessen? Wenn nicht, dann könnten wir ja zusammen in die Große Halle, es sei denn du hast noch was anderes vor.«, hörte ich Natalia sagen und zuerst nachdenkend, was sie eigentlich gesagt hatte, antwortete ich. »Äm was?... Sorry, ich… Nein, ich hab noch nicht gegessen… Aber ich… Ich muss jetzt gehen… Treffen wir uns heute Nachmittag noch? Das halt ich sicher ein… Also, dass du mir da zeigen kannst, was du vor hattest… Und… Wegen der Schülerzeitung und so… Ich schau, dass ich heut noch alle benachrichtig deswegen, damit wir das bald besprechen können… Man sieht sich später wieder, OK? So irgendwann während dem Auswahltraining, da geh ich ja nicht hin…« Ich stand auf und verabschiedete mich, wollte zu Severin gehen.
Langsam ging ich ein zwei Schritte nach vor, kam ihm näher und blieb in einigem Abstand stehen, so dass ich zwar die Unterhaltung mit dem kleinen Kobold mitbekam, er mich aber nicht hören konnte und auch der Bibliothekar nicht auf mich aufmerksam wurde. »Kann ich ihnen helfen, Mr. Montague?«, bekam ich gerade mit, als ich von Natalia weggegangen war. Ich blieb stehen und lauschte, was nun als Antwort kam, was er hier suchte, oder wen. »Ich äh... ja, könnten sie mir sagen ob Joslyn hier ist oder hier war?«
»Nein, Josyln war noch nicht hier.« und nach den Worten trippelte Mr. Koohorn wieder weg. Das »Vielen Dank« von Severin hatte er noch bekommen, als dieser erst ein wenig unschlüssig stehen blieb, sich dann aber umdrehte und langsam wieder zum Ausgang ging.
Als er langsam wieder Richtung Ausgang ging, zögerte ich erst, beeilte mich dann aber, ihn einzuholen. Vorsichtig ging ich von der Seite her zu ihm, um ihn nicht zu erschrecken. »Hallo Severin…«, begrüßte ich leise und dann legte ich ganz leicht meine Hand auf seinen Arm, um ihm zu zeigen, wo ich war. »Wie geht es dir… Gut… Gut geschlafen?«, fragte ich ihn schüchtern. Ich wusste ja nicht, ob er überhaupt mit mir reden wollte, hatte ich ihn doch einfach aufgehalten, wobei er doch nach Joslyn gesucht hatte. »Ich… Hast du Zeit?... Will dir unbedingt was erzählen und wissen, was du davon hältst…«, fragte ich ihn dann. Ich wollte ihm doch auch von der Idee erzählen, hatte ich doch ursprünglich nach ihm gesucht. Immer noch lag meine Hand sachte auf seinem Arm und als ich das bemerkte, zog ich sie hastig und leicht errötend zurück.
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Ich muss gestehen, ein wenig enttäuscht war ich schon, Elodie noch nicht gefunden zu haben. Gerade als ich meine Hand nach dem Türknauf ausstreckte um die Bibliothek zu verlassen, fiel mir ein das ich gar nicht wusste was ich eigentlich von Elodie wollte. Was hätte ich denn zu ihr gesagt, hätte ich sie gefunden? Je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr fiel mir auf, dass ich mir darüber gar keine Gedanken gemacht hatte. Vielleicht war es doch ganz gut, dass sie nicht hier war. Ich wäre mir ziemlich dumm vorgekommen vor ihr zu stehen und gar nicht zu wissen, warum ich sie überhaupt gesucht hatte.
Als ich meine Hand um den Türknauf legte, hörte ich Schritte auf mich zukommen. Täuschte ich mich oder waren das...? Nein, nein, bestimmt war das nur Wunschdenken. Freundlich wie ich war, wollte ich demjenigen der an die Tür trat, ebenjene aufhalten um sie vor mir zu passieren. Etwas irritiert runzelte ich die Stirn als mich jemand am Arm berührte. "Hallo Severin." Meine Mine hellte sich schlagartig auf als ich die Stimme erkannte. Es war doch Elodie! Ich drehte mich zu ihr um, erfreut sie doch gefunden zu haben.
»Wie geht es dir… Gut… Gut geschlafen?« Fragte sie mich schüchtern, was ich irgendwie niedlich fand. "Hallo Elodie. Ich habe gut geschlafen. Ich hoffe du auch?" Antwortete ich nicht ganz wahrheitsgemäss. Geschlafen hatte ich zwar gut, aber nicht sonderlich viel. Elodie brauchte jedoch nicht zu wissen, dass sie die Ursache für mein Schlafmangel war und so zog ich diese winzige Notlüge vor. Ob ich etwas Zeit hätte, fragte Elodie mich, weil sie mir etwas erzählen wollte. Ohne zu zögern nickte ich. "Natürlich. Wollen wir zusammen essen? Dann kannst du mir alles erzählen." Fragte ich sie und war innerlich erleichtert darüber, dass sie auf mich zu kam und ich mir so nicht irgend einen Grund aus den Fingern saugen musste um sie anzusprechen.
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