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#1 Schwer lastet die Vergangenheit, schwerer noch die Zukunft. |
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Komme von: Ein anstrengender Tag
Als ich erwachte, war es noch sehr früh, also wirklich früh. Alle anderen schliefen noch und ich meinte gerade die letzten Hauselfen aus dem Schlafsaal huschen zu sehen. Die Kleinen hatten wohl gerade noch ein wenig für Ordnung gesorgt. Kurz blieb ich noch in den warmen Laken liegen und starrte an die dunkle Decke meines Bettes. Wie praktisch, das ich so früh erwacht war. Nun ja, ich hatte in der Frühe keinen Unterricht, doch konnte ich nun die Leere im Bad und vermutlich auch in der großen Halle nutzen. So leise, wie möglich schlüpfte ich aus dem Bett und ging ins Bad. Es war herrlich die erste zu sein und es war so, als stände alles für mich bereit, allein für mich. Kurz duschte ich und zog dann meine Schuluniform an. Ich nahm nicht an, noch einmal vor 8 hier her zu kommen und es würde Strafpunkte geben, wenn man die uniform nicht tragen würde. Wie lächerlich. Als wenn es mich stören würde, wenn meinem Haus ein paar Punkte abgezogen wurden. Der Hauspokal brachte uns doch nicht wirklich etwas, nun ja, mir jedenfalls nicht.
Nun ja, andererseits konnte ich Konflikte mit anderen nicht ausstehen. Ich stieg in meine feinen Stiefel und schnappte mir den Umhang, den ich gestern mit den Schulwappen benäht hatte. Der Umhang war wirklich warm und ich vermutete, das es heute morgen noch recht kühl dort draußen war. Es war wohl noch nicht einmal sechs Uhr morgens und die Gänge, durch die ich schlich, waren menschenleer. Ja es war fast so, als wenn nie jemand durch diese gegangen wäre. In der Großen Halle war auch noch niemand. Dennoch konnte ich um ein paar Eier und Speck bitten und sogleich stand ein dampfender Teller vor mir. Wirklich praktisch war dass. Daheim hatten wir auch einen Hauselfen. Nun ja, ich hielt mich recht selten in der Küche auf, doch wenn ich dann einmal dort war, dann wuselte er herum und schien immer beschäftigt. Endlich konnte ich mir Zeit lassen beim Frühstück.
Als ich die Große Halle dann verließ, wäre ich fast mit dem Hausmeister Nebukadnezar zusammen gestoßen. “Nanu Miss Kean? Schon so früh auf den Beinen?“, sprach er und sah kurz auf seine Taschenuhr. Auch ich konnte einen Blick auf diese erhaschen. Es war kurz nach Sechs. Gut, ich hatte gegen keine Regeln verstoßen. “Ja Sir.“, murmelte ich und sah ihn unsicher lächelnd an. Nein, begründen musste ich meine zeitige Anwesenheit nicht. Er musterte mich, nickte dann und entließ mich damit. Erleichtert schlich weiter. Nun, eigentlich musste ich nicht schleichen, aber ich hatte es mir so angewöhnt, um ja nicht zu laut zu sein und so auf mich aufmerksam zu machen. Während ich dann hinaus trat, legte ich den neuen Umhang an. Es war noch nicht ganz hell und feucht kalt. Erleichtert, den Fesseln dieses Schlosses entkommen zu sein, atmete ich einmal tief ein. Nicht mehr lange, und es würde richtig kalt sein. Nicht mehr lange und der erste Schnee würde fallen.
Langsam stapfte ich durchs noch taufrische Gras hinab zum See. Weshalb ich gerade zu diesem ging? Nun, ich weiß es nicht. Dort unten stellte ich mich ans Ufer, beobachtete, wie sich die letzten Nebelschleier von der Wasseroberfläche verflüchtigten. Ich stand lange und unbeweglich an diesem einen Fleck und starrte das unwirkliche Szenario an. Das hätte auch ein Gemälde sein können. Ich meinte sogar das Geflüster der Seewesen hören zu können. Eine riesige Eule landete ganz unerwartet auf meiner Schulter und ich scheuchte sie erschrocken fort. Das war doch der Vogel, der immer die Briefe meiner Großmutter transportierte. Vorsichtig näherte ich mich ihr und wehrend ich den Brief am Fuße des Tieres löste, hakte es mir einmal zum dank in den Finger. Weshalb meine Großmama dieses Vieh immer noch hatte, war mir ein Rätsel. Es war unhöflich und gemein. “Gschh“. zischte ich und scheuchte die Eule damit tatsächlich fort.
Meine Großmutter wollte wissen, ob ich auch gut angekommen sei, ob ich auch alles hätte und ob es mir hier auch gut ginge. Ich seufzte und stopfte den Brief in die Innentasche meines Umhangs. Sie kontrollierte mich. Auch wenn das alles nur höfliche Floskeln waren, bei ihr hatte eine jede Floskel einen tieferen Sinn. Wäre das ein Brief meines Großvaters gewesen, hätte ich mich sicher gefreut. Doch seine Ehefrau wollte mich zu einem Püppchen heran ziehen. Es gefiel mir ja, so beachtet zu werden und so mit Liebe überschüttet zu werden. Aber manchmal fühlte ich mich auch ein wenig bedrängt. Ich beschloss, nicht auf diesen Brief zu antworten, so zu tun, als hätte ich ihn nie bekommen. Meine Laune war nun mehr als getrübt und etwas missmutig starrte ich weiter auf den See, der plötzlich gar nicht mehr so schön aussah. Mittlerweile war es ganz hell, aber immer noch sehr frisch. Wie ich den Herbst doch mochte, doch viel lieber hatte ich den Winter.
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#2 Schwer lastet die Vergangenheit, schwerer noch die Zukunft. |
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Komme von: Gwenhwyfar Yeats
Leise stellte ich meine Füße auf den Boden, nachdem ich die Decke zurückgeschlagen hatte. Wie so oft bin ich recht früh aufgewacht und nachdem ich nicht mehr einschlafen konnte, beschloss ich, nach draußen zu gehen. Lange war ich wach im Bett gelegen, hatte die Decke des Himmelbettes angestarrt und versucht, an nichts zu denken, na wirklich gar nichts, nur damit mir die Augen wieder zufielen und ich weiter schlafen konnte. Nichts, es passierte nicht das, was ich wollte und ein wenig frustriert schlug ich dann die Decke zurück, um doch aufzustehen. Ein lautloses Gähnen kam über meine Lippen, während ich mit meinen Zehen nach den Patschen suchte, die immer neben meinem bett standen, da ich nur ungern barfuss über den Boden lief. Erstens war ein kalter Boden ungesund und zweitens misstraute ich der Reinheit des Bodens. Ich hatte keine Lust, mir Fußpilz zu holen, nur weil meine Zimmergenossinnen vielleicht nicht so darauf achteten wie ich. Nicht, dass ich ihnen etwas unterstellen wollte…
Nachdem meine Zehen die Schuhe endlich entdeckt hatten, zog ich sie damit zu mir, um hinein zu schlüpfen und nahm meinen Morgenmantel, der immer neben meinem Bett hing, um mich darin einzuwickeln. Gott sei Dank hatten die Schuhe weiche Sohlen, so dass ich leise zu meinem Kasten und von dort dann mit meiner Kleidung ins Bad schlüpfen konnte. Audrey drehte sich gerade um und schien genauso tief zu schlafen wie die anderen Mädchen. Schnell glitt ich durch die Türe in den Waschraum, um dort meine Sachen auf das Waschbecken zu legen, das den Duschen am nächsten war und glitt aus meinem Morgenmantel sowie aus dem Nachthemd und den Patschen, um unter die kalte Dusche zu eilen. Mit geschlossenen Augen genoss ich es, wie das kalte Wasser über meinen Körper rann, sich eine Gänsehaut bildete und sich überall kleine Hügelchen bildeten. Erst nachdem ich regelrecht abgekühlt war, stieg ich aus der Dusche, um meine Haare und den restlichen Körper zu trocknen und in meine Sachen zu schlüpfen.
Die schwarze Hose war elegant geschnitten und eng anliegend an der Hüfte, mit leicht geweiteten Hosenröhren. Dennoch wirkte sie nicht flippig, sondern äußerst elegant. Das Oberteil war ein dunkelgrüner Pullover, aus Kaschmir, der ebenso die Figur betonte, aber nicht aufdringlich erschien. Darüber schlug ich meinen Umhang und verließ dann so den Waschraum, legte mir Nachthemd unter den Polster und den Morgenmantel hängte ich wieder sorgfältig auf, bevor ich durch die Türe verschwand. Im Gemeinschaftsraum blickte ich mich kurz um, sah aber nur, dass er sauber war wie jeden Morgen und schlüpfte durch das Portraitloch nach draußen, da ich nicht drinnen bleiben wollte. Ich wollte wie so oft zu See gehen, mich dort hinsetzen und einfach die Ruhe genießen. In der Großen Halle blieb ich nicht lange, setzte mich nur kurz, um eine Tasse heißen Kaffee zu trinken, gedankenverloren und eigentlich nicht ganz bei mir. Ich hätte vermutlich niemanden gesehen, selbst wenn er vor mir gestanden wäre und die Geräusche der ersten zwei drei Schüler, die verschlafen herein kamen, um ebenfalls zu frühstücken nahm ich nicht wahr. Zu mir setzte sich niemand, also verschwand ich aus der Großen Halle wieder, nachdem meine Tasse leer war.
Langsam ging ich durch den kurzen Gang zum Eingangstor, beobachtete ein zwei Bilder, die ebenfalls gerade aufwachten. Eine alte Dame hielt sich ächzend das Kreuz, während sie durch das Bild zum nächsten schlurfte, um sich dort zu einem genauso alten Herrn zu setzen und eine Tasse Tee zu trinken. Sie unterhielten sich über vergangene Zeiten und nachdem mich das nicht sonderlich interessierte, ging ich weiter. Sobald ich aus dem Schloss war, fühlte ich mich leichter, blieb am Weg kurz stehen, um die Luft aufzusaugen. Schloss meine Augen und genoss die Frische des Morgens, schlang aber trotzdem den Mantel ein wenig enger um mich, damit ich nicht fror. Auf dem Gras sah ich leichten Raureif, der schon langsam wieder weg schmolz, während die Sonne sanft ihre Strahlen über die Wiese schickte.
Meine Füße trugen mich den Weg entlang, den ich schon in und auswendig kannte und mein Blick war weiterhin auf den Boden, das Gras gerichtet, das in der Sonne glitzerte. Als ich dem See näher kam, sah ich, dass da schon eine Gestalt war und missmutig zog ich eine Schute. Warum war schon jemand außer mir wach? Wer war das überhaupt? Erst als ich näher kam, erkannte ich Leyla und mein Blick wurde wieder freundlicher. Immerhin, mit ihr kam ich ganz gut aus. Und so schritt ich weiter, bis ich neben sie trat. »Morgen Leyla.. Auch nicht mehr schlafen können? Oder bist du jeden Tag so früh auf?«, fragte ich sie freundlich, während ich auf den See blickte. Die Stille rundum war traumhaft, wr genau das, was ich wollte, warum ich hier her gekommen bin…
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#3 Schwer lastet die Vergangenheit, schwerer noch die Zukunft. |
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Nun war ich endlich allein. Wie also würde sich das Gerücht endlich in Luft auflösen? Und wer hatte es eigentlich verbreitet. Margret Stone und Amanda White? Ich hatte viel Achtung vor diesen Mädchen, obgleich sie doch jünger waren als ich. Für manch Gerücht waren die Beiden verantwortlich und ich hatte mich immer ein wenig vor ihnen und ihrer Macht gefürchtet. Doch gab es auch andere Mädchen in dieser Schule, die sich an solcherlei beteiligten. Rachel? Nein! Audrey? Vielleicht. Ich war durchaus fasziniert von Gerüchten, denn sie waren fast wie eigenständige Kreaturen, die mit jedem Mund, der sie weiter trug wuchsen und ein spannendes Eigenleben entwickelten. Und das ich mal Objekt solcher sein würde? Ich hätte es ahnen können. Irgendwann würden sie heraus finden, das ich doch nicht so langweilig war, wie ich es gerne hätte.
Ich trat gegen ein Steinchen, welches vor meinen Füßen lag, es flog erstaunlich weit und landete im Wasser, erzeugte Kreise und Kreise und nochmals Kreise. Missmutig folgte ich dem ersten Wasserkreis, der sich weiter und weiter ausbreitete, wuchs, dann schwächer wurde, bis er schließlich ganz starb. Sollte ich das Gerücht auch ziehen lassen, bis es nicht mehr stark genug war?
Allerdings könnte ihm auch niemals die Lebenskraft ausgehen. Was dann? Dann würde es das Maul auftun, wie ein gefräßiger Drache und verschlingen, was im Weg liegen würde. Und ich wollte dann nicht zufällig in der Gegend stehen. Etwas dagegen tun? Ja, nur was? Was war stark genug, um es zu bekämpfen?
Behutsam nahm ich einen zweiten, flachen Stein. Sanft glitt er in meiner Hand um her. Ich druckte an dem festen Material herum, presste, so gut es nur ging, ohne natürlich Erfolg zu haben. Ein Stein war nicht so einfach zu zerstören. In einem kurzen Anfall von so etwas wie Wut warf ich ihn in den See. Einmal sprang er sogar noch und dann versank er in den Wassermassen. Diese Schule stank nach Verrat, Missgunst und Gemeinheiten. Wirklich schönes gab es hier nicht. Doch hatte ich schon 6 Jahre hier ausgeharrt und gekämpft. Mit der Schuhspitze stocherte ich in der lockeren Erde herum und der Duft von nasser Erde stieg mir kurz in die Nase. Wenn es doch immer so riechen könnte.
“Drei, zwei, eins... “, murmelte ich und trat einen der Erdbrocken fort, diesmal jedoch nicht mit einer solch barschen Härte. Nein, ich war zart, meine Bewegungen seicht. Wenn nun jemand sehen würde, wie ich mich hier benahm, erkannte, wer ich sein konnte? Ich strich die nicht vorhanden Falten meines Pullovers fort, ohne es wirklich zu merken, richtete mich so weit auf, wie es eben möglich war. Ruhe und Vollkommenheit, verspielte Zärtlichkeit! Das waren meine Eigenschaften. Ungezügelte Handlungsweisen passten einfach nicht zu mir. Also, was war zutun am heutigen Tage? Vielleicht würde ich mir Hilfe suchen müssen. Einer meiner Mundwinkel wanderte ungewollt hinauf. Natürlich! Dass mir das nicht gleich eingefallen war. Es würde sicher jemanden geben, der mir gerne half. Nur Sprechen würde ich dann müssen, denn durch Mimik und Gestik würde ich wohl kaum jemanden meine Misere erklären können.
Und da eine Stimme, ganz nah bei mir. Leicht zuckte ich zusammen und mein Mundwinkel sackte auch wieder hinab, denn damit hatte ich nicht gerechnet. Nein, wer würde denn so früh schon hier her kommen? Vorsichtig sah ich mich um, erkannte Gwen, ein mädchen aus meiner Klasse und nickte. Sie hatte mir einen guten Morgen gewünscht und gefragt, ob ich jeden Morgen so früh auf sein würde oder auch nicht mehr schlafen konnte. Als nicht gerade lebhaft würde ich sie bezeichnen, eine durchaus löbliche Eigenschaft. “Hallo!“, sprach ich leise. Ob sie mir helfen würde? Vielleicht, vielleicht auch nicht. Möglicherweise würde ich mir auch jemanden mit wesentlich mehr Einfluss suchen müssen. Zunächst einmal würde ich sie als Ziel meines Planes erwählen und das sollte gefälligst eine Ehre für sie sein. Wir besuchten zwar die selbe Klasse, waren jedoch in einem anderen Schlafsaal untergebracht. “Beides!“, erklärte ich vorsichtig, um auf ihre Frage zu antworten, zwar nur leise, aber immerhin. “Und du?“, fragte ich dann. Dieses Jahr würde ich noch zu einem tratschenden, immer redenden Mädchen mutieren, wenn ich weiterhin so freudig daher quatschte.
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#4 Schwer lastet die Vergangenheit, schwerer noch die Zukunft. |
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Ich beobachtete Leyla, nachdem ich sie erkannt hatte, wie sie etwas wegkickte mit ihrem Fuß, als ich näher kam. Nachdem ich sie begrüßt hatte, zuckte sie zusammen und ein wenig überrascht hob ich eine meiner Augenbrauen an. War ich so leise näher gekommen, dass sie mich so gar nicht wahrgenommen hatte? Oder war sie so tief in ihren Gedanken versunken, dass sie rein gar nichts rundherum wahrnahm? Lauschend neigte ich meinen Kopf und hörte das leise zwitschern von ein zwei Vögeln, die sich um irgendetwas zu streiten schienen, so aufgebracht, wie ihre Stimmchen auf die Ferne hin klangen. Ich blickte mich suchend um, um zu schauen, wo die Vögel sein könnten und erblickte aber kein Flügelflattern oder einen der Piepmätze. Nachdem mein Blick kurz herumgewandert war und einen Moment an den dunklen Bäumen des verbotenen Waldes hängen geblieben war, fanden meine Augen wieder zu Leyla zurück, die vor mir stand und zu überlegen schien, ob sie nun mit mir reden wolle oder nicht.
Dass sie ein sehr ruhiges Mädchen ist wusste ich und so drängte ich sie auch kein bisschen, sondern wartete einfach ab. Wirklich, nach einigen Momenten, in denen die Stille zwischen uns geherrscht hatte, unterbrochen von diesem leisen Zwitschern und sonstigen leisen Geräuschen der Natur antwortete sie dann doch. Ein leises »Hallo.« kam über ihre Lippen und ich lächelte sie kurz an, bevor ich langsam ein wenig weiter zu ihr schritt, so dass ich neben ihr am Ufer stand, den Blick auf die Seeoberfläche gerichtet, die leicht zu vibrieren schien und nicht ganz ruhig war. Vielleicht, weil ein leichter Wind ging und die Wasseroberfläche mit seinen Berührungen streichelte, sie dazu bewegte, sich nach ihm zu recken und ihm ein Stück des Weges zu folgen. Allerdings sah man, wie auch sonst, nicht auf den Grund. Nur am Ufer waren die Steinchen, die unter der Oberfläche schimmerten, sichtbar. Umso tiefer es wurde, umso verschwommener wurde der Untergrund, bis er gar nicht mehr zu sehen war und wie so oft fragte ich mich, was alles in dem See hausen möge.
»Beides!«, antwortete Leyla auf meine Frage und kurz darauf kam ein leises »Und du?« Ihre Stimme wirkte, als würde sie sich vorsichtig an etwas heran tasten, ausprobieren, ob der Untergrund nachließ, wenn sie auch nur ein Wort zu laut aussprach. Ich beobachtete sie einen Moment lang, bevor ich antwortete. Auf ihre leisen Worte hin kam man sich schon fast wie ein Verbrecher vor, wenn man redete und diese wunderbare Stille störte. Doch da ich ihr meine Gedanken nicht übermitteln konnte ohne meine Stimme, räusperte ich mich kurz. Es war, als wäre sie in den letzten Minuten eingerostet, als wäre es verboten u reden, ein Privileg, wenn man es tat, es durfte. »Konnte nicht mehr schlafen…«, meinte ich dann knapp, genauso ruhig wie sie, wenn auch nicht so leise. Erst einige Momente später erhob ich meine Stimme wieder leicht, um weiter zu reden. »Ich bin gerne hier… Am See…«, und blickte wieder auf das dunkle Wasser, nachdem ich sie kurz gemustert hatte.
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#5 Schwer lastet die Vergangenheit, schwerer noch die Zukunft. |
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Wie manipuliert man einen Menschen so, dass er genau das tut, das sagt, ja davon überzeugt ist, etwas unbedingt machen zu müssen, ohne dass dieser das merkt. Ich hatte in meiner Schullaufbahn einige Erfahrungen gesammelt und stets benötigte so eine Manipulation eine geraume Zeit angefüllt mit mehr als zeitraubender Vorarbeit. Man musste den Menschen beobachten, sein Umfeld kennen lernen, seine Gepflogenheiten studieren. Und so etwas war nicht in ein paar Stunden getan. Tage, manchmal Wochen brauchte diese sogenannte Beobachtungsarbeit. Ich hatte mich nie besonders auf diese Yeats konzentriert. Es hätte mir einfach rein gar nichts gebracht. Da gab es weitaus wichtigere Mitschüler, ich nannte sie in Gedanken gerne spöttisch Kameraden. Das Mädchen erklärte, dass sie nicht mehr schlafen konnte. Nun gut, das war nicht wirklich von Bedeutung.
Ich nickte leicht, um zu signalisieren, das ich das gehört hatte. Ein banaler Laut hätte es auch getan, aber mir war heute Morgen nicht nach Banalität. Ich sah zu Boden und musterte unauffällig ihre Schuhe. Diese sagten ja so viel über ihren Besitzer. Meist erkannt man von vorne herein ihren Wert. Auch ob diese gerade besonders modisch waren, erkannte man rasch, wenn man nur die richtigen Zeitschriften las. Denn auch, wenn ich diese Gemeinschaft verabscheute, hatte ich meist im Hinterkopf, was gerade modern war und was nicht. Ich, meine Großmutter bezahlte den Spaß, hatte die Hexenwoche abonniert, um nicht hinten dran zu hängen. Wenn ich im Fluss optisch unterging, war es viel leichter, am Leben zu bleiben, in dieser grausamen, oberflächlichen Welt. Innerlich lachte ich, denn ich dachte nur geringfügig anders. Obwohl ... mir war es nicht wichtig, was meine Freunde trugen, denn solche besaß ich ja nicht.
Bei Gwenhwyfars Schuhen handelte es sich um schwarze Halbschuhe, wie gewöhnlich! Diese sprachen für einen einfach gestrickten Charakter und nur wenig Eigenständigkeit. Ich hätte nichts anderes erwarten sollen, denn wer war in dieser Schule schon autonom? »Ich bin gerne hier… Am See…«, sagte sie zu mir, sanft, als wolle sie mir damit irgendetwas sagen. Sollte ich das nun bestätigen, ein wenig sentimental werden und erklären, das ich ja noch viel lieber hier unten wäre und überhaupt, dass dies hier mein See war? Zudem ließ mich diese mehr als schwache Aussage von ihr ein wenig unsicher werden. Nein, ob so ein gefühlsbetonter Mensch richtig war? Ich sollte mir jemanden anderes suchen. “Ich nicht.“, murmelte ich mehr als leise, fast lautlos und tonlos. Ich starrte immer noch gen Boden, beschaute nun meine Schuhspitzen. Ob das besonders schlau gewesen war. Gleich würde sie sicher umdrehen und gehen. Oder sie wurde aus ihrer Rolle brechen, mich dafür ohrfeigen und klar stellen, das man hier doch einfach gerne sein musste.
Vielleicht würde sie aber auch einfach nach dem Grund fragen. Schüchtern sah ich auf, zuckte mit den Schultern, um zu zeigen, dass dies nun einmal war. Oder doch nicht? Hatte ich gerade gelogen? Ich spürte, wie meine Ohren rot anliefen und meine Wangen an Schamesröte gewannen. “Nur manchmal.“, verbesserte ich mich rasch, ein wenig lauter, für andere vermutlich immer noch leise, aber für mich vollkommen ausreichend. Ich sog die noch kühlte Luft ein und hoffte, das meine Wangen und Ohren wieder ihre vermutlich rosige Farbe verloren. Ich hatte mich lächerlich gemacht. Schnell! Mir musste etwas einfallen, um dass wieder gut zu machen. Nur was? Lockere Konversation? Ein paar freundliche Floskeln? Oder etwas ganz und gar schockierendes? “Warst du schon frühstücken?“ fragte ich vorsichtig, leise, wie eh und je. Doch verstand man hier, wo nur wenig andere Geräusche hörbar waren, sicher alles sehr gut. Somit hatte ich mich also für lockere Konversation entschieden. Ein seichtes, vielleicht schon zu blumiges Lächeln trug ich schon die ganze Zeit auf den Lippen und ich hätte es gerne fort geworfen, wie einen schmutzigen Socken, fort, damit sich wer anders darum kümmert. Doch es haftete mir weiterhin an, als hätte man es mit hartnäckigem Kleber dort befestigt. Zum Glück wirkte es noch nicht all zu steif oder gar unehrlich.
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#6 Schwer lastet die Vergangenheit, schwerer noch die Zukunft. |
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Komme von: Mehr schlecht als recht
Es war doch wie verhext... Was ja nicht unüblich war, denn schließlich war ich von Zauberern und Hexen umgeben... Aber warum wachte ich immer so früh auf, wenn ich schulfrei hatte? An jedem Tag der langen Woche würde ich am liebsten bis zum Mittagessen schlafen, aber wenn ich keinen Unterricht hatte, erwachte ich immer so früh. Irgendetwas hatte mich geweckt, nur was genau konnte ich nun im wachen Zustand nicht mehr feststellen. Ich blieb noch einige Minuten still in meinem Bett liegen, bevor ich schwungvoll meine Beine aus dem Himmelbett schwang und hinüber ins Bad huschte. Meine Zimmergenossen hingen noch in ihren Träumen, worüber ich vorallem bei dem Russen froh war. So früh am Morgen und den ertragen? Ich konnte mir besseres vorstellen. Also wusch ich mich schnell, schlüpfte in meine Schuluniform und verließ meinen Schlafsaal. Es gab mir nicht sonderliche Mühe dabei, leise zu sein, das funktionierte bei mir schon ganz automatisch, was womöglich an meiner großen Familie liegen konnte. Wenn man einem nervtötenden Gespräch am frühen Morgen entgehen wollte, war man automatisch leise.
Den Gemeinschaftsraum fand ich ausgestorben und leer vor und ich hielt mich in diesem auch nicht lange auf. Er war schnell durchquert und wenige Sekunden später war ich schon draußen auf dem Gang, der mich nach oben in die Eingangshalle führte. Bei einem flüchtigen Blick in die Große Halle änderte ich schlagartig mein Vorhaben, frühstücken zu gehen. Nur wenige Plätze an den Tischen waren besetzt und diese nur von lauten Erstklässlern. Darauf hatte ich nun wirklich keine Lust und so brach ich meinen eigentlichen Weg ab und steuerte die Tür an, die nach draußen aufs Gelände führte. Vielleicht war schon jemand draußen, wir hatten schließlich so einige Frühaufsteher hier im Schloss.
Der Himmel war bewölkt und ließ nur vereinzelt fielen einige wenige Sonnenstrahlen hindurch. Trotzdem hatte ich nur meine Schuluniform an und mehr benötigte ich auch nicht. Ich zählte nicht gerade zu den Menschen, die so verfroren waren und so störten mich auch nicht die kühlen Windböen, die meine blonden Haare zerzausten, als ich über das Gras ging, mit dem See als Ziel. Von hier aus konnte man ebenfalls gut das Quidditch Feld sehen und es kribbelte in meinen Fingerspitzen. Es wurde langsam wirklich Zeit, dass wir wieder spielen konnten. Ich hatte zwar in den Ferien jeden Tag auf meinem Besen gesessen, aber mit meiner Verwandtschaft Quidditch zu spielen war eben nicht das selbe, als mit der Mannschaft von Slytherin. Als ich meinen Blick vom Feld genommen hatte, fielen mir zwei andere Personen auf, die ich direkt auch ansteuerte. Gwen... sie würde mich killen, wenn ich so ihren Namen laut aussprach... die Jägerin aus meiner Mannschaft und unser 'Schlossgespenst' Leyla. Ich war zwar nicht sonderlich scharf darauf, sie zu treffen, das gestern Abend beim Abendessen in der Großen Halle hatte mir für die nächsten 8 Wochen gereicht, aber naja... Man konnte nicht alles haben und außerdem war Gwen ja noch da.
So steuerte ich also die beiden Mädels weiter an, die mit dem Rücken zu mir standen und ich gerade noch Leylas letzte Worte mitbekam, die gerade Gwen fragte, ob diese schon frühstücken war. Als ich die beiden Slytherins erreicht hatte, legte ich jeder je einen Arm um die Schulter.
"Guten Morgen meine zwei Schönheiten!"
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#7 Schwer lastet die Vergangenheit, schwerer noch die Zukunft. |
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Ein Nicken war die Reaktion auf meine Antwort und irgendwie kam es mir vor, als ob sie nicht mit mir reden wollte. Oder war es einfach nur weil sie prinzipiell nicht gerne redete? Ich wusste es nicht und starrte weiterhin auf die Wasseroberfläche, die sich leicht kräuselte und immer wieder leichte Wellen ans Ufer schickte, um dieses zu durchnässen. Würde ich noch ein paar Schritte weiter nach vorne machen, würden meine Schuhe regelmäßig vom Wasser benetzt werden. Ihr Blick war vor mir auf den Boden gerichtet und ich fragte mich, was genau im Moment durch ihren Kopf ging, was sie so intensiv betrachtete oder ob ihr Blick nach Innen gekehrt war und sie gar nicht bemerkte, wohin sie eigentlich starrte. Als sie dann aber endlich reagierte und ein »Ich nicht.« flüsterte, tonlos, als wäre es von einem mechanischen Gerät gekommen, sah ich sie verwundert an. Warum war sie dann hier, wenn sie nicht gerne hier war? Wollte sie einfach nur weg von Gesellschaft? Oder hatten ihre Füße sie automatisch hier her getragen ohne dass sie wirklich hier her wollte?
»Nur manchmal.«, kamen die nächsten Worte ein wenig lauter über die blassen Lippen und als ich sie ansah, merkte ich, dass ihr Gesicht sich leicht rötete. Was war nun los? Schämte sie sich? Wenn ja, weswegen? Irgendwie wurde ich aus dem Mädchen nicht schlau. Ich nickte kurz und blickte wieder auf die Wasseroberfläche. »Ich bin oft hier. Oder beim Wald.«, antwortete ich dann ruhig, ohne Abneigung in der Stimme. Jeder sollte doch das denken und tun wollen, was ihm lieb war und wenn sie meinen See nicht so liebte, war es mir nur Recht. Ich war sowieso gerne alleine hier. Man konnte seine Gedanken ausbreiten und anfangen, sie nach Kategorie, Farbe, Thema und Wichtigkeit ordnen, um sie dann in imaginäre kleine Fächer zu schieben und darauf warten, dass man sie wieder benötigte. Manche setzten Staub an, andere wieder verschwanden auf einmal, wenn man das nächste Mal in das kleine Fach schaute. Es war immer wieder so, das etwas verschwunden war und ich mich fragte, wohin und was es eigentlich genau gewesen war. Trauerte dem Gedanken hinterher, den ich nicht mehr kannte…
»Warst du schon frühstücken?« Im ersten Moment realisierte ich gar nicht, dass Leylas Frage an mich gerichtet war und schaute sie einen Moment lang irritiert an, bevor ich leicht lächelte und nickte. »Ja, vorhin…«, antwortete ich und eine meiner Hände glitt zu meinen Haaren, und fuhr leicht durch die Spitzen, bevor ich sie wieder nach hinten warf. Ich liebte meine Haarpracht, die von mir gut gepflegt wurde, wollte aber nicht damit angeben oder zu viel Aufmerksamkeit auf mich ziehen. Kurz strich ich mir noch einzelne kleine Fransen aus dem Gesicht, die sich leicht an der Seite kräuselten, weil sie zu kurz waren, um irgendwas damit anzufangen und hoffte, dass sie dort blieben, wo ich sie hinbefördert hatte.
Als ich meinen Blick wieder anhob und auf Leyla blickte, bemerkte ich hinter uns eine Bewegung und sah mich kurz um. Jemand kam auf uns zu und kurz musterte ich den Störenfried, bevor ich mich wieder abwandte. Ich hatte ihn nicht erkannt, nur dass es jemand männlicher war und wurde schon alleine deswegen uninteressant für mich.
»Guten Morgen meine zwei Schönheiten!« Ich spürte, wie sich ein Arm um meine Schultern legte und mein ganzer Körper erstarrte. Ich war im ersten Moment so schockiert, dass ich nicht reagierte, doch überwand ich den Zustand recht schnell und drehte mich blitzschnell um mit wütend funkelnden Augen und machte zwei Schritte nach hinten, so dass ich außerhalb der Reichweite von Samuel – wie ich jetzt erkannte – war und fauchte ihn an »FASS MICH NICHT AN.« Meine Hände zitterten und ich verschränkte sie schnell vor meiner Brust, um meine Angst unter Kontrolle zu bekommen. Es saß einfach zu tief in mir, das Erlebnis von meinem Geburtstag vor einigen Jahren. Ich konnte einfach nicht ertragen, dass mich jemand anfasste, dass mich ein Typ anfasste. Erst nach einigen Momenten der Stille wurde ich wieder ruhiger und senkte kurz meinen Blick, bevor ich Samuel ruhig in die Augen sah. »Tut mir Leid, ich habe überreagiert.«, stellte ich dann fest, bewegte mich aber keinen Millimeter auf ihn zu. Auch wenn ich nicht wollte, dass jemand erfuhr, was passiert war und akzeptierte, warum ich mich nicht anrühren ließ, so musste ich es auch nicht darauf anlegen, dass er den selben Fehler noch einmal machte und blieb dort stehen wo ich gerade war. »Dir auch einen guten Morgen…«, sagte ich dann etwas freundlicher.
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#8 Schwer lastet die Vergangenheit, schwerer noch die Zukunft. |
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Wie konnte ich nur so dumm sein? Natürlich würde sie mich nun für verrückt halten. Wo ich doch stets so bemüht war, eben nicht als solches dazu stehen. Mein inneres Ich lief brüllend in seinem stillen Kämmerlein herum, zerschlug ganz plötzlich erscheinende Teller , einen schönen Wandspiegel und warf Messer auf das das hüpfende Bild der personifizierten Dummheit. Wieso hatte ich mich denn bloß nicht unter Kontrolle? Es war doch immer so einfach gewesen, einfach zu schweigen. Und nun entlockte diese „Kameradin“ mir solch törichte Worte. Oder bemerkte sie all das nicht? Nein, hoffentlich nicht, denn wer war schon gewillt auf all die Kleinigkeiten zu achten, die ich nun einmal doch preisgab, auch wenn ich mich noch so sehr bemühte. Das sie gerne hier wäre, oder im Wald, sagte Gwenhwyfar. “Ahja, habe ich dich etwa danach gefragt?“, sagte meine innere Arroganz. “Erzähle das doch jemanden, den das interessiert!“, fuhr das listige, kleine Ding fort. Ich nickte lächelnd und verwünschte diesen dummen Kloß, der in meinem Hals steckte. Der entstand immer, wenn ich all zu nervös wurde.
Nein, dieses Mädchen war nicht die Richtige für meine Zwecke. Da gab es geeignetere. Worhin war sie frühstücken, sagte Yeats. “Ich auch!“, murmelte ich. Ich war einfach nicht dazu geeignet, mit jemanden zu plaudern. Dass das Ganze ins stocken geraten würde, war eine meiner Sorgen. Was heißt hier Sorge? Es stockte immer. Das ganze war ein einziges Stocken.
Eine Arm legte sich auf meine Schulter. Wie absurd! Ich hielt den Arm zunächst für Einbildung. Vielleicht mein zum Menschen gewordene Fluchtverlangen. "Guten Morgen meine zwei Schönheiten!", sagte da jedoch ein unverkennbar, männliches Wesen. Samuel, der ach so tolle Hüter. Ich machte ihn persönlich dafür verantwortlich, dass wir die letzten Jahre den Quiddtchpokal nicht gewonnen hatten. Außerdem schien er mich zu hassen, denn er fand immer etwas, um mich zu ärgern. Er ... berührte mich. Treten? Beißen? Schreien? All das war doch sehr verlockend. Andererseits könnte ich es auch einfach geschehen lassen und ihm das eines Tages vorhalten, wenn ihn mal wieder der Schalk gen Leyla trieb.
Das übernahm dann aber Gwen für mich. Der hatte sie nämlich auch den Arm auf die Schulter gelegt. Sie entfernte sich ein wenig von uns und schrie ihn an. Gwen und Schreien? Der Tag würde immer verrückter. Das er sie nicht anfassen sollte, schrie sie. Ich hatte heute Morgen wohl einen Kasper gefrühstückt, denn ein besonders irrer Gedanke kam mir. Wenn ich es dem frechen Jungen nun einfach heimzahlen würde. Ich legte den Arm um seine Hüfte, sah kurz zu ihm auf und flüsterte so leise wie möglich und mit einem deutlich zischelnden Unteron “Na wollen wir uns ein Zimmer suchen?“ Um dich dann zu verfluchen oder in ein Stinktier zu verwandeln?“ Wenn verrückt, dann richtig. Ich ließ ihn rasch wieder los, entfloh seinem Arm so unauffällig wie möglich und schwieg rasch wieder. Ich war mir sicher, dass in meinen Augen soeben ein irres Flackern zu sehen war. Samuel würde vermutlich gleich schreiend davon laufen. Immerhin, ein wenig positiv war ein so untypisches Handeln. Yeats hatte die Arme verschränkt. „Tut mir Leid, ich habe überreagiert.“ erklärte sie sich und wünschte ihm dann auch einen guten Morgen. “Einen besonders schlechten Morgen wünsche ich dir!“, dachte ich mir.
Bei Merlins Bart, was hatte ich da gerade getan? Alles kam heute irgendwie ein wenig langsamer an. Ganz ruhig atmen. Ich erkannte mich wirklich nicht wieder. Erst redete ich dummes Zeug, dann ließ ich mich zu noch dümmeren Taten hinreißen. Ob man mir heute Morgen irgend etwas ins Essen gemischt hatte, vielleicht einen Fluchtrank, der einen zu Sachen verleitete, die man eigentlich gar nicht tun wollte? Ich starrte meine Schuhe an. Wie interessant die doch auf einmal waren. Ob ich mir vielleicht Neue besorgen sollte? Ja, vielleicht welche mit Schnallen. Beim nächsten Hogsmeadbesuch würde ich mich einmal umsehen. Vorsichtig sah ich die Beiden wieder an. 6 Jahre kannte ich diese Menschen nun schon und sie waren mir doch nicht näher als irgendein Erstklässler. Ich denke, sie konnten sich glücklich schätzen, mich nicht zu kennen, ansonsten würden sie vielleicht dem Wahnsinn verfallen, oder den guten Glauben an die reinblütige Menschheit verlieren. Andererseits, wenn ich sie nun näher kennen würde, sie mich akzeptieren würden, so wie ich war ... Schwachsinn, was für ein naives Verlangen.
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#9 Schwer lastet die Vergangenheit, schwerer noch die Zukunft. |
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Da war heute Morgen aber jemand eindeutig mit dem falschen Fuss aufgestanden. Einen anderen Schluss konnte ich zumindest aus dem Verhalten von Gwen nicht heraus ziehen. Ich war doch ganz normal zu meinen beiden Hausgenossinen getreten, hatte jeder freundlich den Arm um die Schulter gelegt. Man mußte schließlich einmal am Tag auch mal nett zu seinen Mitschülern sein und das tat ich hiermit. Aber was war der Dank dafür? Ich spürte regelrecht, wie sich Yeats unter meiner Hand versteifte und regelrecht zusammen zuckte. So schrecklich war ich dann nun auch wieder nicht, dass man sich vor mir erschrecken müsste. Gerade als ich diesen Gedanken zu Ende geführt hatte, entwandt sich die Slytherin fluchtartig aus meiner 'Umarmung' und brachte mit zwei Schritten rückwärts ihrerseits etwas Abstand zwischen uns beide. Der Ausdruck ihrer Augen, mit dem sie mich dabei anfunkelte, würde selbst einem Blinden nicht verborgen bleiben und hätten Blicke töten können, ich wäre wohl auf der Stelle mausetot umgefallen. "FASS MICH NICHT AN." setzte sie ihren Blicken noch die passenden Worte hinterher und es wäre wohl lebensmüde von mir gewesen, wenn ich dem nicht Folge geleistet hätte. Demonstrativ hob ich meine Hände etwas empor.
"Ist ja schon gut..." gab ich von mir und ich fragte mich ehrlich, warum sie so reagierte. Gut, ich erwartete nicht, dass jede Frau, der ich meinen Arm um die Schulter legte, mir gleich an die Wäsche wollte. Aber so eine Reaktion war heute eine Premiere für mich. Zumal sie mich nun seit über 6 Jahren kannte und wusste, wie ich so drauf war. Entweder bildete ich es mir nur ein, oder zitterte sie wirklich? "Tut mir leid, ich habe überreagiert." entschuldigte sie sich jedoch dann kurz darauf, doch mein Blick in ihre Richtung blieb recht skeptisch.
"Das würde ich aber auch meinen." war mein einziger Kommentar auf ihre Überreaktion. Man konnte es auch übertreiben. Es war ja wirklich nichts passiert. Aber da waren wir wieder beim leidlichen Thema. Sollte einer die Frauen verstehen.
Auch Leylas Reaktion überraschte mich etwas, wenn ich ehrlich zu mir war. Da schlang sie doch ihrerseits einen Arm um meine Hüfte und zischelte mir leise etwas entgegen. "Na wollen wir uns ein Zimmer suchen?" Und was dann bitte schön? Vielleicht war ich dann am Ende genauso verrückt wie sie... nein danke. Außerdem war sie sicher nicht nach einem romantischen Schäferstündchen mit mir aus. Erstens war sie dafür überhaupt nicht der Typ und zweitens konnte ich sie nicht leiden und das wußte sie. Und für meine kleinen Sticheleien die letzten Jahre über würde sie sich sicher lieber rächen, als andere Dinge mit mir anzustellen.
"Solange du nicht auch noch verlangst, dass ich dafür bezahle." konterte ich zurück. Gut, das ging vielleicht für manche etwas unter die Gürtellinie, doch man mußte schließlich auch einstecken können. Außerdem wollte ich bei meiner Mitschülerin ja keine Bonuspunkte sammeln. In der Zwischenheit hatte sie sich im übrigen auch wieder aus meinem Arm heraus befreit und starrte nun auf ihre Schuhe. Ich bereute nun schon fast meinen Entschluss, hier heraus gekommen und den beiden begegnet zu sein. So etwas am Morgen konnte einem doch glatt den ganzen Tag versauen.
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#10 Schwer lastet die Vergangenheit, schwerer noch die Zukunft. |
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Irgendwie empfand ich unsere Unterhaltung als faszinierend und interessant, mit jedem Moment mehr, den wir zu Zweit, nebeneinander am Ufer des graublau wirkenden Sees standen. Beide waren wir Mädchen, die nicht all zu viele großartige Worte verschwendeten und lieber in Gedanken redeten als mit unserer Stimme. Wenn Telepathie funktionieren würde, hätten wir uns vermutlich viel zu sagen, könnten Gedanken austauschen ohne auch nur ein Wort zu sagen, ohne die Angst zu haben, missverstanden zu werden, nur weil man nicht fähig war, die Dinge, die man ausdrücken wollte, in die richtigen Worte zu kleiden. Ein quietschrosaroter Rock passte einfach nicht zu einem orangefarbenen Top und doch hatte ich das Gefühl, dass meine Sätze, meine Worte genau so aussahen, weil ich einfach nicht die richtigen Kleidchen fand, um sie zu präsentieren.
Ein lächelndes Nicken zeigte mir, dass sie an der Unterhaltung genauso Gefallen gefunden hatte wie ich, zumindest schien es mir so und auch auf meine Lippen stahl sich ein freundliches Lächeln, das meine Lippen entlang wanderte. Ich sollte mich öfters mit ihr unterhalten, mit Leyla hier einfach die Stille genießen. Es gab wenige, die die Ruhe so sehr liebten wie ich und sie schien so ein Mensch zu sein. Natürlich konnte ich auch reden, wie ein Wasserfall wenn ich wollte, doch verspürte ich immer weniger die Lust dazu. Früher, ja, früher war ich anders gewesen, bevor man mich gequält hatte, meine Unschuld geraubt, nicht nur körperlich, sondern auch in Gedanken und die Reinheit meiner Seele. Immer noch hatte ich das Gefühl, dass sie schmutzig war, als hätte man mit einem dreckigen Pinsel wild irgendwelche Striche darüber gezogen, die ich nicht beseitigen konnte, egal wie oft und lag ich sie wusch. Sie wurden blasser, diese Striche, die Intensität der Farbe verschwand, doch sie blieben, blieben für immer in meine Seele gebrannt und schienen mich zu verhöhnen…
»Ich auch!« murmelte sie leise die Worte, die schon fast im leisen Plätschern der Wellen untergingen. Wieder ein Nicken meinerseits als Antwort. Irgendwie… war es seltsam. Wir redeten kaum, wirkten regelrecht unbeholfen was die Sprache anging, und doch, ich fühlte mich nicht unwohl dabei. Bei jedem anderen Menschen hätte ich vermutlich versucht, krampfhaft eine Unterhaltung zu führen, irgendwie versucht das Gespräch am Laufen zu halten. Doch hier? Es schien irgendwie nicht nötig zu sein…
Als Samuel mich berührte, es wagte seinen Arm um mich zu legen reagierte ich, wie ich es immer tat. Mein ganzer Körper zitterte, als ich ihn angeschrieen hatte, auf Abstand gegangen war und ihn anfunkelte. Doch Leylas Reaktion erstaunte mich ein wenig. Anders als ich kam sie Samuel näher, legte den Arm um seine Hüften und zischte ihm etwas zu, das ich nicht verstand. Ich war vermutlich etwas zu weit weg, doch den zynischen Unterton in der Stimme bekam ich mit. Als Leyla sich dann ebenfalls von Samuel entfernte und das recht schnell, blickte ich sie irritiert an und bemerkte erst dann Samuel gegenüber, dass ich überreagiert hatte und wünschte ihm einen schönen Morgen. Er war immerhin in meiner Mannschaft und ich kannte ihn schon sechs Jahre, auch wenn ich nie was mit ihm hatte und er mich in der Hinsicht nie interessiert hatte. Ich wusste zwar, dass einige Typen mir gern näher kommen würden – hässlich war ich nicht – aber ich hatte bis jetzt immer versucht es irgendwie zu vermeiden, auch wenn ich nie einen Grund genannt hatte. Wie er zu mir stand, wusste ich nicht und ein leicht misstrauisches Glimmen lag in meinen Augen.
Samuels Hände waren nach oben geschnellt, als wollte er mir zeigen, dass er nicht noch einmal auf die Idee käme mich anzufassen und in diesem Moment musste ich lächeln. » Ist ja schon gut... Das würde ich aber auch meinen.« Ich hatte wohl eindeutig etwas zu arg reagiert, wenn ich ihn so erschreckt hatte und noch einmal glitt ein »Tut mir leid.« über meine Lippen. Es war ja nicht so, dass ich mit dem männlichen Geschlecht nicht redete oder auch Spaß hatte und Freunde unter ihnen. Nur anfassen…
Verlegen senkte ich den Blick und spürte, wie meine Wangen sich röteten, was bei meiner hellen Haut sehr schnell zu sehen war. Seine Worte allerdings, die er dann an Leyla richtete, ließen mich dann doch etwas verwundert aufschauen »Solange du nicht auch noch verlangst, dass ich dafür bezahle.« Was hatte sie ihm nur gesagt, dass er so reagierte? Ich wusste, dass er schon einige Mädchenherzen erobert und auch gebrochen hatte, aber eigentlich glaubte ich nicht, dass er irgendwem absichtlich wehtat, wusste es aber nicht. Was nun zwischen Leyla und ihm abging verstand ich allerdings nicht ganz. Allerdings wollte ich darauf nicht eingehen, sondern lieber meine Reaktion von vorhin wieder gut machen. »Und was treibt dich schon hier her? So früh am Morgen? Auch nicht mehr schlafen können?«
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#11 Schwer lastet die Vergangenheit, schwerer noch die Zukunft. |
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Hach, weshalb stand ich eigentlich noch bei diesen Menschen? Samuel schien jedes mal wieder um meine Missgunst zu betteln. "Solange du nicht auch noch verlangst, dass ich dafür bezahle.", erklärte er. Bezahlen wurde er mich für etwas so abartiges tatsächlich, vor allem da er es war. Mir wurde tatsächlich ganz kalt bei dem Gedanken.
Gwen beruhigte sich rasch wieder. Wieso zeigte sie denn so offen, was ihr Angst machte? Wusste sie denn nicht, das ein jeder, der um ihre Schwächen wusste, ihr stets Schaden zufügen konnte? Ein wenig Selbstdisziplin war ja nicht zuviel verlang. Ein jeder sollte seine Emotionen kontrollieren könne, schließlich ging es da um das leibliche und auch seelische Wohl. Außerdem wollte ich nicht das Wissen um die Schwachstellen der anderen wahren. Viel zu viel Verantwortung!
Offenbar war Gwenhwyfar gewillt, mit unseren „Klassenkamerad“ zu kommunizieren. Na da war ich ja mal gespannt. Der Inhalt einer solchen Unterhaltung interessierte mich jetzt weniger. Viel wichtiger war die Art und Weise, war die Geschicklichkeit, mit der man mit einander redete.
Mein Blick wanderte wieder zu dem nahen Ufer des Sees. Ich wollte gerne weiterhin aufmerksam sein. Doch sollten die Beiden das bloß nicht bemerken. Und jede Situation erforderte eine eigene Gestik und vor allem eine passende Mimik. So wurde ein neutraler Gesichtsausdruck hier sicher passend sein. Meine Hände waren sicher unter dem samtenen Umhang verborgen. Der doch wirklich waghalsige Gedanke, Samuel würde mir vielleicht helfen können, kam kurz in mir auf. Die nun plötzlich rettende Vernunft schallt diesen Gedanken und dieser löste sich rasch auf. Wie lächerlich. Dieser Mensch würde mir sicher nicht helfen wollen, nicht helfen könne, einfach weil wir uns nicht leiden konnten. Das war schon immer so gewesen, jedenfalls seit wir gemeinsam diese Schule besuchten. Vor meinem inneren Auge wanderten noch einmal einige Schüler der oberen Klassen vorbei. Sie alle schienen mir ungeeignet, einfach miserabel, wie es mein Großvater sagen würde.
Ob ich ihm heute einen Brief schreiben sollte, ihm, nicht meiner Großmutter? Ja vielleicht wäre das wirklich ratsam. Er war ein kluger Mann, wusste oftmals Rat bei misslichen Lagen. Doch würde er mir sicher auch erklären, das ich doch sicher selbst schuld sei. Schließlich hätte ich mich nicht mit irgendeinem dahergelaufenen Jungen zeigen brauchen. Ja, mit wem hatte ich mich denn gezeigt. Ich ging noch einmal jenen Tag durch, passte dabei aber auf, ja kein einzelnes Wort von Gwen und Samuel zu verpassen.
Mein Vater hatte mich zum Bahnhof gebracht und hatte sich von mir verabschiedet. Evan hatte dann mein Gepäck zum Bahnsteig gebracht ... ja, das war es. Ein mehr als übergroßes Licht ging mir auf. Der neutrale Gesichtsausdruck war rasch einem zaghaften Lächeln gewichen. Evan, der junge Mann, der meinem Großvater unter die Arme griff, wo es nur ging. Er hatte letztes Jahr Hogwarts verlassen. Doch erledigte er nicht nur den Papierkram für Großvater. Er war quasi das Mädchen für alles, war sich für nichts zu schade, obgleich er aus nicht wirklich schlechten Hause kam. Ich übersah ihn stets, da ich der Meinung war, das Angestellte, egal wie wichtig sie waren, diese nicht verdient hatten. Das hieß nicht, dass ich ihn nicht leiden konnte. Er hatte einfach nie eine wirklich große Rolle gespielt, außer eben, das er meine Koffer schieben durfte.
Vielleicht sollte ich Evan irgendwo erwähnen. Man erinnerte sich sicher an ihn, schließlich war er ein beliebter Slytherin gewesen. Hier und jetzt? Nein, das würde einfach nicht passen. Außerdem wussten die Beiden doch gar nichts von all dem. Aber später ... irgendwann. Vielleicht würde ich es Audrey erzählen. Die hatte ja die richtigen Kontakte. Aber ob all das überzeugen würde. Die Schüler dieser Schule glaubten ja eigentlich alles, doch verdrehten sie auch gerne mal die Tatsachen. Wir alle taten das, ganz unbewusst, einfach, weil man es so gelernt hatte. Nun sah ich die beiden auch wieder an. Nun, in ihre Gesichter sah ich nicht, weil sie das sicher recht unangenehm fanden, genau wie ich. Aber immerhin, sie waren mehr als Luft, waren Wort und Fleisch, einflussbares Fleisch und auch wenn sie niemals meine Freunde werden würden ... und vermutlich nicht wollten, sollte ich sie ein wenig bauchpinseln. Etwas Aufmerksamkeit hatten die anderen ja alle gerne. Schließlich waren sie junge Menschen, die eigentlich nur danach gierten, das man sie ansah. “Gut, das wir heute frei haben.“, murmelte ich leise. Manchmal konnte ich mich dazu durchringen, zu reden und im nächsten Moment erkannte ich, das ich vermutlich wieder nur unangebrachtes Zeug redete. Ich biss mir kurz auf die Unterlippe, ließ das aber rasch wieder bleiben, weil auch das unangebracht war. “Es fällt ihnen bestimmt nicht auf. Schließlich sind sie nur... “ Weiter dachte ich nicht, denn mir fiel einfach keine, schlaue, passende Beschreibung ein, für diese ... Leute.
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#12 Schwer lastet die Vergangenheit, schwerer noch die Zukunft. |
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Als schließlich ein "Tut mir leid." über Gwens Lippen kam, war ich regelrecht erleichtert. Ja, man konnte es so nennen. Ich hatte mir zwar nichts zu schulden kommen lassen, doch wer wußte schon, wie sie sonst noch hätte reagieren können. Warum war sie überhaupt so ausgerastet und hatte mich regelrecht angebrüllt, nur weil ich mir erlaubt hatte, meinen Arm um ihre Schultern zu legen. Das tat ich jeden Tag bei zig anderen meiner Mitschüler, vorbei ich dabei natürlich eher die weiblichen bevorzugte. Eigentlich konnte ich froh sein, dass sie nur so reagiert und mir nicht am Ende noch einen Fluch nachgejagt hatte. Verstehen konnte ich ihre, nach meiner Meinung nach übertriebene, Reaktion zwar immer noch nicht, aber ich beschloss, es auf der Sache beruhen zu lassen. Immerhin kannten wir uns nun schon die gesamte Schulzeit über und spielten in einer Mannschaft. Wäre es jemand anderes gewesen, hätte ich selbst vielleicht darauf auch anders reagiert, doch im Grunde hatte ich ja nichts gegen Gwen und der Umstand, dass wir zusammen Quidditch spielten, steigerte die ganze Sache noch. Sie hatte sich entschuldigt und auf mich machte es den Eindruck, als täte es ihr wirklich leid und ihr war bewusst geworden, dass sie etwas überreagiert hatte. Das machte sich für mich besonders daraus deutlich, dass sie etwas verschämt den Blick auf den Boden richtete und ihre Wangen einen feinen Hauch von rot annahmen. Das sah beinahe süss aus. Und ich war ja nicht nachtragend, also... "Schon okay. Vergessen wir die Sache!" gab ich knapp von mir und lächelte ihr flüchtig zu.
Gwen fragte sodann nach dem Grund, der mich schon so früh am Morgen aus dem Schloss getrieben hatte und damit war die vorangegangene Sache für mich erledigt.
"Ich konnte nicht mehr schlafen. Wie immer an den freien Tagen. Und beim Frühstück nur von Erstklässlern umgeben zu sein, darauf hatte ich auch keine Lust." antwortete ich ihr und erklärte somit, warum ich mich hier draußen herum trieb.
Doch mein Magen unterließ es natürlich nicht, mich darauf aufmerksam zu machen, dass ich bisher noch nichts gefrühstückt hatte. Ich hatte Hunger und würde wohl bald wieder hoch ins Schloss gehen. Falls ich meine Ruhe haben wollte, gab es auch noch immer die Möglichkeit, ein paar Brötchen mitzunehmen und sich in unseren Gemeinschaftsraum zu verziehen, in dem dann hoffentlich Slytherins sahsen, die nicht so verwirrt waren, wie Leyla, die sich gerade wieder von mir entfernt hatte und auf meinen Kommentar hin nichts mehr erwiderte. Und nun? Was war jetzt? Fiel ihr darauf nichts mehr ein? Naja, mir konnte es ja nur recht sein. Ich beschloss, in Zukunft wieder einen großen Bogen um sie herum zu machen. Es würde sicher Leute geben, die mit soetwas klar kamen, aber dazu gehörte ich eindeutig nicht. Einen kurzen Moment lang musterte ich sie eingehend, doch irgendwie schien sie mir mit ihren Gedanken weit weg zu sein. Ich wollte ehrlich gesagt gar nicht wissen, was ihr so in ihrem Kopf herum schwebte. Sie war mir irgendwie unheimlich. Das war wohl die passende Aussage. "Gut, das wir heute frei haben." murmelte sie auf einmal leise, so leise, dass ich eigentlich nur hatte erraten können, was sie gesagt hatte. Doch selbst, wenn ich es nicht verstanden hätte, wäre ich dadurch auch nicht ärmer geworden. Klar, ich war zwar auch froh, dass wir frei hatten und Freitage waren somit meine Lieblingstage in Hogwarts, doch wie sie gerade jetzt zu dieser Aussage gekommen war. Ich beschloss, auf diese Worte hin nichts zu erwidern. Jede Silbe wäre da verloren gewesen und so warf ich einen demonstrativen Blick hinauf zum Schloss.
Ich würde nun in unseren Slytherin Kerker flüchten und darauf hoffen, dass jemand da sein würde, der mit mir auf gleicher Wellenlänge lag. Die restlichen Jahrgangsstufen hatten ja alle Unterricht, also blieben nicht mehr allzuviel übrig. Aber meinen ganzen freien Tag wollte ich nun wirklich nicht mit einer hysterischen Gwen (bei diesem Gedanken tat ich ihr vielleicht etwas unrecht, denn ansonsten mochte ich sie sehr, kam auch gut mir ihr klar und sie war eine ausgezeichnete Jägerin im Team) und unserem 'Gespenst' verbringen. Langsam ging ich einen Schritt rückwärts, in Richtung des Schlosses, während ich sprach.
"Also, wir sehen uns. Ich geh wieder zurück." teilte ich den beiden mit und zumindest Leyla würde mir mit Sicherheit keine Träne nachweinen. Ebenso unterließ ich es die beiden zu fragen, ob sie mit kommen wollten. Das war vielleicht nicht unbedingt charmant, aber mir im Augenblick ziemlich egal. Außerdem konnten sie dann ihre tiefgründige Unterhaltung fortsetzen, wenn ich nicht mehr da war. Und so wandte ich mich mit einem flüchtigen Lächeln um und ging über die Wiese zurück ins Schloss. Nun stand an erster Stelle erst einmal etwas zu essen zu besorgen.
Gehe nach: Verlockende Schwärze
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#13 Schwer lastet die Vergangenheit, schwerer noch die Zukunft. |
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Durch Samuels Auftauchen war die idyllische Stille zerstört, das zweisame betrachten der leisen Wellen auf dem See dahin und nach meiner abwehrenden Reaktion ihm gegenüber bemerkte ich auch nicht mehr all zu viel vom Wellenspiel. Ich konzentrierte mich wesentlich mehr auf den recht attraktiven Slytherin, der uns nun Gesellschaft leistete, obwohl sein Gesichtsausdruck davon zeugte, dass er es sich noch zu überlegen schien, ob es wirklich so klug war, hier her zu kommen. Nun, auf zwei so stille Mädchen zu treffen war wohl nicht ganz das, was er erwartet hatte und meine Reaktion hatte die Begegnung sicher nicht gefördert. Es war seltsam, sich mit ihm zu unterhalten, nun, nachdem Leyla und ich kaum geredet hatten, die Stimme wieder zu nutzen und im ersten Moment kam mir meine Stimme fremd vor, hatte ich das Gefühl, die Worte ungeschickt zu wählen, ließ sie auf meiner Zunge zergehen, als müsste ich erst schmecken wie sie klangen, bevor ich sie aussprach.
Nachdem sich meine Wangen wieder ein wenig beruhigt hatten und die leichte Röte wieder nachließ, ging es mir auch wieder besser und die nächsten Worte kamen wesentlich leichter über meine Lippen. Dass Leyla wieder in Gedanken versank und leicht abwesend wirkte, bemerkte ich kaum. Natürlich nahm ich es unterbewusst zur Kenntnis, und wäre Samuel nicht hier gewesen hätte ich jede einzelne ihrer haltungs- und Mimikänderungen wahrgenommen und versucht zu analysieren, aber so? Ich war viel zu sehr damit beschäftigt, mich dem Slytherin gegenüber normal zu verhalten und nicht zu zeigen, wie erschreckt er mich hatte, alleine durch seine Berührung… Irgendwie seltsam, dass ich immer wieder so reagierte. Ich wunderte mich danach jedes Mal wieder und fragte mich, warum ich so war. Konnte das Geschehene so etwas auslösen? Warum geriet ich bei so simplen Berührungen so in Panik? Ein leises Seufzen floh von meinen Lippen, doch ungehört und nicht beachtet…
»Gut, das wir heute frei haben.« Leise waren ihre Worte, die ich hörte und ein leichtes Nicken zeigte, dass ich ihr immer noch zuhörte, auch wenn meine Aufmerksamkeit nun nicht mehr ungeteilt ihr galt. Es stimmte, es war recht angenehm, einen Tag frei zu haben und die Zeit mit anderen Dingen als den Büchern und Pergamentrollen zu verbringen. Dennoch ließ ich mich dadurch nicht dazu verleiten nichts zu tun, aber am frühen Morgen war dies noch gestattet. »Schon okay. Vergessen wir die Sache!« Erleichtert lächelte ich Samuel an. Ja, vergessen war perfekt. Es war mir schon peinlich genug, so dass es nicht unbedingt jeder erfahren musste. Und vergessen war in diesem Augenblick ein wirklich wunderschönes Wort. »Ich konnte nicht mehr schlafen. Wie immer an den freien Tagen. Und beim Frühstück nur von Erstklässlern umgeben zu sein, darauf hatte ich auch keine Lust.« Seine Antwort ließ mich nicken und noch einmal lächeln »Ja, Erstklässler können anstrengend sein…« Apropos Erstklässler…
In dem Moment dachte ich an Geoffrey und daran, dass er Unterricht hatte. Ich war neugierig, wie die Stunde war und was er mir danach erzählen würde. Noch saß er in der Klasse, aber ich freute mich, wenn ich ihn traf, um zu erfahren, wie es ihm hier gefiel. Immerhin war er der Letzte von uns, der nach Hogwarts gekommen war. Und noch hatte ich keine Gelegenheit gehabt zu erfahren, was er schon so gesehen und gemacht hatte. »Also, wir sehen uns. Ich geh wieder zurück.« Die Worte von Samuel holten mich wieder zurück aus meinen Gedanken und flüchtig sah ich in seine Augen, bevor ich ihn verabschiedete. »Ja, bis später…«, meinte ich kurz, als ich ihn beobachtet, wie er davon schritt. Danach drehte ich mich langsam zu Leyla um. »Ich geh auch langsam wieder hinein. Möchte mit meinem Bruder reden… Bis später, ja?«, teilte ich ihr dann mit. Langsam wandte ich mich ab und schlenderte zum Schloss. Den gleichen Weg, den ich hinunter gegangen war, ging ich wieder hinauf. Samuel beachtete ich nicht, er war auch einiges vor mir und ging wesentlich schneller. Meine Agen waren in die Ferne gerichtet, sahen niemanden wirklich…
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