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Dieses Thema hat 3 Antworten
und wurde 493 mal aufgerufen
 Der verbotene Wald
Jesroe McThorn Offline

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Beiträge: 90

24.05.2007 15:23
Genug Ruhe? Antworten
Komme von: Leere Mägen soll man füllen

Wie die beiden darauf reagierten bekam ich nicht mehr mit. Im Grunde war es mir auch egal. Wahrscheinlich würde ich es eh erfahren, wenn ich Natalia wieder traf – und das kam mit Sicherheit vor. Wie gesagt, spätestens im Unterricht. Doch darauf musste ich mich wohl nicht vorbereiten. So viele Möglichkeiten gab es nicht. Entweder sie war sauer oder sie hatte es mit Humor aufgefasst. Das würde ich dann ja bei unserem nächsten Zusammentreffen erfahren.

Jetzt jedoch wollte ich erst einmal lernen. Meine Schulsachen hatte ich noch bei mir, da ich sie nicht weggebracht hatte, wie die meisten es eigentlich nach dem Unterricht taten. Ich war allerdings nicht die meisten. Ich war jemand, der nach dem Unterricht etwas isst und anschließend lernt. Am liebsten draußen. Mein größtes Problem war immer, mich zu entscheiden wo draußen. Dort, wo nur wenige sind, was um diese Tageszeit ja nicht leicht zu finden war. Der See? Nein, da waren immer irgendwelche Leute die zu laut waren, um gescheit zu lernen. Qudditchfeld? Nein, bei meinem Glück würde ausgerechnet heute sicher irgendeine Mannschaft trainieren. Nirgendwo war es wirklich richtig leise, nirgendwo war ich wirklich für mich allein. Außer... mein Blick wanderte zum Waldrand. Ja, da könnte ich ungestört sein.

Kaum war der Gedanke greifbar schritt ich auch schon in Richtung Waldrand. Nein, ich wollte nicht an den Waldrand, ich wollte in den Wald. Da war ich sicherlich ungestört – vielleicht mit Ausnahme von ein paar kleinen Tierchen. Ich hatte nicht vor sehr weit reinzugehen, nur halt so, dass ich von Außen nicht mehr wirklich zu sehen war. Also zehn Meter – höchstens. Eher noch weniger. Wenn das schon verboten war, dann waren die Lehrer selbst dran schuld. So weit vorne gab es sicher noch keine Tiere, die größer waren als ein Hase.

Ein paar Minuten später hatte ich einen mehr oder weniger gemütlichen Baumstumpf entdeckt auf dem ich mich niederließ und meine Bücher auspackte. Außer ein paar Tiergeräusche oder hier und da ein etwas leiseres oder lauteres Knacken war nichts zu hören. Wunderbar. Diesen Platz sollte ich mir wirklich merken.
Vivian Elroy Offline

Besucher

Beiträge: 8

12.07.2007 22:10
Genug Ruhe? Antworten
Komme von: Die Ballade des asymmetrischen Schmetterlings


Sie greifen nach dir, sie bekommen dich, sie werden die zerfetzen! Zerfetzen wie eine Stoffpuppe, Ärmchen und Beinchen reisen sie dir aus…

Die Eingangstür riss ich panisch auf und der morgendliche Wind peitsche mir zur Begrüßung ins Gesicht, doch schien ich dies nicht zu bemerken, denn in meiner Flucht beachtete ich so Kleinigkeiten nicht. Fast stolpernd war ich vorhin die Treppen runter gerannt, nahm zwei, nein vielleicht sogar drei Stufen auf einmal. Es war erstaunlich was ein Mensch alles leisten konnte, wenn er um sein Leben bangte.

Du bist töricht, du dummes Weib! Schau dir ihre Krallen an, sie werden dein Gesicht mit blutigen Linien schmücken, sie werden deine Augen auskratzen und sie werden deine Gedärme rausfischen, schau dir doch nur ihre Krallen an…

Ich rannte ununterbrochen weiter, sodass mein Herz mir drohte zu platzen und mein Atem einer Hyperventilation glich. Aber lieber starb ich an den Strapazen, als mich von den Besitzern dieser Stimmen zerfleischen zu lassen. Sie würden mich nicht bekommen, nicht jetzt, nicht hier… niemals! Das bisschen Menschlichkeit, was ich noch an mir trug, wollte ich hüten und beschützen. Sie hatten mich innerlich vielleicht fast gänzlich zerfressen, sie hatten mich Äußerlich angeschlagen, doch den Gnadenstoss würde ich ihnen nicht erlauben. Auch wenn das Leben nur ein großer Misthaufen war und all die Bewohner mich verabscheuten, ich wollte leben! War das schon zuviel verlangt…?

Ja, das ist zuviel, du kleines abscheuliches Biest!

Ich traute mich nicht, nach hinten zu sehen, aber ich musste mich vergewissern, ob sie noch hinter mir her waren, auch wenn ich sie hören konnte, hieß es nicht immer, dass sie an meinen Fersen lagen. Meistens hörte ich sie nur reden, aber diesmal…
Grässliche schwarze Fratzen rissen ihre Mäuler auf und an den scharfen Zähnen klebte schwarzer Speichel der, so schien es, den Oberkiefer mit dem Unterkiefer verband. Zähflüssige schwarze Brühe tröpfelte hinaus und hinterließ eine Schleimspur unter ihnen. Die Augen waren zwei klaffende Löcher, die unendlich tief erschienen und aus welchen ein düsterer Schatten quoll, der sich zu langen knochigen Armen formte und die Hände mit den langen Fingern versuchten gierig nach mir zu greifen.

Dieser Anblick ließ die Übelkeit in mir aufblühen und ich musste einige Male kräftig schlucken um nicht zu erbrechen. Erst jetzt spürte ich die Kälte auf meinem Körper, verursacht durch den Schweiß und erst jetzt spürte ich die Tränen, welche über meine Wangen entlang liefen und die mir immer wieder die Sicht raubten. Ich wünschte ich könnte jetzt fliegen, doch nicht mit einem Besen, sondern mit prächtigen Schwingen, die mich von diesem verschissenen Erdboden entreißen würden und mich zu einem besseren Ort tragen würden. Einem Ort, ohne meine Peiniger und ohne den Schatten, ohne die Stimmen und ohne meinen schlechten Ruf, eine neue Welt, eine neue schöne Welt…

Ich hatte nicht bemerkt, dass mich die Stimmen in den Wald hetzen, und selbst wenn ich es bemerkt haben würde, wäre es mir herzlich egal. Denn kein Tod würde wohl Schlimmer sein, als der, von dem mir die Stimmen flüsterten. Die wilde Hetzjagd ließ mich auch nicht den Jungen sehen, welcher sich im Wald befand und nichts ahnend seine Bücher studierte. Was sollte er auch schon „ahnen“? Waren die Stimmen doch hinter meinem Leben her und nicht hinter seinem…

Mit einem Mal warf mich der Zusammenstoss mit ihm auf den Boden. Ich landete Bäuchlings in den feuchten Dreck der modrigen Blätter und der Walderde, doch sofort drehte ich mich um und da sah ich ihn über mir: Die Fratze des Sprechers.
Panisch Kroch ich spinnengleich nach hinten, ehe ich mich wieder aufrappelte und das weite suchte. Sie würden mich nicht bekommen, diese Bastarde. Niemals!

Unbemerkt ließ ich an dem Ort, wo ich gestolpert war, ein kleines bräunliches Gefäß liegen, in dem sich zweifarbige Tabletten tummelten und auch eine kleine Muschel lag friedlich auf dem Boden. Den Menschen, den ich umgerannt hatte, hatte ich nicht bemerkt. Doch wer achtete auch schon auf solche kleinen Details angesichts des Todes?

Jesroe McThorn Offline

Besucher

Beiträge: 90

16.07.2007 16:11
Genug Ruhe? Antworten
Zwar war mein Blick auf das Buch gerichtet, welches ich auf meinen Beinen deponiert hatte, doch wirklich konzentrieren konnte ich mich nicht darauf. Es lag nicht an den Geräuschen die ich wahrnahm, schließlich war es hier wirklich still, nur hier und da flog ein Vogel aus einer Baumkrone und stieß einen Schrei aus und auch nur hin und wieder hörte man das Knacken im Unterholz, wenn ein kleines Tierchen dort herlief. Die Stimmen von anderen Schülern nahm ich nur peripher war, sie waren zudem zu weit weg, um zu verstehen, was geredet wurde. Meine Gedanken waren eher mit den letzten Ereignissen beschäftigt. Ein Toter. Es war ein Schock gewesen – für die meisten. Für mich nicht. Ich hatte nicht viel mit ihm zu tun gehabt, eigentlich gar nichts. Viele Schüler hatten nun sehr viel Angst, und viele taten nur so, als hätten sie keine Angst. Wieder andere – wie ich – interessierte es nicht wirklich. Nun, ein Junge war tot, na und? Ich hatte ihn nicht wirklich gekannt, es war sein persönliches Pech gewesen. Da konnte ich auch nichts gegen tun, wenn ich jetzt Angst bekam oder Mitleid oder irgendeine Art von Anteilnahme. Mein Gott, mir war das wirklich so was von egal.

Und dann war da natürlich noch der Ball. Es war dieses Jahr das zweite Mal, dass ich mit Begleitung hinging. Vom ersten bis zum vierten Schuljahr bin ich entweder alleine oder gar nicht hingegangen. Im Fünften natürlich mit Sandra und jetzt mit Charline. Ich wusste noch nicht einmal wieso. Natürlich war sie hübsch, aber sie war auch... naiv, kindlich, dumm. War sie wirklich dumm, oder tat sie nur so? Wenn sie wirklich nur so tat, dann war sie schlauer als ich vermuten würde, allerdings konnte sie gar nicht allzu schlau sein, wenn sie alles was sie tat nur aus dem Grund tat, um Rachel zu gefallen. Rachel! Daran hatte ich ja gar nicht gedacht, als ich Charline sagte, dass ich mit ihr zum Ball gehen würde. Wahrscheinlich würde ich den ganzen Abend mit ihr an einem Tisch sitzen müssen, nun, irgendwie würde ich dort sicher wegkommen. Auch wenn ich länger darüber nachdachte, so schlimm würde es schon nicht werden. Außerdem konnte ich so vielleicht auch einmal herausfinden, wie viel von dem wahr war, was man sich über Rachel erzählte. Wie auch immer, eigentlich hatte ich zu Charline nur ja gesagt, weil sie die erste war, die mich gefragt hatte und ehrlich gesagt war ich schon ein wenig überrascht gewesen, dass ich überhaupt gefragt worden war.

Nun, ich hatte keine Ahnung, was ich überhaupt anziehen sollte. Ich hatte nur.... Plötzlich lag ich auf dem laubbedeckten Boden unter etwas Schwerem, was mich gerade umgerannt hatte. Nur ein kleiner Überraschungslaut war meiner Kehle entkommen, als ich noch versucht, den Sturz mit den Händen abzufangen, dies aber leider ein vergeblicher Versuch war. “Sag mal, kannst du nicht...“, begann ich, doch das Mädchen kroch nur schreckensbleich nach hinten, als würde sie von etwas verfolgt, obwohl ich, als ich mich umdrehte, nichts erkennen konnte außer Bäume. Wieder sah ich zu dem Mädchen, nun leicht irritiert. Vivian. Die Verrückte, wie sie netterweise von einigen Mitschülern genannt wurde, doch ich musste wohl zugeben, dass auch ich sie ab und zu geradezu unheimlich fand. Anscheinend fand sie im Moment irgendetwas noch wesentlich unheimlicher, denn schon sprang sie auf und rannte in den Wald. Normalerweise wäre es mir leidlich egal gewesen, wenn jemand, der sogar ein Schuljahr über mir war in den Wald rannte, doch jetzt war es mir nicht gleich. Zum ersten hatte sie ein kleines Gefäß mit Tabletten fallen gelassen – und diese Tabletten brauchte sie im Moment mit Sicherheit. Dann hatte sie eine kleine Muschel auf dem Waldboden vergessen – gut, wegen der Muschel wäre ich ihr auch nicht gefolgt – und Drittens war es im Moment mit Sicherheit gefährlich in solch einem Zustand geradewegs in den Verbotenen Wald zu rennen.

Das waren die Gedanken, welche mir durch den Kopf schossen, als ich das Gefäß mit den Tabletten aufhob und ihr hinterher rannte, ohne meine eigenen Sachen mitzunehmen. Obwohl ich ein wirklich guter Läufer war, so war Vivian auch nicht von schlechten Eltern, was wohl unter anderem an ihrer Todesangst lag, welche wohl von ihrer Krankheit kamen. Nachdem ich sicher schon einige Minuten einfach hinter ihr her gerannt war erkannte ich dann doch, dass ich sie – obwohl sich unser Abstand zueinander ein klein wenig verringert hatte – nicht einholen würde, bevor wir nicht so tief im Wald waren, dass wir nicht mehr rausfinden würden. Also zückte ich kurzentschlossen meinen Zauberstab, um ihn noch während des Rennens auf ihren Rücken zu richten. “Incarcerus!“, rief ich, obwohl ich es auch per Gedankenkraft tun konnte, aber so war es mir im Moment sicherer. Sofort verließen Seile die Spitze meines Stabes und begannen sich um Vivian zu schlängeln und sie somit zu fesseln. Mein Schritt wurde langsamer, bis ich schließlich nur noch normal lief. Hoffentlich bekam ich nicht auch noch Punktabzüge dafür, dass ich ihr hinterhergerannt war.


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