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Komme von: Fliegen ist schön
Kein Wort hatte ich gesagt nachdem wir im Gemeinschaftsraum angekommen waren, ich glaube ich habe mich nicht einmal mehr zu Matt oder Jesroe umgedreht, und wenn, dann nur aus höflichem Reflex heraus, wirklich gesehen habe ich sie nicht mehr. Alles was ich wollte war einfach in den Schlafsaal zu gelangen, die Tür hinter mir zuzuschlagen und, wenn möglich, dann endlich im Erdboden zu versinken. Dies ist zwar wieder nicht passiert, aber wenigstens hatte ich es endlich bis in den Schlafraum geschafft.
Dort angekommen, hatte ich mich erst einmal auf mein Bett geworfen, und während meine Gedanken wieder zu den Punktegläsern gingen, von denen das der Slytherins dank mir und Jes nun deutlich unter denen der anderen Häuser lag, spürte ich wie meine Wangen tiefrot wurden.
Doch, fast möchte ich sagen zum Glück, kam ich nicht länger dazu über das alles nachzudenken, denn die Tür ging auf und eine kläglich stöhnende Gestalt kam ins Zimmer gewankt. Es war eine meiner Freundinnen die über schreckliche Bauchkrämpfe klagte. Nach kurzem Überreden konnte ich sie dann doch noch davon überzeugen, dass es besser sei wenn sie zu Miss Rosa in den Krankenflügel ginge, um sich etwas gegen die Schmerzen geben zu lassen. Obwohl ich ja vorgehabt hatte das Zimmer die nächsten hundert Jahre – oder zumindest bis morgen früh – nicht mehr zu verlassen, war das hier natürlich ein Notfall und ich begleitete sie in den Krankenflügel. Unterwegs konzentrierte ich mich vollkommen auf den Weg und meine ächzende Freundin, so dass ich nicht weiß, wem wir alles über den Weg gelaufen waren. Wahrscheinlich achtete sowieso noch niemand auf uns, denn die ‚freudigen Neuigkeiten’ über Slytherins Punkteverlust hatten sich sicher noch nicht so schnell verbreitet. An morgen mochte ich gar nicht erst denken...
Miss Rosa hatte gerade noch einen weiteren Patienten und so mussten wir kurz warten – nur noch mehr Zeit die ich unerlaubterweise außerhalb des Kerkers verbrachte – doch nachdem ich meine Freundin ‚abgeliefert’ hatte, machte ich mich unverzüglich wieder auf den Weg zurück. Es würde ein wenig dauern bis der Trank gegen die Bauchschmerzen fertig sein würde, und später, wenn es ihr wieder gut ging, würde meine Freundin meine Begleitung nicht mehr brauchen. Es sei den damit ich ihr auf dem Weg Gesellschaft leistete, und eigentlich hätte ich das auch getan, doch heute wollte ich lieber nichts mehr riskieren. Wenn Matthew mich ein zweites Mal erwischen würde heute..auch daran wollte ich lieber nicht denken. Ich weiß gar nicht was schlimmer wäre: der weitere Punkteverlust oder sein Gesichtsausdruck, wenn er seine kleine Schwester am selben Tag noch einmal bei einer Missetat erwischt hätte.... Ja, er tat mir ein bisschen Leid, nicht nur ein bisschen sogar, obwohl ich noch immer wütend auf ihn war. Zum einen, weil er in der Flugverbotssache so fest auf der Seite Mutters stand und zum anderen...weil er mich vor Jesroe so blamiert hatte. Wir waren doch wirklich nur geflogen, und er tat gleich so, als habe er mich verschleppen wollen um mich dann im Verbotenen Wald zu..naja. Matthew eben. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er sich eines Tages noch ändern würde, ich wollte gar nicht erst daran denken was wäre, wenn Jes und ich wirklich..- es gab erstaunlich viele Dinge an die ich heute lieber nicht denken wollte, stellte ich fest.
Ich hatte nun den Eingangsbereich des Krankenflügels erreicht und drückte die Klinke, dann spähte ich einmal links und rechts den Gang entlang, eigentlich überflüssig, aber dennoch wollte ich, wenn möglich, niemandem begegnen...
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Komme von: Flüchtiger Abschied
Was für eine merkwürdige abendliche Begegnung. So fühlte es sich jedenfalls an, als ich mich letztendlich abwandte um zu gehen. Zuletzt hatte Demie noch gesagt, dass sie essen gehen würde, dass ich mir keine Gedanken machen solle, sie hätte gern mit mir geredet, es sei also nichts, wofür ich mich bedanken müsste. Und dann auch, dass wir uns vielleicht mal wieder sehen, als halb gestellte Frage, auf die ich nur nickend antwortete und dann, ebenso wie sie, weg war. Irgendwie fühlte ich mich dann weniger erleichtert, als ich gehofft hatte. Demie war so nett und jetzt würde sie mich hassen, weil ich sie so flüchtig verlassen habe, als sei sie mir eine Last gewesen. Gern hätte ich mich noch umgewandt um ihr zu sagen, dass es mir auch sehr Spaß gemacht hatte, nur um es nochmal zu unterstreichen, doch war sie dann schon so ein Stück weg, dass es mir etwas peinlich gewesen wäre ihr noch hinterher zu laufen. Ich biss das Verlangen also zurück und blieb plötzlich stock still stehen, als ich vor den Punktegläsern der Häuser stand.
Irritiert und verwundert wie die anderen paar Schüler, die um mich herum standen, betrachtete ich die glitzernen Edelsteine, die überall, außer bei Ravenclaw, extrem im Minus waren. Ich runzelte die Stirn und sah zwei der anderen Schüler an. Es waren gerade keine Slytherins hier, aber wären sie es, würde es sicherlich empörte Aufrufe geben. Das konnte doch nicht stimmen! Slytherin war doch vorher unter den führenden gewesen und nun waren sie auf dem letzten Platz. Nicht, dass ich mir wirklich viele Gedanken wegen der Hausmeisterschaften machte, nur... Hä?! Die anderen wussten auch nichts von der Sache und ich drehte mich letztendlich vom Anblick der Sanduhren ab. Neugierig war ich, aber sehr viel konnte nicht aus dem überraschten Gemurmel raushören. Falls ich Demie wieder sehen würde, könnte ich sie ja deshalb fragen. sie würde bescheidwissen, zumindest was Gerüchte anging, oder nicht? Ha, jetzt wollte ich die Gerüchte schon hören. Merkwürdige Wandelung, die ich so schnell durchlebt hatte, selbst wenn Gerüchte noch immer zu oft Stuss waren.
Als ich durch die Eingangshalle schritt um zum Hufflepuff Dorm durch die Keller zu gelangen wurde ich wieder überrascht, nur diesmal von einer fremden Eule, die aber direkt auf mich zusteuerte und mir ein Paket auf den Kopf fallen ließ. Ich hob eine Augenbraue, schnell ein paar Knut aus meiner Tasche kramend und sie der Eule hochhaltend. Das Tier glitt zu Boden, wo ich das Geld in ein kleines Säckchen am Bein tun konnte. So machte man das, bei Liefereulen. Es war soetwas wie Trinkgeld. Ich war es gewohnt, weil meine Eltern mir oft Dinge schickten, weil sie ja selbst keine Eule hatten. Ich überlegte oft, ob ich mir eine besorgen sollte, war aber noch nicht dazu gekommen, mal meine Eltern zu fragen. Nun waren die ganzen Sorgen und Verwunderung bezüglich Demie, den Punktegläsern und Dergleichem von meinen Gedanken vertrieben, als ich mich zum kleinen Paket beugte und es aufhob.
Es entsprach etwa der Größe DinA5 und war leicht und dünn, so dass mir sofort klar wurde, dass es sich wohl um ein Taschenbuch handelte. Die, die meine Mam mir in der Vergangenheit geschickt hatte waren immer ungefähr so und oft Dramen gewesen. Mein Herz machte innerlich einen riesigen Sprung als ich eine Ecke des Packetpapiers wegpulte und auf das erwartete stieß. Dann war ich aber so ungeduldig, dass ich den Rest mit einem mal abriss. Ich knüllte den Müll zu einer Kugel in meiner Umhangsrasche und betrachtete dann das kleine, schwarze Taschenbuch, mit weichem Ledereinband und goldenem Schriftzug, der verriet, das dies "Kabale und Liebe" von Friedrich Schiller war. Ich lächelte breit. Oft hatte ich von den deutschen Literaren gehört, hatte aber bis jetzt nur Goethe in die Finger bekommen können. Mein Finger glitt über den schmalen Buchrücken, ich öffnete das Buch und ließ meine Augen über den Anfang der ersten Szene des ersten Aktes gleiten. Miller und Frau. Ich war neugierig, wollte gleich los lesen.
Doch dann passierte eine dritte unerwartete Sache: Mein Magen verkrampfte sich plötzlich und ich merkte, wie ich kurz davor stand, dass mir die Galle aus dem Rachen stieg. Ich krümmte mich vor Schmerzen über und verschränkte die Arme vor dem Bauch. Verdammt. Das war meine eigene Schuld. Sofort kamen mir die etlichen Süßigkeitenpackungen in den Sinn, die über mein Bett verstreut lagen. Meine Eltern hatten mir Sachen zum Naschen geschickt, für den nächsten Monat. Sie hätten ja nicht ahnen können, dass ich sie alle an einem Tag aufessen würde. Brrr... Ich klappte hastig eine Hand über den Mund, um unerwünschten Ausstößen vorzubeugen. Ich war schon vier Schritte in Richtung der Treppe zum Krankenflügel gegangen, als mir wieder das neue Drama einfiel, dass mir vor Schreck aus der Hand gefallen war. Ich lief schnell zurück, hob es auf und war denn schon auf dem Weg, zu Miss Rose stürmend.
Die Gänge zogen verschwommen an mir vorbei, als das Verlangen mich zu Übergeben leider wegen des Laufens verstärkt wurde. Aber langsamer werden konnte ich auch nicht, aus Angst, das würden die Sekunden sein, die mein Magen nur brauchen würde, um sich zu entleeren. Aber wegen dieser Unvorsicht war es auch, dass ich dann mit jemandem kollidierte, der urplötzlich den Kopf aus dem Krankenflügel lucken ließ. Zwei kleine Körper stießen zusammen und ich fiel vor Schreck nach hinten um und mit dem Kopf auf den harten Flurboden. Autsch. Dort liegend brachte ich nur ein Stöhnen heraus. Mein Körper zitterte wegen einer erneuten Welle der Übelkeit, die es aber noch nicht schaffte auszubrechen. Mein Hintern und mein Kopf schmerzten nun auch noch und ich verfluchte meine eigene Hast. Ich wollte mich aufrichten um mich zu entschuldigen, war plötzlich aber etwas panisch, als ich merkte, dass mir das Buch wohl wieder irgendwie aus der Hand gefallen war. Ich konnte mich aber in diesem Moment noch garicht aufrichten, weil mir so schwindelig war.
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Ich spähte also vorsichtig den Gang entlang...links war frei und rechts – BAM! Der Aufprall kam so plötzlich und hart, dass ich kaum Zeit gehabt hatte auch nur irgendetwas zu erkennen, denn schon hatte ich die Tür an den Kopf bekommen. In dem Bruchteil der Sekunde, in dem ich zurücktaumelte, hatte ich vor dem inneren Auge nur etwas flammend oranges, doch das Bild war sofort wieder verschwunden, hatte ich doch in diesem Moment wichtigere Dinge zu tun. Mich an der Türklinke festzuhalten zum Beispiel, denn sie war es auch die mich davor bewahrte hinzustürzen. Ich weiß ja nicht mit wem ich da zusammengestoßen war, aber diese Person hatte eine ganz schöne Wucht draufgehabt. Mein Kopf schmerzte und mein Ellenbogen auch, das waren die ersten Empfindungen die sich am deutlichsten meldeten als ich mich wieder etwas ‚sortierte’. Das Gesicht schmerzverzerrt sah ich um die Ecke hinter die Tür, die mich bei dem Aufprall beinahe wieder zurück in den Krankenflügel geschleuderte hätte, und meine Augen weiteten sich vor Schreck.
Auf dem Boden lag Nathalie Smith, das rothaarige Mädchen aus Hufflepuff, wir waren im selben Jahrgang. Stöhnend versuchte sie sich aufzurichten, sank aber sofort wieder zurück. Sie sah schrecklich aus. Ein bisschen grün um die Nase und offenbar hatte sie sich ziemlich wehgetan. Sofort kniete ich mich neben sie, wusste aber nicht so recht wie ich ihr helfen konnte. “Oh Mann, tut mir Leid!“, redete ich drauflos, ganz automatisch und ohne nachzudenken. “Hast du dir doll wehgetan? Geht´s?“ Ich war wirklich besorgt, versuchte ihr zu helfen sich aufzurichten. Meine eigenen Schmerzen hatte ich in diesem Moment vollkommen vergessen, aber das war ja auch nichts im Gegensatz zu Nathalies. Mich hatte es ja nicht direkt der Länge nach hingeschlagen. Ich schauderte bei der Erinnerung an das Geräusch, das musste ihr Aufprall gewesen sein.
Immerhin, dachte ich mit leicht verzweifeltem Sarkasmus im Ton, sind wir hier direkt vor dem Krankenflügel. Ich ließ Nathalie Zeit wieder ganz zu sich zu kommen, sobald sie bereit war aufzustehen, würde ich ihr helfen. Nun, da die erste Aufregung vorbei war, spürte ich wie mir die Knie weich wurden. Mir war richtig schlecht, was für ein Tag war das heute eigentlich, dass ich aber auch alles verbockte?! Verstohlen blickte ich auf ihre orangefarbenen Locken die sich wie ein Bach aus Feuer über den Steinboden ergossen. Das war also das orange was ich vorhin kurz wahrgenommen hatte. Ich kannte Nathalie eigentlich gar nicht richtig. Wir waren zwar im selben Jahrgang und hatten dementsprechend viele Fächer zusammen, aber..naja, sie war Hufflepuff, ich war Slytherin, und ich hatte wenig Kontakt zu Mitschülern aus den anderen Häusern. Wenig ist gut, eigentlich gar keinen. Nicht, weil ich es nicht wollte, vielmehr..weil ich mich nicht traute. So panisch war ich bei dem Gedanken irgendjemand könnte etwas über mein Interesse für Muggel herausbekommen, dass ich es nicht einmal wagte mich mit jemandem aus anderem Hause näher zu unterhalten und dabei darauf ins Gespräch zu kommen, aus Angst sie könnten es herausbekommen und dann würde es irgendwie zu Matthew dringen und damit zu meiner Familie. Es ist paranoid, ich weiß, aber es ist eben sicherer. Außerdem war es ganz einfach, denn die meisten wollten ohnehin nichts mit einem Slytherin zu tun haben, so musste ich mich auch gar nicht erst besonders anstrengen keine Freundschaften zu knüpfen. Aber getan hätte ich es schon gern...
Von ihren Haaren ging mein Blick wieder weiter als ein Gegenstand auf dem Boden meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Ich hatte es vorher nicht bemerkt, weil ich so sehr mit Nathalies Zustand beschäftigt gewesen war, aber nun bemerkte ich ein kleines Buch das vor mir lag. Ich hob es auf. “Ich glaube, das hast du verloren.“, sagte ich, und reichte es Nathalie, konnte dabei aber meinen neugierigen Blick auf den Titel nicht ganz verbergen. Es interessierte mich immer brennend was andere Leute lasen. Nur kurz erhaschte ich den Namen des Autors. Schiller Den Namen hatte ich noch nie gehört.
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Was für eine Kollision. Mein Arm, der langsam wieder Kraft gefunden hatte, fuhr an meinen Kopf, wo ich unter meinen dichten Locken eine kleine Bäule fühlte. Und es war auch einen klein wenig nass. Kein wunder, dass mir so schwindelig war. Die Hand wanderte von meinem Hinterkopf zu meinem Gesicht, wo ich sie wenige Zentimeter von meinem Gesicht hielt, um die Finger zu betrachten. Blass wie sie waren war der Kontrast zwischen ihnen und dem roten Blut doch recht extrem und mir wurde wieder übel und sehr, sehr schwindelig. Ich versuchte meinen Mund etwas feucht zu kriegen, weil er inzwischen aus irgendeinem Grund sehr trocken war. Vermutlich, weil ich gleichzeitig so verzweifelt versuchte jede Übelkeit aus mir heraus zu lassen. Es fühlte sich aber Gott sei Dank fast so an, als wäre selbst das gerade doch etwas zu anstrengend. Mit wem war ich eigentlich zusammengeprallt? Ich hatte nichts gesehen, nur gespührt. Eins war klar: Die Person war nicht viel größer oder schwerer als ich gewesen, sonst wäre ich wohl tatsächlich zurückkatapultiert worden, war ja nicht der Fall gewesen war. Ich war ja praktisch von alleine nach hinten umgestolpert. Eigentlich hätte ich ja noch vorn fallen müssen. Mh...
Meine Frage war halb beantwortet als ich eine Stimme neben mir hörte. Jemand, vermutlich die Person, über dich ich gerade gegrübelt hatte, kniete sich neben mich und fragte in einer eindeutig femininen Stimme, ob ich mir doll weh getan hätte, ob es ginge, sagte, dass es ihr leid tue. Ich verneinte mit abgehacktem rechts und dann links Schwung des Kopfes. Ähm. OK, das könnte man deuten als: Nein, ich verzieh dir nicht oder Nein, es geht nicht oder Nein, ich habe mir nicht doll weh getan. Alles irgendwie genau umgekehrt, als ich es sagen wollte. Übrigens sah ich noch nichts. Ich hatte meine Augen zu und diese Stimme kam mir zwar bekannt vor, aber nicht gut genug, als dass ich die Person an ihr identifizieren konnte. Langsam öffnete siche erst ein Auge, als würde ich gerade eine Überraschung aufdecken. Eine verschwommene Gestalt, blass und mit schwarzem Haar, wurde sichtbar. Ich öffnete das zweite Auge und erschreckte, als ich sah, dass es sich bei dem Mädchen um nicht nur Irgendeine, sondern um Danielle DeWinther handelte. Oh nein, sie ist doch Matthew DeWinthers Schwester! Ich bin geliefert! Oder ist sie vielleicht in Ordnung? Oh hoffentlich, sonst kann ich ja gleich meine Sachen packen.
Meine Gegenüber, eine Slytherin aus meinem Jahrgang, war kurz abgelenkt, so dass ich die Zeit nutzen konnte um mich mit größter Mühe aufzurichten. Meine Arme zitterten unter meinem Gewicht und mein Poh schmerzte wieder bemerkbar. Aber vor allem schien alles beim Aufrichten noch viel verschwommener zu werden, als kämen meine Augen bei der so schnellen Bewegung nicht mit. Als mein Kopf wieder still stand konnte ich alles klarer erkennen, aber ich würde mich ersteinmal nicht groß bewegen. Ich sah Danielle DeWinther an, die irgendetwas entdeckt hatte und deshalb gerade weggesehen hatte. Sie wandte sich ab um etwas aufzuheben und drehte sich dann wieder zu mir, um mir etwas zu reichen. Mein Buch! Ich ergriff es hastig als ich merkte, wie ihr Blick auf das Deckblatt wanderte. Oh nein, nicht nur, dass sie jetzt ihren Bruder auf mich hetzen würde, jetzt hätte sie auch noch einen Grund mich generell zu mobben: Muggelliteratur. Ich umklammerte das Drama mit meinen Armen. Was sollte ich nun tun? Ich konnte nicht auf ihre Fragen antworten, schließlich gaben diese ihr die Schuld und wenn ich irgendetwas retten wollte, dann sollte ich lieber alles auf mich nehmen. Nun, eigentlich war es ja sowieso meine Schuld gewesen.
"Du brauchst dich doch nicht entschuldigen!" Schnappte sich, nachdem ich das Buch hatte. Eigentlich wollte ich nicht so unfreundlich sein, schließlich würde ihr das nur Gründe geben mich zu verpfeifen, an ihren Bruder und seine Freunde. Ich hatte Angst vor ihnen. Oh Gott. Mein Ton wurde weicher, etwas demütiger, "Es war ja nicht deine Schuld, ich bin wie eine Wahnsinnige den Korridor runtergelaufen." Ich quälte ein Lächeln aus mir heraus, so gut wie es ging, und versuchte nicht an die Stelle an meinem Kopf zu denken. Es war ja nichts ernstes, nur eine Beule und eine kleine Schürfwunde. Aber man kannte ja Schürfwunden, die brennen immer so verdammt doll. Also, ich sage nur soviel: Es war schwer sie zu ignorieren, aber ich schaffte es. Was ich aber nicht schaffte war die Übelkeit in mir zu vergessen, die auf und ab brodelte und nur noch schlimmer geworden war, auch wegen der Ahnung, dass ich blutete. Ich mag Blut nicht so gerne und angucken sowieso nicht. Um mich davon abzulenken, rieb ich mir den Hintern mit einer Hand und ein leichtes Stöhnen entwich mir, dass ich aber schnell wieder mit Worten versuchte zu neutralisieren, "Mir geht's gut, nur der Hintern... Bisschen... aber nichts, wirklich." Meine zweite Hand klappte an meinen Mund und das Buch fiel in meinen Schoß. Bäh. Wie konnte man soviele Beschwerden zugleich haben. Echt nervig!
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Nathalie riss mir förmlich das Buch aus der Hand und umklammerte es – so es sah fast danach aus, als hätte ich das buch zerreißen wollen oder so etwas, und sie hatte es in letzter Sekunde noch retten können. Ich brauche mich doch nicht zu entschuldigen, sagte sie, klang dabei aber eher gegenteilig. Ich hörte dies jedoch nur mit halbem Ohr, mein Blick haftete an ihrer Hand, an welcher ich für einen kurzen Augenblick etwas leuchtend rotes gesehen hatte. Nun aber hatte sie das Buch in der Hand und drückte es an sich, so dass ihre Fingerspitzen verdeckt waren. „Es war ja nicht deine Schuld, ich bin wie eine Wahnsinnige den Korridor runtergelaufen.“, hörte ich Nathalie sagen, dieses mal etwas versöhnlicher, und dieser Wandel im Tonfall lenkte meinen Blick wieder in ihr Gesicht. “Ich glaube, du blutest.“, sagte ich. Ich konnte selbst hören, dass meine Aussage etwas ängstlich klang. Vor meinem inneren Auge erschien ein Bild, mein Spiegelbild, ein Bild von mir selbst. Blass sah ich aus, ängstlich, mit großen dunklen Augen, die mir – oder Nathalie in diesem Fall ja eigentlich - fragend entgegenblickten. Meine Mutter wäre stolz gewesen, und genau dieses Gesicht war es wohl auch, dass Matthew stetig dazu veranlasste den Beschützer raushängen zu lassen... Es war mir zuwider, aber ich konnte es auch nicht ändern, ich sah einfach so aus. Und in diesem oment war ich auch wirklich besorgt.
Diese kurze ‚Vision’ dauerte nur einen sehr kurzen Augenblick, nur ein Gedanke war es gewesen, und meine Mitschülerin hatte davon sicher nichts mitbekommen. Es war eben doch gut, dass man die Gedanken des anderen nicht sehen konnte..
Es gehe ihr gut, beteuerte Nathalie währenddessen, nur der Hinter tue ihr ein bisschen weh. Ich sah sie noch immer an, widersprechen wollte ich nicht, das ging ja nicht, aber so wirklich glauben konnte ich ihr das auch nicht alles. Ich hatte doch das Blut gesehen! Was sollte ich denn jetzt machen? Sie mütterlich bei der Hand nehmen und sie zwingen in den Krankenflügel zu gehen, damit Miss Rosa sich das wenigstens einmal ansehen konnte? Allein bei dem Gedanken daran verzweifelte ich schon – nein, so etwas konnte ich wirklich nicht. Vielleicht sollte ich einfach versuchen nett zu fragen, ob sie denn nicht vorsichtshalber doch lieber....plötzlich ließ Nathalie das Buch fallen und schlug sich die Hand vor den Mund, so als sei ihr etwas siedend heiß eingefallen..aber nein, das war es wohl nicht, wurde mir im selben Moment bewusst – eine unangenehme Erkenntnis. Ihr war schlecht! Was sollte ich denn jetzt bloß machen?!
Etwas ungeschickt versuchte ich ihr zu helfen aufzustehen, schließlich musste jetzt schnell gehandelt werden. “Ähm, ist dir schlecht? Komm, da drin kannst du dich kurz hinlegen..“, sagte ich und versuchte sie in Richtung Tür zu leiten. Ich konnte die Klinke schon fast berühren, und doch war sie noch so weit weg! Wie schwierig und groß alles doch plötzlich scheint, wenn man in Not ist...
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Irgendwie schienen meine Worte halb an meiner Gegenüber abzuprallen. Sie reagierte zumindest nicht offensiv, als ich sie so anfauchte, obgleich ich das halb erwartet hatte. Wieso war sie denn so abgelenkt? Sie starrte noch immer das Buch an, mein Buch an, welches ich ihr aus der Hand gekrallt hatte. Das machte mich nun wirklich misstrauisch, und ich umklammerte es nur noch fester, meine Stirn kurz leicht gerunzelt. Doch als sie dann endlich von ihrem glasigen Starren aufblickte in mein Gesicht erfuhr ich den wirklichen Grund. Sie glaube ich blute, sagte sie. Gut, dass sagte sie, aber war es wirklich das? Und wo überhaupt? Konnte der Hintern so leicht anfangen zu bluten, dass sie das sehen konnte? Wohl kaum, denn das könnte man von dort nichteinmal sehen, selbst wenn es so wäre. Ich runzelte nun tatsächlich die Stirn, so dass sie es auch sehen könnte, weil ich nicht verstand. Doch bevor ich das äußern konnte war mir ja wieder schlecht geworden und ich hatte meine Hand an meinen Mund geklappt. Auf dem Weg von der Brust, wo ich das Buch umklammert hatte, bis zu meinem Munde, erkannte ich nun auch das Blut an meinen Fingern und mir fiel wieder ein, dass ich am Kopf blutete, was wohl auch seinen Teil an meiner Übelkeit nun mit hatte.
Danielle schien erschrocken von meiner plötzlich Reaktion und etwas hilflos aber dennoch entschieden versuchte sie mich auf die Beine zu stellen. Ich ließ mir gerne helfen, obgleich meine Knie gerade viel zu weich waren um mein Gewicht wirklich tragen zu könnten. Doch ich stand irgendwie, leicht schaukelnd, und Schritt für Schritt führte Danielle mich an die Tür des Krankenhauses. Einen Millimeter davor schwächelten meine Knie wieder bemerkbar unter meinem Körpergewicht und ich schwankte aus ihrem Griff zu einer Fensterbank, an der sich meine zittrigen Finger festklammerten. Mein Oberkörper warf sich über den Rand, so dass mein Blick auf die Gründe weit unter mir fiel. Das war auch nicht so schön. Alles entschärfte sich und schärfte sich dann wieder periodisch. Runterfallen wäre nicht so schön. Ich zog mich etwas in den Fensterrahmen zurück, wurde dann aber ruckartig nach vorn gestoßen, als mir die Galle hoch stief und mit einem würgenden Geräusch meinen Mund verließ, den weiten Weg nach unten entretent, wo sie unten angekommen, sehr tief unten, über den Boden verstreut aufplatschte. Igitt, fiel mir dazu nur ein.
Ich wischte mir die Mundwinkel mit dem Ärmel ab, sah entschuldigend zu Danielle, die sich so viel Mühe gemacht hatte mir zu helfen, bevor mich wieder eine Welle überkam und ich ganz erschrocken wieder aus dem Fenster kotzte. Gott sei Dank haben so wenige Fenster in den Korridoren des Schlosses eigentliche Scheiben, zumindest solange es noch einigermaßen warm war. Sonst hätte es nun das Glas getroffen. ein unabetitlicher Gedanke. Ich würde wiederholt, übergab mich numeröse Male und schmeckte dieses eckelige Zeug auch noch im Mund. Wirklich unschön. Obwohl ich sagen musste, dass sich diese ekeligen Schmerzen vom Bauch langsam lößten, so dass ich klarer denken konnte. Ich zitterte nun aber im Austausch dafür, als wäre mir kalt. Was für eine kümmerliche Ansicht ich wohl gerade bot. Die Nase verschnupft, die Augen ganz unwillkürlich tränend und rot angeschwollen, Blut um den Mund, von meiner Hand, die sich dort hingeklappt hatte, von meinem Kopf, blass wie der Mond. Ich wischte mir wieder mit dem Ärmel über die Mundwinkel, als ich sicher war, dass es vorbei war, und strich mir dann mit der sauberen Hand über die Augen, um die kleinen Tränen in den Augen aufzuhalten. Igitt, Nathalie, ehrlich, Igitt. Wie peinlich. Wie bloßgestellt ich mir vorkam. Aber nunr war mir nicht mehr schlecht. Nur noch der Kopf schmerzte, aber das war nun noch nicht mehr so schlimm, im Vergleich dazu, wie schlecht mir gewesen war.
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Noch ein paar Schritte, nur noch ein paar..
Wenn ich gekonnt hätte, so hätte ich die Tür des Krankenflügels sicher herangezaubert, so sehr wünschte ich dass wir dort endlich ankommen würden. Nathalie stützte sich schwer auf meinen Arm, und ich hatte das Gefühl, sie würde mir jeden Moment aus dem Griff rutschen und umkippen.
Fast, fast hatten wir die Tür endlich erreicht, als sie sich plötzlich losriss und zurück zum Fenster stürzte. Überrascht sah ich ihr hinterher, wollte gerade etwas sagen, als sich Nathalie auch schon aus dem Fenster lehnte und sich übergab. Ich klappte den und wieder zu und verzog ein wenig das Gesicht, während ich versuchte möglichst nicht so genau auf die Geräusche zu achten, die vom Fenster herüberkamen...
Arme Nathalie, ging es mir durch den Kopf, und mir blieb nichts anderes übrig als zu warten, bis ihr Magen sich schließlich vollends beruhigt hatte und nichts mehr kam. Sie übergab sich noch einige Male, während ich dumm im Gang herumstand, die Lippen fest aufeinandergepresst. Es ist schwer etwas zu ignorieren, wenn man es unbedingt versuchen will...
Und so suchte ich mit dem Blick den Gang ab um mich abzulenken, denn automatisch wurde mir auch ein wenig mulmig. Da entdeckte ich zum zweiten Mal das Buch, das Nathalie eben fallen gelassen haben musste. Ich hob es auf und sah es mir genauer an. Kabale und Liebe war der Titel. Ich drehte es in den Händen, wagte es aber nicht aufzuschlagen, das kam mir irgendwie unhöflich vor, schließlich war es Nathalies Buch, und nur weil sie gerade kotzend aus dem Fenster hing, gab es mir nicht das Recht ihr Eigentum zu ‚untersuchen’.
Schließlich war es vorbei, jedenfalls würgte Nathalie nicht mehr und ich trat zu ihr. Sie wischte sich gerade ein paar Tränen aus dem Augenwinkel und ich sah, dass sie zitterte. Noch immer war sie furchtbar blass, und sie hatte Blut am Mund. Hatte sie etwa Blut gespuckt?! Wieder weiteten sich meine Augen vor Schrecken. Ich griff in meine Tasche und reichte ihr ein Taschentuch – eines der seidenen mit dem gestickten Familienwappen darauf, denn meine Mutter meinte, jede DeWinther sollte zumindest immer ein Taschentuch bei sich tragen. Und in diesem einen Fall, dachte ich, hatte sie wohl Recht, denn nun war es wirklich von Vorteil, dass ich eines dabei hatte. Ich reichte es also Nathalie und sah sie besorgt an, so als befürchtete ich, sie könne sofort wieder umfallen.
“Möchtest du dich etwas hinsetzen? Oder soll ich Miss Rosa holen?“, fragte ich sie und deutete dann vorsichtig auf ihren Mund, der ein wenig blutverschmiert war. “Hast du...“, begann ich, wusste bare nicht so recht wie ich fragen sollte. Irgendwie war es eine merkwürdige Frage und auch unangenehm. Aber es war wichtig. “Hast du Blut gespuckt?“
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Ich konnte nicht darauf achten, was Danielle DeWinther tat, während ich mich über die Fensterlehne ausleerte, und ich hätte mich auch so oder so nicht darauf konzentrieren können, wenn ich es wollte. Nur hätte ich es doch gekonnt, so wäre ich sicherlich nicht allzu glücklich gewesen zu sehen, wie sie mein Buch aufhob, um den Titel anzusehen. Aber ich hätte vermutlich sowieso gedacht, dass sie auch nicht wissen würde, was das Buch bedeutete. Muggelliteratur. Mit solchen Dingen kannte sich bestimmt kein einziger reinblütiger Zauberer aus und das war wohl auch erleichternd, sonst hätte sie gute Gründe mich als das Schlammblut zu bezeichnen, dass ich war. Nicht, dass ich das richtig finden würde, soetwas gegen mich zu halten, nur kann ich gerne auf irgendeine Form der Freundlichkeit von solchen hochnäsigen Reinblütern verzichten. Ich wäre wohl hart gewesen, statt mal ordentlich zu sehen, wer Danielle DeWinther ist. Aber das ist ja auch egal, da ich, wie gesagt, nicht sehen konnte, was sie hinter meinem Rücken tat. Ich wusste nur, dass sie wohl hinter mir war. Ich konnte nicht genau wissen, ob sie bei meinem Anblick die Flucht ergriff. Aber das konnte mir dann wohl auch egal sein, ich könnte sie wohl kaum aufhalten. Und warum würde ich das auch tun wollen? Es würde nur beweisen, dass mein Vorurteil richtig war. Aber sie war ja nicht weggelaufen, also sind all diese Gedanken über was gewesen wäre, wenn, recht sinnlos.
Ich merkte ihre Anwesenheit auch erst dann wieder richtig, als ich endlich fertig war und dementsprechend erschöpft an der Fensterbank hing, mir die Tränen aus den Augen wischend. Sie reichte mir ein Taschentuch, dass ich mit einem verschnupften 'Danke' annahm und benutzte, um mir den Mund und die Hände abzuwischen. Um meinen Mund blieben noch die verkrusteten Außenrandsspuren des Blutes, wo es schon getrocknet war. Dagegen konnte ich jetzt nicht viel tun und ich konnte es auch sowieso garnicht sehen, weshalb es mir wohl dann auch egal sein konnte. Ich sah aus dem Fenter, während ich mir noch die Finger abwischte, hinaus starrend, als versuche ich in der Ferne etwas zu erkennen. Das war natürlich nicht der wirkliche Grund für mein starren. Ich wollte mich nur nicht zu dem Mädchen umdrehen, dass vermutlich ein angewiedertes Gesicht zu bieten hatte. Taschentücher waren nett, aber vermutlich auch nur eine Höflichkeit, mit der sie erzogen worden war. Ich starrte also leer hinaus, die Finger immer wieder abwischend, obwohl sie wohl mittlerweile von den größten Rückständen befreit waren.
Ich war überrascht die Besorgnis in Danielles Stimme zu hören, als sie micht fragte, ob ich mich nicht doch lieber hinsetzen wolle, oder ob sie Frau Rose hohlen solle. Ich schüttelte nur den Kopf. Ich wollte mich gerade nicht groß bewegen. Die Fensterbank war gut. Sehr gemütlich. Ich wünschte nur, dass ich ein paar Säuberungszauber nun kennen würde, so dass ich mein kümmerliches Erscheinungsbild etwas aufmoppen könnte. Dann fragte sie, mit ihrer Hand nach meinem Gesicht ausgestreckt, was mich zum ersten mal zu ihr sehen ließ, ob ich Blut gespuckt hätte. Wieder schüttelte ich den Kopf. Ich blinzelte überlangsam und antwortete: "Nein, das ist von meiner Hand, die wiederum von meinem Kopf das Blut hat." Man, klang das bescheuert. Ich drehte den Kopf, so dass sie die Stelle sehen konnte, wo mein Haar nicht mehr ganz orange, sondern dunkler, halt rot, war. Dann drehte ich mich wieder zu ihr, nur um ihr schnell zu versichern, "Aber es ist nichts, wirklich, das ist schon wieder trocken." Ich fasste mir kurz an die Stelle, zuckte nur leicht wegen der Berührung zusammen, führte dann aber wieder meine Hnd vor mich. Das Blut war trocken, weshalb nun auch keines an meiner Hand war. Ich zuckte mit der Schulter.
Ich sah zu Danielle DeWinthers Händen, wo mein Buch war, und verkrampfte sofort etwas, aber nur innerlich. Ich war äußerlich noch nicht bereit eine so starke Reaktion tatsächlich sichtbar zu machen, "Kann ich mein Buch wieder haben?" fragte ich, ohne ein Bitte, was ganz automatisch passierte. Ich wollte es ihr nicht wieder aus der Hand krallen, sie sollte auch so merken, dass ich nicht wollte, dass sie es hatte. Es war meines!
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Komme von: Viele Gedanken und eine Kranke...
Zu mehr kam ich nicht, denn schon wieder klopfte es an der Tür. Ich atmete einmal tief durch und lächelte dann der Tür entgegen. “Herein spaziert, herein spaziert! Stets zu diensten in allen misslichen und erfreulichen Lebenslagen! “ Langsam öffnete sich die Tür und Danielle DeWinther, eine hübsches schwarzhaariges Mädchen aus Slytherin, half ihrer Freundin Amelie Mellborn in das Krankenzimmer. Amelie, nicht gerade die hübscheste in ihrem Jahrgang, aber auch nichts, was sich nicht beheben ließe, drückte ihren Arm in die Magengrube und verzog das Gesicht. Da sie aber noch einigermaßen alleine stehen konnte und nur geringfügige Hilfe von Danielle hatte, war klar, dass erst Lucia weiter behandelt werden musste. Kurz wandte ich mich der nächsten Patientin zu. Diese war scheinbar zunächst mit einem Bett zu frieden. Der Trank gegen Magenschmerzen war zwar von Professor Sanderson schon vorgefertigt worden. Jedoch musste er noch einmal langsam aufgekocht werden und mit Salz verfeinert. Gerade als ich mich wieder umgedreht hatte, hatte Danielle sich schon verabschiedet und verschwand in die Richtung aus der sie gekommen war. Ich zog ein Fläschchen aus meinem Umhang und stellte es auf das Nachtschränkchen neben Lucia. “Zwei Schluck dürften zum schlafen vollkommen ausreichen und keines falls mehr als drei! Wir wollen ja dass du gar nicht mehr aufwachst!” Sanft streichelte ich über Lucias Kopf. Dann ging ich wieder in mein Nebenzimmer.
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Das Blut an ihrem Mund stamme von dem Blut an ihrer Hand, das wiederum von der Wunde an ihrem Kopf stammte. So erklärte es Nathalie und ich nickte zögerlich, nachdem ich ihr wieder folgen konnte. Die Anmerkung, dass eine blutende Wunde am Kopf vielleicht doch ein Grund war Miss Rosa aufzusuchen, verkniff ich mir, fand aber gleichzeitig Nathalie sollte es wirklich tun. Außerdem zog sich mir bei ihren Worten der Magen zusammen – so doll war sie aufgeschlagen, dass sie am Kopf blutete, und alles nur wegen mir..
Aber es sei ja alles gar nicht so schlimm, beteuerte Nathalie abermals, und ich ließ jegliche Versuche, ihr noch einmal einen Besuch im Krankenflügel vorzuschlagen, fallen.
„Kann ich mein Buch wiederhaben?“, fragte sie dann. Es war zwar eine Frage, aber es war ganz sicher keine Bitte. “Ja, natürlich.“, erwiderte ich hastig und gab ihr das kleine lederne Buch zurück, musste dabei kurz daran denken, wie sie es schon vorhin an sich gerissen hatte, so als hätte ich es stehlen wollen. Um diesen Eindruck irgendwie abzuwenden – und weil es mich wirklich interessierte – wollte ich das Thema Buch trotzdem noch nicht gleich vergessen. “Wovon handelt es?“, fragte ich und versuchte so beiläufig wie möglich zu klingen, obwohl mein neugieriger Blick auf den Ledereinband mich sicher dennoch verriet. Aber so klang es vielleicht nicht wirklich beiläufig, aber wenigstens auch nicht schrecklich neugierig – was ich ehrlich gesagt allerdings war. Ich brannte darauf zu erfahren, was das für ein Buch war, so war es bei mir immer, wenn jemand etwas las. Ich fand, man konnte viel über den Menschen erfahren wenn man ihn fragte, was er so las. Das war auch genau der Grund, warum ich stets geheim zu halten versuchte was ich so an Literatur bevorzugte...
Vielleicht war es mein schlechtes Gewissen, vielleicht aber auch irgend etwas anderes, was meinen Blick für einen kurzen Moment an Nathalie vorbei nach draußen lenkte – aber ich vermute es war Ersteres. Es war schon dunkel und ich wusste, es war schon weit nach sechs Uhr. Eigentlich hatte ich ja gleich, nachdem ich meine Freundin hier im Krankenflügel abgeliefert hatte, in den Gemeinschaftsraum zurückkehren, nein, eigentlich hatte ich sogar gleich ins Bett gehen wollen, um so niemandem mehr zu begegnen, aber dann war ich mit Nathalie zusammengestoßen... Und eigentlich ging es ihr jetzt, nach eigenen Angaben zumindest, auch wieder gut, und es gar für mich eigentlich keine Ausreden mehr warum ich mich nicht unverzüglich auf den Weg machte, sondern hier noch immer und tief in der Sperrstunde auf dem Flur herumhing. Aber die Neugier hatte mich jetzt einfach gepackt, und vielleicht wurde diese auch durch Nathalies Reaktion vorhin verstärkt. Ich wollte jetzt wissen, um was es in dem Buch ging..
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Danielle gab das Buch mit einem "Ja, natürlich" zurück und ich nahm es auch sofort, mir selbst schwörend, dass ich es sicher kein drittes mal so einfach fallen lassen würde. Ich war sowieso heute irgendwie übertollpatschig, oder? Erst esse ich etwas schlechtes, so dass mir total über wird, dann laufe ich mit Vollkaracho gegen ausgerechnet Danielle DeWinther, was wiederum dazu führt, dass ich mir den Kopf blutig stoße und ich zu allem Übel auch noch aus dem Fenster kotzen muss, ganz neben dem Buch, dass ich hatte zweimal nun schon fallen lassen, obwohl ich ja gerade wollte, dass das nicht passierte. Schon peinlich, irgendwie. Aber ich hätte ja nicht ahnen können, dass das Essen mir nicht bekommen würde, oder dass Danielle gerade dort dann stehen würde. Irgendwie war es also nur halb meine Schuld, und die andere Hälfte wohl die, des Schicksals, wenn es soetwas überhaupt gab. Ich war in den meisten Bereichen des Lebens skeptisch, ob es ein Schicksal gab. Außer vielleicht in der Liebe, aber da war ich eventuell etwas zu romantisch gestimmt. Auch egal.
Ich an sich nicht viel über diese Dinge grübeln, nachdem ich mein Buch zurück bekommen hatte, schließlich sah ich Danielles neugierige Augen, die immer wieder zu diesem glitten. Und dann äußerte sie auch ihre Neugierde in ihrer Frage. Ich war nun wirklich unsicher. Was sollte ich sagen? Ich könnte ja ganz zufälligerweise auslassen, dass es nur von Muggelinteresse war, und nichts für solche reinblütigen Zauberer. Sonst würde sie sich sicher lustig machen, das wollte ich wirklich nicht. Ich hasste es, wenn Leute sich über das lustig machten, was ich las. Also würde ich das auslassen. Alles andere könnte ja genauso gut mit Zauberern sein, schließlich war es ein Drama über ein ganz allgemeines Thema. Und dennoch zögerte ich in diesem Moment. Ihre Neugier schien so unschuldig und vor allem ehrlich. War sie so eine gute Schauspielerin, oder war es im Gegenteil, dass sie so eine schlechte war, dass sie es gar nicht verbergen konnte, dass sie neugierig war. Mir stahl sogar der Gedanke durch den Kopf, ich könne sie zu einer solchen Literatur bekehren. Aber dann, im nächsten Moment, schien mir der Gedanke so absurd, dass ich mich selbst ausgelacht hätte, wäre es nicht gerade etwas merkwürdig plötzlich loszulachen. Wieso sollte sie sich je für solche Dinge interessieren? Schließlich war sie reich und reinblütig.
Ich entschied mich das Ganze ganz anders anzugehen. Ich hatte keine Lust auf ein Versteckspiel, weshalb ich mich nun etwas aufrichtete, von meiner zuvor etwas schlabberigen Haltung an der Fensterbank. Ich lehnte mich dennoch etwas dort an, weil meine Knie noch etwas weich waren. Langsam ließ ich das kleine lederne Buch in meine Umhangstasche fallen und legte den Kopf seitlich, ein fragender Blick. Es wäre doch sowieso nicht schwer herauszufinden, dass ich keiner reinblütigen Herkunft war, "Ich glaube, dass du soetwas nicht lesen würdest, schließlich ist es Muggelzeug." Ich zuckte mit der Schulter und fand etwas Selbstbewusstsein wieder. Solange ich in Hogwarts war hatte ich eigentlich nichts zu fürchten. Die Lehrer würden nichts ernstes zulassen, und gegenüber verbalen Attacken war ich doch mehr als gerüstet. Ich sah sie ernst an, fast etwas anschuldigend, wenn nicht doch sehr anschuldigend, "Du bist doch eine DeWinther, sicherlich willst du nicht, dass man dich mit einem Schlammblut reden sieht." Nun hatte ich einen leicht verletzten Stich in der Stimme.
Eigentlich war es ja unfair von mir, sie so anzuschuldigen, aber ich wollte mich nur schützen. Es war ähnlich wie bei Demie, um genau zu sein, aber ich nahm nun wirklich nicht an, dass Danielle DeWinther freundlich gegenüber Muggeln war. Sie wusste nur einfach nicht, dass ich eine war, und da wollte ich sie nicht im dunkeln lassen. Selbst wenn ich mich mit ihr verstehen würde, solange sie das nicht wüsste, würde es vermutlich sowieso nichts bedeuten. Schließlich waren solche reinblüter dafür bekannt alle auszusortieren, wie mich, ganz gleich ob sie in allen anderen Aspekten ihrer Persöhnlichkeit sympatisch waren. Der Gedanke war übelkeiterregend, aber ich wollte das nicht äußern. Das war doch ganz klar, aber so wurden diese Kinder großgezogen. Irgendwie war es nicht deren Schuld, dass sie wegen der Erziehung an soetwas glaubten, aber ich konnte kaum smypatieren, wenn ich daran dachte, was manchen Muggeln in der Vergangenheit wegen ihrer abstammung passiert ist. Ich räusperte mich zu ein paar letzten Worten, bevor ich auf ihre Antwort wartete: "Ich dachte nur, du solltest das wissen." Meine Augen stachen etwas. Ich kam mir so gemein vor, aber auf der anderen Seite hatte ich den Gedanken, dass sie es verdiente. Es gab bis heute keinen Grund anzunehmen, dass sie sich irgendwie positiv für 'uns' interessiert.
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Gespannt sah ich Nathalie ins Gesicht, endlich hatte ich gefragt was sie da las und wartete ungeduldig auf eine Antwort. Meine Mitschülerin schien zu überlegen, dann richtete sie sich ein wenig auf. Ich beobachtete sie dabei, wie sie sich gegen den Fenstersims lehnte und ihr Gesicht einen leicht harten Zug annahm. Fragend neigte sie den Kopf und ließ das Buch demonstrativ in ihre Manteltasche gleiten. Meine Neugier wich einem unbestimmten Gefühl, so als würde das hier alles in eine ganz andere Richtung gehen, als man es wollte. Ein wenig war das Gefühl dem ähnlich, wie wenn man merkte, dass sich ein Missverständnis anbahnte und man es nicht aufhalten konnte. Aber so etwas war es hier ja nicht, ich hatte sie lediglich nach dem Buch gefragt, ein Missverständnis war hier ausgeschlossen.
„Ich glaube, dass du so etwas nicht lesen würdest, schließlich ist es Muggelzeugs.“
Ich war so vor den Kopf gestoßen, dass ich zuerst gar nichts sagen konnte.
„Du bist doch eine DeWinther, sicherlich willst du nicht, dass man sich mit einem Schlammblut reden sieht.“, fuhr sie dann fort, und es war wie ein zweiter Schlag ins Gesicht. Meine Lippen öffneten sich, doch dann schloss ich meinen Mund wieder, ohne ein Wort heraus gebracht zu haben.
Aber was hätte ich auch sagen sollen? Da war es wieder, das ewige Dilemma. Ich konnte ihr nicht einmal böse sein, ich selbst hatte doch auch dazu beigetragen, dass sie mich für so eine Slytherin hielt. Nie sah man mich mit Leuten aus den anderen Häusern sprechen, aber dass dies nicht aus irgendwelchen dämlichen Gründen der Reinblütigkeit geschah, sondern aus ganz anderen, das konnte sie natürlich nicht wissen. Wie denn auch, denn genau das versuchte ich ja geheim zu halten! Oh welch Ironie.
Ich stand praktisch mit dem Rücken gegen die Wand. Ich spürte wie sich ein Kloß in meinem Hals bildete, so als stauten sich dort alle Worte auf die hinauswollten, aber doch nicht durften. Am liebsten hätte ich ihr die Wahrheit ins Gesicht geschrieen, aber das war unmöglich. Ich schluckte einmal, als müsste ich die Worte zuerst alle wieder hinab befördern bevor ich etwas sagen konnte, so dass nicht das Falsche herauskam.
“Wir sind doch in einer Klasse.“, stieß ich hervor, und ich bemerkte erst jetzt, da ich meine eigene Stimme hörte, dass sie verletzter klang als ich es hatte zeigen wollen. “Ich kann reden, mit wem ich will.“, fügte ich noch etwas trotziger nun hinzu. Das waren natürlich beides irgendwie blöde Antworten auf ihre Anschuldigungen, aber das, was ich wirklich meinte, konnte ich ja nicht sagen. Also purzelte dieses nur halbwegs zusammenhängende Zeug aus mir heraus, aber da ich sowieso nur noch nichts wie weg wollte, war mir das auch schon egal.
„Ich dachte, du solltest das wissen.“, fügte Nathalie noch hinzu, und es klang so endgültig und gleichzeitig vorwurfsvoll, dass ich mir ganz schrecklich vorkam. Das hatte so gesessen, dass ich gar nicht mehr auf das Buch einging – und ein bisschen Absicht war auch dabei. Aber die Wahrheit konnte ich ihr auf keinen Fall sagen, also beließ ich es lieber dabei, dass ‚Muggelzeugs’ ohnehin nicht für mich in Frage kam. Das Gegenteil zuzugeben, wäre zu gefährlich gewesen.
Vielleicht hätte ich ja auch wütend werden sollen, schließlich hatte ich mit rein gar nichts angedeutet, dass ich ihr nicht auch geholfen hätte, hätte ich vorher gewusst dass sie nicht reinblütig war. Aber über so etwas hatte ich mir vorher ja überhaupt keine Gedanken gemacht, und naja, das war einfach nicht ich. Ich wurde nicht wütend, fühlte mich einfach nur schlecht. Es war so unfair, aber ich konnte es auch nicht ändern.
Irgendetwas, irgendetwas musste sich doch sagen können, um diese ganze Situation richtig zu stellen!
Ich sah Nathalie ins Gesicht, nach Worten suchend, während ich das Gefühl hatte es schrie mir schon aus den Augen “So ist es doch gar nicht! Das ist alles nicht wahr!“
“ Vielleicht ist nicht alles immer so, wie du dir das denkst.“, sagte ich schließlich und klappte den Mund schnell wieder zu, denn hätte ich nur ein Wort mehr gesagt, wäre meine Stimme wohl gebrochen. Dann wandte ich mich um und ging, und noch während ich das tat, höhnte eine schrille Stimme in meinem Kopf. Na dann sag ihr doch, wie es wirklich ist, na dann tu´s doch!
Ein kurzes heftiges Kopfschütteln war meine Antwort darauf, und die Stimme verschwand. Im selben Moment schossen mir Tränen in die Augen. Ärgerlich stapfte ich eilig weiter, zielstrebig in Richtung Kerker. Was musste ich denn jetzt auch noch anfangen zu heulen?! Die Tränen, die es gewagt hatten mir trotzdem über die Wangen zu kullern, wischte ich jedoch nicht weg, bis ich die nächste Abzweigung erreicht hatte. Nathalie hätte sonst noch meine Bewegung gesehen und gemerkt, dass ich heulte. Oh ich ärgerte mich so sehr darüber.
Auf dem Weg die Treppen hinab, wischte ich mir wütend die Tränen fort, und als ich die Tür zum Gemeinschaftsraum erreicht hatte, waren alle Spuren des kurzen Tränenausbruchs beseitigt. Außerdem half mir die Tatsache, dass ich so wütend über mich selbst war. Denn erst viel später, erst als ich im Dunkeln im Bett lag, kam das Gefühl, das mir Nathalies Anschuldigungen gegeben hatten, wieder, und drohte mich zu ersticken.
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In diesen Momenten, als ich sprach und dann mit sanft bebendem Oberkörper auf ihre Antwort wartete, kam ich mir wirklich schrecklich und vor allem- zu meiner eigenen Überraschung- gemein vor. Wieso kam ich mir jetzt gemein vor? Schließlich war ich doch jene, die gerade jemand anderen dessen beschuldigte, so indirekt. Und dennoch hatte ich ein beklemmendes Gefühl im Magen, und ich zitterte ein kleinen Wenig vor einem Gemisch von Angst und Wut. Zum einen urteilte, oder eher verurteilte ich sie, und zum anderen schütze ich mich. Zwei Seiten einer Medaille und zwei ganz unterschiedliche Arten meine Worte zu verstehen, wenn man nicht gerade beide heraushörte. Ich kam mir so verdammt fies vor, und doch war ich auch ziehmlich überzeugt, dass sie nun den Kopf heben und gestochen arrogant davon gehen könnte. Das würde sie doch auch, von allem, was ich über sie wusste. Ein artiges Mädchen, beschützt von einem älteren Bruder. Sie musste sich nicht vor allen anderen schützen. Sie hatte ja scheinbar keine Ahnung, wieviel Glück sie diesbezüglich hatte. Sie wusste nicht, wie es war, hier alleine zu sein. Irgendwie hatte sie das auf jedenfall verdient! Ich hatte auch ältere Brüder, aber sie waren alle viele, viele Kilometer entfernt. Matthew DeWinther, auf der anderen Seite, könnte jede Sekunde um die Ecke gestürmt kommen. Es würde mich jedenfalls nicht überraschen.
Und so schmiss es mich wieder über den Haufen- genauso wie zuvor, als Danielle Sorge äußerte- dass sie wirklich verletzt klang, als ihre Antwort kam. Meine Augen weiteten sich, weil genau das Schlimmste passiert war, dass ich mir hätte im Kopf ausmalen können. Ganz gleich ob was ich sagte nun stimmte oder nicht, jeder würde bei so gemeinen Worten doch irgendwo verletzt sein, oder nicht? Und genau das war sie nun, und es war meine Schuld. Das war verdammt schmerzhaft für mich und ich konnte ich nun nicht mehr entscheiden, was überwog: Dass sie das verdiente, oder dass ich einfach nur ein Trampel war. Beides schien in mir irgendwo als richtig empfunden zu sein, und doch trafen mich ihre Worte so stark, dass es so schien als würde ich langsam ganz vergessen, dass ich überzeugt war, dass ich recht hatte.
Ich runzelte meine Stirn, und meine Augen stachen immer mehr. Ich war eine verdammte Heulsuse, ich konnte einfach nicht anders, aber ich bemühte mich nichts rauszulassen. Ich hielt die Luft an, ballte die Fäuste, und wie durch einen plötzlichen Energieschub stand ich auch richtig. Ich stand vor ihr, kleiner als sie, aber ich hatte das Gefühl groß zu sein, mit meiner Haltung, und meinem wütenden Blick auf sie. Was hätte ich auch sonst tun sollen? Ich wollte nicht zulassen, dass Trauer und Verletztheit meinerseits die Oberhand gewann. Nun war ich verletzt, ja, aber nur, weil ich merkte, dass ich so tierisch unsensibel gewesen war. Sie hatte mir eigentlich keinen Anlass dazu gegeben. Aber jetzt war es wirklich zu spät, um diesen Fehler rückgängig zu machen. Nun musste ich fest stehen. Vor ihr. Mit geballten Fäusten an meiner Seite und einem wütenden, wenn leicht übergläsernen Blick.
Wir seien in einer Klasse und sie könne reden, mit wem sie wollte. Ich zitterte. Natürlich hatte sie recht. Aber das wären doch Dinge, die ich hätte sagen können. Schließlich war es doch egal, ob ich muggelgeboren war, oder nicht. Wir waren in einer Klasse und sie sollte mich für das respektieren, was ich war, und nicht verdammen. Aber nun sagte sie das! Ein kleinster Teil in mir wusste, dass das ihr gutes Recht war, aber der andere, von Trotz gefüllt, schnaubte nur wütend bei ihren Worten und stieß in ihr Gesicht hervor, ganz gleich ob sich jeder Verstand dagegen weigerte, weil ich wusste, dass es mir später deshalb nur schlechter gehen würde: "Das ist mein Text!" Dabei stampfte ich wütend auf und starrte sie mit feurigen Augen an. sie war verletzt, ich war stark. Ich spührte Energie in mir, von der ich gerade noch gedacht hatte, dass es mich mindestens eine Nacht kosten würde, sie zu regenerieren: "Das ist mein Text!!" Ich war so rasend, obwohl ich nur halb verstand, warum. Es war, als hatte ich ihre Worte tatsächlich nicht wirklich als ihre, sondern als meine wahrgenommen. Als hätte sie eigentlich nur bestätigt, was ich über sie gesagt hatte, und sie hatte, um mich zu ärgern, mir meine Worte aus dem Munde gestohlen. Das machte mich wirklich rasend.
Wie Danielle dort stand, so Fassungslos bei meinen Anschuldigungen, der Mund leicht geöffnet. Es gab mir eine tiefe, aber irgendwo auch grässliche Zufriedenheit, wenn man das so sagen konnte. Wie ein Oxymoron, weil Zufriedenheit als positiv und grässlich als negativ sich abstoßen, aber an dieser Stelle geradezu perfekt zusammen passten. So war es, und es machte mich stärker, obwohl es tief in mir stach und weh tat, und das Verlangen ausrief davonzulaufen und mich selbst zu boxen. Aber sie verdiente es. Das kam immer wieder zurück, und gab mir Kraft. Ich war es, die gerade verhöhnt und verspottet wurde. Sie spielte mit meiner Wut, was mich nur noch wütender machte. Ich wollte ihr noch mehr ins Gesicht schreien, aber Danielle fand endlich wieder ihre Stimme.
Sie fuhr mich an, dass vielleicht nicht alles so sei, wie ich es dachte. Und bevor ich antworten konnte wandte sie sich um und lief davon. Ich wollte EXPLODIEREN! Was fiel ihr ein einfach wegzulaufen! So beendete man doch keinen Streit! Ich wollte auch eine Chance haben zu antworten. Aber sie ließ sie mir nicht, lief einfach davon, ließ mich entgeistert dort stehen. Ich war so wütend, und doch, im Augenblick als wir Augenkontakt verloren, und ihr Rücken zu mir gewandt war, sackten meine Schulter ein, wie das Fell eines wuscheligen Hunder, das mit Wasser übergossen wurde. So sah ich dann auch aus, wie ein Pudel im Regen.
So konnte es doch nicht enden, ich wollte, nein ich sollte das letzte Wort haben. Ich ignorierte einfach, dass ich genau sah, wie verletzt sie gewesen war, denn eigentlich sollte ich das doch sein. Sie sollte aufhören mir die Rolle zu klauen und so zu tun, als sei sie das Opfer. Das war so unfair, so surreal.
"Dann sag mir doch wie es ist und lauf nicht davon, du... du feiges Baby!!!" Das rief ich zwar erst, als ich sie um die Ecke schonmal nicht mehr sehen konnte, aber ich rief es so laut, dass ich sicher war, dass sie es hören konnte. Und nun war ich so reingesteigert. Ich blieb wie gewurzelt an der Stelle, die Brust stark hebend und senkend. Miss Rosa würde gleich rauskommen und mich anfahren, wieso ich hier so rumschreie.
Das würde ich dieser eingebildeten DeWinther nicht gönnen, dass ich auch noch wegen ihrer Arroganz eine Strafe erhielt. Ich drehte mich auf der Hacke ind die entgegengesetzte Richtung, obgleich ich in die selbe hätte gehen müssen, und stapfte so laut und doll davon, wie es mir nur möglich war. Ich wollte, dass das Schloss bebte mit der Wut, die sich in mir aufgetürmt hatte. Erst als ich mich mindestens zehn Minuten durch irgendwelche leeren Gänge zufrieden gestapft hatte sackte ich irgendwo in einer Ecke zusammen und begann leise in meine Knie zu schluchzen, meine Arme um die Beine gewickelt. Ich war wirklich eine Heulsuse, aber diese dumme Pute hatte mich auch wütend gemacht. Das war keine Trauer, sondern reine Wut!
Gehe zu: Zaubertränke am Freitag, 3. September
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