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Komme von: Möge das Training beginnen
Morgendliche Freistunden waren schon was Schönes… man konnte ausschlafen oder einfach nur im Bett dösen, doch was tat ich? Weder noch…
Ob es nun meine Sorgen um Lucia waren oder der Hungerruf, was mich aus dem Bett zerrte, weiß ich nicht genau, doch wenn ich einmal aufwache, so kann ich kein zweites mal mehr einschlafen. Doch selbst nach Faulenzen war mir nicht, denn das bloße rum liegen im Bett lies die Minuten wie Stunden erscheinen und für einen Krankenbesucht war es noch weit zu früh.
Mit einem leicht unzufriedenen Seufzen erhob ich mich schließlich, suchte das Bad auf und einige Zeit später schlenderte ich schon durch die Korridore von Hogwarts umher. Keine hektischen Schüler kamen mir entgegen, was ich auch ganz gut fand, denn die morgendlichen Stunden brauchte ich einfach für mich, ich musste erst einmal richtig wach werden, denn immer noch befand ich mich ein einer Art „Trancezustand“.
An einem Fenster, hinter welchem sich unser prächtiges Quidditchfeld befand, machte ich kurzen halt. Nun sah das Feld so friedlich aus, in seinem satten grün und mit den leergefegten Tribünen, doch gestern herrschte dort noch totales Chaos. Eine Falte der Unzufriedenheit bildete sich auf meiner Stirn und meine Rechte bildete sich zur Faust. Diese Slytherin Schweine! Ich könnte denen ihre dreckigen Hälse umdrehen! Sie hatten leider erreicht, was sie wollte. Ein Durcheinander und die Hinderung am weiteren Spiel. Verdammt, sie hatten viele aus dem Ring geschlagen… Wenn ich doch nur wüsste, wer das alles war… Denn ich wagte zu bezweifeln, dass dies das Werk eines einzelnen war. Aber hatte Arne nicht gestern einen Namen erwähnt? Ich selbst war noch voller Hassgedanken gewesen und hatte seine Stimme ausgeblendet.
Im nächsten Augenblick machte mein Herz einen gewaltigen Sprung, sodass es mir schon fast schmerzen zufügte und ich trat erschrocken einen großen Schritt zurück. Etwas hatte meine Schulter berührt. Nein, etwas war auf meiner Schulter gelandet! Doch als ich weiches Fell an meiner Wange spürte wusste ich sofort, wer und was es war.
“Streuner…“ sagte ich in einem Mix aus Erleichterung und Ermahnung. Ich war erleichtert, dass mich hier niemand gesehen hatte, denn der Gang war leer und natürlich mahnte ich das Viech, ich hasste es, wenn es so was tat. Doch irgendwie zeigten meine Mahnungen keine Resultate.
Das junge Karamellfarbene Kniesel schmiegte sein Köpflein gegen meine Wange und schnurrte dabei, das war mir mehr als unangenehm. “Streuner… lass das…“ zischelte ich und sah mich noch einmal um. Immer noch alles leer. Nun packte ich mir das Katzentier und setze es auf die Fensterbank ab. Etwas verdutzt sah mich das Tierchen an und dann maute es mich auch noch spielerisch an. Verdammt… sollte Trish nicht darauf aufpassen? Ab und an wählte ich „Trish“ als anrede für meine Schwester, welche mir eigentlich versprochen hatte, auf das lästige Vieh acht zu geben.
“Mrrrrrau!“ schallte es durch die Gänge und erneut sah ich mich um, diesmal ein wenig hastiger. “Willst du wohl still sein?“ Ich drückte den Kopf des Tieres leicht runter, doch dieses sah es wohl eher als eine Einladung zum Spielen an und die Pfötchen griffen nach meiner Hand. “Ach… verpiss dich doch…“ Das kleine Kniesel hatte mich wahrlich gekratzt. Wie sehr ich das doch hasste!
Wieder wollte das Kniesel nach meiner Hand greifen, doch ich zog diese Weg und meine raschen schritte führten mich zielstrebig weiter durch den Korridor. Ich hörte ein kurzes gurren als das Tier auf den Boden landete. Es folgte mir bestimmt.
Ohne nach hinten zu sehen steuerte ich die große Halle an, ich hatte wirklich Hunger und vielleicht würde der kleine Streuner mich ja nicht mehr einholen.
Vereinzelte Schüler hatten es sich hier schon bei Toast und Tee gemütlich gemacht und auch ich hatte dies vor, jedoch etwas weiter abseits. Ich hatte momentan wirklich keine Lust auf irgendwelche Gespräche. Vielleicht würden mich sogar noch irgendwelche Spinner nach dem gestrigen Quidditchabend fragen, dies würde mich nur mehr reizen.
Als ich einen passenden Platz gefunden hatte, setze ich mich auf meine typische lässige Weise hin und lies mir schnell durch den Kopf gehen, womit ich meinen Hunger stillen könnte. Letztendlich war es nur ein Toast mit Honig und dazu Kräutertee, aber meinem Appetit würde ich wohl nicht die Stirn bieten. Kurz darauf genoss ich meine Alleinigkeit und das herzhafte Aroma des Tees. Dass sich das kleine Kniesel mir näherte, merkte ich in dem Moment der innerlichen Ruhe gar nicht. Ich hatte sowieso die Umgebung um mich herum ausgeblendet, nicht gerade vorteilhaft.
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Komme von: Süsskram her, dass ist (k)ein Überfall
Mühsam strampelte ich die verschwitzte Bettdecke weg. Ich kam mir wie ein Kleinkind vor, dass hilflos auf dem Rücken liegt und die Beine verzweifelt in die Höhe streckt. Meine Haare kleben mir an der Stirn und ich wunderte mich, wieso ich diese Nacht so schlecht geschlafen hatte, denn ich konnte mich an keinen bösen Traum erinnern. Vor allem war es gar nicht mehr so warm draussen, obwohl es erst Anfangs September war, was mich ein wenig verwunderte. Aber eigentlich war es innerhalb der grauen Gemäuer immer recht zugig und kühl. Ich wollte gar nicht erst an den Winter denken, der diese Kälte noch einmal verstärken würde, so dass man schliesslich doch an die warmen Gemeinschaftsräume gebunden war und kein Austausch mehr zwischen den Häusern stattfand, ausser im Unterricht und beim gelegentlichen Zusammentreffen in der grossen Halle.
Obwohl mir von der gestrigen Aktion in der Küche noch ein wenig übel war, machte sich schon wieder der Hunger lautstark bemerkbar und nach einem kurzen Umschauen im Schlafsaal beschloss ich, alleine zum Frühstück zu gehen. Denn ich traf in diesem Raum keine wache Gestalt an, nur Jake schien in seinem Bett zuliegen und sich noch ein wenig seinen Träumen hinzugeben, bis wir schliesslich in den Unterricht für Zauberkunst gehen mussten. Zauberkunst, ein spannendes Fach, wie ich fand, aber auch äusserst schwierig. Ich hoffte meine ZAGs in diesem Fach einigermassen gut hinzubekommen, sodass ich es als UTZ-Fach wählen konnte.
Ich schlüpfte rasch in den Waschsaal und drehte den Wasserhahn auf. Das kühle Nass umspülte meine Hände und ich merkte, wie mir eine Gänsehaut die Arme hoch kroch, ehe ich einen Schwall Wasser in mein Gesicht patschte, um mir die Verschlafenheit auszutreiben. Es war wirklich ganz schön kalt, doch es tat gut. Ich fuhr mir noch rasch zwischen den Haaren durch, bevor ich das Zimmer wieder verliess um mich anzukleiden. Ich holte mir ein paar Hosen aus dem Kleiderschrank und ein T-Shirt. Darüber warf ich den schwarzen Umhang mit dem Hufflepuffzeichen, der ja leider Pflicht während der Unterrichtszeiten war. Leider...
Hinter mir ertönte ein lautes Maunzen und ich drehte mich verwundert um. Noir stand zu meinen Füssen und sah mich aus seinen neugierigen Katzenaugen an. „Nein, mein Freund. Jetzt kannst du nicht mitkommen, aber ich verspreche dir, etwas leckeres für dich mitzunehmen.“ Als hätte er meine Worte verstanden, warf der Kater mir einen vorwurfsvollen Blick zu und sprang mit einem Satz auf das weiche Bett um sich zwischen den Kissen auszustrecken. Ich schaute ihn nur kopfschüttelnd an und packte mein Schulzeug, da ich mir nicht sicher war, ob ich vor der Unterrichtsstunde noch einmal den Hufflepuff Dorm aufsuchen oder ob ich lieber direkt zur Zauberkunststunde gehen würde.
Gemütlich schlenderte ich den Gang entlang, doch nur wenige kreuzten meinen Weg, schliesslich würde auch ich mich lieber noch im Bett wissen, doch ich hatte heute morgen Frühdienst und meine lieben Hufflepuffkollegen erwarteten von mir dieses Jahr höchste Konzentration, da wir dieses Jahr den Hauspokal schnappen wollten. Da konnte ich es mir nicht erlauben zu spät zukommen, denn ich wollte den anderen keinen Grund geben, mich für ein Scheitern verantwortlich machen zu können. Nein, dieses Jahr würde ich ein vortrefflicher, anständiger Schüler sein, oder zumindest fast.
Noch ein wenig verschlafen betrat ich die grosse Halle, um mir ebenfalls das heissgeliebte Frühstück zu gönnen. Auch hier traf ich kaum Schüler an, nur die Frühaufsteher sassen schon in der grossen Halle. Da wurde ich mir bewusst, dass ich nicht einmal die jetzige Uhrzeit kannte. Ich machte ein paar Schritte in den Saal hinein und schaute mich neugierig um. Vielleicht traf ich ja doch schon ein mir bekanntes Gesicht. Als mein Blick auf Samantha McCallum fiel, stockte ich für einen Augenblick, ehe ich meine Aufmerksamkeit in die andere Richtung lenkte, doch es war wirklich niemand bekanntes hier, ausser der Rothaarigen. In mir focht ich einen Kampf aus, was wohl besser war. Sollte ich mich zum männerfeindlichsten Monster der ganzen Schule setzen oder mein Frühstück lieber stillschweigend alleine geniessen. Was ist an Sam eigentlich so schlimm, dass ich jedes Mal, wenn ich sie sehe, schweissnasse Hände bekomme und kaum noch zu atmen wage? Nun gut, sie ist vielleicht nicht die freundlichste Person auf Erden und ist regelrecht durchgeknallt, aber böse ist sie gewiss nicht.
Ich machte einen Schritt in ihre Richtung, drehte mich aber sofort wieder um. Meine Männlichkeit ist mir heilig und um nichts in der Welt wollte ich diese heute morgen aufgeben. Ich war ja nicht ganz verrückt. Mein Gott, ich habe Angst vor einer Frau! Was kann sie mir schon tun? Nichts! Gar nichts! Erneut drehte ich mich Samantha zu und lief schnurstracks auf ihren einsamen Platz zu. Alles war besser, als alleine zu frühstücken. „Hallo Sam! Warum bist du denn schon so früh hier? Ich dachte, du hast heute morgen frei?“ Von Demie her kannte ich den Stundenplan der Sechstklässler einigermassen und ich war mir sicher, dass sich die Grffindor nicht mit Geschichte der Zauberei herumschlagen wollte. Ich versuchte das Zittern in meiner Stimme zu unterdrücken und griff, um meine Unsicherheit zu überspielen, nach einem herrlich duftenden Toast.
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Tief versunken war nicht nur der Toast in meinem Tee, sondern auch ich in meinen Gedanken. Ich hatte bisher mit Lucia keine vernünftigen Worte gewechselt und trotz der erfreulichen Nachricht von Rosa machte ich mir Sorgen. Ich hoffte, dass die Zeit mal endlich so schnell umgehen würde, wie es von vielen bejammert wird. Aber gerade wenn man darauf wartete, dass die Zeit einem davon rann, schien sie stehen zu bleiben.
Warte mal, Toast im Tee?! erst jetzt bemerkte ich, dass ich meinen halben Toast in meinen Tee getunkt hatte. Angewidert zog ich das feuchte Stück Toast aus meinem Tee und ließ vorerst einige Tropfen in den Tee fallen, ehe ich das nasse Stück auf meinen Teller legte. Na Lecker…. Kurz darauf orderte ich mir neuen Toast und ebenfalls neunen Tee, diesmal würde ich so ein Missgeschick vermeiden.
Als ich meinen neuen Toast in aller Ruhe vertilgen wollte, ertönte ein unschöner Laut, welchen ich zu meiner Rechten vernahm. “Mrrrrrau!“ Frech blickten mich zwei Katzenaugen an, welche mich schon richtig zu fixieren begannen. Mit derselben Dickköpfigkeit sah ich zu dem Tier zurück. “Verschwinde…“ zischte ich, doch natürlich befolgte das Kniesel meinen Befehl nicht, stattdessen erhob es sich und schmiegte sich an meine Beine. Mit meinem rechten Fuß schob ich das nervige Vieh fort, doch Makani sah dies eher als Einladung zum Spielen an und so schmiegte es sich weiter an meine Beine.
Einige Augenpaare der hier Anwesenden beobachteten das Szenario, doch als ich diesen meinen Blick entgegenhielt, welcher meine jetzige Lage widerspiegelte, wandten sie sich blitzartig weg. Nun stieß ich etwas fester gegen das kleine Kniesel, welches dabei auch ein leises Murren von sich gab und mich verdutzt anstarrte. In diesem lächerlichen Moment verspürte ich ein noch lächerliches Triumphgefühl. Ich meine, wie kann man bei so einem Kinkerlitzchen nur Triumph verspüren? Das ist doch nur ein Kniesel! Aber was für eins…
Nun setze es sich wieder auf die Hinterläufe nieder, sah mich mit einer vollen Ladung an Trotz an und begann schließlich mit der Vorstellung. “Mrau! Mrau! Mrau! Mrau! Mrraaauuu!“ Abermals fixierte mich die wenigen Anwesenden und mir wurde die ganze Sache langsam aber sicher unangenehm. Wie eine Sirene gab das Tier Laute von sich, dazu noch in verdammter Lautstärke. Ich schnappte nach dem Vieh, dieses rebellierte mit seltsamen Lauten und biss mich schließlich in den Daumen, aber nur leicht.
“Hör zu du kleines dreckiges Vieh…“ doch ich führte meine Worte nicht weiter, da immer noch die Augen der Menge auf mir lagen. “Damit seid IHR nicht gemeint!“ schon war ihnen allen das Essen auf dem Tisch weitaus interessanter, als ich und das Kniesel. “Okay… Also kleiner Streuner, du gehst jetzt zu meiner Schwester, verstanden?“ Meine Stimme musste die Nerven aller kraft unterdrücken sowie auch die Lautstärke, denn mir war schon fast nach schreien, doch stattdessen flüsterte ich zu dem Tier. “Und wenn du das jetzt machst, bringe ich dir auch was feines mir, ’kay? Also, geh nach Patricia“ dieser Satz besaß sogar etwas Sanftes in sich, fast schon eine Sensation meinerseits. Als ich Makani ablegte, sah er mich noch eine Weile schweigend an, ehe er rennend die Halle verließ. War es nun mein Handeln, welches ihn eingeschüchtert hatte, oder waren es die Worte? Ich wusste es nicht… In der „normalen“ Welt hätte ich das Zweite nicht einmal in Frage gestellt, aber in dieser Zauberwelt war so verdammt vieles möglich…
Endlich konnte ich mich meiner Nahrung widmen, nun würde mich ganz bestimmt niemand mehr stören…
Oh, hätte ich doch diesen Gedanken niemals ausgesprochen!
Gerade noch nippte ich genüsslich an meinem herzlich duftenden Tee, als mich eine männliche Stimme fast zum verschlucken brachte. Doch eben nur fast…
„Hallo Sam! Warum bist du denn schon so früh hier? Ich dachte, du hast heute morgen frei?“
Gereizt sahen meine grünen Augen über der Tee-Tasse hervor, welche ich nun krampfartig mit beiden Händen festhielt.
“Warum ich so früh hier bin? Gerade um so Plagen wie dich zu meiden…“ Dieser Morgen hatte wohl wirklich nichts für mich übrig, doch dieser Hufflepuff war die Höhe. Ich wusste aus Erzählungen, dass er ein Ärgerlappen war, einer mit mehr Flausen im Kopf als alles anderem, aber dass er sich nun noch zu mir hin wagte? Ich stellte die Tasse zur Sicherheit ab, denn ich hätte diese nur zu gerne in Stücke gebrochen. Verdammt, was wollte der hier? Mir den Tag vermiesen? Mit einem seiner kindischen Streiche? Oder vielleicht war er auf eine Wette eingegangen? Oh, typisch männlich niedrige Spezies!
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„Warum ich so früh hier bin? Gerade um so Plagen wie dich zu meiden...“, meinte sie, als ich sie, wie ich fand, ganz nett ansprach. Sie sah nicht gerade erfreut aus, als ich mich zu ihr setzte. Bei jedem anderen hätte ich wohl eine schnippische Antwort zurückgegeben, triefend vor Sarkasmus, aber bei ihr... Niemand konnte von mir eine freche Antwort erwarten, wenn ich genau gegenüber von Samantha McCallum sass. Das wäre Selbstmord. Also biss ich, immer noch schweigend, in meinen Toast und schenkte mir eine herrlich duftende Tasse Kaffee ein.
„Willst du auch was?“, fragte ich sie, vermied es allerdings ihr in die Augen zu blicken und schielte somit etwas links an ihr vorbei an die graue Wand hinter ihr. Wenn mich jemand so sah, konnte ich meinen Ruf als frecher Bengel vergessen. Viel eher war ich dann: „Dearon, das feige Huhn, das nicht einmal wagt Samantha McCallum anzuschauen.“
Widerwillig hielt ich ihr die Kanne mit Kaffee hin. Vielleicht würde sie mir die Hand abhaken? Es hatte schliesslich Messer genug hier. Wenigstens musste ich, falls dies eintreten sollte, nicht in den Zauberkunstunterricht, auch wenn ich Professor Riley eigentlich recht nett fand und die Hausaufgaben sehr gut rausgekommen waren. Gott, Dearon! Es ist früh am Morgen und du denkst jetzt schon an den Unterricht. Was alles passiert, wenn man in Sams Nähe ist. Vielleicht sollte ich mich einfach wieder verziehen, dann wären doch alle zufrieden. Aber im gleichen Augenblick wurde mir klar, dass ich mich nicht einfach aus dem Staub machen konnte. Wieso sollte ich auch? Schliesslich sass ich nur neben Samantha McCallum, ein verzogenes Gör aus Gryffindor.
Ich atmete ein paar mal tief durch, allerdings konnte ich immer noch diesen unbekannten Knoten in meinem Bauch fühlen. Seit langer Zeit hatte ich dieses Gefühl nicht mehr verspürt. Angst... Seit wann hatte ich wieder Angst, noch dazu vor einem Mädchen?
Eigentlich war es doch recht sonderbar, dass ich mich auf diese Dummheit eingelassen habe. Ich bin bekannt für dumme Scherze und Streiche, doch dies bedeutete noch lange nicht, dass ich dumm war. Nun, vielleicht ja schon.
Um das Zittern, welches meine Hände befallen hatte zu unterdrücken, griff ich nach meiner Kaffeetasse und leerte deren Inhalt mit einem Zug. Das war dumm. Der Kaffee rann mir heiss die Kehle hinunter und es schien, als würde mir die Lunge verbrennen.
Ich liess meinen Kopf auf die Tischplatte sinken und begann zu husten. Mir war auf einmal schlecht und ich hatte das Gefühl, als wollte mir das gesamte, eben erst eingenommene Frühstück wieder hochkommen.
Endlich legte sie der Husten und mein Atem ging wieder einigermassen normal, auch wenn ich mir sicher war, dass man ihn in der gesamten Grosse Halle hörte. Ich stellte die Kaffeetasse vor mich hin, die ich immer noch in meinen Händen hielt und blickte sie an, als gäbe es in der Grossen Halle nichts Interessanteres als diese Tasse. Ein Gutes hatte es, dass ich mich verschluckt hatte: Ich verspürte keine Angst mehr, nein, es war mir einfach nur noch peinlich hier zusitzen. Es gab Tage, an denen man sich lieber gar nicht erst aus dem Bett wälzen sollte.
Schliesslich nahm ich meinen ganzen Mut zusammen und sah von meiner Kaffeetasse auf, um ihr in die Augen zublicken.
Eigentlich war es doch recht verwunderlich, wie ein Mensch wie sie, so wunderschöne Augen haben konnte. Hiess es nicht immer, die Augen seien der Spiegel zur Seele? Leider hatte ich bis jetzt nichts schönes in ihrer Seele gefunden.
„Weißt du Sam, es würde dir eigentlich mal ganz gut tun, wenn du von deinem Sprich-mich-nicht-an-Trip runderkommen würdest. Dann könnte man sich mit dir normal unterhalten, und wer weiss, vielleicht findest du sogar noch ein paar Freundschaften. Ich meine, es ist nicht verboten dich anzusprechen. Ausserdem wäre die Menschheit wohl echt froh, wenn du auf einen gutgemeinte Frage normal antworten könntest, denn es gibt sicher viele Leute, die dich gerne besser kennen lernen wollen.“ Leise fügte ich hinzu: „Ich jedenfalls würde dies.“ Erschrocken zuckte ich zusammen. Ich konnte nicht glauben, dass mir die letzten Worte rausgerutscht waren. Ich hoffte inständig, dass sie diese nicht gehört hatte, denn eigentlich war überall bekannt, dass sie jeden verhaute, der mehr als eine halbe Minute bei ihr war.
Und ich war mir ziemlich sicher, dass ich denn heutigen Tag und vielleicht auch die nächste Woche mit einem Veilchen verbringen würde.
Nun ja, wenigstens kannte sie jetzt meine Meinung, auch wenn sie ausrasten würde, wie sie es immer tat, hoffte ich, dass sie sich vielleicht irgendwann einmal auf meine Worte besann und diese zu Herzen nahm.
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Irgendwie konnte ich es immer noch nicht fassen, dass ich wirklich das zu ihr gesagt hatte. Ich wusste, dass ich meine Klappe nur selten hielt, und immer ausposaunte, was mir gerade durch den Kopf schoss, doch manchmal war es wohl wirklich besser den Mund zu halten und seine Bedenken stillschweigend für sich zu behalten.
Ein bisschen betreten wandte ich den Kopf ab. Irgendwie war mir die ganze Lust auf das Frühstück vergangen, und das nicht nur wegen dem Beinahe-Erbrechen, was mir viele belustigte Blicke eingebracht hatte, die mich aber nur wenig interessierten, schliesslich machte ich mich so gut wie jeden Tag zum Affen. Vielleicht war ich ja heute wirklich einmal zu weit gegangen?
Als ich ihr meine lange Rede über ihr Getue an den Kopf schmetterte und ich schliesslich diese beendet hatte, konnte ich immer noch keine Regung ihrerseits wahrnehmen. Ich blickte erneut auf. Ihre grünen Augen, welche zugegeben wunderschön waren, blickten mich kalt an. Beinahe wäre es mir eisig den Rücken hinunter gelaufen, doch ich versuchte ebenfalls mir keine Gefühle anmerken zu lassen, was für mich, einer der sein Herz wohl auf der Zunge trug, ein sehr schwieriges, beinahe unmögliches Unterfangen war. Ich konnte meinen Blick gar nicht mehr von ihr abwenden, als würde irgendetwas an ihr meinen Blick fangen und nicht mehr loslassen. Komisch...
Sie blieb eine Ewigkeit still, jedenfalls kam es mir so vor. Vielleicht waren es auch nur ein paar Sekunden, wer weiss so etwas schon?
“Weißt du…“ begann sie zögerlich. Irgendwie fand ich es komisch, dass sie stockte. Schliesslich war sie jederzeit dazu bereit, jedem eine Ohrfeige zu verpassen. Auch wenn ich zugeben muss, dass man bei Margret Stone wohl sowieso nicht besser handeln konnte. Doch nun bekam ich es mit der Angst zu tun. Seit wann liess Samantha McCallum eine Gelegenheit aus, jeden Jungen, der sie ansprach, sofort wieder in die Flucht zu schlagen. Nein, auch mich würde sie nicht verschonen, denn sie begann schon weiterzusprechen: “Schonmal daran gedacht, dass ich vielleicht mit niemanden normal, wie du es nennst, denn für mich ist es verlogen, sprechen möchte? Dass mir neue Bekanntschaften sonst wo vorbeiziehen?“
Na also, sie konnte ja doch sprechen. Ich antwortete ihr: „Weißt du... das man nicht alle Menschen in einen Topf werfen kann? Obwohl viel über dich geredet wird, über deine Männerfeindlichkeit und über deine Handgreiflichkeiten, habe ich mich zu dir gesetzt, um mit dir zusprechen und zufrühstücken. Klar, man kann sich nicht mit allen normal unterhalten, aber mit vielen... jedenfalls mit einigen.“ Mir schoss der Gedanke in den Kopf, dass sie vielleicht doch Recht haben könnte. Vielleicht war es wirklich sinnvoller, sich auf Nichts und Niemanden einzulassen. Es ersparte einem wohl viel Ärger. „Es wäre möglich, dass auch zu dir durchgedrungen ist, dass ich nichts auf die schulischen Lästerungen gebe und mich auch sonst an keinen Machenschaften beteiligte, da ich dies einfach nur zum kotzen finde. Es stimmt, einige Lügen, sobald sie den Mund aufmachen. Einigen von denen hast du auch schon verhauen, aber es sind sicherlich nicht alle so. Schon mal darüber nachgedacht, dass du eine wirklich gute und feste Freundschaft verpassen könntest?“
Ich hatte das Gefühl, dass ich zu diesen Sätzen nichts mehr anfügen sollte. Mit grösster Wahrscheinlichkeit, würde sie unser Gespräch nach einer Stunde vergessen haben und sich nur noch fragen, wer eigentlich der dumme Hufflepuff war, der sich den heissen Kaffee in den Rachen geschüttet hatte.
“Und glaube mir…“, sprach sie weiter, nachdem sie die Teetasse auf den Unterteller geknallt hatte. “Du willst mich gar nicht näher kennen lernen.“ Pause. “Und ich würde es dir auch niemals erlauben…Aber sag mir mal Junge… Warum willst jemanden kennen lernen, bei dem es eh’ aussichtslos ist? Bisher bist du mir nicht genügend auf den Geist gegangen, dass ich dir was antun würde und zu deiner Sicherheit gebe ich dir auch den Rat, sich von mir Fern zu halten, klar? Es ist halt eine hoffnungslose Angelegenheit.“
Ich sah sie bestürzt an. Es kam ganz so rüber, als wäre sie total unsicher. Samantha McCallum und Unsicherheit? Niemals! „Ich würde immer noch gerne selbst entscheiden, wenn ich kennen lernen möchte und wenn nicht. Mit Margret Stone möchte ich zum Beispiel nichts zu tun haben, mit dir allerdings...“ Ich liess den Satz offen, sollte sie doch irgendetwas zusammenreimen. Es war mir egal... nun eigentlich nicht.
„Ausserdem glaube ich nicht, dass es bei jemandem wie dir aussichtslos ist, wieso auch? Schön, dass du mich darauf hinweist, dass ich dir auf die Nerven gehe, und ich bin ebenfalls froh, dass du mich heute den Unterricht besuchen lässt, sonst hinke ich in Zauberkunst wieder nach... Für deinen Rat bedanke ich mich, ich werde ihn annehmen, das versichere ich dir.“ Ich erhob mich von der Bank und schnappte mir mein lästiges Schulzeug. Mir war ja so was von schlecht. Ich hatte das Gefühl, dass sich mein Magen gleich um 180 Grad drehen würde. „Ich wünsch dir einen schönen Tag, oder ein schönes Leben. Je nachdem. Entscheide du, was dir lieber ist. Ich jedenfalls habe nicht das Glück auf einen freien Vormittag und muss jetzt zum Unterricht. Ciao!“ Wahrscheinlich war klar, dass ich meinen Zauberkunstunterricht nur als Vorwand brachte, um mich schnellst möglich aus dem Staub zu machen, denn dieses Gespräch wurde doch etwas seltsam. Ich nickte ihr zum Abschied zu und ging zur Eingangstür.
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Alleine blieb ich an meinem Platz zurück, nur das Arome des Tees und des Kaffees schlichen um mich her, wie lausige Geister. Ich blieb hier zurück und sah Dearon sprachlos hinterher, ich wusste nichts mehr zu sagen, rein gar nichts mehr, als hätte man mir meine Zunge abgeschnitten. Doch er hatte auch nicht auf meine Worte gewartet, er war gegangen, vielleicht für ein und allemal, zumindest aus meinem Blickwinkel.
Nicht, dass es mir was ausmachte, dass ich ihn nicht mehr sehen würde, dass er mich nicht mehr nerven, nein, warum sollte mir das alles auch Fehlen? Ich wollte es so und er hatte sich damit abgefunden. Also war das Problem doch auf eine friedliche Art und Weise gelöst worden, oder?
Dennoch schallten seine Worte in meinem Kopf wie Echos in einer Schlucht. Wie es schiein, wollte der Knabe mich wirklich kennen lernen, ließ mir die Entscheidung jedoch darüber, so wie ich es auch wollte. Es war wirklich seltsam, dass es sich so weit bewegt hatte, dass ich bis jetzt mir Gedanken um seine Worte gemacht habe. Ich lockerte meinen Blick von der Tür, hinter welcher er verschwunden war und sah in meine Teetasse hinein, wie unsere Lehrkraft in Wahrsagen, als würde ich da nach einen Zeichen suchen, aber ich suchte nach keinerlei Zeichen, ich musste nur meinen Blick irgendwo auffangen, irgendwo, wo niemand sah, dass ich in die Unendlichkeit blickte, fernab von dem, was Drumherum geschah.
Aber war das nicht die Art, auf welche manche Männer Frauen eroberten? Seine Worte hatten sich wie Wurzeln in meinen Gedanken verfangen, egal was ich zu denken begann, es endete immer bei Dearons Worten. Nachher würde ich noch weich werden…
“Verdammt! zischte ich wie eine warnende Schlange und fast hätte die Teetasse sein kleines Leben verloren, denn ich war nah davor, diese vom Tisch zu schleudern. Doch ich behielt diese Krampfhaft in meiner Hand und stellte diese wieder ab.
Was ist nur los mit mir? Ich schwächel doch nicht etwa? Ruckartig stellte ich die Tasse ab und der warme Tee sprang angriffslustig aus der Tasse und landete in lauwarmen Strömen auf meiner Hand. “Verflixt…“ Der Tag hatte nichts gutes mit sich gebracht, also musste ich nach etwas guten suchen, und ich wusste auch schon, wo ich hin musste, um mir den elenden Tag endlich zu versüßen…
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