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Komme von: Von Schulsprecher zu Schulsprecher
Es schien eine dreifache Ewigkeit zu dauern bis Elodie antwortete. Zum wiederholten Male verfluchte ich mich selbst einen so dicken Pullover angezogen zu haben, welcher die Wärme in meinem Körper regelrecht anstaute. Hatte ich zuviel gesagt? Sie überrumpelt? Wie unbedacht von mir! Ich musste ihr wohl viel zu draufgängerisch erscheinen. Warum zum Teufel sagte sie denn nichts...!?! Mein Herz begann noch wilder zu pochen - sofern dies denn überhaupt möglich war und ich bemerkte, dass meine Hände leicht zitterten. Ich faltete sie in meinem Schoss um das Zittern zu unterdrücken, verspürte jedoch zeitgleich den Drang mir etwas Luft zu zu fächeln. Nur schwer wiederstand ich diesem Drang und hielt meine Hände verschränkt.
»Unvorhergesehene Gefühle?... Was… was für welche?« Antwortete Elodie schliesslich und dennoch war ich nicht im geringsten erleichtert. Nungut, offenbar waren meine Befürchtungen vergeblich gewesen. Sie war weder wütend noch hielt sie mich für aufdringlich oder draufgängerisch. Das war durchaus positiv. Aber diese Frage.... Was sollte ich antworten? Hätte ich doch meinen Mund gehalten...
Nervös spielten meine Finger der einen Hand mit den Fingern der anderen. Konnte es so schwer sein offen zu sein und meine Gefühle in Worte zu fassen? War ich mir überhaupt sicher was ich fühlte? Und wovor hatte ich genau Angst? Ablehnung? In Sekundenschnelle taten sich mir all diese Fragen auf und trugen nicht gerade dazu bei, eine Antwort auf Elodies leise geflüsterte Frage zu finden. Dazu die lärmige Atmosphäre in der Halle... War dies der richtige Ort um solche... Dinge zu klären? Man mochte mich romantisch nennen, aber ich empfand es eher als sehr unpassend und störend.
"Ich... wollen wir nicht lieber draussen weiter reden?" Sagte ich schliesslich und erhob mich. Hastig stand sie ebenfalls auf, was ich als eine Zustimmung deutete. Eilig ging sie um den Tisch und trat schliesslich neben mich und legte ihre Hand auf meine. »Ich… kann dich auch führen… Wenn du möchtest…« Zunächst hatte sich ein Lächeln angebahnt als ich ihre Hand auf meiner spürte. Doch das Lächeln erlosch ehe es den Weg auf meine Lippen fand. Mich... führen...? Dachte sie denn dass dies nötig wäre? Ich runzelte meine Stirn und schürzte die Lippen. Bloss weil ich blind war bedeutete dies nicht, dass mir alles vorgekaut werden musste. Gerade wollte ich dazu ansetzen ihr genau dies zu sagen, dass ich keine Hilfe benötigte und schon gar keine Führung durch ein Gebäude und eine Umgebung, welche zu meiner Heimat geworden war. Doch statt dieser Worte brachte ich ein "In Ordnung." über die Lippen. Bestimmt hegte Elodie nicht die Absicht mich bevormunden zu wollen. Zudem hatte ich ja eigentlich nichts gegen ihre Nähe auszusetzen. Bei diesem Gedanken fand das Lächeln dennoch den Weg auf meine Lippen. Nein, daran hatte ich wahrlich nichts auszusetzen.
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Komme von: Von Schulsprecher zu Schulsprecher
Als er seine Hände im Schoß verschränkte, folgte ich seiner Geste, blickte nachdenklich zu ihm, mit klopfendem Herzen und legte mir meine Worte in Gedanken zurecht, bevor ich endlich antwortete. Ich durchbrach endlich das Schweigen zwischen uns und irgendwie war es erleichternd. Vielleicht deswegen, weil eine gewisse Spannung in der Luft lag, zumindest empfand ich es so, ob Severin sie auch spürte? Als ich endlich redete, ihn fragte, was für unvorgesehene Gefühle denn, schien er nun ebenso Zeit zu brauchen für eine Antwort wie ich. Allerdings ließ mich das Wissen darum nicht geduldiger werden. Nervös blickte ich in seine Richtung, wartete mit klopfendem Herzen, doch er schien nicht reden zu wollen. Unauffällig wischte ich mir meine Hände an der Hose ab, denn wieder fingen sie an zu schwitzen, wieder spürte ich an meinem ganzen Körper die Nervosität.
»Ich... wollen wir nicht lieber draußen weiter reden?«, meinte Severin dann endlich und ich nickte, antwortete dann aber auch schnell »Ja… Ich denk… dort ists leiser… Und gemütlicher.« Als wir dann aufstanden, um nach draußen zu gehen, trank ich noch schnell meinen Saft zu Ende. Ich denke, ich konnte die Flüssigkeit gut gebrauchen, so oft, wie mir meine Kehle trocken wurde. Ich sah, dass meine Hände leicht zitterten und kurz blieb mein Blick fasziniert auf diesen, bevor ich mich beeilte zu Severin zu eilen, um ihm meine Hilfe anzubieten.
Als ich meine Hand auf seine legte, sah ich, dass er lächelte und mein Herz machte einen Satz. Er freute sich. Doch dann verschwand es genauso schnell wieder und fast hätte ich meine Hand wieder zurückgezogen wie als hätte ich mich verbrannt, doch ich ließ sie bei ihm, allerdings fing sie heftig an zu zittern. Ich hatte das Gefühl etwas falsch gemacht zu haben und mit großen, fragenden Augen schaute ich ihn an. Was hatte ich getan, was ihn verärgert hatte? Was hat sein Lächeln fort gewischt? Ich räusperte mich kurz, wollte fragen, was ich getan hatte, dann hörte ich von ihm ein »In Ordnung.«, das allerdings recht gepresst klang und nicht sonderlich erfreut. Immer noch zitterte meine Hand und ich wollte sie nun doch wegziehen, als er endlich wieder lächelte. Erleichtert blickte ich ihn an, und ein zögerndes Lächeln fand den Weg zu meinen Lippen. Ich wollte ihn nachher fragen, erst einmal die Halle verlassen…
Gemeinsam, er neben mir, meine Hand auf der seinen, gingen wir aus der großen Halle hinaus. Einige schauten mich merkwürdig an, als ich an ihnen vorbei ging und die jüngeren unter ihnen fingen sofort an heftigst zu tuscheln. Ich versuchte es zu ignorieren, doch es gelang mir nicht ganz. Mein Gesicht wurde rot und ich sandte einige wütende Blicke in die Richtung derer, was allerdings nur ein allgemeines Kichern auslöste. Ich schaute schnell weg von diesen Schülern und beschleunigte meinen Schritt ein wenig, ich wollte hier raus. Dennoch passte ich auf, dass Severin immer freie Bahn hatte, was dadurch erleichtert wurde, dass die Schüler vor seinem Weg ihm automatisch auswichen. Jeder kannte ihn.
Endlich waren wir aus der Halle und ich schlug den Weg zum Eingangstor ein, das nicht all zu weit entfernt war und durchschritt dieses mit Severin. Kaum waren wir draußen, atmete ich etwas freier. Hier beobachteten uns nicht so viele Gesichter wie in der Großen Halle, hier war es auch ruhiger. Es war nicht all zu warm, auch die Sonne schien nicht, aber das störte mich wenig. Ich geleitete Severin zu einem der Bänke, die in der Nähe des Eingangs standen. Hier war wie ein kleiner Park angelegt. Wiese und unter den Bäumen waren jeweils Rundbänke, die um den Baum herum gingen. Zu einer von diesen führte ich ihn und setze mich neben ihn. Erst dann wagte ich, meine Hand von der seinen zu nehmen, nur zögernd, und schaut ihn an.
»Ich… Hab ich vorhin was Falsches gesagt? Ich wollt dir nicht… zu Nahe treten… Was? Was hab ich denn falsch gemacht?«, fragte ich ihn vorsichtig, den Blick nicht von ihm abwendend. Meine Hände hatte ich in meinem Schoß gefaltet und dieses Mal saß ich wesentlich näher bei ihm als vorhin und auch als gestern Abend. Mir war seine Nähe unheimlich intensiv bewusst und sie verwirrte mich ein wenig. Ich lehnte mich ein wenig zurück und schloss kurz die Augen um es einfach zu genießen… Die Stille, die Luft. Ich liebte es, heraußen zu sein…
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Eigentlich war es doch gar nicht so schwer, über seinen eigenen Schatten zu springen. Im Grunde fühlte es sich doch ganz gut an. Zunächst schien Elodie verwirrt gewesen zu sein über meine Abweisung, denn ihre Hand zitterte und ich konnte es ihr nicht verübeln. Schliesslich konnte sie nicht wissen, wie ihr gut gemeintes Angebot auf mich wirken musste. Ich wollte sie doch nicht vor den Kopf stossen und so war auch ich erleichtert, als sie ihre Hand auf meine etwas grobe Art nicht zurückzog sondern sie auf meiner liegen liess.
Gemeinsam verliessen wir die Grosse Halle und obwohl ich die Blicke der anderen Schüler und Schülerinnen nicht sehen konnte, wusste ich dass wir angestarrt wurden. Schliesslich waren wir beide Schulsprecher und somit den meisten wohlbekannt. Dazu kam dass wir beide bisher noch nie durch eine Beziehung aufgefallen wären und beide eher als Bücherverliebt galten. Sollten sie sich doch ihre Münder über diese neuen Umstand zerreissen, dass die beiden Schulsprecher Hand in Hand durch die Halle schlenderten. Bloss Joslyn sollte das nicht unbedingt zu Ohren kommen, sie käme wohl nur auf die dumme Idee uns gänzlich verkuppeln zu wollen. Nicht das ich grundsätzlich etwas dagegen hätte Elodie näher zu kommen, aber ich war mir eigentlich sicher dass ich auch diese Herausforderung des Lebens ohne die Hilfe meiner Schwester schaffen würde.
Obwohl Elodie mir nicht sagte wohin sie mich führte, wusste ich wohin sie mich leitete. Schliesslich kannte ich das Schlossgelände in und auswendig. Die Rundbänke waren ein beliebter Ort, doch um diese Zeit eher mager besetzt. Elodie lenkte uns zu einer der Bänke und ich liess mich darauf nieder, sie setzte sich zu meiner Linken. Zu meiner Rechten lehnte wie gewohnt mein Stock den ich zwar nicht immer benötigte aber immer bei mir trug. Vorwiegend aus dem Grund um andere darauf aufmerksam zu machen, dass ich Blind war. Weder wollte ich damit Mitleid erhaschen noch Hilfe, sondern nur kennzeichnen, dass ich möglicherweise nicht ausweichen konnte, sollte sich mir jemand in den Weg stellen.
»Ich… Hab ich vorhin was Falsches gesagt? Ich wollt dir nicht… zu Nahe treten… Was? Was hab ich denn falsch gemacht?« Fragte Elodie kaum hatten wir uns gesetzt und ich musste ein leises Aufseufzen unterdrücken. Was sollte ich denn darauf antworten? Dass ich schlicht zu Stolz war? Das wäre natürlich die Wahrheit gewesen, aber erstens gab ich dies nicht gerne zu und zweitens wollte ich sie nicht abschrecken. "Ich komme ganz gut alleine klar, weisst du, nur wollen das einige nicht unbedingt einsehen. Besonders Joslyn würde mir wohl am liebsten noch das Essen vorkauen. Manchmal ist es mir dann einfach zuviel, wenn mir jemand seine Hilfe anbietet." Antwortete ich schliesslich. Dies entsprach durchaus der Wahrheit, auch wenn ich das Detail mit dem Stolz wegliess. Wahrscheinlich würde sie nun ohnehin von selbst darauf kommen.
Auf Elodies Frage welche sie mir noch in der Halle gestellt hatte, antwortete ich vorerst nicht. Vielleicht hatte ich ja Glück und kam um eine Antwort herum? Denn ich wusste immernoch nicht was ich antworten sollte obwohl ich die ganze Zeit darüber nachgedacht hatte, während wir schweigend nebeneinander hergegangen waren.
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Kaum waren wir angekommen, setzte sich Severin so wie ich und lehnte seinen Stock an die andere Seite. Normalerweise fiel mir das Ding nie auf, es gehörte schon so sehr zu ihm, dass er ohne doch recht ungewohnt war. Kaum hatte ich meine Frage gestellt, blickte ich ihn fragend an, wandte meinen Blick nicht von ihm ab, um seine Reaktion beobachten zu können. Langsam gewöhnte ich mich daran damit umzugehen, dass er blind war. Ich merkte, dass es mir leichter fiel zu reden anstatt zu nicken, weil ich wusste, dass er es nicht sah. Auch dass ich ihn eigentlich immer anschauen konnte, ohne dass er sich angestarrt fühlte, fiel mir langsam leichter. Normalerweise blickte ich niemanden so lange an, doch er würde es nicht bemerken, oder doch?
»Ich komme ganz gut alleine klar, weißt du, nur wollen das einige nicht unbedingt einsehen. Besonders Joslyn würde mir wohl am liebsten noch das Essen vorkauen. Manchmal ist es mir dann einfach zuviel, wenn mir jemand seine Hilfe anbietet.«, kam dann seine Antwort. Irgendwie verstand ich ihn und andererseits verletzte es mich auch aus irgendeinem unerfindlichen Grund. Ich sagte doch nicht, dass er ein kleines Kind war! Ich wollte doch nur in seiner Nähe sein. Das war doch etwas ganz anderes! Doch konnte ich ihm das sagen? Nein, ich wagte es nicht. Natürlich wollte ich ihm auch helfen, aber doch nicht, weil ich nicht glaubte, dass er es alleine nicht konnte! Sondern einfach… weil es mir gefiel, ihm zu helfen.
»Ich…«, wieder schloss ich meinen Mund. Was sollte ich eigentlich genau sagen? Was wollte ich sagen? Ich wusste es nicht. Kurz überlegte ich noch einmal, bevor ich noch einen Anlauf startete. »Ich wollte doch nicht… Ich wollte…« Irgendwie schien das nicht ganz zu klappen zu sagen was ich wollte. »Ichwolltedichdochnichtkränkenichwolltedichdochnurkurzberührenich….«, stammelte ich in einem vor mich hin und wurde knallrot. Ich umschlang meinen Körper und auch meine Beine, hielt mich selbst fest und lehnte mich zurück. Ich hatte keine Ahnung, wie er reagieren würde und am liebsten hätte ich mich in ein Schneckenhaus verkrochen oder mein Gestammel zurückgenommen, doch nun hatte ich es gesagt und ich hatte mit den Konsequenzen zu leben.
Dass es um seinen Stolz ging, dass es ihn ärgerte, wenn ihm jeder helfen wollte, verstand ich. Ich glaub, ich würde auch ziemlich genervt reagieren, wenn mir jeder sagen wollte, was ich wie tun sollte. Ich würde wohl auch so reagieren… Dennoch… Ich wollte ihn doch nicht kränken…
Immer noch dachte ich daran, was ich ihn vorhin gefragt hatte, doch er hatte noch nicht geantwortet. Ich überlegte, ob ich ihn noch einmal fragen sollte, doch im Moment traute ich mich nicht. Ich hatte mich gerade – meiner Meinung nach – unheimlich blamiert und ich hoffte, dass er es übergehen würde und mich nicht auslachen. Ich hatte wirklich Angst davor, dass er mich auslachen würde….
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Ich selbst hatte eigentlich das Gefühl gehabt, mich sehr diplomatisch ausgedrückt zu haben. Elodie schien es jedoch überhaupt nicht so zu ergehen. Ich hatte ein einfaches "ich verstehe" oder etwas ähnliches zur Antwort erwartet. Oder vielleicht auch so etwas wie Erleichterung darüber, dass ich sie nicht abweisen wollte. Doch Elodie schien meine versöhnlich gemeinten Worte in den komplett falschen Hals bekommen zu haben, denn ich konnte ihre aufsteigende Nervosität fast körperlich spüren.
»Ich…« Setzte sie dazu an etwas zu sagen und verstummte sofort wieder. Sie startete einen zweiten Versuch mir etwas mitzuteilen, doch konnte ich auch dem folgenden Gestammel noch keinen Sinn entnehmen. Was zum Teufel hatte ich gesagt dass es sie derart aus der Bahn warf?! Ich hatte doch nur beschwichtigen Wollen. Das schien mir ja wunderbar gelungen zu sein... »Ichwolltedichdochnichtkränkenichwolltedichdochnurkurzberührenich….« Kam es beim dritten Anlauf von Elodie und ich muss zugeben, dass ich reichlich Mühe hatte sie zu verstehen. Und noch mehr Mühe bereitete es mir, ihre Worte einzuordnen, zu registrieren, zu begreifen. Sie wollte.. Sie hatte... Sie... Weiter kamen meine Gedanken nicht. Hätte ich die Gedanken auszusprechen versucht, hätte ich wohl ziemlich ähnlich geklungen wie Elodie davor. Ich bemerkte das Elodie auf diese Worte hin zurückzuziehen schien. Nicht im wörtlichen Sinne natürlich, obwohl sie sich etwas von mir wegbewegte. Leider konnte ich ihre Haltung nicht sehen, vielleicht hätte ich dann besser verstanden. Ihre Angst ich könnte sie auslachen war völlig unberechtigt, denn nichts läge mir in diesem Moment ferner, als zu lachen.
Für einige Augenblicke herrschte wieder jenes gespannte Schweigen zwischen uns. Was sollte ich nun sagen...? Ich wollte mir meine Worte unbedingt vorerst gedanklich zurecht legen um erstens ein weiteres Missverständnis zu vermeiden und zweitens um nicht zu stammeln sondern sicher sprechen zu können.
Es dauerte meinem Gefühl nach Stunden, bis ich endlich antwortete, doch in Wirklichkeit war es kaum eine Minute. Worauf wartest du noch? Hatte mich eine leise Stimme gefragt. Ich wusste es nicht. Hatte Elodie nicht soeben auch gezeigt, dass sie... "unvorhersehbare Gefühle" hatte? Warum sollte ich diesen Faden nun also nicht aufgreifen und weiter spinnen? Es gab im Grunde nichts zu befürchten. Oder...? Nein, gab es nicht. Dennoch war ich nervöser als ich es je gewesen war. Selbst die ZAG's hatten mich damals nicht so sehr aus der Bahn geworfen.
"Elodie..." Setzte ich an und wollte ihre Hand ergreifen. Ich tastete die wenigen Zentimeter über die Bank zu der Stelle, an der ungefähr ihre Hand zu finden sein müsste. Doch scheinbar hatte ich Elodies Haltung falsch eingeschätzt, denn dort wo ihr Knie und die darauf liegende Hand zu finden sein sollte, fand ich ihren Knöchel. Etwas verwirrt über diese Tatsache runzelte ich die Stirn. Demnach musste ihre Hand als einfach etwas weiter oben auf ihrem Knie liegen. Wahrscheinlich hatte sie einfach die Beine angezogen. Also hob ich meine Hand an um die ihre weiter oben zu ergreifen, doch dort stiess ich auf einen Ellenbogen und wieder nicht auf ihre Hand. Wie dumm von mir das ich erst jetzt erkannte... Sie sass da, als wollte sie sich selbst umarmen. Aber... aber ich war doch da... Ich würde sie gerne umarmen, sie beschützen, trösten oder Geborgenheit spenden. Was sie in diesem Moment eben gerade brauchte.
Ich wusste selbst nicht woher ich plötzlich den Mut nahm meinen Arm weiter anzuheben und ihn um ihre Schulter zu legen und sie so sachte seitlich an mich zu ziehen. Vielleicht war es dieses überwältigende Bedürfnis für sie da zu sein, sie glücklich zu machen. Was gäbe es denn schöneres auf der Welt, als Elodie Ryhtem glücklich zu wissen?
Meine wenigen zurecht gelegten Worte erschienen mir jetzt wieder unpassend. Ich schwieg weiterhin, doch die Spannung schien aus dem Schweigen gewichen zu sein. Eher wirkte es jetzt vertraut auf mich. Ich hatte ohnehin das Gefühl mit meiner Geste mehr gesagt zu haben, als ich es mit Worten hätte ausdrücken können.
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Als ich mein Gestammel losgeworden war, hatte ich mich an die Lehne zurückgezogen. Irgendwie wusste ich im Moment einfach nicht so recht, was ich tun, sagen oder denken sollte, geschweige denn was fühlen. Nun, das alles wurde davon überlagert, dass mein Herz verrückt spielte und ich in Gedanken nur noch flehte, dass Severin mich nicht auslachen solle. Mein Körper begann regelrecht zu zittern vor Angst und fast schon Panik. Er war so still, so ruhig, sagte nichts und ich begann immer mehr daran zu zweifeln, dass es sonderlich intelligent war, was ich da vor mich hingebrabbelt hatte, beziehungsweise dass ich es getan hatte. Warum nur konnte man nicht die Zeit zurück drehen? Warum nur konnte man Dinge nicht rückgängig machen, die man gesagt oder getan hatte. Ich glaube, das wäre etwas gewesen, das ich sofort geändert hätte…
»Elodie...«, hörte ich seine Stimme und ich hob leicht meinen Kopf an und blickte in seine Richtung, nachdem ich ihn kurz auf meine Knie gelegt hatte. Seine Hand näherte sich mir und ich beobachtete, wie er seine hand auf meinen Knöchel legte. Ich blieb ganz ruhig, sagte nichts, beobachtete ihn nur weiter, doch ich spürte, wie seine Berührung Hitzewellen in meinem Körper auslöste. Seine Hand war warm, die Haut weich und er berührte mich nur ganz leicht. Er nahm seine Hand wieder weg und in seinem Gesicht sah ich, wie es hinter der Stirn arbeitete, doch viel zu fasziniert war ich von seinen Händen und meine Augen wandten sich diesen wieder zu, als sich die Hand auf meinen Ellbogen legte. Immer noch sagte ich rein gar nichts, doch leise drang ein Seufzen über meine Lippen, bevor ich darauf biss. Ich wollte nicht sagen, wie ich mich fühlte, hatte zu sehr Angst vor seiner Reaktion, wusste doch im Moment schon nicht, was eigentlich hier mit uns geschah…
Doch hier war nicht das Ende. Wieder hob Severin seinen Arm an und legte ihn sanft auf meine Schulter, die unter der Berührung immer noch leicht bebte. Ganz leicht zog er mich zu ihm und mit einem schon fast erleichterten Seufzen gab ich nach und ließ mich zu ihm ziehen. Es war, als würde die ganze Spannung von mir abfallen und ich kuschelte mich an ihn. Warum ich mich das traute wusste ich nicht, vermutlich weil er gezeigt hatte, dass er mich mochte? Keine Ahnung, ich wusste nur, ich fühlte mich wohl. Ich schloss die Augen und legte meinen Kopf leicht auf seine Schultern und mein Herz raste in einem Tempo, das ich schon fast nicht mehr für möglich gehalten hatte, dass das möglich war.
Ich wusste nicht, wie lange ich einfach an ihn gekuschelt da saß, mit geschlossenen Augen und seine Nähe genoss. Langsam löste ich dann meine Hände und begann zaghaft mit der einen nach seiner Hand zu suchen, berührte leicht seine Brust, fuhr über diese hinweg, ihn kaum berührend und wenn dann nur leicht zitternd, bis ich seinen Arm gefunden hatte, den ich entlang glitt, bis ich die Hand erreicht hatte, in die ich dann meine hinein kuschelte. Langsam öffnete ich dann meine Augen und blickte einfach vor mich hin ohne etwas zu sagen, bis ich dann doch endlich meinen ganzen Mut zusammen nahm und die Frage, die mich die ganze Zeit beschäftigte und durch meinen Kopf schwirrte, auszusprechen. »Severin… Was? … Was geschieht hier mit uns gerade? … Was? … An was denkst du?« Meine Stimme war leise, doch all zu laut musste ich auch nicht sein, lag mein Kopf doch immer noch auf seiner Schulter.
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Leicht bebte Elodies Schulter, als ich meine Hand darauf legte. Sie zitterte am ganzen Leib. Ich glaubte nicht dass ihr Kalt war, denn obwohl das Wetter bereits eher herbstlich denn spätsommerlich war, sassen wir doch nahe beieinander und ich konnte selbst durch unsere Kleidung hindurch die Wärme ihres Körpers spüren. Wesswegen zitterte sie also? Wollte sie doch nicht dass ich sie berührte? Dagegen sprach jedoch das fast erleichtert klingende Seufzen und dass sie sich an meine Schulter lehnte. Sollte ich nachfragen? Irgendwie hatte ich das Gefühl dass Elodie etwas bedrückte. Bereits am Vorabend als ich unvermittelt Tränen auf ihren Wangen gespürt hatte, wurde ich den Eindruck nicht los dass sie mehr bedrückte, als sie mir anschliessend verriet.
Als Elodie schliesslich sacht über meine Brust strich - was eine leichte Schauer durch meinen ganzen Körper jagen liess und eine Gänsehaut verursachte - war ich mir wenigstens sicher, dass ihr Zittern nicht an meiner Berührung lag. Sie legte ihre Hand in meine und ich umschloss die ihre. Sacht strich ich mit meinem Daumen über ihren Handrücken und zog sie etwas näher an mich heran. Ich genoss einfach ihre Nähe und auch sie schien für den Moment jegliche Worte als überflüssig zu erachten.
Ich nutzte die eingekehrte Stille jedoch nicht bloss um ihre Nähe, ihre Wärme und die Berührung zu geniessen. Ich versuchet auch meine Gedanken etwas zu ordnen und zu lichten. Nicht dass mir das einfach gefallen wäre... Mein letztes Hogwartsjahr schien einiges für mich bereit zu halten. Noch vor wenigen Tagen war ich der Überzeugung gewesen, nichts könnte mir wichtiger sein als die UTZs mit Bravour zu bestehen. Doch nun hatte ich den Eindruck, das es vielleicht doch etwas geben könnte, das mich von lernen abhalten würde. Zumindest zeitweise....
»Severin… Was? … Was geschieht hier mit uns gerade? … Was? … An was denkst du?« Unterbrach plötzlich Elodies Stimme meine Gedankengänge. Nun ich war ansonsten wirklich nicht begriffstutzig, aber Elodie schaffte es nun zum wiederholten Male, dass mir die Worte fehlten. Eigentlich war die Antwort auf ihre letzte Frage sehr simpel. Ich hätte bloss "an dich" sagen müssen. Aber es viel mir schwer das auszusprechen. Warum? Tja, darauf wüsste ich die antwort selbst sehr gerne. Vielleicht ging es mir einfach ein wenig zu schnell? Schliesslich hatte ich zuvor noch nie solche Gefühle gehegt und meines Wissens auch nicht entgegen gebracht bekommen.
"Ich weiss nicht. Ich für meinen Teil bin gerade ziemlich verwirrt." Sagte ich mit einem amüsierten Unterton, um die Situation etwas aufzulockern. "Was denkst du denn?" Stellte ich nun die Gegenfrage. Die Spannung auf ihre Antwort liess mein Herz erneut einen Gang zulegen.
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Sobald ich seine Hand gefunden hatte, ließ ich meine in die Seine gleiten, die Berührungen, diese Nähe genießend, die mich fast schwindlig werden ließ vor Glück. Er mochte mich! Er mochte mich wirklich. Sonst wäre ich ihm nie so nahe gekommen, sonst wäre er nie so lieb zu mir, so vorsichtig und zärtlich. Als sein Daumen leicht über meinen Handrücken strich, schloss ich erst die Augen, um seine zaghaften Berührungen zu genießen. Langsam fing auch ich an, mit meinen Fingern, so gut ich es konnte, seine Haut zu streicheln, zärtlich zu ihm zu sein, wie ich es mir sehnlichst wünschte.
Es war einfach wunderschön, hier mit ihm zu sitzen und ihm nahe zu sein. Zu wissen, oder eher zu glauben und zu hoffen, dass er für mich das Gleiche fühlte, wie ich für ihn. Ich hätte nie gedacht, dass mir so etwas passieren konnte, dass jemand auch nur das geringste Interesse an mir zeigte. Aidan… Ich hatte mich in ihn verliebt… Doch er hatte mich nicht einmal zur Kenntnis genommen. Nun bahnten sich die gleichen Gefühle wieder an, ich war daran, mich zu verlieben, in einen, der die ganzen letzten Jahre ein einfacher Schulkollege gewesen war. Wie war so etwas möglich? Wie hatte das einfach so und erst jetzt passieren können? Was hatten wir anders gemacht, als die Jahre zuvor? War es einfach das, dass wir miteinander geredet hatten, uns gut verstanden hatten? Ich wusste es nicht.
Ich fragte mich, ob ihm ähnliche Gedanken durch den Kopf gingen. Ich wollte ihn so gerne mehr berühren… Ihm nahe sein, die ganze Zeit und ich hasste jetzt schon den Moment, an dem ich mich wieder von ihm trennen musste, und wenn es nur das war, dass ich in den einen und er in den anderen Schlafsaal ging. Er zog mich noch näher zu sich und ich legte auch meine zweite Hand auf seinen Körper, einfach, um noch mehr von ihm zu berühren, strich sachte über die Stelle an seiner Seite, die ich erreichte und war einfach nur glücklich. Als ich ihn dann fragte, fragte, was ihm durch den Kopf ging, was mit uns vorging und ob er es sich erklären konnte, öffnete ich wieder meine Augen, wich aber keinen Millimeter weg von ihm. Ich wollte diese Nähe nicht aufgeben, diese Vertrautheit, die wir teilten.
»Ich nicht. Ich für meinen Teil bin gerade ziemlich verwirrt. Was denkst du denn?«, fragte er mich, nachdem er mit einer leicht belustigten Stimme geantwortet hatte. Meine Lippen verzogen sich zu einem leichten Lächeln und ich hob leicht den Kopf an und wartete, bis er mich anblickte. Er war mir so nah, so schrecklich nah, dass ich seinen Atem spürte und mein Herz spielte verrückt. Mit leiser Stimme antwortete ich dann. Ich wusste, es war verrückt, es war verrückt, das zu sagen, doch ich wollte wissen, was er dachte, was er fühlte und wenn er es nicht verriet, so musste ich wohl den Anfang machen, auch wenn ich das Gefühl hatte, dass man das Klopfen des Herzens bis zum Tor von Hogwarts hören konnte.
»Ich bin auch verwirrt… mehr als ich es je war… Ich… ich denke…«, wieder stotterte ich nur und langsam verfluchte ich mich für meine Schüchternheit. War es so schwer? War es so verdammt schwer zu sagen, was mir durch den Kopf ging? »Meine Gedanken… drehen sich im Moment immer nur um dich… Was du machst, denkst, fühlst… Ich will es wissen… ich denk die ganze Zeit an dich…« Die letzten Worte waren kaum mehr zu hören, da meine Stimme immer leiser geworden war, auch wenn ich schon am Anfang nur geflüstert hatte. Wieder dachte ich an den gestrigen Abend und ich wünschte mir, dass er mich wieder so berührte. Er hatte gesagt, dass er es nie ohne Aufforderung tat, jemanden berühren und so nahm ich meinen ganzen Mut zusammen und flüsterte ein »Ich will, dass du mich siehst…« und hoffte mit klopfendem Herzen, dass er mich verstehen würde…
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Das Lächeln welches fast immer meine Lippen umspielte, wurde eine Spur intensiver als Elodie ihre Hand in meine kuschelte und wir uns gegenseitig, zärtlich und zögerlich nur, über die Hände strichen. Die Berührung war so einfach und dennoch so bedeutend für mich. Sie liess mein Herz wieder schneller und fester schlagen. Die vorhergegangene Schüchernheit und Befangenheit wich allmählich. Ich konnte fühlen wie sich meine Muskeln entspannten obwohl ich mir gar nicht bewusst gewesen war, das ich sie angespannt hatte.
Meine Gedanken waren der Elodies ähnlich. Wir gingen nun seit 6 Jahren in dieselbe Schule, dieselbe Klasse, hatten dieselben Interessen und hatten uns sogar das Vertrauensschüleramt geteilt und erst jetzt bemerkten wir einander wirklich bewusst. Natürlich war ich mir Elodie immer bewusst gewesen, in dem Sinne, das ich um ihre Existenz wusste und sie auch ein Stück weit geschätzt hatte. Doch seit gestern Abend war es einfach anders. Ich hatte sie anders wahrgenommen. Ein Sehender würde wohl sagen, ich hätte sie mit anderen Augen gesehen. Vielleicht mit denen eines Mannes und nicht mit denen, eines lernwilligen Schülers? Waren wir dabei Erwachsen zu werden? Ich glaubte nicht das die Gefühle die ich für Elodie empfand von abenteuerlicher oder kurzfristiger Art waren. Gehörte es zum erwachsen werden auch dazu Liebe zu finden? Aufrichtige Liebe?
Auch wenn ich es Elodie gegenüber nicht so ausgedrückt hatte, so war ich mir dennoch ziemlich sicher, genau dies zu empfinden. Ich fühlte mich in ihrer Nähe wohl und geborgen. Es war nicht dieses Umsorgt werden das ich bei Josyln empfand, wenn sie mir helfen wollte. Es war.... anders. Ich konnte den Unterschied nicht in Worte fassen und ich wollte dem Gefühl auch seinen Reiz nicht nehmen, indem ich es gezwungen zu definieren versuchte. Ich nahm es einfach hin und genoss es. Die Vertrautheit als würden wir uns schon ewig kennen, als hätte es gar nie etwas anderes gegeben als diese innige Nähe zueinander und das Gefühl des Zusammengehörens.
»Ich bin auch verwirrt… mehr als ich es je war… Ich… ich denke…« Unterbrach Elodie schliesslich meine Gedankengänge und ich wandte meine Aufmerksamkeit wieder ihr zu. Bereits an ihrem schüchternen stocken erkannte ich, das nun Worte folgen würden, die bedeutsam waren. Mein Herz begann wieder intensiver zu schlagen, vorfreudiger.
»Meine Gedanken… drehen sich im Moment immer nur um dich… Was du machst, denkst, fühlst… Ich will es wissen… ich denk die ganze Zeit an dich…« Fuhr Elodie fort und ihre Stimme wurde immer leiser. Doch mit jedem weiteren, geflüsterten Wort schlug mein Herz härter in meinen Hals. Ich hatte gehofft Worte in dieser Art zu hören und diese Hoffnung erfüllt zu sehen, liess mein Herz freudig galoppieren. Das Blut rauschte in meinen Ohren und übertönte beinahe Elodies Stimme. Doch ich lauschte ihr so gebannt, dass ich sie trotz dem Rauschen in den Ohren und ihrer leisen Stimme deutlich verstehen konnte.
"Ich weiss was du meinst. Und es geht mir gleich." Kamen die Worte wie von alleine über meine Lippen. Es gab keinen Grund mehr nicht zu sagen, was ich fühlte. Das ich wollte dass sie glücklich war, dass dies das einzige zu sein schien, was mich glücklich machen könnte. Das ich für sie da sein wollte, wann immer sie mich und meine Nähe brauchte.
Dies und noch mehr wollte ich ihr sagen. Mein Herz verlangte danach, das ich ihr sagte was es fühlte. Ich wollte auch dazu ansetzen, doch Elodie kam mir zuvor. »Ich will, dass du mich siehst…« Flüsterte sie leise und ich war zunächst nicht sicher, ob ich sie richtig verstanden hatte. Ich meine dies jedoch weniger im akkustischen Sinne. Sie wollte das ich sie sah? Wie sollte ich sie sehen? Wollte sie, dass ich sie erneut so berührte wie gestern Abend? Hatte sie dabei auch mehr empfunden? Ich war mir nicht sicher, was sie nun von mir erwartete oder sich wünschte. Vielleicht war ich auch einfach zu nervös und zu aufgeregt um es zu verstehn. "Wie... wie meinst du das?" Fragte ich desshalb und auch meine Stimme hatte sich zu einem Flüstern gesenkt.
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Ich sah sein Lächeln, wie dieses intensiver wurde, als ich eine Hand in die seine kuschelte und wieder machte mein Herz einen kleinen Satz. Wie konnte so eine Kleinigkeit, so etwas einfaches mich nur so aus der Bahn werfen? Mich so seltsam werden lassen, dass ich stotterte, nicht mehr wusste was ich denken sollte und was überhaupt tun? Ich wusste es nicht, aber es war egal. Es war wunderschön und ich wollte nicht, dass es endete. Ich fragte mich immer häufiger in den letzten Stunden und Minuten, ob ich wirklich dabei war, mich zu verlieben, ob es wirklich möglich war, dass ich so was empfand.
Die Gefühle waren so verwirrend, so anders als alles andere was ich kannte. Ja, Aidan… ich glaube, ich hatte ihn geliebt… oder war es einfach nur eine Schwärmerei gewesen? Ich wusste es wirklich nicht und vermutlich würde ich es nie erfahren. Aidan war weg und außerdem hatte er mich wohl immer nur als Vertrauensschülerin gesehen, nicht mehr. Als einfache Kollegin, ohne wirkliches Interesse.
Severin war anders. Er beachtete mich, schenkte mir seine Aufmerksamkeit und sein Lächeln, das mein Herz immer wieder höher schlagen ließ. Bei ihm fühlte ich mich beachtet, gleichwertig… geborgen? Ich wusste, dass er ich gern hatte, fühlte es und genau das war es, was mir bei Aidan gefehlt hatte. Wieder kuschelte ich mich ein wenig enger an Severin, schloss meine Augen und genoss einfach seine Nähe, bevor ich ihm antwortete, stammelnd und stockend meine Worte über die Lippen brachte.
Zitternd und nervös wartete ich darauf, was er antworten würde, was er nun sagte. Ob er nun alles zerstörte und meinte, dass sie einfach Freunde waren und da nichts war oder ob es ihm genauso ging. Als er dann redete, schloss ich glücklich meine Augen und erleichtert atmete ich wieder aus, nachdem ich die Luft angehalten hatte. »Ich weiß was du meinst. Und es geht mir gleich.«
»Das… ist so… irgendwie ist mir jetzt ein Stein vom Herzen gefallen…«, meinte ich leise und lachte unsicher. Es war irrsinnig erleichternd, diese Worte von ihm zu hören und ließ mich schon ein wenig freier atmen. Kurz drückte ich seine Hand und lehnte mich wieder an ihn, da ich meinen Kopf ja angehoben hatte, um ihn beim Sprechen anzusehen.
»Wie... wie meinst du das?«, ragte er nun genauso leise und ich überlegte kurz, ob ich antworten sollte, oder es ihm einfach zeigen, was ich meinte. Noch beflügelt von seinen Worten, unerwartet mutig und selbstsicher, hob ich meinen Kopf wieder an, bis ich im ganz nahe war, sein Gesicht betrachten konnte und hob leicht meine Hand, um mit meinen Fingerspitzen seine Augenbrauen nachzuzeichnen. Die Finger zitterten und die Berührung wie wie von einem Flügelschlag eines Schmetterlings, so zaghaft und leicht.
Mit unsicherer Hand strich ich dann seine Wange hinab, bis ich über seinen Hals streichelte und meine Hand auf seiner Schulter zum ruhen kam. »Ich… dass du mich so siehst… be… berühr mich…«, wisperte ich und meine Augen wandten sich nicht von ihm ab. Er musste schon fast meinen Atem spüren, so nah war ich ihm, als ich die Augen schloss und die nächsten Sekunden, Minuten mit klopfendem Herzen erwartete…
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Nicht nur Elodie war ein Stein vom Herzen gefallen, sondern auch mir. Ein Stein ungefähr in der Grösse des Grand Canyon. Es war ja doch nicht so wahnsinnig schwer auszusprechen, was man fühlte. Erleichtert stimmte ich in ihr leises, unsicheres Lachen ein. Ich drückte sie sacht etwas fester an mich als sie sich wieder an mich lehnte. Ihre Nähe die sich zuvor schon gut angefühlt hatte, empfand ich nun noch intensiver und irgendwie... lockerer. Jetzt da ich mir sicher war dass es ihr ähnlich erging wie mir, erlaubte ich mir meine zuvor angespannten Muskeln zu lockern und meine Schüchterneit etwas abzulegen. Wie angespannt ich gewesen war, fiel mir erst auf als sich meine Muskeln lösten.
"Ich fühle mich auch ziemlich erleichtert. Kaum zu fassen wie schwer es ist solche eigentlich simple Worte auszusprechen." Antwortete ich und das vorhergehende Lachen schwang immernoch leicht in meiner Stimme mit. Ich benahm mich wie ein kleiner, schüchterner Junge fiel mir auf. Erneut musste ich über diese Erkenntnis leise lachen und sacht den Kopf schütteln.
Unser Lachen verklang schliesslich wieder und Elodie legte ihren Kopf wieder an meine Schulter. Lange verblieben wir jedoch nicht in dieser Haltung. Auf meine Frage hin wie Elodie ihre Bitte gemeint hatte, hob sie ihren Kopf wieder an. Augenblicklich schlug mein Gemüht von erheitert auf gespannt um. Sie hob ihre Hand und berührte meine Augenbrauen. Sanft strich sie darüber hinweg, über meine Wange und meinen Hals, bis ihre Hand schliesslich wieder auf meiner Schulter lag. Abwechselnd feurig heisse und eisig kalte Schauern jagten bereits bei dieser einfachen Berührung über meinen Rücken und hinterliessen eine Gänsehaut. Die feinen Häärchen auf meinem Unterarm stellten sich senkrecht auf. Ein Kribbeln breitete sich von meinem Bauch aus in meinen ganzen Körper aus. Von der Fussohle bis zum Scheitel, jeder Zentimeter schien sich danach zu sehnen ebenfalls von Elodie berührt zu werden.
»Ich… dass du mich so siehst… be… berühr mich…« Wisperte sie leise und das Kribbeln in meinem Bauch gewann noch mehr an Intensität. Ich wollte etwas antworten, doch meine Stimme versagte mir ihren Dienst. So löste ich zur Antwort meine Hand aus ihrer und strich sacht über ihren Unterarm. Vorsichtig aber nicht mehr so zögerlich wie am Vorabend fuhr ich weiter nach oben über ihren Oberarm und die Schultern, bis meine Fingerspitzen ihren Hals berührten. Mein Herz begann wieder intensiver zu schlagen und wild gegen meine Brust zu pochen. Elodie war mir so nahe... Ich konnte die Wärme ihres Atems auf meiner Haut spüren und ich wusste, ich brauchte nur das Gesicht leicht abzusenken... Nur ein klein wenig, und unsere Lippen würden sich berühren...
Konnte ich es wagen? Ich hatte noch nie ein Mädchen geküsst und ich wünschte mir nun nichts sehnlicher, als mit Elodie dieses Versäumnis nachzuholen. Wer nicht wagt der nicht gewinnt.
Zögerlich legte ich meine Hand unter ihr Kinn und hob so ihr Gesicht leicht nach oben, beugte meines zu ihr herab bis ich ihre geschmeidigen Lippen auf meinen fühlen konnte. Nur leicht und zögerlich, ein sachtes aufeinanderlegen unserer beider Lippen.
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Er hatte mich wieder enger an sich gedrückt, schien genauso erleichtert wie ich. Ging es ihm wirklich genauso wie mir? Hatte ich wirklich so viel Glück. Kurz schloss ich noch einmal die Augen und nahm einfach nur seine Nähe wahr… »Ich fühle mich auch ziemlich erleichtert. Kaum zu fassen wie schwer es ist solche eigentlich simple Worte auszusprechen.«, war seine Antwort auf meine Worte gewesen und auch in seiner Stimme schwankte Verlegenheit und auch Unsicherheit mit, so dass ich mich nicht alleine fühlte in meinen Reaktionen. Lächelnd schüttelte er seinen Kopf und als ich mich wieder aufgesetzt hatte, um ihn zu berühren, spürte ich regelrecht, wie sein Körper angespannt wurde vor Erwartung und vielleicht auch Neugierde…
Es war wunderschön, ihn zu berühren, die Finger über seine Haut gleiten zu lassen, die sich warm anfühlte und in meinen Fingerspitzen ein Kribbeln auslöste wie wahnsinnig… Als ich dann mit zitternder Stimme flüsterte, dass er mich berühren solle, löste sich seine Hand langsam aus der meinen. Mein Herz klopfte zum zerspringen, als ich so vor ihm war, meine Augen geschlossen hatte und darauf hoffte, dass er mich berührte, mich einfach nur anfasste, mir zeigte, dass er mich mochte. Schon gestern Abend… Es war so wunderschön gewesen… Ich wollte es wider erleben, noch einmal fühlen, wie er mich berührte… Seine Fingerspitzen glitten sanft über meinen Unterarm und lösten ein irrsinniges Kribbeln aus, ließen die Härchen aufstellen und meinen Atem schneller werden.
Sanft fuhren seine Finger weiter, glitten über meinen Oberarm, nicht so zaghaft und langsam wie gestern, aber doch fühlte es sich intensiver an, ließ die Gefühle in mir verrückt spielen und mein Herz pochen. Die Schultern glitt seine Hand nun entlang und brachte die Hürde des Stoffes hinter sich, der vor meinem Hals endete. Nun die Finger auf der nackten Haut, meinen Hals entlang gleiten zu spüren war ein irrsinniges Gefühl, ließ mich zittern unter seinen Händen. In dem Moment stockte seine Berührung, seine Hand lag auf meinem Hals, und er musste unter seinen Fingern das Schlagen meines Herzens fühlen. Das Herz, das so heftig klopfte, dass ich das Gefühl hatte, es würde gleich zerspringen in mir.
Seine Finger setzten sich wieder in Bewegung und wanderten unter mein Kinn, um meinen Kopf leicht anzuheben. In dem Moment öffnete ich die Augen, sah, wie seine Lippen näher kamen, wie er sich mir näherte und ich spürte einen Moment später seine Lippen auf den Meinen. Sanft, warm, wie sie sich auf die meinen legten. Sie waren weich und ich begann heftig zu zittern. Es war so wunderschön, so schön, von ihm geküsst zu werden. Der erste Kuss in meinem Leben und zögernd intensivierte ich die Berührung, in dem ich mich ein wenig an ihn drängte, seine Lippen spüren wollte, intensiver spüren. Meine Hand wanderte vorsichtig von seiner Schulter in seinen Nacken und auch die andere gesellte sich dazu, schmiegte meinen Körper an ihn und wünschte, ich könne die Zeit anhalten…
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Sofort als Elodie meinen Kuss erwiederte, sich gar enger an mich drängte, entspannten sich meine Muskeln, die Nervosität fiel von mir ab. Elodie wollte diesen Kuss auch, das konnte ich deutlich spüren. Ihre Hände legte sie in meinen Nacken und zog mich sacht enger an sich. Meine Hand machte sich scheinbar selbständig und streichelte von alleine über ihre Wange und ihren Hals. Es war ein so wunderbares Gefühl. Ihre Haut unter meinen Fingerspitzen und ihre weichen Lippen auf meinen, ihre Nähe und ihr warmer Atem. Dieses kribbelnde und prickelnde Gefühl das ich bereits gestern Abend kennen gelernt hatte, explodierte regelrecht in meinem Bauch und durchflutete meinen ganzen Körper. Die feinen Häärchen auf meinen Armen und in meinem Nacken stellten sich senkrecht auf und das Atmen fiel mir schwer. Das Kribbeln, dieses wunderbare Gefühl schien mich vollkommen zu lähmen und in meinem Kopf schien sich nur noch Watte zu befinden. Ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, nahm nur noch Elodie und ihre Lippen, ihre Hände in meinem Nacken wahr. Es war schlicht überwältigend. Ich hatte das Gefühl schweben zu können, fühlte mich so leicht und unbeschwert mit ihr in meinem Arm. Ich wollte dieses Gefühl niewieder verlieren, es nur noch stärker empfinden. Sacht öffnete ich meine Lippen um den Kuss intensiver werden zu lassen, nicht bloss ein einfaches aufeinanderlegen unserer Lippen.
Ich hatte mich offenbar geirrt, als ich gedacht hatte das kribbelnde Gefühl in meinem Bauch könnte nicht mehr intensiver werden. Doch das tat es in diesem Augenblick, als ich meine Lippen öffnete. Alle meine Glieder fühlten sich seltsam weich an und wäre ich gestanden, bestimmt hätten meine Knie vor Schwäche gezittert.
Obwohl ich dieses Gefühl niewieder missen wollte, löste ich mich von Elodie. Ein sachtes, liebevolles Lächeln blieb auf meinen Lippen zurück. Meine Hand lag wieder an ihrem Kinn und mein Daumen streichelte zärtlich über ihre Wange. Es gab so vieles das ich nun gerne gesagt hätte, doch die Worte fehlten mir um auszudrücken, was in mir vorging. Meine Gedanken gingen immernoch nur äusserst träge voran. So musste es sich wohl auch ungefähr anfühlen, wenn man betrunken war. Benebelt und begriffsstutzig. Nur bestand beim Küssen keine Kater-Gefahr.
Für kurze Zeit schwiegen wir beide und ich versuchte das Chaos in meinem Kopf etwas zu ordnen, leider mit nur mässigem Erfolg. Ich war noch viel zu beflügelt und auch aufgeregt von diesem Kuss. Meinem allerersten Kuss. "Ich hoffe die Berührung war für dich in Ordnung so." Sagte ich aus ermangelung eines intelligenten Gedankens.
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Seine Hände streichelten meine Haut, ließ mich erschauern, während die Fingerspitzen über meine Wangen und den Hals glitten. Mein ganzer Körper schien in Flammen zu stehen, überall dieses Kribbeln, das ziehen im Magen, das von dieser Aufregung und den vielen Gefühlen, die mich regelrecht überschwemmten, zeugte. Schon am Tag davor war es mir so ergangen. Schon da hab ich nicht mehr gewusst, was eigentlich los war. Nur hatte Severin gestern auf einmal abgebrochen. Warum eigentlich? Ich wusste es nicht mehr. Der gestrige Tag war irgendwie total verschwommen, alles war so unklar, wie hinter einem Schleier. Nur seine Berührungen, sein Kuss, waren deutlicher als alles andere.
Vielleicht lag es auch daran, dass ich im Moment einfach unfähig wäre auch nur irgendetwas zu denken, geschweige denn irgendetwas Vernünftiges von mir zu geben. Ich hatte das Gefühl, dass mein Kopf komplett leer war, nichts, was sich in meinen Gedanken befand war so wichtig als dass es »aufbewahrt« werden müsse. Wenn man mich nun fragen würde, wie ich mich fühlte, wüsste ich im ersten Moment wohl nicht, was antworten, doch im siebten Himmel zu schweben würde es wohl recht gut treffen, so glücklich war ich im Moment. Und kein anderes Gefühl hatte Platz neben dem Glück.
Sachte öffnete er seine Lippen und der Kuss wurde intensiver, noch kribbelnder und stärker als er schon war. Für wen anderen wäre das vielleicht noch zu wenig gewesen, ich hatte noch nie wen geküsst und alleine in zu spüren, ließ in meinem Bauch tausende von kleinen Feuerwerken hochgehen… ich erwiderte den Kuss zögernd, Angst, etwas falsch zu machen und öffnete genauso leicht meine Lippen, drängte mich ihm ein wenig näher, das Herz bis zum Hals klopfend.
Langsam löste er sich wieder von mir und ein wenig enttäuscht war mein Blick wohl im ersten Moment. Ich hätte ihn ewig küssen können, die Zeit vergessen und nur noch für diesen Augenblick leben. Er lächelte mich aber so lieb an, dass ich nicht anders konnte, als ebenso mit einem leichten Lächeln zu antworten. Immer noch streichelte er mich und ich spürte bei seinen Berührungen wie das Prickeln immer dort zunahm, wo seine Finger gerade hinwanderten. »Ich hoffe die Berührung war für dich in Ordnung so.«, fragte er mich dann und leicht lachte ich, hob aber sofort meine Hand, um ihn zu berühren, ihm über seine Wange zu streifen. »Ja… Sehr…«, brachte ich nur heraus, bevor ich meine Lippen noch einmal kurz auf die seinen legte, ihn kurz küsste, um mich dann an ihn zu schmiegen, den Kopf an seiner Schulter mit geschlossenen Augen. »Es war wunderschön… Es… ist… wunderschön… bei dir…«, flüsterte ich.
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Scheinbar herrschte nicht nur in meinem Kopf gähnende Leere. »Ja… Sehr…« Antwortete Elodie bloss auf meine zugegeben wenig intelligente Frage ob die Berührung so nun in Ordnung gewesen wäre. Noch einmal erhielt ich einen kleinen Kuss, ehe sie sich an mich schmiegte. Ihr Kopf an meiner Schulter fühlte sich so vertraut an... Als hätte er schon immer dorthin gehört. Obwohl wir bisher nur sehr wenig miteinander zu tun hatten, fühlte es sich richtig an.
»Es war wunderschön… Es… ist… wunderschön… bei dir…« Fügte sie leise geflüstert an und erneut stahl sich ein sanftes und verträumt wirkendes Lächeln auf meine Lippen. Elodie traf den Nagel auf den Kopf: Es war einfach wunderschön sie in meiner Nähe zu haben. "Dieses Kompliment kann ich nur zurück geben." Antwortete ich und drückte sie sacht etwas fester an mich. Ich fühlte mich einfach wohl in ihrer Nähe und losgelöst. Für einmal dachte ich nicht an die Schule und das Lernen, die UTZ Prüfungen... Das alles erschien mir noch weit, weit entfernt und unwichtig. Ich wollte gar nicht daran denken, was ein wirklich äusserst seltener Umstand bei mir war.
Vielleicht war es gerad diese Seltenheit, die mir Bewusst machte, dass ich noch Hausaufgaben zu erledigen hatte. Verteidigung gegen die dunklen Künste... Nun, die ersten beiden Fragen waren ja noch einfach zu beantworten, aber die letzte... Irgendwie wollte sie keinen Sinn ergeben und ich hatte mir schon hunderte von Malen den Kopf darüber zerbrochen. Zugegeben wurmte es mich gewaltig, dass ich diese Aufgabe bisher nicht lösen konnte. Allmählich wurde es Abend - das konnte ich zwar nicht sehen, aber das sagte mir mein Zeitgefühl - und somit musste ich diese Aufgabe erledigen, konnte sie nicht mehr weiter aufschieben.
"Sag mal..." Setzte ich an und verstummte wieder, runzelte nachdenklich meine Stirn. Ich konnte mich nicht erinnern jemals jemanden um Hilfe bei einer Aufgabe gebeten zu haben. Aber wer wäre dafür geeigneter als Elodie? Dennoch fiel es mir schwer. Aber vielleicht hatte ich ja Glück und Elodie hatte auch Mühe mit dieser Aufgabe. "Hast du die Hausaufgaben für Verteidigung schon gelöst? Irgendwie komm ich bei der letzten Aufgabe nicht weiter. Ich versteh nicht, worauf der Professor hinaus will." Fuhr ich mit immernoch gerunzelter Stirn fort. Es war mir unangenehm Elodie um Hilfe bei dieser Aufgabe zu bitten, aber noch unangenehmer wäre es mir, eine ungelöste Aufgabe abgeben zu müssen mit dem Kommentar, das ich nicht fähig gewesen war, sie zu lösen.
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