“Gut, wir erfreuen uns also einfach der Tatsache, dass du es dennoch getan hast. Aber mit dem, was du das sagst, hast du schon ganz Recht. Ich bin nicht der Typ, der auffallen will.“, fügte ich zu meinem davor gesagten noch hinzu und schaute ihn an. Er hielt seinen Kopf gesenkt, aber dennoch konnte ich sehen, dass er wieder lächelte. So wie eigentlich immer. Vielleicht mochte ich das gerade so an ihm. Man konnte seinen Spaß haben, aber auch durchaus ernstere Dinge besprechen. Das gefiel mir auch so an ihm.
Als er dann noch meinte, dass es ihn nicht stören würde, wenn wir zusammen wären, musste ich ein wenig lächeln. Dass es ihn nicht stören würde, hatte ich mir schon gedacht. Wen störte so etwas denn schon? Es war schön, wenn man jemanden hätte, mit dem man alles teilen konnte. Sorgen, Ängste, Gefühle und vor allem schöne Dinge. Das war mir noch nie zuteil geworden, zumindest nicht in dem Ausmaß. Stören würde es mich auch nicht, nur wusste ich nicht damit umzugehen. Ein tieferes Gefühl als Freundschaft empfand ich in diesem Moment nicht für ihn. Der Kuss war schon… schön gewesen, aber unerwartet, aber hatte nicht gleich die Bedeutung für mich, dass wir deshalb zwangsweise zusammen wären. Das bedeutete das für mich nicht, aber für ihn scheinbar auch nicht. Nur zu gut, dass wir da die gleiche Sichtweise hatten.
Ich musste kurz lachen.
“Nein, erfahren werden wir das sicherlich nicht. Das wäre auch öde.“ meinte ich und zuckte ein wenig die Schultern. Eigentlich wollte ich das auch gar nicht. Ich war mit der Welt so zufrieden, wie sie gerade war. Zumindest war es die meiste Zeit so.
Es war sicherlich meine Entscheidung, wen ich was mitteilte, das stimmte schon. Ich hatte es schon immer so gehalten. Im Moment verließ ich mich da voll und ganz auf Ian und sein Verständnis. Freunde hatte ich keine richtigen. Es gab niemanden, den ich wirklich richtig mochte. Viele kannte ich nur oberflächlich und das war einfach nicht genug. Für eine Freundschaft brauchte man gleich schon eine ganz andere Basis, die ich mit vielen nicht aufbauen wollte oder konnte – wobei es meistens ersteres war. Von vorneherein wollte ich lieber mehr für mich sein. Das brachte mir keine Ärger und keinen Streit, wegen irgendwelchen Kleinigkeiten. Es war mir lieber so.
Ian tadelte mich. Ich musste wieder so unkontrolliert kichern, dass es mir wieder peinlich war.
So nicht meine Dame… Ich wusste selbstverständlich, dass es nicht ernst gemeint war, aber ich ging darauf ein. Meinen Blick senkte ich, damit er nicht da, dass ich immer noch schmunzeln musste.
“Ich werde es ja dann sehen und ich bin selbst Schuld, wenn ich dich unterschätzt habe.“ erwiderte ich und versuchte, meine stimme den nötigen Ernst zu verleihen, aber es klappte einfach nicht. Mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht schaute ich ihn an.
“Das wird mich aber nicht davon abhalten, mich auch weiterhin mit dir anzulegen.“ neckte ich ihn. Zumindest auf spielerische Art würde ich mich immer wieder mit ihm anlegen, weil es wirklich Spaß machte, mit Ian rumzualbern. Es tat gut, einfach mal abzuschalten und die freie Zeit zu genießen, die man zwischen dem Unterricht hatte.
Ich hatte wirklich Hunger. Seit dem Morgen hatte ich nichts mehr gegessen. Wann auch? Ich hatte viel mit den Hausaufgaben zutun gehabt und dann war ich den ganzen Tag – auch wenn ich es noch immer nicht ganz so wahrhaben wollte – mit Ian verbracht. Nichts Sinnvolles hatte ich getan, im Bezug auf die Schule nicht. Doch weiter schlimm fand ich es nicht, der Tag hatte mir Spaß gemacht, auch wenn er langsam zu Ende ging.
Als er dann seine Hand auf meinen Bauch legte, schaute ich ihn fragend an.
“Willst du damit andeuten, dass ich dick bin?“ fragte ich unernst und hob eine Augenbraue. Ich war schlank und hatte nicht das geringste Anzeichen von einem kleinen Bauch, egal wie viel ich aß. Und das Essen hier schmeckte immer so gut.
Also nickte ich.
“Gut, dann lass uns schnell losgehen, ehe ich noch verhungere.“ Ian war schon aufgestanden und hatte meine Tasche genommen. Ich warf ihm einen dankbaren Blick zu, da die Tasche schon recht schwer war. Froh darüber, dass ich meine Tasche nicht nehmen musste, ging ich vor Ian die Tribüne herunter, auf zum Schloss.
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