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Komm von: Audrey Hamilton
Der heutige Tag war ein typischer Donnerstag gewesen. Donnerstage waren immer schlecht. Genauso wie Montage, Dienstage, Mittwoche, Freitage und Samstage. Eigentlich... waren nur die Sonntage wirklich gut. Ausschlafen bis fast in den Mittag hinein und den restlichen Tag faulenzen. Das war viel eher nach meinem Geschmack als frühes aufstehen, in die Schulbänke sitzen und das brave, lernwillige Mädchen spielen. Lernwillig war ich zwar sehrwohl, aber meist war der Unterricht doch schicht und ergreifend langweilig. Nur wenige Lehrer schienen die Kunst des spannenden Unterrichts zu beherrschen. Zudem band ich auch gerne allen auf die Nase, dass ich oftmals schlicht unterfordert war. Wenn mal wieder irgend einer dieser unterbelichteten Würmer nicht mitkam und der Professor alles zum zweiten oder gar dritten Mal erklären musste, könnte ich die Wände hoch gehen. Welche Zeitverschwendung! Diese Zeit könnte ich wahrlich intensiver nutzen. Sei es um in der Bibliothek zu lesen, etwas für mein Äusseres zu tun oder mir irgend eine Gemeinheit für jemanden zu überlegen, der aus einem möglicherweise nichtigen Grund meine negative Aufmerksamkeit auf ich gezogen hatte. [I]Alles[/I] wäre besser als sich dieselbe Rede dreimal anhören zu müssen.
[B]"Parselmund."[/B] Nannte ich das Passwort als ich den Gemeinschaftsraum von uns Slytherins erreichte. Meine Schultasche schwebte neben mir her. Dieses Ding zu [I]tragen[/I] wäre undenkbar für mich. Höchstens liess ich sie von jemandem tragen.
Das Portrait schwang zur Seite und ich trat in den Gemeinschaftsraum, dicht gefolgt von meiner Schultasche. Es war erstaunlich ruhig im Gemeinschaftsraum, was mich etwas stutzig machte. Ich runzelte flüchtig meine Stirn, hob galant meine Linke Hand und warf einen Blick auf meine Armbanduhr. Da wurde mir auch klar wieso es so ruhig war. Es war erst wenige Minuten nach 18 Uhr und wahrscheinlich waren die meisten noch mit dem Abendessen beschäftigt oder waren sogar noch draussen. Mir persönlich war es jetzt bereits viel zu kalt im Freien. Meine zarten Finger würden bloss eisig kalt werden. Ich fror ohnehin andauernd alsbald es winterlich wurde und egal wieviel ich im Winter anzog, nie wurde ich das Gefühl von klammen Händen und kühler Haut los.
Wie dem auch sei, ein wenig Ruhe schadete mir auch nicht. Auch wenn ich zugegeben eher ein Mensch war der andere Leute um sich brauchte, am besten mit mir selbst im Mittelpunkt, genoss ich doch ab und zu die Stille, in der ich meinen Gedanken nachgehen konnte. Leise seufzend liess ich mich in einen der wuchtigen Sessel nahe am Kamin fallen. Meine Schultasche plumpste dumpf zu meiner rechten Hand auf den Boden. Für den Bruchteil eines Augenblicks zog ich es in Erwägung eines der Schulbücher hervorzunehmen und etwas zu lernen, verwarf diesen Gedanken jedoch wieder. Die UTZ Prüfungen waren noch fern und so kurz nach den Ferien hatten wir noch nicht so viele Hausaufgaben auf. Obwohl es bereits deutlich mehr waren als in den übrigen Jahren. Wohl wollten die Professoren uns deutlich zeigen, was uns in unserem siebten und letzten Jahr erwartete. Aber davon liess ich mich vorerst nicht beeindrucken, sondern lehnte mich in meinem Sessel zurück und schloss für einige Augenblicke die Augen um mich zu entspannen.
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Komme von: Die Tische voll, der Magen leer
Behutsam tat ich einen Fuß vor den anderen und versuchte so unauffällig wie möglich zu sein. Doch wie kam man darauf, dass ich verlobt sei? War dies bloß ein übler Streich, vielleicht von jemandem, der mir etwas übel nahm? Nein, ich hatte nie jemanden etwas zuleide getan. Dennoch behielt ich die bruchsichere Maske der Freundlichkeit zunächst auf. Ich konnte das Getuschel um mich herum hören, wusste ganz genau, dass sie über mich sprachen! In einer einsamen Sackgasse zog ich mich schließlich kurz zurück. Wer hatte es auf mich abgesehen? Wer wagte es, so etwas zu verbreiten. Solche Dreistigkeit! War das Leben auf dieser Schule nicht schon schlimm genug? Musste man mir das Leben nun auch noch schwerer machen? “Ja Miss Kean, sie sind alle kleine, widerwärtige Monster! Ein jeder von ihnen wartet bloß auf den richtigen Moment, um dich in den Abgrund hinab zu stoßen. Freundschaften?! Wo denkst du hin? Vertrauen? Niemals! Sie wollen dir alle etwas böses.“ Sagte die alte, wohlbekannte Stimme, die unter anderem den Namen Zwietracht trug. Nun endlich konnte ich meinem Gefühl auch ein Gesicht verleihen und musste nicht mehr so freundlich drein schauen. Der runden Hexe im Wandgemälde, die gemächlich in ihrer starren Tasse Tee rührte, warf ich einen vernichtenden Blick zu. Diese sah mich erschrocken an und flüchtete in ein anderes Bild. “Oh, sie ist ärgerlich und natürlich bin ich dran schuld.“ hörte ich sie noch zetern.
Am liebsten wäre ich ihr hinter her gegangen und hätte ihr erklärt, das sie selbstverständlich schuld an all dem Unglück dieser Welt war und sich ruhig dafür schämen sollte. Ich ging einige Schritte rückwärts, bekam Lust, den Rahmen des Bildes irgendwie zu beschädigen, ließ es dann jedoch bleiben. “Wuhaa“, schrie ich einmal kurz wütend auf und drehte mich dann um. Und was mich da durchs Fenster anblickte, ließ mich erschrocken zurück taumeln. Augen, die zu glühen schienen hatten mich angestarrt und die Grimasse, die dieses Gesicht zog, sah so fürchterlich hasserfüllt aus. Beinahe wäre ich hingefallen. Doch stieß die gegen die Wand an meinem Rücken und ich konnte so mein Gleichgewicht bewahren. Mein Herz raste. Was war das gewesen? Unsicher tat ich einige Schritte vor, blickte durchs Fenster, doch sah ich bloß mein Gesicht, welches sich seicht in der Fensterscheibe widerspiegelte. War das eben ... mein Gesicht gewesen? Wenn es nicht so fürchterlich gewesen wäre, hätte ich nun wohl über mich selbst gelacht. Einmal atmete ich tief ein, dann wieder aus und dann wieder ein. Ich musste mich beruhigen. Dass alles war doch nicht meine Art.
In etwas hinein steigern konnte ich mich wirklich gut und beinahe hätte ich eben die Kontrolle verloren. Jedenfalls glaubte ich das. “Freundlich aussehen! Freundlich aussehen!“, sagte mir die Vernunft. Ich straffte den Rücken, betrachtete mein hübsches Kleid und rasch war wieder ein wenig Selbstbewusstsein erlangt. Nein, man würde mir die Wut nicht ansehen. Man würde nicht erkennen, das ich mich davor fürchtete, was noch alles aus diesem Gerücht werden würde. So manch Geflüsterte hatte hier schon den einen oder anderen Schüler zugrunde gerichtet. Sanft lächelnd und mich erstaunlich gut unter Kontrolle habend schwebte ich so weiter durch die Schulgänge hinab in den Kerker. Meine Alte Runen Aufgabe würde ich in den nächsten Tagen erst machen müssen. Also hatte ich in der Bibliothek auch nichts zu suchen. Auch all die Aufgaben, die wir über die Ferien bekommen hatten, hatte ich erledigt. Wie gut es doch tat, sich abzulenken. Ich ging noch mal alle durch. Ja, es waren alle gemacht!
Ich mochte den Weg durch dieses Labyrinth von Gängen. Zu Beginn meiner Schullaufbahn hatte ich mich zwar oft verirrt, doch mittlerweile kannte ich diesen Kerker recht gut. Doch was sollte ich an diesem Abend noch machen? Ich hatte zuvor selbstverständlich, das eine oder andere Buch gekauft, denn man hatte ja bereits ahnen können, dass mein siebtes und letztes Schuljahr nicht anders sein würde, als die anderen. Langeweile an schulfreien Nachmittagen waren längst keine Seltenheit gewesen und nicht immer fand ich dass richtige Buch in der Bibliothek. Im Gemeinschaftsraum angekommen begab ich mich sogleich hinauf in meinen Schlafsaal. Dort jedoch war es ganz und gar unerträglich. Einige Mädchen aus meiner Klasse hatten sich um ein Bett versammelt, kicherten und tratschten. Und als ich rein gekommen war, sahen sie mich alle etwas erschrocken an. Ob sie über mich geredet hatten? “Denk nicht drüber nach!“ sagte mir die Vernunft. Ach wie lieb ich doch die Vernunft manchmal hatte. Obwohl die andere Stimme in meinem Kopf manchmal viel belustigender und auch hilfreicher war. “Du wirst es ihnen schon noch heimzahlen!“ sagte mir der Hass albern lachend. Nun, so musste ich wohl von dannen ziehen, denn mir viel leider nichts ein, was dieser Situation gerecht geworden wäre.
Ich nahm mir ein dickes Buch aus meinem Nachttisch und warf einen kurzen Blick in den Spiegel. Ja mein blaues, nach unten breiter werdendes Kleid sah immer noch fabelhaft aus und so begab ich mich wieder in den Gemeinschaftsraum, um nicht länger den Raum mit diesen Mädchen teilen zu müssen. Morgen würden sie nicht mehr so kichern, mit Warzen auf den Nasen und blauen Haaren. Obwohl, nein dazu wäre ich ja leider gar nicht fähig. Hinterher würde man mich fragen, wer denn das gewesen sein könnte und ich hätte nicht lügen können. Ich seufzte einmal leise und schaute mich im Gemeinschaftsraum um. Was für eine Wohltat, Stille! Als ich eben hier durch getapst war, war ich ganz blind und taub gewesen dafür. Doch wo waren sie alle? Vielleicht noch beim Essen oder gar beim lernen. Nun, musste ich tatsächlich darüber nachdenken, wo sie alle waren? Schließlich waren sie nicht hier und dass reichte doch vollkommen. Am Kamin ließ ich mich in einem viel zu großen Sessel nieder und betrachtete den Buchdeckel. “Der wahnsinnige Ungrim.“ hieß es dort. Ungrim war ein großer Zauberer der Vergangenheit gewesen. Nach ihm wurden einige Krankenhauser und Bibliotheken benannt, so hatte man mir erzählt.
Doch weshalb er so groß gewesen war, wusste ich noch nicht so genau. Aber wahnsinnig klang schon mal ganz interessant. Ich sah kurz auf. Ganz in meiner Nähe saß Audrey, ein Mädchen aus meiner Klasse. Ich warf ihr ein Nicken zur Begrüßung zu. Wie immer sah sie wunderbar aus. Ich hatte nichts gegen sie und wenn ich etwas gegen sie gehabt hätte, dann hätte ich das sicher nicht zeigen wollen. Sie hatte hier in unseren Räumen so einige Fäden in der Hand. Nun gut, in den ersten beiden Jahren hatte ich sie wirklich nicht leiden können. Doch ein fürchterlicher Zwischenfall vor einigen Jahren hatte mir klar gemacht, dass sie nicht zu der schlimmsten Sorte Mensch gehörte. Ein Junge aus unseren Jahrgang hatte damals mit einigen Steinen geworfen und so war dummerweise einige Scheiben des Gewächshauses und Blumentöpfe dort drinnen zu Bruch gegangen. Und wir Beide waren zufällig in der Nähe gewesen und waren zu qualvollen zwei Stunden Strafarbeit zwischen Blumenerde und giftigen Pflanzen herangezogen worden, weil wir angeblich mit den Steinen geworfen hatten. Nun, Freundschaft hatten wir nicht geschlossen, doch kursierten hinterher auch nicht irgendwelche Gerüchte über mich.
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Erleichtert atmete ich auf und entspannte mich in meinem Sessel. Es war wirklich angenehm, den Gemeinschaftsraum einmal nur für mich zu haben. Für einmal war das Lächeln welches meine vollen Lippen umspielte weder überheblich noch gespielt zuckersüss, sondern einfach ehrlich und entspannt. Ich sass so nahe am Kamin dass die Wärme des Feuers mich schläfrig werden liess. Meine Haut im Gesicht spannte sogar leicht und bestimmt waren meine Wangen bereits leicht gerötet. Doch für einmal störte mich das nicht, schliesslich war ich alleine und niemand sah die Rotfärbung in meinem Gesicht.
Beinahe wäre ich in meinem Sessel eingedöst. Zum Glück wachte ich jedoch auf, als jemand den Gemeinschaftsraum betrat. Es wäre mir doch etwas peinlich gewesen, abends kurz nach 18 Uhr schlafend aufgefunden zu werden. Zugegeben würde es wahrschienlich niemand wagen sich darüber lustig zu machen, aber dennoch war ich erleichtert, dass mich das zur Seite schwingen des Portraits bereits weckte. Erschrocken fuhr ich hoch und blinzelte einige Male orientierungslos, ehe ich mich sofort wieder in den Sessel zurückfallen liess und die Beine überschlug. Ehe die Horde Mädchen die den Gemeinschaftsraum stürmte, sass ich wieder hellwach im Sessel und hielt meinen Blick in die Flammen gerichtet. Ich tat so als würde ich den Lärm den die Mädchen verursachten überhaupt nicht bemerken. Als wäre es unter meiner Würde so etwas belanglosem meine hoch geschätze Aufmerksamkeit zu schenken. Erst als die Mädchenhorde an mir vorbeizog erbarmte ich mich den Blick anzuheben. Die meisten der Mädchen waren eher junge Frauen und im selben Jahrgang wie ich. "Hallo Audrey." Begrüssten sie mich fast wie aus einem Munde mit einer solch übertriebenen Freundlichkeit dass mir beinahe schlecht wurde. Respekt gebührte mir natürlich, aber Heuchlerei konnte ich nicht ausstehen. Dennoch musste ich wohl oder übel gute Mine zum bösen Spiel machen, wenn ich weiter in alles involviert und über alles informiert sein wollte. Ich lächelte die Mädchen daher liebenswürdigst an. "Hallo ihr Süssen." Begrüsste ich sie und hob kurz meine linke Hand an, um ihnen flüchtig zuzuwinken. Eigentlich war es nur ein Bewegen der Finger, aber es verfehlte seine Wirkung nicht. Die Mädchen strahlten mich an als wäre ich der Weihnachtsmann persönlich, winkten zurück und verschwanden dann zu meiner Erleichterung im Schlafraum.
Sofort nachdem die Mädchen um die Ecke verschwunden waren verblasste mein Lächeln und ich senkte die Hand wieder ab. Manchmal war es ganz schön anstrenged so beliebt zu sein, und vorallem machmal auch ganz schön nervig. Ein leises Seufzen kam daher über meine Lippen als kurze Zeit später erneut das Portrait zur Seite schwang und wieder jemand in den Gemeinschaftsraum eintrat. Diesmal war es jedoch bloss Leyla Kean die eintrat und umgehend in den Schlafraum eilte, wie die Mädchen zuvor. Sie schien mich gar nicht zu bemerken und für einmal war ich geneigt ihr dies nicht übel zu nehmen. Leyla hatte noch nie zu denjenigen gehört, ich meine Jüngernschar nannte. Sie war mir bisher immer sehr einzelgängerisch erschienen und aus einem nicht definierbaren Grund respektierte ich dies. Leyla hatte mir nie etwas zuleide getan, war nie negativ aufgefallen. Sie war einfach etwas... distanziert. Ich kann mich eigentlich nur an eine Begegnung erinnern, bei der ich mehr als nur einige wenige Sätze mit Leyla gewechselt habe. Wir mussten damals gemeinsam eine Strafarbeit verrichten für etwas, dass wir gar nicht getan hatten. Ich habe mich selbstverständlich aus Leibeskräften gegen diese unglaubliche Ungerechtigkeit gewehrt, während ich den Eindruck hatte Leyla würde das eher resigniert hinnehmen. Leyla und ich waren wie Tag und Nacht und dennoch hegte ich eine gewisse Symphatie für das Mädchen. Desshalb konnte ich auch nicht wirklich nachvollziehen, warum Penny die zurückgezogene Slytherin so wenig leiden konnte.
Noch während ich darüber nachdachte warum ich eigentlich nie mehr Kontakt mit Leyla aufgebaut hatte, kam sie aus dem Schlafsaal zurück und liess sich in meiner Nähe nieder. Sie nickte mir zur Begrüssung zu und ich erwiederte die Begrüssung indem ich ebenfalls nickte. Es erschien mir irgendwie unpassend Leyla einen meiner Kosenamen zu verpassen. Als wäre sie... darüber erhaben. Ich hätte nicht genau sagen können was mir diesen Eindruck vermittelte, aber er war nicht zu ignorieren.
Kurzerhand entschloss ich mich, die Stille genug genossen zu haben. Ich stand aus meinem Sessel auf, ging auf Leyla zu und setzte mich ungefragt in den Sessel direkt neben ihr. "Guten Abend Leyla." Begrüsste ich sie diesmal mit Worten und schenkte ihr ein flüchtiges, aber freundliches Lächeln. Ich hatte irgendetwas munkeln gehört... Leyla sollte einen Freund, vielleicht gar einen Verlobten haben. Die Vorstellung dass dieses introvertierte Mädchen in einer festen Beziehung war fiel mir etwas schwer. Vorallem hoffte ich für sie, dass sie nicht wirklich so dumm war und sich schon in so jungen Jahren verlobte. Sie war eine intelligente Slytherin und es wäre absolute Verschwendung wenn sie in wenigen Jahren hinter einem Kochherd stehen würde und das Essen für eine mehrköpfige Familie kochen würde. Eine wahrhaft grauenhafte Vorstellung...
Zugegeben war ich neugierig was an diesen Gerüchten dran war. Vielleicht könnte ich ja das Gespräch mit ein wenig Geschick in diese Richtung leiten? Bestimmt. Aber ich würde nicht direkt mit der Türe ins Haus fallen, sondern ein wenig lockeren Smalltalk vorangehen lassen. Ich lehnte mich also etwas zu ihr herüber und versuchte einen Blick auf ihr Buch zu erhaschen. "Darf ich fragen was du gerade liesst?" Fragte ich mit offenbar ehrlichem Interesse.
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Audrey, sie setzte sich neben mich, als wenn sie was von mir wollte. Ich hatte gerade das Buch aufgeschlagen, da begann sie auch schon, mit mir zu reden. "Guten Abend Leyla." In mir kam das Verlangen auf zu flüchten und schon suchte mein Hirn nach irgendeiner knappen Entschuldigung. Nicht dass sie mir etwas böses wollte ... jedenfalls glaubte ich dass nicht. Es war einfach so, als wolle sie mir mit dieser Geste etwas ... näher kommen. Innerlich schüttelte ich mich ein wenig vor Grauen. Äußerlich zeigte ich dass jedoch nicht, lächelte statt dessen freundschaftlich. Freundschaft?! Was für ein Wort, was für eine Bedeutung! Ich hatte nie eine solche Beziehung zu einem anderen Menschen außerhalb meiner Familie gehabt und und provozieren wollte ich so etwas auch nicht. Sollte ich dieses Lächeln vielleicht ablegen und ein Höfliches anlegen? Nein, dass würde zu sehr auffallen, immerhin sah sie mich ja an, beobachtete mich. Ich hatte fast dass Gefühl sie studierte jede meiner Bewegungen, deutete jegliche Mimik und Gestik. Analysierte sie mich gar?
Wollte sie meine Gedanken erforschen, vielleicht dann sogleich zu den anderen Mädchen gehen und ihnen ihre Beobachtungen schildern? Nein, damals hatte sie doch auch nichts vergleichbares getan, jedenfalls nicht dass ich wüsste. Sie hatte mich mein Leben leben lassen und ich hatte sie in Ruhe gelassen, sieben lange Jahre lang war dass gut gegangen. Wenn sie nun aber von diesem Gerücht wusste und nur darauf wartete, dass ich es kichernd bestätigte. Was für eine absurde Vorstellung. Ich kicherte nie. Solch ein merkwürdiger laut stand mir einfach nicht. Und wenn sie nun hoffte, dass sie als eine Klassenkameradin mehr zu erfahren, als jeder andere? Sie bildete sich vermutlich auch noch etwas darauf ein, mit mir in einer Klasse zu sein? Oder fand sie mich gar abscheulich, sonderbar ... widerlich? Gezeigt hatte sie so etwas nicht, doch Menschengesichter logen. Es war fast wie eine Sucht. Wer zeigte schon gerne, was er wirklich dachte und wenn man ersteinmal einmal seine Gefühle verborgen hatte hinter einer sorgenfreien Miene, war es um einen Geschehen. Ja selbst ich war dieser Sucht verfallen.
Es bereitete Vergnügen, einen Gedanken zu haben und zu wissen, dass es nie auch nur jemand erahnen konnte. Nein, nicht jenes Vergnügen, welches ein Mädchen empfindet, wenn es mit seinen Freundinnen kichert und tuschelt und auch nicht dieses vergnügen, wenn ein Kind mit einem Ball spielt. Es glich dem vergnügen, dass ein Pyromane verspürte, wenn er etwas brennen sah, etwas in Flammen aufgehen sah und war es nur ein Streichholz. Und wenn es nur ein flüchtiger hasserfüllter Gedanke ist und ich dennoch lächle, es ist fast schon befriedigend. Was ich denn lesen würde, fragte sie mich. Wollte sie dass tatsächlich wissen, oder mich im nächsten Moment in den Abgrund stoßen? Sie sah so aus, als meinte sie es ehrlich. Ich hob das Buch an und zeigte ihr den Buchdeckel, auf dem der Titel, abgebildet war, nichts weiter. Schließlich war bei solch einer Lektüre mehr der Inhalt als das Aussehen von Belang und ein herum hopsender Zauberer unterhalb des Titels hätte bloß gestört.
Und wenn sie gleich fragen würde „Darf ich auch deine Brautjungfer sein?“, würde ich wortlos aufstehen und sie keines Blickes mehr würdigen. Nun ja, eigentlich hatte ich bisher eh noch kein Wort verloren. Umso besser. In der Großen Halle hatte ich mich mehr als genug verbalisiert. Das Verbale, es lag mir einfach nicht. Wenn ein Schulkamerade auf der höchsten Klippe gestanden hätte, blind und ahnungslos, dass es gleich tödliche hundert Meter in die Tiefe gehen würde, ich hätte gezögert, eine Warnung auszusprechen, in Sorge, sie könne sich über mich lustig machen. Gut, dass es immer noch jemanden gab, der in der Nähe war und warnen konnte. Ich nickte viel versprechend, um ihr zu zeigen, dass dieses Buch wirklich empfehlenswert sei. Nun ja, ich hatte eigentlich noch nichts gelesen, aber der Titel klang einfach sehr gut.
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Nungut, scheinbar war Leyla heute nicht sonderlich gesprächig. Soweit ich mich erinnern konnte, hatte ich sie in den letzten sechs Jahren im Allgemeinen nur sehr wenig sprechen gehört. Ich sollte das also nicht persönlich nehmen, dass sie bloss das Buch etwas anhob, damit ich den Buchtitel lesen konnte und vielversprechend nickte. Das Buch war also lesenswert. Immerhin eine Aussage. Wenn auch nur eine sehr mickrige und nicht gerade eine, die sehr viel Gesprächsstoff bot. Aber ich mochte ja Herausforderungen - mein Glück.
"Der wahnsinnige Ungrim." Las ich den Buchtitel laut. Allerdings musste ich meinen Kopf leicht zur Seite neigen um den Titel richrig lesen zu können. Meine zusammengebundenen Haare fielen mir dabei über die Schulter und ich strich sie mit einer flüchtigen Bewegung wieder zurück, während ich mich wieder aufrichtete. Das Lächeln welches auf meinen Lippen haften blieb, wirkte immernoch ehrlich und freundlich. Wobei ich mich tatsächlich etwas anstrengen musste um es aufrecht zu halten. Nicht etwa weil ich plötzlich etwas gegen Leyla hatte, nein. Aber ich musste feststellen, das ich ihre Zurückhaltung doch persönlich nahm. Wenigstens ein "Der Titel klingt vielversprechend" oder eine kurze Zusammenfassung oder sonst eine Bemerkung zum Inhalt hätte ich erwartet. Irgendetwas eben, auf das man eine Kommunikation hätte aufbauen können. Flüchtig blitze in meinem Hinterkopf der Gedanke auf, ob Leyla überhaupt wusste was dieses Wort bedeutete, kommunizieren. Miteinander spechen. Reden. Plaudern. Tratschen. Diskutieren. Argumentieren. Sich unterhalten! Wenn ich näher darüber nachdenken würde, sicherlich fielen mir noch viele Ausdrücke mehr ein, die dasselbe aussagten.
Es kostete mich alles an Selbstbeherrschung und überwindung nicht beleidigt die Lippen zu schürzen. Das Lächeln wirkte allmählich etwas aufgesetzt, was ich jedoch gekonnt kaschierte indem ich mein Kinn auf der Handfläche meiner rechten Hand abstützte. Die Finger meiner Hand verdeckten so stellenweise meine Lippen. Leyla Kean war ein Härtefall und ich musste meine Mimik kontrollieren, wenn ich nahe genug an sie herankommen wollte um aus erster Hand zu erfahren, was an den Gerüchten um ihren Verlobten dran waren. Und um Einfluss auf sie zu nehmen, sollten die Gerüchte sich bewahrheiten.
Dieser Gedanke war allerdings so schrecklich, das ich beinahe schauderte. Versprochen an einen Mann mit gerade mal 17 Jahren! Ein Mädchen mit den Fähigkeiten Leylas... Nein, das liess mein leicht feministisch angehauchtes Herz nicht zu. Mit diesem motivierendem Gedanken wurde mein Lächeln wieder ehrlicher und ich senkte meine Hand wieder ab, als nach einigen Augenblicken Wartezeit Leyla immernoch keine Anstalten machte, ihre Zähne auseinander zu bringen um wenigstens Piep oder Pap zu sagen.
"Der Titel klingt schonmal nett. "Wahnsinnig"... Das verspricht viel Spannung." Sagte ich in eher scherzhaftem Ton, obwohl ich durchaus genau dieser Meinung war. Ich hoffte mit meiner Tonlage wenigstens ein Zucken der Mundwinkel Leylas nach oben zu provozieren. "Hast du schon angefangen zu lesen?" Stellte ich dann eine direkte Frage, die Leyla - so hoffte ich zumindest inständig - dazu bringen würde im Mindesten "Ja" oder "Nein" zu sagen. Das wäre bereits ein Fortschritt zu einem Nicken.
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Sie las den Buchtitel laut vor. Offenbar wollte sie mit mir reden, wollte irgend etwas? Sie wusste um meine missliche Lage, hatte wahrscheinlich mit an diesem Gerücht gewirkt? Nun ja, nahm sie an solch irrsinnigen Schandtaten teil? So gut kannte ich sie wohl doch noch nicht, hatte ich sie doch immer einfach ignoriert, nicht weil ich sie nicht leiden konnte, nein weil sie für mein Wirken und Schaffen nie von Bedeutung war. Sie hätte mir nie geholfen, war vielleicht auch nicht ganz so einfach zu manipulieren. Schließlich konnte ich mich leider noch nicht als Meisterin in meinem Handwerk bezeichnen. Aber zu diesem Zwecke besuchte ich doch schließlich diese Schule. Um zu lernen, das menschliche Wesen zu ergründen. Auf diese Idee war zuvor vermutlich noch niemand gekommen. Nun, die Muggel besaßen Psychosen ... Physo ... nein Psychologen? Die sollten den menschlichen Geist auf den Kopf stellen und neu aufbauen, glaubte ich zumindest. Ich hatte das Gespräch zweier Muggelstämmiger einmal belauscht, die von solch einer Person ... war es tatsächlich eine Person? Vielleicht war es auch irgendeine Substanz oder ein merkwürdiges Gerät mit Elekti ... Elektrizität. Eine merkwürdige Erscheinung, waren doch Kerzen viel hübscher, Flohpulver viel praktischer.
Muggelkunde hatte ich ein Jahr lang gehabt, nur um wenigstens ein bisschen zu verstehen. Doch hatte es mir herzlich wenig gebracht. Am Ende des Schuljahres hatte ich das Gefühl, weniger zu wissen, als zu Beginn. Jedenfalls musste ich noch üben, diese Wesen hier in der magischen Welt, Muggel waren doch letztendlich bedeutungslos für mich, zu verstehen und dazu blieb mir nur noch dieses eine Jahr. Danach, was wollte ich eigentlich danach machen? Ich hatte ohne jegliche Ideen, die Fächer ausgewählt, in denen meine ZAGs recht gut wahren. Was ich aus diesen wild durcheinander gewürfelten Fächern später machen würde, wusste ich nicht. Einerseits reizte es mich schon sehr irgendwo zu arbeiten, wo auch andere Menschen waren. Diese könnte ich dann weiterhin beobachten, vielleicht sogar Bücher schreiben, wie mein Vater. Nein, nicht über die Muggel der Neuzeit oder über die magische Tier- und Pflanzenwelt, so wie er es gemacht hatte. Über die moderne Hexe und den modernen Zauberer.
"Der Titel klingt schonmal nett. "Wahnsinnig"... Das verspricht viel Spannung.", sagte mir das Mädchen. Sie hatte es auf den Punkt gebracht. “Find ich auch.“, entfloh es ganz unverhofft meinem Mund. Merkwürdig, ich hatte mich doch sonst wesentlich besser unter Kontrolle. Zum Glück war es nur sehr leise gewesen, gerade so, das die Worte meine Nachbarin erreichen würden. Und sie redete sogar weiter. Das Mädchen war hartnäckig. Eigentlich müsste sie doch wissen, das ich mich nicht all zu gerne unterhielt. Nun ja, jedenfalls nicht mit den Menschen auf dieser Schule. Zuhause konnte es schon einmal vorkommen, das ich an einem lebhaften Gespräch teil nahm, solange es sich um meine Vertrauten handelte. Kaum war jemand mir eher fremdes zu Besuch, schwieg ich wie ein Grab und war nur das ansehnliche Vorzeigeobjekt, das stets brav war und den Großeltern auf all die Teefeste folge, hier ein wenig lächelte und da ein wenig nickte. Ansonsten konnte ich wunderbar mit mir selbst kommunizieren. Bei diesen Gedanken musste ich doch lächeln. Ich hatte ja mich und meine vielen inneren Stimmen. Wieso brauchte ich da noch andere, meist unschön klingenden Stimmen und deren nach Normalität stinkenden Quellen?
Ob ich schon angefangen hatte zu lesen wollte Audrey wissen. Sah sie nicht, das ich gerade erst die erste Seite aufgeschlagen hatte? “Nein, noch nicht!“, antwortete ich knapp. Sie interessierte sich doch gar nicht für das Buch! Sie wollte doch was vollkommen anderes, wartete nur auf die richtige Gelegenheit, mit mir begeistert zu kichern und die Hochzeit zu planen. Sollte ich ihr einfach sagen “Nein, ich werde nicht heiraten!“ Dann würde sie sich andere ihrer Art suchen, sich mit ihnen im „Misthaufen“ der Gerüchte suhlen und ein anderes Opfer suchen. Eigentlich wären das schon zu viele Worte, Worte, mit denen ich mir eigentlich selbst eine Grube graben könnte und mich dort schlafen legen könnte, nur darauf wartend, das ein gütiger Spaziergänger vorbei kommt und mich begräbt unter dem Schutt.
Zu einem Zwischending aus Höflichkeit und Frage formte sich mein Gesicht. Von unten sah ich sie an, das Buch mittlerweile wieder zugeklappt. “Was gibt es Neues?“, fragte ich flüstern, bedacht auch ja einen ahnungslosen Ton anzuschlagen. Vielleicht war meine Stimmlage ein wenig zu hoch gewesen? Das ganze war ein Balanceakt. Behutsam tat ich einen Schritt nach dem anderen, achtsam auch ja die richtige Stelle und den richtigen Zeitpunkt zu treffen. Ich setzte ein schon fast fröhliches lächeln auf und mir hätte schlecht werden können. Ich hatte beinahe das Gefühl, ganz und gar von Schleim umgeben zu sein, damit auch ja alles glatt lief. Aber wenn es anders nicht ging, musste zu härteren Maßnahmen gegriffen werden. Das große Buch in meinen Händen war in diesem Moment mein einziger Halt, wie der Besen bei waghalsigen Quidditchspiel, wie der Faden einer Spinne beim Netzbau.
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“Find ich auch.“ Da! Da war doch etwas. Sagenhafte drei Worte aus Leylas Mund. Das war ein regelrechtes Erfolgserlebnis! Doch nicht nur die Tatsache das es drei Zusammenhängende Worte waren die sogar grammatikalisch völlig korrekt einen kompletten Satz bildeten, inklusive Subjektiv, war überwältigend. Sondern auch die Art in der sie die Worte sprach. Ganz unverhofft und spontan. Ich würde es bei Leyla nicht wagen das Wort "unbedacht" zu benutzen, aber es kam dem tatsächlich sehr nahe. Dieser kleine aber wichtige Erfolg brachte ein strahlendes Lächeln auf meine Lippen. Ein guter Beobachter würde den kleinen aber feinen Unterschied bemerken, dass dieses Lächeln aufrichtig und ehrlich war und nicht bewusst gesteuert wie sonst meist. Es kam genauso spontan wie die wenigen Worte Leylas.
Meine Bemühungen sollten sogar noch weiter entlohnt werden. “Nein, noch nicht!“ Antwortete Leyla auf meine Frage ob sie denn schon angefangen habe zu lesen. Das hatte ich mir zugegeben ohnehin gedacht, da ich kein Buchzeichen sehen konnte welches eine Stelle markiert hätte, an der sie weiterlesen konnte. Aber irgendwie musste ich ja eine Kommunikation aufbauen, wenn nötig mit eben solchen Fragen, auf die ich die Antwort eigentlich schon kannte. Viel anderes blieb mir auch gar nicht übrig, denn Leyla war mir wirklich keine Hilfe dabei. Zu ihrem Buch konnte ich ihr nun auch schlecht weitere Fragen stellen, denn sie hatte es ja noch nicht gelesen. Schwierig, schwierig... Ich kannte sie zugegeben auch zu wenig um ein Gespräch über etwas anzufangen, bei dem wir ein gemeinsames Interesse hatten.
Meine Grübelei was ich nun weiter tun konnte um das Gespräch in Gang zu halten, wurden für kurze Zeit unterbrochen als scheinbar eine ganze Horde Schüler den Gemeinschaftsraum stürmten. Ich drehte mich in meinem Sessel halb um um zu sehen, wer alles eintrat. Ich konnte Rachel sehen und wo Rachel war, war Charline nicht weit - und schon konnte ich auch Charlines Stimme hören. Charline war oft erst zu hören und dann zu sehen. Ein elendes Plappermaul... Aber Audrey mochte sie dennoch, irgendwie war sie ja putzig. Erst jetzt als ich zu den Mädchen rüber sah viel mir auch der Junge auf, der über seine Bücher gebeugt etwas abseits sass. Er kam mir nicht bekannt vor, was mich doch etwas überraschte. Aus meinem Haus kannte ich praktisch alle Schüler mit Namen. Das musste ich wissen, wollte ich doch immer über Alles und Jeden auf dem Laufenden sein. Aber ich würde schon noch herausfinden wer dieser Junge war. Dicht auf Rachel und ihr Anhängsel folgte auch Sam und schliesslich Penny, die den Gemeinschaftsraum betraten. Alle meine Mädels und auch Sam begrüsste ich mit einem Lächeln. Ich hob flüchtig meine Hand um ihnen zuzuwinken. Sie schienen über irgend etwas zu lästern und ich musste zugeben, ziemlich neugierig zu sein über wen sie sprachen.
“Was gibt es Neues?“ Etwas irritiert drehte ich mich wieder zu Leyla. Hatte ich mich verhört? Hatte sie tatsächlich von sich aus etwas gefragt? Ich war... überwältigt. Nachdem ich einige Male verwirrt geblinzelt hatte, fing ich mich jedoch. "Das wüsste ich nun auch ganz gerne." Antwortete ich mit einem Schmunzeln und deutete mit meinem Kopf kurz zu Penny und Co. um zu verdeutlichen, auf was ich diese Antwort bezog. Ich hatte zwar nicht die geringsten Zweifel dass es lange dauern würde, bis ich auf dem Neuesten stand war, aber dennoch juckte es mich gerade jetzt aufzustehen, zu meinen Mädels zu gehen und mich aufklären zu lassen. Aber ich wiederstand diesem Drang und blieb sitzten. Jetzt wo Leyla doch minimale Anzeichen von Kommunikationsbereitschaft zeigte, wollte ich nicht gehen. Dennoch warf ich noch einmal einen Blick über meine Schultern zu den Mädels und Sam. "Ich glaube Sam hat irgendetwas ausgefressen." Sagte ich wähernd ich meinem Kopf wieder zu Leyla drehte. Die Art wie die Mädels mit ihm sprachen und wie er sich verhielt, liess mich vermuten dass sich das Gespräch um ihn drehte oder er zumindest darin verwickelt war.
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Redeten wir hier mit einander? Ja sollte das ein richtiges Gespräche werden? Nein, nein! Zu viel sollte nicht aus meinem Mund entkommen. Die Worte fühlten sich fast an die Kröten und sie krabbelten eine nach der anderen hinaus um jemanden anderes zu erfreuen. Es mochte ja Menschen geben, die Kröten gern hatten. Ich nicht! Der Gemeinschaftssaal füllte sich und ich bekam Lust wieder hinauf in den Schlafsaal zu gehen. "Das wüsste ich nun auch ganz gerne.", erwiderte Audrey und deutete mit ihren Kopf auf Eileen und andere, die nun auch anwesend waren. “Na wunderbar. Nun füllt sich das Bienennest. Jetzt ja keinen falschen Schritt! Sie könnten aggressiv sein.“, dachte ich. Ich wollte doch bloß den Honig, nicht die Bienen. Der Honig stand hier für Hilfe von jenen, die dazu fähig sind. Vorsichtig zuckte ich mit den Achseln. Eigentlich wollte ich doch auf etwas ganz anderes hinaus. War sie einfach zu dumm, um zu erkennen, was ich wollte, oder zu schlau und verbarg ihr Wissen zu gut?
"Ich glaube Sam hat irgendetwas ausgefressen.", erklärte sie weiterhin. Sam? Ich konnte den Burschen nicht leiden und er konnte mich nicht leiden. Einen kurzen, flüchtigen Blick warf ich dem Szenario zu und eigentlich war dass schon zu viel. Die versammelte Mannschaft hatte eigentlich nicht einmal das verdient. Zaghaft nickte ich, um ihr zuzustimmen. “Immer schön bei Laune halten den Mop!“, sagte ich mir. Ich musste standfest bleiben. Vielleicht, vielleicht auch nicht, hatte irgendein Junge irgendetwas irgendwo irgendwann getan. Für mich sollte das nicht weiter von Bedeutung sein. Was nun? Wie sollte ich ihr nun die entscheidenden Worte entlocken. „Darf ich deine Brautjungfer sein?“ Nein nicht diese Worte. Vielleicht so etwas wie: „Also das mit deiner Verlobung hörte sich doch gänzlich unmöglich an. Wer denkt sich nur so etwas aus?“ Ja, schön war es zu träumen, schöner noch einen Traum zur wahrhaftigen Illusion werden zu lassen.
Mit einer Nadel kam der kleine Teufel Vernunft herbei und ließ meine träumerischen Seifenblasen zerplatzen. Und der kleine Kerl schien auch noch richtig Spaß dabei zu haben. Biest! Wozu brauchte ich dieses Vieh denn eigentlich. Ich hätte sicher auch ganz gut ohne Vernunft auskommen können. Das Leben wäre viel einfacher, unbeschwerter. Andererseits ist Vernunft der Vater von Angst. Nein, wenn der Vater gehen würde, wäre auch der Sohn im nu fort und letzteren brauchte ich doch. Ohne die Angst wäre ich verloren. Dessen war ich mir gewiss. Ich betrachtete sie, höflich lächelnd. Nein, heute Abend würde mir wohl nicht mehr einfallen, welch Serum wohl diese Zunge lockern würde. “Ich les oben weiterr.“ erklärte ich, rollte das „r“ besonders ausgiebig. Ich bemühte mich, so zutun, als es es das absolut natürlichstem, mich bei jemanden zu verabschieden, sogar mit einem Grund.
Möglichst graziös erhob ich mich, nickte Audrey zu, um ihr so eine gute Nacht zu wünschen und tat dann den mehr als gefährlichen Schritt und wendete ihr meinen Rücken zu. Grimassen? Schmutzige Handzeichen, ein gemeines grinsen? Ich rechnete mit allem, doch wagte nicht, mich um zu drehen. Nein, die Blamage wäre zu groß gewesen. Merklich unsicheren Schrittes ging ich auf mein die Treppe zu meinem Schlafsaal und Stufe für Stufe fürchtete ich mich mehr vor irgendeinem Schuh, einer faulen Tomate oder sogar einem schallenden Gelächter. Mit jedem Schritt wuchs die Anspannung und mit jedem Schritt kam mir die Tür näher, die mich gleich verbergen würde. Gleich, gleich! Ich ergriff langsam die Klinke der Tür. “Nichts anmerken lassen!“, befahl ich mir, schob die Tür auf, tat einen Schritt hinein in den rettenden Raum, schloss die Tür hinter mir so lautlos wie möglich und hielt sie einen Moment länger als nötig zu. Mir würde doch nimand folgen? Nein, so weit würden selbst diese Leute nicht gehen. Erst jetzt fiel mir auf, das soeben der Gang hier hinauf wie in Zeitlupe abgelaufen war. So langsam war ich vielleicht gar nicht gegangen. Gelangweilt sahen ein paar Zimmergenossinnen zu mir, beschäftigten sich dann wieder mit ihren eigenen Dingen. “Ja, beachtet mich nicht. Überseht mich ein.“ dachte ich erleichtert.
Gehe nach: Schwer lastet die Vergangenheit, schwerer noch die Zukunft
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