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Ich seufzte ein wenig. Na klar, er wollte mit mir das Krankenzimmer verlassen, dass hatte er gleich von Anfang an gesagt gehabt. Aber dennoch… ich fand, dass es wichtiger wäre, dass er seinen Aufgaben nachgehen würde… Doch auf mich hörte er ja nicht. Er war eben ein kleiner Dickschädel, dass hatte ich schon schnell bemerkt. Da konnte man wohl nichts machen und ich hatte auch nicht die Kraft, ihm zu widersprechen. “Ist ja schon in Ordnung, wir werden zusammen hier rausgehen.“, meinte ich dann einfach nur und lächelte ein wenig. Es war ja schon gut, dass er seinen eigenen Kopf hatte, den hatte ich ja schließlich auch. Aber ich wollte eben nicht, dass er etwas tat, wozu er gar keine Lust hatte. Doch wenn er sagte, dass er lieber mit mir hier war, dann musste ich das wohl glauben. Als er meinte, dass heute Abend noch ein Vertrauensschüler Treffen stattfinden sollte, nickte ich nur ein wenig. “Gut, wenn du das noch alles unter einen Hut bekommst, dann bin ich voll und ganz zufrieden.“ Lächelnd sah ich ihn an. Die Hauptsache war, dass er seinen Aufgaben noch nachkam, dass es nicht jetzt sein musste, hatte ich ja inzwischen eingesehen.
Scheinbar hatte ich Ian wirklich damit getroffen, in dem ich ihn auf Joslyn angesprochen hatte. Das war ganz und gar nicht meine Absicht gewesen und so beließ ich es schließlich dabei, nun nichts mehr dazu zu sagen. Zumindest hatte er mir schon mal zugesichert, dass ich erfahren würde, was bei dem Gespräch raus kommen würde, dass beruhigte mich immerhin schon ein wenig. “Okay, damit bin ich zufrieden. Hab ja nun auch genug gebohrt.“, erwiderte ich und schaute ihn ein wenig schuldbewusst ein. Schließlich wollte ich nicht diejenige sein, die ihn da irgendwie zum nachdenken brachte. Ich war sicher, dass er sich genug Gedanken deshalb machte, da sollte ich nicht noch mehr darin rumstochern. Es war ja seine Sache, was er da tat. Dennoch konnte ich jetzt schon abschätzen, dass er mit ihr darüber sprechen würde, sobald sich ein günstiger Zeitpunkt ergeben würde. Dabei sein wollte ich aber um keinen Preis, ich wusste nicht mal, wie ich mich ihr gegenüber verhalten sollte. Nachdem sie mich und Ian mehr oder weniger beim Knutschen erwischt hatte. Zu dem Zeitpunkt war zwar schon alles gelaufen, aber es sah ja wohl eindeutig aus. Ich brannte nur wirklich darauf zu erfahren, was sie davon hielt. Blieb nur zu hoffen, dass Ian da so schnell wie möglich handelte, damit ich endlich Gewissheit hatte. Ich wollte nicht Schuld daran sein, wenn eine Freundschaft in die Brüche ging. Und wenn das passieren würde, dann nahm ich mir Joslyn höchstpersönlich vor und würde ihr erstmal ein wenig ins Gewissen reden. Konnte ja wohl nicht so enden.
Natürlich Ian…, dachte ich auf seine Aussage, dass er es nötig hatte. Ich glaubte schon, dass er nichts dafür tun brauchte, um so auszusehen, wie er es eben tat. Er war nun mal ein wirklich hübsches Exemplar von Kerlchen, anders konnte man das gar nicht sagen. “Wer weiß das schon? Ich finde, du bist recht... ansehnlich. Wahrscheinlich auch ohne, dass du etwas dafür tust.“, meinte ich, wieder mit so einem neckenden Unterton. Er war so… gutaussehend. Neben ihm kam ich mir klein und unbedeutet und auch kein Stück hübsch vor. Mein Gesicht sah vielleicht gut aus, aber mein Körper war gar nicht so, wie ich ihn gerne hätte. Viel zu knabenhaft, kaum Kurven… Einfach total unweiblich. Vielleicht bestärkte mich das mit noch in meinem unmädchenhaften Verhalten – welches aber im Moment ein wenig weiblicher wurde, wie ich das im Gefühl hatte. Alleine schon das Kichern, welches inzwischen des Öfteren aus mir raus brach, war ausschlagebend dafür, dass ich so denken konnte. “Ich mag dich so, wie du bist.“, fügte ich dann noch leise hinzu und schaute ein wenig zur Seite. Nach wie vor war es mir unangenehm, wenn ich so was sagte. Das ich aber auch so ein niedriges Selbstbewusstsein hatte… Das war doch wirklich zum Verrückt werden, es musste irgendwas geschehen, damit ich das in den Griff bekommen würde. Es konnte ja wohl nicht ewig so weiter gehen.
Kurz nach dem ich ihm den Kuss auf die Wange gegeben hatte und gerade wieder aufrecht saß, nahm er mich auch schon wieder. Seine Hand lag auf meinem Rücken und während er mich sanft an sich zog, schaute ich ihn an, fragte mich ein wenig, was nun folgen würde – ich konnte es mir denken. Das Nächste, was ich spürte, war ein unbestimmtes Kribbeln in der Magengegend und seine Lippen, die leicht meine berührten. Ich erwiderte den Kuss leicht, konnte mich doch nicht ganz auf ihn einlassen. Nach einem kurzen Moment löste ich mich wieder von ihm, schaute ihn verwundert an. Warum hatte er das nun schon wieder getan? Ich legte ein wenig den Kopf schief, blickte ihn an. Warum zog er sich von mir zurück? Ich wollte ein wenig den Kopf schütteln, ließ es dann aber sein. “Wie war das noch mal mit dem Zeit lassen?“, fragte ich ihn und hob dabei fragend eine Augenbraue. Dann schüttelte ich nun den Kopf und grinste. “Nein, vergiss das.“ Ich machte eine kurze Pause und legte den Kopf auf die andere Seite schief. “Ich mag es, wenn du mich küsst.“, sagte ich dann und war bemüht, ihn dabei anzusehen. Es gelang mir, aber dafür röteten sich meine Wangen. Verdammt… Gut, das war immerhin schon mal ein Fortschritt. Ich lernte langsam, dass ich das sagte, was ich dachte. Immerhin besser, als gar nichts zu sagen. Ich wollte eben nicht, dass zwischen uns eine unangenehme Stille entstand und nach einem Kuss – und das auch noch, wenn ich das Gefühl hatte, dass Ian irgendwie komisch da saß – konnte man nicht nichts sagen. Zumindest nicht in unserer Situation.
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Schließlich und endlich gab Cassie nach und stimmte mir einfach nur noch zu, dass wir das Krankenzimmer zusammen verlassen werden. So wollte ich es und so würde es auch sein, selbst wenn sie noch über Nacht hier bleiben sollte, was ich stark bezweifelte. Ich war fest davon überzeugt, dass sie, sobald Rosa mal zu uns kam und sich Cass ansah, gehen durfte. Vielleicht war sie noch nicht wieder ganz oben auf, aber wenn ich Rosa sagen würde, dass ich Cassandra begleite, dann wird das ganz bestimmt klappen, da war ich fest von überzeugt. Ich war ja nicht ohne Grund Vertrauensschüler…ich konnte schon noch jemand begleiten und auf jemanden aufpassen. Wobei ich ja nicht mal wirklich auf sie aufpassen musste sondern mehr eine Art Begleiter war, damit sie es nicht gleich wieder übertrieb.
“Gut, wenn du das noch alles unter einen Hut bekommst, dann bin ich voll und ganz zufrieden.“ Sicher hätte ich es schaffen können beides unter einen Hut zu bringen, wenn es auch anfänglich bestimmt ein paar Schwierigkeiten geben könnte, da man ja doch eher den Dingen nachgeht, die man lieber tut… in meinem Falle war das eindeutig Cassandra. Dies musste ich ihr allerdings nicht unbedingt unter die Nase binden, da ich sonst wahrscheinlich wieder eine Standpauke von ihr bekommen hätte. So nickte ich also einfach nur und sagte kurz und knapp: „Das wird schon schief gehen.“ Mit einem sanften Lächeln sah ich sie dann schließlich an. „Ich mach das schon. Mach du dir da mal keine Gedanken drum. Immer hin bin ich auch nicht der einzige Vertrauensschüler an dieser Schule. Solange ich das alles nicht allzu sehr vernachlässige und auch zu den Treffen gehe, ist alles in Ordnung.“ Apropro Treffen! War da nicht was? War heute Abend nicht noch eines dieser Vertrauensschülertreffen? Ich war mir nicht ganz sicher, aber dem musste ich auf jeden fall noch nachgehen… Später.
Irgendwie war das schon eine Schwachstelle die Cassie getroffen hatte… mehr oder weniger unabsichtlich. Aber ich war ihr da keineswegs böse, denn sie konnte ja nicht wissen in wie weit ich das schon mit Josy geklärt hatte oder nicht. Es war auch eigentlich ganz egal… warum traf mich das Thema überhaupt so sehr? Klar, sie war meine beste Freundin, aber trotzdem. Mir sollte das eigentlich wirklich egal sein, denn SIE hatte sich ja daneben benommen und nicht ich. ICH war mir keine Schuld bewusst und dabei beließ ich es jetzt. “Okay, damit bin ich zufrieden. Hab ja nun auch genug gebohrt.“ Ich hatte Cassie gesagt, dass ich sie auf dem Laufenden halten würde und das wollte ich auch tun „Ach mach dir da keine Gedanken. Von mir aus könntest du auch ruhig weiter bohren, aber mehr als wie du jetzt schon weißt wird dabei nicht herauskommen, denn wenn ich mich recht entsinne, dann weißt du bereits alles.“ Wieder lächelte und zuckte leicht die Schultern. Alles war gestern passiert war hatte sie ja mitbekommen und heute war noch weiter nichts gewesen… Wir hatten und kurz im Unterricht gesehen, wobei das gesehen eigentlich auch schon wieder zu viel war. Nicht einmal begrüßt hatten wir uns.
“Wer weiß das schon? Ich finde, du bist recht... ansehnlich. Wahrscheinlich auch ohne, dass du etwas dafür tust.“ Cassandra fand mich also ansehnlich? Ein Pluspunkt für mich, sehr schön. Mit einem leichten grinsen im Gesicht zuckte ich dann leicht die Schultern. „Wer weiß das schon. Vielleicht, vielleicht aber auch nicht… Wobei ich eigentlich schon beinahe nicht mehr schlimmer aussehen kann als heute.“ Mit beiden Händen fuhr ich mir einmal durch meine Haare und seufzte leise. Ja, heute sah ich wirklich mal richtig schlimm aus… meine Haare waren vollkommen durchgewuschelt und ich war total übermüdet… Aber was soll’s.
“Ich mag dich so, wie du bist.“ Sagte Cassie dann noch und ich lächelte wieder… oder eher immer noch. „Das ist wirklich süß von dir, danke.“ Sie sah zur Seite und ich merkte, dass ihr das wieder etwas… ja, peinlich war? Egal, auf jeden Fall legte ich meine Hand kurzzeitig auf ihre Wange und streichelte diese.
Ich war dumm… so unglaublich dumm! Ich konnte mich nicht einmal zurück halten… aber wie auch? Cassie war so toll, so schön, klug… ja sie sah einfach wunderbar aus! Da konnte sich so jemand wie ich… Ein typisch männliches Wesen einfach nicht zurückhalten. Ich tat also nichts dagegen, dass ich sie küssen wollte, im Gegenteil: ich beugte mich vor und tat es einfach. Dass es eigentlich ein großer Fehler war, bemerkte ich erst im nach hinein: noch vor fünf Minuten sagte ich ihr, dass ich ihr Zeit geben würde und dann so etwas… “Wie war das noch mal mit dem Zeit lassen?“ Meinte Cassie dann auch zu mir und hob fragend eine Augenbraue. Ich hingegen senkte meinen Blick und sah zerknirscht zu Boden. Ian, du bist und bleibst ein Idiot… und die Stimme in mir hatte sogar recht!
Doch schließlich sagte sie etwas, dass mich im wahrsten Sinne des Wortes wieder aufblicken ließ. “Nein, vergiss das.“ Ich sah ihr wieder in die Augen und tatsächlich grinste sie etwas. “Ich mag es, wenn du mich küsst.“ Ich war wirklich sehr erleichtert und das konnte man bestimmt auch hören, denn ich atmete einmal erleichtert aus. Dass Cassie wieder etwas errötete bemerkte ich fast gar nicht. Ich lächelte wieder etwas. „Es tut mir trotzdem leid. Nicht, dass ich dich geküsst hab… ich habe mich nur nicht daran gehalten, was ich gesagt habe. Ab jetzt werde ich mich wirklich dran halten, versprochen! Zumindest vorerst…“ Ich zwinkerte ihr kurz zu. Sobald sie sich sicher war, würde ich sie wieder küssen und das passierte sicher früher als gedacht.
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“In Ordnung.“, sagte ich und nickte ein wenig. “Wenn du sagst, du machst das, dann glaub ich dir das auch.“ Ich lächelte ihn leicht an. Ja, ich glaubte wirklich, dass er das schaffen konnte, wenn er es sich denn vornahm. Ich kannte ihn zwar nicht gut, aber das, was ich von ihm kannte, ließ mich einfach glauben, dass er das schaffen konnte, selbst wenn er noch einige Zeit mit mir an diesem Tag verbringen würde. Gut, Problem gelöst, da brauchte ich mir keine Sorgen mehr machen. Manchmal war es einfach besser, wenn ich dann doch mal nachgab, um eines besseren belehrt zu werden. “Nur will ich wirklich nicht, dass du wegen mir nun alles verpasst. Das wäre nicht gut für deinen Posten.“, fügte ich dann nochmals nachdrücklich hinzu, hatte das Thema damit aber für mich abgeschlossen. Wenn Ian sagte, dass er es schaffte, dann würde er es auch schaffen – ganz bestimmt.
Ich schüttelte ein wenig den Kopf. “Ich will gar nicht weiter bohren. Das tut weh.“, erwiderte ich und schaute ihn an. Aber er hatte auch schon irgendwie Recht damit, denn alles, was es relevantes zu wissen gab, das wusste ich auch. Schließlich war ich ja dabei gewesen und davor hatten wir uns auch schon über Joslyn unterhalten. Die beiden würden das klären, da war ich mir sicher. Selbst wenn es nicht mehr heute oder morgen sein würde, so würde sich das alles schon irgendwie aufklären. Es ging gar nicht anders! Und wenn sich da irgendwas nicht klären würde, dann würde ich auch mit ihr sprechen, denn schließlich war ich auch mit an diesem Schlamassel Schuld – und ich hasste es, wenn wegen mir irgendwas nicht mehr so war, wie es ursprünglich war. Da konnte ich gar nicht anders, als etwas mitzuklären, damit wieder alles gut wurde. Vielleicht war es ja auch nur ein großes Missverständnis gewesen und es würde sich alles irgendwie von alleine klären, das wäre mir am Liebsten. Dann wäre alles vergeben und vergessen und man könnte da weiter machen, wo man aufgehört hatte. “Ja, ich weiß alles, danke. Ich frag auch gar nicht weiter nach…“, fügte ich noch ein wenig kleinlaut hinten an und wandte meinen Blick von Ian ab, ehe ich ihn dann einige Sekunden später wieder ansah. Wenigstens das klappte nun schon ein wenig besser…
Ein wenig fragend hob sich eine von meinen Augenbrauen. “Wenn du schlimm aussiehst, wie sehe ich denn dann aus?“, meinte ich. Bestimmt war ich weiß wie die Wand und sonst… fühlte ich mich auch nicht gut – zumindest aussehenstechnisch. Ich konnte ja auch nicht ahnen, dass ich nach dem Unterricht noch was mit Ian machen würde. Gut, machen würde traf es nicht ganz, aber ging schon in die richtige Richtung. “Ist ja auch eigentlich unerheblich, ich beharre auf meiner Aussage und gut ist.“ Ich grinste Ian ein wenig an und hob eine Hand, um ihm kurz durch die Haare zu wuscheln. Er hatte wirklich tolle Haare, anders konnte man das gar nicht sagen. Allgemein.. nein, ich wiederholte mich. Auf jeden Fall sah er in meinen Augen wirklich gut aus und hatte es auch immer getan. Doch als er dann sagte, dass es süß von mir war, dass ich ihn so mochte, wie er war, schoss mir wieder ein wenig die Röte in die Wangen. Verflucht und zugenäht, hörte das denn nie auf? “Ist ja nur die Wahrheit.“, sagte ich leise und schaute ihn kurz an, lächelte sogar ein wenig. Kaum, dass ich das gesagt hatte, fühlte ich noch mehr Röte in mein Gesicht steigen. Du brauchst dich für die Wahrheit doch nicht zu schämen, Cassandra. Mann, das wusste ich auch selbst… Die Hand auf meiner Wange fühlte sich so gut an, da konnte ich gar nicht anders, als ihn anzusehen und ihm ein kurzes Lächeln zu schenken.
Was war denn nun schon wieder falsch? Ich hatte meine Aussage doch gar nicht ernst gemeint… Zerknirscht hatte Ian seinen Blick auf den Boden gerichtet und ich konnte nichts tun, außer kurz zu seufzen. Als er dann auch noch anfing, sich schon wieder für etwas bei mir zu entschuldigen, für das es sich gar nicht zu entschuldigen gab, rollte ich ein wenig genrvt die Augen. Aber ich ließ ihn ausreden und das zwinkern am Ende des Satzes ließ mich mich wieder ein wenig beruhigen. Gut, er hatte sich also so halb nur entschuldigt, damit konnte ich dann noch leben. “Ian… es ist in Ordnung. Wirklich.“, sagte ich fest und sah ihm direkt in die Augen. “Es ist wirklich lieb von dir, dass du mir die Zeit lassen willst, aber… ach, vergiss das.“, meinte ich unwirsch und winkte ab. Ich wusste überhaupt gar nicht genau, was ich sagen wollte, hatte einfach vergessen, was ich nun sagen wollte. So sehr brachte mich dieser Kerl aus dem Konzept. Vergiss die Zeit! hörte ich nur die Stimme in meinem Kopf, musste mich aber entschieden dagegen wehren. Ich brauchte diese Zeit wirklich, für mich, für meinen Kopf, für die nachdenkende und analytische Cassandra in mir. So wandte ich mich wieder Ian zu und lehnte meinen Kopf auf seine Schulter. Ich hasste dieses Gefühlschaos hoch hundert… Es brachte mich beinahe um den Verstand und spätestens Morgen wollte ich das alles geklärt haben…
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Gut, das Thema war nun aber wirklich geklärt. Cassie sagte noch einmal, dass sie es mir glaubte wenn ich sagte, dass ich das alles schaffe und auch mache und alles in den Griff bekam. War zwar leichter gesagt als getan, aber versuchen wollte ich es auf jedenfall. “Nur will ich wirklich nicht, dass du wegen mir nun alles verpasst. Das wäre nicht gut für deinen Posten.“ Ich schüttelte nur noch einmal meinen Kopf womit ich ihr klar zu verstehen geben wollte, dass ich schon nichts wegen ihr verpasste. Wenn wirklich etwas Wichtiges anstand, dann ging ich da auch hin darüber brauchte ich gar nicht erst zu reden. Wenn es wirklich wichtige Dinge gab, wie zum Beispiel das Treffen am Abend, dann tat ich natürlich alles dafür, dass ich auch dahin kam. Es war ja nicht so, dass ich das gerne wollte… ich musste es tun. Was würde das denn auch für ein Eindruck machen, wenn der neue Vertrauensschüler von Hufflepuff gleich zum ersten Vertrauensschülertreffen im neuen Jahr nicht erschien? Das wäre ganz und gar nicht gut für mich… Ich würde nicht nur viel verpassen, nein, einen schlechten Ruf hätte ich bei meinen Kollegen dann auch noch. Das würde ich nie riskieren.
“Ich will gar nicht weiter bohren. Das tut weh.“ Mit einem Nicken gab ich ihr zu verstehen, dass sie Recht hatte doch gleichzeitig zuckte ich auch mit den Schultern. Es gab viele Dinge die wehtaten, aber was sollte man machen? Natürlich konnte man immer aufpassen, dass man sich nicht gegenseitig wehtat, doch ein ums andere mal ging es einfach nicht anders. „Du darfst mir ruhig wehtun. Zumindest in dieser hinsicht.“ Ein dummer Satz von einem dummen Jungen, passte doch irgendwie oder? Sie darf dir wehtun… Also Ian, was laberst du eigentlich? Irgendwie war ich ja schon schwer zu verstehen… Eigentlich wollte ich damit nur sagen, dass sie ruhig bohren konnte, wenn sie wollte. Ich war da ja nun auch nicht so empfindlich und da ich wusste, dass sich das alles irgendwann klären würde, sah ich dem Ganzen positiv entgegen.
“Ja, ich weiß alles, danke. Ich frag auch gar nicht weiter nach…“ Ich schenkte ihr nur noch ein kurzes lächeln, dass sie allerdings nicht wirklich wahrnehmen konnte denn sie sah gerade in dem Moment weg von mir. Sagen wollte ich nichts mehr, da ich irgendwie das Gefühl hatte, dass heute eh nur noch mist aus meinem Mund kam.
“Wenn du schlimm aussiehst, wie sehe ich denn dann aus?“ Meine Augen wurden ein wenig kleiner und ich sah Cassandra ernst an. Ich mochte es nicht, wenn jemand schlecht von sich selbst redete… Wenn es so eine Situation war wie bei mir, dass man kaum geschlafen hatte und wirklich völlig zerknittert aussah, dann konnte ich es vielleicht noch verstehen, aber Cass sah nun wirklich nicht schlimm aus! Aufregen wollte ich mich darüber allerdings nicht, denn ich war ja selber an diesem Tag nicht besser gewesen… ich hatte etwas Schlechtes über mich gesagt und sie tat es mir gleich und ließ sich über sich selbst aus. Ich schüttelte schließlich nur noch meinen Kopf. „Du siehst gut aus. Ende!“ Ich wollte gar nicht lange mit Cassie rumdiskutieren, da wir anscheinend sowieso verschiedener Meinung waren. Wobei das doch eigentlich eine Diskussion ausmachte, oder?
“Ist ja auch eigentlich unerheblich, ich beharre auf meiner Aussage und gut ist.“ Cassandra grinste und ich nickte wieder einmal. „Okay gut ist.“ Ich hätte auch widersprechen können, doch heute war mir irgendwie nicht danach, denn ich verfiel auch langsam wieder in die Müde-Phase zurück, die ich am Morgen schon einmal hatte, weshalb ich auch kurz gähnte. Schließlich erröte Cassandra wieder, als ich sagte dass ich das wirklich süß von ihr fand. Und genau das war die Reaktion, die ich haben wollte denn genau so etwas fand ich noch einmal um ein tausendfaches süßer! Cassie war durch und durch niedlich… auch wenn sie das sicher nicht hören wollte. “Ist ja nur die Wahrheit.“ Immer dann, wenn mein lächeln das ich auf den Lippen hatte schwächer wurde, sagte oder tat Cassie etwas dass es wieder verstärkte. Ich liebte sie wirklich! „Na, wenn du das sagst.“ Ich legte eine Hand auf ihre Wange und streichelte diese für einen Moment. Danach ließ ich sie aber sofort wieder sinken.
Auch wenn ich es nicht immer konnte, so wollte ich doch wenigstens die meisten meiner Versprechen zu halten. Ich hatte Cassie versprochen ihr Zeit zu geben und keine 5 Minuten später hatte ich sie auch schon wieder geküsst. Das Versprechen hatte ich in jedem Fall gebrochen… Zumindest kurzzeitig. “Ian… es ist in Ordnung. Wirklich.“ Bestätigte sie es mir noch einmal und sah mir in meine Augen. “Es ist wirklich lieb von dir, dass du mir die Zeit lassen willst, aber… ach, vergiss das.“ Aber was? Ich sah sie leicht fragend an. Hatte sie etwa schon eine Entscheidung getroffen? Hatte sie sich gegen mich entschieden? Oder doch für mich? Oder überhaupt nichts dergleichen? Ich war verwirrt. „Aber was?“ Fragte ich schließlich nach auch wenn sie meinte, dass ich es vergessen sollte. „Du kannst ruhig ehrlich zu mir sein.“ Ich war mir ziemlich sicher, dass sie das schon wusste, aber trotzdem wollte ich es noch einmal gesagt haben. Was würde jetzt wohl auf mich zukommen?
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Ich durfte ihm wehtun? Das wollte ich aber mit Sicherheit nicht! Mir lag nichts ferner, als ihn mit irgendwelchen von meinen Aussagen zu treffen – dafür mochte ich ihn viel zu sehr. Wie kam er überhaupt auf die Idee, so etwas zu sagen? Das konnte er doch nicht ernst meinen… “Nein, ich will dir nicht mal in dieser Hinsicht wehtun. Aber vergessen wir das einfach. Du erzählst mir, wenn es was Neues gibt und gut ist.“, beendete ich dann auch dieses Thema, wie schon das andere davor. Ich wollte nicht noch weiter darauf rumreiten, das hatte ich eh schon genug getan. Und irgendwann musste es auch mal gut sein.
“Ist ja okay.“, nuschelte ich und sah Ian dann kurz an. Ich sah gut aus. Wenn ich es mir nur lange genug einredete, dann konnte ich dem Ganzen vielleicht auch noch Glauben schenken. Aber solange, wie dies nicht der Fall war, konnte ich es nicht tun. Vielleicht fand Ian, dass ich gut aussah – ich hingegen fand es nicht. Meine Figur war mir einfach zu unweiblich und ich hätte gern noch ein bisschen mehr Kurven und meinetwegen auch noch ein bisschen mehr Speck. Ich war einfach nur dünn und eher knabenhaft gebaut. Das hatte mir immer schon Probleme bereitet, auch wenn ich das nicht so nach Außen hin zeigte. Aber das war ja auch nur natürlich, weil ich sowieso viel zu wenig von mir zeigte. Doch das nicht in meinen Augen. Ich wollte ja nicht, dass jeder über alles an mir Bescheid wusste. Also blieb ich lieber still. Außerdem wollte ich Ian nicht aufregen. Wenn jemand etwas Schlechtes über sich selbst sagte, dann fand er das nicht gut. Deshalb ließ ich es für den Moment lieber sein. Nur wusste ich jetzt schon, dass ich bestimmt wieder etwas über mich sagen würde, was ihm nicht gefallen würde. Das war wohl ganz normal, dass ich es nicht sein lassen konnte. Am liebsten hätte ich geseufzt. Es war schon alles gar nicht so einfach…
Wenigstens widersprach er mir in meiner nächsten Aussage nicht. Wunderbar, ein Punkt weniger, über den man diskutieren musste. Aber es war doch so. Wenn ich dieser Ansicht war, dann würde sie sich auch nicht so schnell ändern. Da konnte man länger auf mich einreden, ich würde standhaft bleiben. Ich hatte nämlich eine eigene Meinung, die ich nicht anders haben wollte. Deshalb legte ich nur den Kopf schief und sah ihn eine Weile einfach nur an. Sein „Na, wenn du das sagst.“ kommentierte ich so nur mit einem neuerlichen Nicken. Schließlich hatte ich es ja gesagt. Nur war ich grad nicht sicher, ob er das ernst meinte. Aber irgendwie war das ja unerheblich, von daher war es auch nicht weiter schlimm.
Hmpf… nun musste ich doch das sagen, was ich eigentlich nicht hatte aussprechen wollen. Im Grunde war ich mir nicht mal sicher, was ich genau hatte sagen wollen. Es gab viel, was man an der Stelle, an der ich abgebrochen hatte, sagen konnte. Die Wahrheit würde wohl sein, dass ich eigentlich keine Zeit brauche. Das mein Herz sich schon entschieden hatte, ich nur noch irgendwie meinen Verstand davon überzeugen musste. Aber das konnte ich so nicht zu ihm sagen. Ich musste etwas finden, dass nahe an diese Wahrheit rankam. Eine Halbwahrheit sozusagen. Zumindest schon mal keine Lüge, denn damit wollte ich gar nicht erst anfangen. “Ich weiß, dass ich ehrlich zu dir sein kann. Aber es ist schwierig, immer das zu sagen, was man gerade denkt.“ Vor allem, wenn man so viel denkt., fügte ich innerlich hinzu. Ein wenig fragend sah ich ihn an. „Du willst von mir hören, was ich sagen wollte… Gut, ich werds dir sagen.“, hob ich zum sprechen an, hielt dann allerdings inne, um zu überlegen, was ich denn nun sagen wollte. Da gab es so viel… aber auch so viel, was ich nicht jetzt sagen wollte. Also versuchte ich es einfach. Es ist wirklich lieb von dir, dass du mir die Zeit lassen willst, aber.. es ist nicht unbedingt notwendig. Es wäre einfacher, wenn du mich nicht sehen würdest, in der Zeit, in der ich über das alles hier nachdenke. Aber das kann ich nicht. Ich will dich ja sehen – immer und den ganzen Tag und überhaupt. Ich fühle mich einfach wohl bei dir und es macht mir nichts aus, wenn du mich küsst.“, erklärte ich nun und seufzte ein wenig. “Du willst mir eben deine Gefühle näher bringen. Das ist doch vollkommen in Ordnung. Da musst du dich für nichts entschuldigen.“, fügte ich dann noch an und schaute ihn ernst an.
Das hier war mir alles verdammt ernst. Aber ich könnte mich für meinen einen Satz grade schon wieder in den Arsch beißen. Warum dachte ich überhaupt daran, dass er mich nicht sehen sollte? Blöde Idee, blöde Idee, blöde Idee! Argh.. Wie sehr er mich doch aus dem Konzept brachte.. es war doch einfach nur unglaublich – aber irgendwie auch schön. Nein, es ist kompliziert., mischte sich nun wieder mein Verstand ein. Ja, schönen Dank auch, das wusste ich selbst. Da brauchte ich nicht noch mein Neunmalkluges Gehirn. Ach verdammt, warum konnte sich denn Herz und Verstand nicht einig sein? Es war doch wirklich.. .kompliziert.
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“Nein, ich will dir nicht mal in dieser Hinsicht wehtun. Aber vergessen wir das einfach. Du erzählst mir, wenn es was Neues gibt und gut ist.“ So mochte ich meine Cassie… Sie brachte meist alles auf den Punkt und wollte auch gar nicht lange drum herum reden und auch dieses Mal war es so. Ich nickte nur noch einmal um zu bestätigen, dass ich ihr sagen würde, wenn es etwas Neues gebe und gut war es.
“Ist ja okay.“ Nuschelte Cassie und ich konnte nicht anders als mit den Augen zu rollen… Warum war es nur so schwer für sie einzusehen, dass sie nun einmal gut aussah? Sie konnte sich doch eigentlich darüber freuen! Andere würden sie um ihr schönes aussehen beneiden… Natürlich hatte jeder etwas an sich selbst auszusetzen, das war jawohl ganz klar und vor allem Mädchen waren immer sehr selbstkritisch, aber ein Lob konnte man doch wohl mal akzeptieren und annehmen, oder etwa nicht? Ich verlangte ja keineswegs von ihr, dass sie rumlaufen sollte und zu jedem sagen sollte, dass sie super toll aussieht… das sollte sie nicht einmal mir sagen, auch wenn ich der Meinung war. Wenn sie sich selbst nicht schön fand war es ja okay, aber hässlich war sie in keinem Fall und ich hatte den Eindruck, dass sie das von sich dachte. Allerdings beschloss ich auch hierzu nichts mehr zu sagen… ich hatte keine Lust mehr mit ihr darüber zu reden, da ich ihre Meinung über sich wusste und wir wussten beide, wie ich darüber dachte. Also war jawohl alles gesagt, was gesagt werden musste.
“Ich weiß, dass ich ehrlich zu dir sein kann. Aber es ist schwierig, immer das zu sagen, was man gerade denkt.“ Ich hätte nicht noch einmal nachfragen sollen… leider wurde mir das erst im nach hinein klar. Ich merkte, dass es Cassie irgendwie schwer fiel den Satz zu beendet und so biss ich mir etwas auf die Zunge und schüttelte leicht meinen Kopf. „Hör zu.. es tut mir leid! Lass uns das Thema wechseln, okay? Ich will nicht, dass du über etwas reden musst, über das du nicht reden willst.“ Ich lächelte etwas. „Außerdem weiß ich wie schwer es ist, über so etwas zu reden.“
Schließlich bemerkte ich allerdings, dass es anscheinend schon zu spät war… naja, nicht wirklich zu spät, denn noch hatte Cassie die Chance, zurück zu ziehen. Doch dann fing sie erst einmal an zu reden und ich hörte ihr dabei aufmerksam zu und nickte ab und an mal. Als sie am Anfang meinte, dass es am besten wäre, wenn ich sie erst einmal nicht mehr sehen würde, war ich schon etwas geschockt… doch fügte sie danach noch etwas hinzu, was mich erleichtert ausatmen ließ. „Aber das kann ich nicht. Ich will dich ja sehen – immer und den ganzen Tag und überhaupt. Ich fühle mich einfach wohl bei dir und es macht mir nichts aus, wenn du mich küsst.“ Ich verstand zwar was sie sagte, aber was hieß das nun für uns? Wollte sie oder wollte sie nicht? War sie sich sicher oder war sie es nicht? Mich verwirrte das Ganze wirklich, weshalb ich auch etwas seufzte. “Du willst mir eben deine Gefühle näher bringen. Das ist doch vollkommen in Ordnung. Da musst du dich für nichts entschuldigen.“ Ich hob ein wenig meine Schultern an und ließ sie danach gleich wieder sinken. „Es ist aber nicht ganz so einfach… Ich will dich damit nicht durcheinander bringen, was ich aber getan habe. Ich wollte dir helfen, in dem ich dir Zeit gebe, was ich aber wieder rum nicht getan habe. Ich schaffe es nicht das zu tun, was ich will und mache das, was ich nicht will…“ Noch einmal seufzte ich.
Nach einem Moment der Stille, die ich nutzte um einmal darüber nachzudenken, wie ich am besten von dem ganzen Thema ablenken konnte, sprang ich schließlich auf und sah mich noch einmal um. „Weißt du was? Ich habe keine Lust mehr zu warten… Rosa lässt ganz schon lange auf sich warten, das heißt sie hat lange nicht mehr nach dir gesehen. Wollen wir es nicht noch einmal versuchen, dass du dich vorsichtig mal aufsetzt? Vielleicht geht es ja jetzt besser!“ Schlug ich vor und ließ hoch motiviert ein paar Schritte vor ihrem Bett auf und ab. „Ich werde dir auch helfen, keine Sorge… und wenn es nicht geht, dann war es wenigstens ein Versuch wert!“ Nach meinen Worten hielt ich ihr meine Hand hin und lächelte etwas.
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Gut, er sagte gar nichts mehr dazu. Ich hatte auch schon nichts mehr dazu zu sagen gehabt, dennoch hatte ich einfach nochmals das betont gehabt, was mir da wichtig gewesen war. Es war eigentlich recht schön, wenn man das letzte Wort hatte, da fühlte man sich irgendwie ein Stück weit bestätigt in dem, was man sagte. So, als hätte der andere dem nichts mehr hinzuzufügen. Ich konnte mir zwar vorstellen, dass Ian noch eine ganze Menge dazu hätte sagen können, doch hatte er es nicht getan. Dafür war ich ihm auch irgendwie ein wenig dankbar. Es hätte so oder so nichts gebracht, sich nun noch länger an einem Thema entlang zu hangeln. Das ging mit der Zeit einfach nur noch auf die Nerven.
Ich ging gar nicht darauf ein, dass er meinte, dass wir das Thema wechseln sollten. Mit meinen Worten hatte ich nicht erreichen wollen, dass er das zu mir sagte, sondern lediglich zeigen, dass ich sehr wohl darüber reden wollte. Ein leises Seufzen entwich meinen Lippen. Wenn wir es immer nur tot schweigen, dann kommen wir auch nicht weiter. Schwer hin oder her.“, sagte ich deshalb bestimmt und legte den Kopf ein wenig schief, um mir seine Worte nochmals durch den Kopf gehen zu lassen. Ja, es war verwirrend. Und ja, es war auch kompliziert und vor allem nicht so einfach. Er wollte mir Zeit lassen. Schön und gut. Zeit war nicht alles im Leben. Für manche Dinge hatte man einfach keine Zeit. Ich mochte Ian, aber ich hasste es, wenn er so frustriert war wegen mir. Ständig seufzte er und es schien mir fast schon so zu sein, dass er sich wegen dem, was er tat, über sich selbst ärgerte. Ein Stück weit konnte ich es ja verstehen, wenn das bei mir so gewesen wäre, hätte ich es auch getan. Aber er sollte damit aufhören. Ich musste mir das nicht anhören, es machte die ganze Sache auch nicht besser. “Mensch Ian… Ich bin doch sowieso schon durcheinander. Aber ich lebe eigentlich bisher ganz gut damit.“, fing ich an und musste unwillkürlich ein wenig grinsen. Das stimmte. Es ging mir nicht schlecht deswegen, ich musste nur ein bisschen mehr nachdenken, als ohnehin schon. Aber was machte das schon? Ich brauchte eben meine Klarheit. Es ging nun mal nicht eben so von jetzt auch gleich – auch wenn das manchmal wirklich angenehmer wäre. “Es reicht mir, wenn ich sehe, dass du bemühst, dich zurückzuhalten und mir Zeit zu geben. Ich will ja auch nicht, dass du mich jetzt vollkommen vergisst. Oder missachtest. Oder schlimmeres.“ Alleine schon bei diesen Gedanken weiteten sich meine Augen unmerklich. Nein, das wäre schrecklich, wenn so etwas passiert wäre. Und ich hoffte inständig, dass so etwas auch nicht passieren würde.
Von diesem ganzen, leicht deprimierenden Gelaber noch leicht nachdenklich, sah ich erst etwas später, was Ian da tat. Er sprang auf und sah sich um. Fragend ging eine meiner Augenbrauen in die Höhe und ich musterte ihn abwartend. Nicht mehr warten.. So so, er war doch vorhin der gewesen, der gesagt hatte, dass ich noch im Bett bleiben sollte. Ich war mir sicher, dass ich es irgendwie geschafft hätte, zu gehen. Aber gut.. ich war froh, wenn ich hier endlich raus war und wieder etwas anderes als Wände sehen könnte. “Endlich bist du vernünftig geworden.“, sagte ich mit einem Grinsen zu ihm und war auch schon dabei, mich gerade aufzusetzen. Ich war mir zwar nicht sicher, ob mein Kreislauf sich nun endgültig beruhigt hatte, aber ich nahm einfach mal an, dass dem so war. Schließlich hatte ich lange genug gelegen und wenn ich darauf achtete, dass ich mich nicht zu hektisch bewegte, dann würde schon alles gut gehen.
Nur machte Ian mich mit seinem auf- und ab Gelaufe ein wenig nervös. Ich wartete so lange, bis er fertig mit reden war und schließlich vor dem Bett stehen blieb. Dann erst nickte ich, wenn auch ein wenig zaghaft. “Gut, du hast Recht. Einen Versuch ist es wirklich wert.“, meinte ich und lächelte ein wenig. Mit den Händen stützte ich mich ab und drückte mich so nach vorne an den Bettrand. Als ich Ians Hand ergriff, ließ ich mich vorsichtig und vor allem langsam vom Bett rutschen, bis ich schließlich grade auf den Beinen stand. Diesmal erfasste mich kein Schwindelgefühl und alles war ganz normal. Ich quiekte kurz auf. Endlich.. wurde ja auch Zeit, dass du wieder in Ordnung bist…“, sagte ich zu mir selbst und schaute dann Ian an. “Wie du siehst.. ist alles in Ordnung.“ Kurz drückte ich seine Hand, die ich immer noch festhielt und atmete entspannt aus. Kurz überlegte ich, ob ich noch was mithatte, aber da wollte mir nichts einfallen. Lag wohl daran, dass ich von dem Vorfall nicht mehr wirklich viel im Gedächtnis hatte. “Wenn ich alles habe, dann können wir gern verschwinden.“, murmelte ich und schaute dann kurz um mich herum. Ja, ich musste hier wirklich raus, sonst würde ich noch vollends verrückt werden. Eingesperrt war man hier ja nicht – zum Glück. Man konnte Kommen und Gehen, wann man wollte. Es sei denn, man war ernsthaft krank. Und dem war ja bei mir – wie man sehne konnte – nicht so.
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Cassie war heute irgendwie…verwirrend. Zuerst meinte sie, dass wir es vergessen sollte, wo ich aber noch einmal nachgefragt hatte. Ich wollte nicht neugierig sein, aber ich wollte ich die Chance geben, dass sie das loswerden konnte, was ihr auf dem Herzen lag… Ich hatte einfach nur Vorgeschlagen, dass wir das Thema vergessen. Damit meinte ich allerdings nicht ganz vergessen, sondern einfach dann darüber reden, wenn sie sich sicher und bereit fühlte. Dann fing sie allerdings doch an, darüber zu reden und ich hörte ihr interessiert zu. Daraufhin dass ich sagte, wir sollten es vergessen, meinte sie nur „Wenn wir es immer nur tot schweigen, dann kommen wir auch nicht weiter. Schwer hin oder her.“ Cassandra hatte es tatsächlich geschafft, mich ein wenig einzuschüchtern. Ich presste meine Lippen ein wenig zusammen und hörte erst einmal weiter zu sagen, was sie noch sagen würde.
“Mensch Ian… Ich bin doch sowieso schon durcheinander. Aber ich lebe eigentlich bisher ganz gut damit.“ Sie grinste ein wenig. Ich hingegen fand das gar nicht so witzig, weshalb ich sie auch ein wenig fragend ansah. „Aber dann müssen wir etwas dagegen tun! Ich will nicht, dass du wegen mir durcheinander bist…“ Mit fast schon strengem Blick sah ich Cassie an. „Hast du etwa vor dein Leben lang durcheinander zu sein?“ Erst im nach hinein bemerkte ich, dass es von mir ganz und gar nicht richtig war, dass ich mich in ihr Leben einmischte… Wenn sie es so konnte und vielleicht auch wollte, was ich mir aber nicht vorstellen konnte, dann war das eben so und ich war da jawohl der letzte, der etwas zu sagen hatte. Mit beiden Händen raufte ich mir die Haare und sah Cassandra schon fast entschuldigend an. „Nein, es tut mir leid. Ich habe nicht das Recht mich in deine Sachen einzumischen…“ Ein wenig versuchte ich zu lächeln.
“Es reicht mir, wenn ich sehe, dass du bemühst, dich zurückzuhalten und mir Zeit zu geben. Ich will ja auch nicht, dass du mich jetzt vollkommen vergisst. Oder missachtest. Oder schlimmeres.“ Ich sah, dass sich Cassies auch bei dem Gedanken weiteten und auch ich war, als ich das hörte,… ja, geschockt nicht direkt, aber vielleicht ein wenig überrascht. „Ich hoffe doch nicht, dass du denkst ich würde so etwas tun?!“ Das glaubte ich nun wirklich nicht. „So etwas würde ich nie machen. Ich würde ja selber daran zu Grunde gehen, wenn ich nichts mehr mit dir zu tun hätte…“ Nachdem ich es ausgesprochen hatte, musste ich selber noch einen Moment über meine Worte nachdenken. War ich etwa wirklich schon so abhängig von Cassie geworden? Ja. Sie war schon ein sehr, sehr wichtiger Mensch in meinem Leben geworden und wenn ich sie verlieren sollte… Nein, darüber wollte ich gar nicht nachdenken.
Ich hatte selber keine Lust mehr meinen ganzen Nachmittag im Krankenflügel zu verbringen. Wir waren schon zu lange dort und da Rosa wohl sehr beschäftigt war, beschloss ich selbst jetzt einfach, dass Cassie bereit war mit mir hier heraus zugehen. Allerdings wollte ich etwas kleiner anfangen, weshalb ich auch zuerst nur meinte, dass sie sich auf die Bettkante setzten sollte. “Endlich bist du vernünftig geworden.“ Leicht verdrehte ich meine Augen und lächelte etwas. „Tut mir ja wirklich leid, dass ich mir Sorgen um dich gemacht habe.“
Schließlich blieb ich auf einem Punkt neben dem Bett stehen und sah Cassandra erwartungsvoll an. Ich hoffte inständig, dass es ihr besser ging, denn weder ihr noch mir ging es gut dabei, wenn wir noch längere Zeit im Krankenflügel waren. “Gut, du hast Recht. Einen Versuch ist es wirklich wert.“ Fröhlich nickte ich und wartete ab, was sie als nächstes tat. „Aber sei vorsichtig…“ Kam noch einmal leise von meiner Seite.
Eigentlich sollte sie sich erst einmal nur auf die Bettkante setzten, doch sie konnte es wahrscheinlich nicht abwarten und stand gleich auf. Wenigstens hatte sie meine Hand ergriffen, sodass ich sie im Notfall, falls es nicht geklappt hätte, noch halten und wieder zurück aufs Bett legen können. Doch siehe da: es ging tatsächlich! Sie stand völlig sicher auf beiden Beinen und endlich konnte ich erleichtert ausatmen. “Wie du siehst.. ist alles in Ordnung.“ Ich lächelte sie glücklich an und nickte leicht. „Ja, zum Glück.“ Irgendwo war es ja immer hin meine Schuld gewesen, dass sie hier gelandet war und deswegen war ich noch einmal doppelt so glücklich, dass es ihr endlich wieder besser ging.
“Wenn ich alles habe, dann können wir gern verschwinden.“ Ich nickte und sah mich noch einmal suchend um. Am Stuhl, auf dem ich die ganze Zeit gesessen hatte, hing noch Cassies Mantel, den ich mit meiner freien Hand schnappte und über meinen Arm hängte. „Okay, jetzt können wir los.“ Ich lächelte, ließ Cassie aber den Vortritt um auch zu sehen, ob das mit dem Laufen klappte.
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Die Tatsache, dass er seine Lippen aufeinander presste, ließ mich kurz stutzen. Was hatte ich denn nun schon wieder getan? Da sagte man einmal was, dass vielleicht ein bisschen was… ausdrückte, dann so was. Aber im Endeffekt war es ja auch eigentlich egal, denn Ian ging nur auf meine anderen Worte ein. Mit zusammengekniffenen Augen schaute ich ihn an. “Ach quatsch, das hatte ich eigentlich nicht vor. Wir tun schon was dagegen, aber das hat noch Zeit.“, meinte ich dann zu ihm und nickte kaum merklich einmal mit dem Kopf. Manchmal da hatte er ja vielleicht auch Ideen… Kaum zu glauben, was in seinen Gedanken so vorging. Er durfte sich nicht in meine Sachen einmischen? Oh man, das stimmte doch so gar nicht… Tun konnte er es schon, ich würde dann schon sagen, wenn mir da zu weit ging. So konnte ich mich dann doch schon noch ausdrücken… “Wie du meinst..“, sagte ich deshalb nur dazu, weil ich keine große Lust hatte, noch länger darauf herumzureiten. Damit kam man auch nicht weiter. Immer auf der Stelle zu treten war auf die Dauer wirklich anstrengend.
Ich schüttelte langsam und bedacht den Kopf. “Das war alles nur rhetorisch gesehen. Natürlich glaube ich das nicht.“ Nicht nach allem, was wir in zwei Tagen durchgemacht hatten. Ich merkte ja, wie es ihm ging und wie es ihm mit mir ging. Wieso sollte dann so etwas tun? Nein, das konnte er gar nicht machen. Ich wollte auch gar nicht weiter darüber nachdenken, was wir beide ohneeinander wären. Wie das aussehen würde, wusste ich. Weiterhin würde ich fast den ganzen Tag über meinen Büchern hocken und nichts anderes mehr machen. Er hatte mich ja jetzt schon dazu gebracht, dass ich mich mehr mit anderen Dingen beschäftigte, beziehungsweise, mit ihm beschäftigte.
Gespielt verdrehte ich meine Augen. “Is ja okay, ich kanns nachvollziehen.“, erwiderte ich. Und als ich endlich sicher auf dem Boden stand und Ians Hand festhielt, fügte ich hinzu: “Es ist ja ab sofort unbegründet.“ Ja, es ging mir gut. Ich stand hier und war heilfroh, dass ich es geschafft hatte, aufzustehen. Endlich konnten wir den Krankenflügel verlassen und wieder rausgehen. Wurde ja auch langsam Zeit… Ich sah, wie Ian sich meinen Mantel schnappte, der über der Stuhllehne gehangen hatte und zu mir sagte, dass wir nun los konnten. Ich lächelte. “Dann wollen wir doch mal.“ Als er allerdings keine Anstalten machte zu gehen, nahm ich einfach an, dass ich vorgehen sollte. Ich setzte einen Fuß vor den anderen, weil ich Angst hatte, dass ich vielleicht doch noch nicht ganz bei Kräften war, aber das war nicht so. Durch das ganze Liegen war mein Kreislauf wieder normal geworden, anstatt geschwächt zu sein. Ich atmete einmal tief durch und zog Ian an der Hand hinter mir her, zur Tür des Krankenflügels. Dort schaute ich einmal kurz zurück auf das Bett, in dem ich gelegen hatte und schüttelte ein wenig den Kopf. Viel Lärm um gar nichts… Es war ja doch wieder alles in Ordnung gegangen. Zusammen verließen wir nun den Krankenflügel und man konnte mir ansehen, dass ich erleichtert war, endlich nicht mehr stumpf in der Gegend herumliegen zu müssen.
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