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#1 Die Ballade des asymmetrischen Schmetterlings |
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Komme von: Gedankliche Selbstzerfleischung
Jetzt sind sie wieder still… ihre klaffenden Mäuler verstopft durch Tabletten….
Auf leisen Schritten hatte ich mich zur Bibliothek begeben, dabei war ich wirklich froh, dass es noch so früh am Morgen war. Den Unterricht um elf Uhr hatte ich noch vor mir und die meisten Schüler schliefen noch in ihren Betten und träumten vor sich hin.
Sie schlürfen sich auch nicht an den schlimmen Träumen wund…
Ich hatte diese Nacht schlecht geschlafen. Hatte mich hin und her gewälzt, als hätte mich ein Inkubus zur späten nächtlichen Stunde besucht. An die Träume konnte ich mich nicht mehr erinnern, überhaupt verlor ich diese immer sehr schnell. Aber, dass diese Nacht so schlecht war, hatte ich mir selbst zu verdanken, ich hatte die Schlaftablette nicht eingenommen. Warum? Ich weiß es selbst nicht… ich hatte nur jene genommen, die die Stimmen zum schweigen brachten, aber weshalb ich nicht die Tabletten nahm, welche mich einen traumlosen dafür aber ruhigen Schlaf schenkten, wusste ich nicht. Ich hatte nur das braune Glas angesehen, in welchem sich die gelben, länglichen Pillen lagen, die einen Menschen schnell zum Einschlafen brachten. Die Tabletten hatten vier Rillen, man konnte sie somit leichter brechen. Ich durfte nur ein viertem zum Schlafen nehmen, einmal, das war noch relativ zu Anfang, hatte ich eine ganze genommen. Ich glaube, ich bin am späten Nachmittag im Krankenflügel erwacht…
Manchmal wünschte ich mir, nie erwacht zu sein…
Ich war durch die Medikamente immer noch wie betört, fast fühlte ich mich wie eine Schlafwandlerin, mir erschien es so, als würde nicht ich diesen Körper bewegen. Ich öffnete die Tür zur Bibliothek und schon kam mir der Geruch vom alten Seiten und frischen Druck entgegen. Ich besuchte diesen Ort eigentlich nur dann, wenn es nötig war. Noch niemals hatte ich es geschafft, ein Buch zu Ende zu lesen, es sei den, Pflichtlektüren in der Schule, aber auf freiwilliger Basis? Niemals… Kein Mensch auf der Welt könnte ein Werk verfassen, welches ich bewundere. Alles Geschriebene ist doch nur die Wiedergabe eigener Gedanken, und die Gedanken andere Menschen waren mir gleichgültig… oder auch unangenehm…
Ich schleppte mich an verschiedenen Regalen vorbei, blickte dabei nicht auf die Bücher, denn ich hasste diese Unordnung in den Regalen. Ein Buch war kleiner, das andere wieder größer, das nächste dicke, das letzte dünner. Es herrsche nur Unordnung! Dann waren da noch die Bücherrücken zerfleddert, schon alleine das gedankliche Bild reizte mich. Mit einem Wort, ich hasse Chaos. Ich schlage mich schon tag täglich damit herum, in meinen Gedanken, da muss ich es nicht auch noch sehen. Ich mochte es, wenn alles gerade an seinen Ort stand, wenn nichts überstand, wenn alles gleichmäßig war, wenn alles genaustes zugeschnitten war, ja, so was mochte ich… aber die Bücher, sie waren zu Unterschiedlich. Auch noch die ganzen Farben… So wie manche Menschen es hassen, wenn man mit Fingernägeln über die Tafel kratzt, oder wenn man beim trinken den Ellbogen auf den Tisch hält, so hasste ich es, wenn alles asymmetrisch aufgereiht ist.
Endlich blieb ich an dem Regal stehen, welches ich gesucht hatte, hier würde ich Informationen für die nächste Stunde Astronomie finden.
Eines der wenigen Fächer, welches ich mit einem A aufsuchen konnte… und welches ich noch annähernd nachvollziehen konnte... Obwohl ich erst am Dienstag Astronomie hatte, wollte ich jetzt schon alles auffrischen. Ich musste mich sowieso immer länger als die anderen auf Etwas vorbereiten. Ein Buch, das vom Titel her viel versprechend klang, nahm ich mir, doch trotzdem wendete ich meinen Blick nicht sofort von dem Regal ab. Ein Buch schaute fast ganz heraus, irgendjemand musste es nicht sorgfältig wieder ins Regal gestellt haben. So schob ich es rein, bis es genau so weit drinnen war, wie die restlichen Bücher.
Ich ließ mich auf ein Sofa fallen und klappte das Buch auf, begann sogar die ersten Zeilen zu lesen, doch nach herrlich kurzer Weile verschwand meine Konzentration.
Ich habe das Mistvieh laufen lassen… warum sollte ich es Audrey zurückgeben? Solche Parasiten kamen eh zu ihren Fressverteilern zurück…
Ich hatte die weiße Ratte mit dem Blutfleck auf den Gängen wieder laufen lassen. Wo sie nun war? Mir egal, Hauptsache nicht in dem verlassenen Raum…
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#2 Die Ballade des asymmetrischen Schmetterlings |
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Komme von: Kommunikation der etwas anderen Art
Wenn ich jetzt so zurückdachte, wusste ich gar nicht, wie ich mich überhaupt noch in die Bibliothek hatte schleppen können. Die letzte Nacht war einfach nur die Hölle gewesen: schreckliche Albträume hatten mich geplagt und ich hatte kaum ein Auge zugetan. Zwar war es jetzt schon mein dritter Tag auf Hogwarts, aber ich hatte mich an diese Schule einfach noch nicht gewöhnt. Ich wollte zurück, einfach zurück nach Durmstrang. Zurück zu meinen alten Freunden und zu meinem alten Zuhause, doch das würde nie wieder geschehen. Meine Eltern waren tot und egal, was ich tat, ich konnte sie nicht mehr zurückholen, so musste ich wohl mit dem Gedanken leben einfach hier zu bleiben. Doch meine Albträume würden wohl so schnell nicht verschwinden. Der Schmerz über den tragischen meiner Eltern, den hatte ich einfach noch nicht überwinden und jede Nacht seit diesem Tag hatte ich kein ruhiges Gewissen. Nur tagsüber hatte ich andere Dinge im Kopf und ich verwünschte deshalb jede Sekunde, in der ich schlief. Dazu kam wohl auch noch, dass ich einfach meine ganzen Freunde zurückgelassen hatte und ich es als schwer empfand Neue zu finden. Ich war keine so offene Person, die einfach auf Leute zuging, höchstens es handelte sich um irgendeinen Typen, aber das war ja wieder etwas ganz anderes. Wahrscheinlich würden noch Wochen vergehen, bis ich die ersten, positiven Kontakte geknüpft hätte und wahrscheinlich war ich auch selbst Schuld daran. Das erinnerte mich zugleich irgendwie an gestern. Dieses Mädchen, irgendwie hatte ich mir ihren Namen nicht gemerkt, war ein Beispiel dafür, dass die weiblichen Wesen auf Hogwarts mir jetzt schon tierisch auf die Nerven gingen, genauso wie diese Rachel. Wenn die alle so waren, dann sah es mit Freundschaften schließen wohl ganz schlecht aus. Zum Glück hatte ich ja noch meinen Bruder und ich musste sagen, dass er wohl zur Zeit mein einzigster Stützpunkt war, wie ein Fels in der Brandung, an dem ich mich festklammern konnte und ich war ihm echt dankbar dafür. Leider war ich mir aber auch sicher, dass er schon längst irgendwelche Bekanntschaften geschlossen hatte. Zwar war mein Bruder nicht gerade gesellig, aber die Mädchen lagen ihm doch zu Füßen, da hatte sich sicher was ergeben.
Naja jedenfalls wollte ich mich dann doch etwas über einige Dinge informieren. Sämtliche Fächer, die es hier auf Hogwarts gab, von denen hatte ich in meinem Leben noch nichts gehört und da wäre es wohl ganz nützlich, wenn ich mir etwas Wissen aneignen würde. Allgemein wollte ich auch etwas über die Schule herausfinden, die ich wohl bis zu meinem Abschluss besuchen wollte und man hatte mir gesagt, dass die Bibliothek dann genau der passende Ort wäre um sich kündig zu machen. Und so saß ich da an irgendso einem Tisch und schlief fast ein. Ich hatte mir noch kein einziges Buch herausgesucht und meine Beine waren so schwer, dass ich einfach nicht aufstehen konnte. Beinahe wäre ich sogar wirklich eingeschlafen. Mein Kopf hatte es sich schon auf der Tischplatte bequem gemacht und meine Lider hatten schon bemerklich gezuckt, doch ich hatte mich zusammengerissen. Heute hatte ich noch so viel vor, dass ich einfach nicht einschlafen durfte. Wie würde das denn außerdem aussehen? Wenn mich dann irgendjemand so sehen würde, würde es gleich heißen, dass die 'Neue' einen an der Klatsche hätte. In gewisser Weise war ich für andere Leute auch verrückt oder sie hielten mich für eine Schlampe, doch jeder sah mich in einem anderen Licht. Mir war es generell egal, was andere von mir hielten. So lange ich mit mir selbst zufrieden war, stand die Welt auch nicht Kopf. Sollten solche Tussen wie diese Rachel doch denken, was sie wollten. Würden sie mir zu nahe oder in die Quere kommen, so würde ich ihnen schon früh genug die Augen auskratzen.
Man mochte mich jetzt für boshaftig halten oder nicht, auch das war mir egal. Über solche Kleinigkeiten machte ich mir nur selten Gedanken. Auch an die Sache mit Sam hatte ich seit gestern nicht mehr viel gedacht. Klar, er war süß und es war schön gewesen und wäre diese verdammte Zicke nicht gewesen, dann...Naja, ich konnte es eh nicht ändern. Und ich hatte den Rest des Schuljahres noch so viel Zeit, sodass ich mich jetzt den wichtigeren Aufgaben widmete. Fragte sich nur, wo ich unter diesen vielen Büchern das Richtige oder die Richtigen finden konnte. Ich hatte doch absolut keine Ahnung von dem Ganzen und verlor auch langsam den Überblick. Dann noch diese ganzen englischen Titel, ich war schon etwas aufgeschmissen. Nicht, dass ich diese Sprache nicht beherrschen würde, aber manche Wörter kannte ich eben doch noch nicht so gut. Seufzend schaute ich also auf und stützte nachdenklich meinen Kopf auf. Was sollte ich nur tun?
Langsam schweifte mein Blick dann schließlich durch die Bibliothek. Ob mir wohl jemand weiterhelfen konnte?
Dann entdeckte ich ganz in der Nähe ein Mädchen, welches alleine dasaß und mein Blick blieb einige Sekunden auf ihr ruhen. Ob ich sie einfach fragen sollte? Unsicher schaute ich sie ein wenig länger an. Was, wenn auch sie eine dieser Zimtzicken war?
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#3 Die Ballade des asymmetrischen Schmetterlings |
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Malcom, mein Sohn, du bist der ganze Stolz unserer Familie und du wirst nicht nur unseren Namen, nein, auch unseren Stolz an deine Kinder weitergeben und diese werden es an ihre Kinder übermitteln… immer weiter und jeder, der unseren Namen erklingen hört, wird sein Haupt mit bedacht heben und wissen, von welch hochachtungswürdigen Klan man dort spricht…
Ach mein Sohn, schau mich an, schau mich an. Ich war dir ein guter Vater, ein strenger gewiss, doch ohne Disziplin wächst nur Unkraut. Und nun stehst du hier vor mir, hältst voller würde deine letzen Glanznoten fest und ich sehe dich schon ganz oben im Kabinett. Nun lass uns diesen glorreichen Tag auch demgemäß würdigen…
Ich hatte ein Buch über die fremden Welten der Astronomie in meiner Hand uns suchte in den wirren Lettern nach einer Antwort, doch was ich da fand, waren nur mir unklare Sätze. Malcom, mein Bruder, hätte bestimmt nach dem ersten lesen alles verstanden und es auch schon einem Lehrer wiedergeben können, ohne sich dabei zu irren. Ja, Malcom war ein Musterknabe. Ein gut aussehender junger Mann der immer Glanznoten heimgebracht hat. Ein Sohn der seinen Vater glücklich macht, ein Junge, den viele Mädchen begehren, ein Bruder, der…
Wieder galt mein Blick alles anderem, als dem Inhalt des Buches. Ich hatte auch das Thema vor den Ferien nicht mehr ganz im Kopf, wonach suchte ich eigentlich?
Trotzdem wollte ich mich bemühen, denn ich hasste es so sehr, wenn ich dran genommen wurde und nichts wusste. Ich hörte immer das kichern und die dummen Sprüche aus allen Reihen. Ich verabscheute den Blick der Lehrer, die mich mit einer Mischung aus offener Frage, Vorwurf und Verachtung ansahen. Sie hassten mich alle, wie eine dreckige Seuche, und wenn sie mich anlächelten, dann lag darin Spott, wenn sie mit mir sprachen, dann lag in jedem Satz versteckte Bemerkungen mit drin und wenn sie mich ansahen, das war das schlimmste, konnte ich Ekel und Anzüglichkeit darin sehen.
Und gerade diese Blicke, die Verkrümmungen im Gesicht und die schiefen Gedanken, machten sie alle so asymmetrisch wie einen Haufen Müll. Ihre Seelen waren krumm gewachsen wie lästige Sträucher und in jeder von ihnen gebar Neid, Hass und Hinterlistigkeit. Sie waren allesamt schlecht, aber ich war auch kein Schmetterling unter ihnen, ich war hässlich und verrückt… doch ich konnte deren Fassaden sehen, hinter jede einzelne Maske konnte ich blicken und ich sah, dass sie alle das Selbe sind. Verlogene Kreaturen.
Ein Blick entriss mich aus meinen Gedankenfetzen und ich entdeckte ein Mädchen, von welchem ich wusste, dass es neu war. Dieses jahr haben wir einige Neue hinzubekommen, sie war eine von ihnen und ich wusste sogar, dass sie aus Bulgarien kam.
Weit weg.
Sie sah mich etwas unsicher an und ich blickte eine Weile einfach nur zurück. Was starrt sie mich so an? Haben sie ihr etwa davon erzählt, wie ich ticke? Haben sie ihr Schauermärchen erzählt? Oh ja, bei den ganzen Schlangen kann ich es mir gut denken… Aber, würde sie mich denn wirklich so offensichtlich anstarren? Sie sieht nicht aus, wie eins von den naiven Mädchen, nein, sie sieht eben aus und ... galant… Ihr fehlt vom äußeren jede Asymmetrie. Aber, ihre Seele ist bestimmt auch verzerrt…
Während mir diese Gedanken wie scheue Rehe durch den Kopf huschten, klappte ich mein Buch zu. Was sollte ich als nächstes machen? Sie ankeifen, sie solle mich nicht so anfixieren? Aber… was ist, wenn sie noch gar kein Bild von mir hat? Kann sie dann Hass empfinden? Was ist, wenn man ein leeres Blatt vor jemanden legt, kann dieser Mensch dann erkennen, ob das Werk, welches der Künstler darauf zeichnet, hässlich wird?
So entschied ich mich, anders zu reagieren… normal…
“Kann ich irgendwie helfen?“ Es war mir ungewohnt, meine Stimme in dieser neutralen Tonlage zu hören. Ich sprach sehr selten und manchmal glaubte ich meine Stimme zu vergessen.
Gut, ich hatte mich mit einem gewöhnlichen Satz an sie gewandt, oder hatte ich was Unkorrektes gesagt? Sollte ich ihr sagen, dass mir ihr Gesicht neu war? Nunja, ich wusste, dass sie die Neue war, ich wusste, woher sie kam.. ich hatte aufgepasst… so sollten diese hilfeanbietenden Worte reichen, wohl meine ersten Worte die Hilfe anboten…
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#4 Die Ballade des asymmetrischen Schmetterlings |
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Gerade als ich das Mädchen fragen wollte, ob sie mir wohlmöglicherweise weiterhelfen könnte, fragte sie mich doch tatsächlich und bot mir ihre Hilfe an. Es war selten, dass mir jemand seine Hilfe anbot, denn meistens hielten die meisten mich für ziemlich arrogant und hatten keine Lust mit mir auch nur ein Wort zu wechseln, deswegen war ich umso mehr froh, als die Fremde diese höflichen Worte ausgesprochen hatte. Vor allem hatte sie es recht neutral und überhaupt nicht aufdringlich gesagt, was sie mir gleich viel sympathischer machte. Denn Menschen, die einfach fröhlich vor sich hin schwatzten und nicht einmal ernst sein konnten, die waren mir einfach zuwider. Gestern hatte ich doch einen dieser Sorte kennen gelernt...wie hieß sie nochmal, diese Ravenclaw?! Lilly...Lilly dingsbums...und deren Freundin, Sams Cousine eben...wie hieß die gleich nochmal? Achja, Arden, Deliah Arden. Die beiden waren mir schon zuwider gewesen. Alleine ihre Gestiken hatten mich in den Wahnsinn getrieben. Wahrscheinlich konnte ich mit solchen Menschen einfach überhaupt nicht umgehen und warum? Na, weil ich eben so ganz anders war als sie. Und ich war echt froh darüber. Ich würde mich wahrscheinlich selbst hassen, wenn ich so ein blöder Zappelphillip wäre und würde mir wohl jeglichen Umgang mit irgendwelchen Leuten verbieten.
Und gerade deshalb war ich froh, dass das Mädchen mit solch einer Tonlage gesprochen hatte. So war schon von vornerein klar, dass sie absolut nicht eine dieser Verrückten war. Also war sie meiner auch würdig mit mir zu sprechen und ich setzte deshalb ein mattes Lächeln auf. Ja, sie konnte mir helfen, allerdings wusste ich nicht genau, was ich jetzt suchte. Morgen hatte ich erst zum zweiten Mal Unterricht, erst Kräuterkunde, dann Astronomie und ich hatte absolut keine Ahnung, welche Bücher, außer den Lehrbüchern ich mir da zu Gemüte führen konnte und welche besser nicht. Ob ich sie vielleicht einfach dannach fragen sollte? Nachdenklich sah ich zu ihr herüber. Wäre es nicht besser, ich würde erstmal aufstehen und zu ihr hinüber gehen? Schließlich musste ich dann nicht gleich durch die ganze Bibliothek brüllen und zweitens war das dann doch etwas persönlicher.
So warf ich all meinen Stolz beiseite, stand elegant auf und schritt einfach zu ihrem Tisch hinüber.
Mit einer ziemlich steifen Bewegung ließ ich mich auf dem Stuhl ihr gegenüber nieder und nickte dann schließlich. "Ja." sagte ich knapp angebunden und ziemlich kühl, doch das war für mich schließlich normal. Zwar hätte sie sicherlich mehr als ein einfaches Ja von mir erwartet, aber ich wollte erstmal sehen, wie sie so drauf war und musterte sie deshalb ein wenig.
Mein Blick fiel natürlich zuerst auf das Buch, welches sie gerade in den Händen hielt und ich staunte nicht schlecht. Die Fremde schien sich wohl für Flüche zu interessieren, nicht schlecht, das machte sie gleich noch sympathischer. Dann räusperte ich mich allerdings leise und machte es mir ein wenig bequem. Mit stechenden Augen sah ich sie an und legte dann auch gleich schon los. "Also ich suche etwas, das über das Lehrmaterial hinausgeht. Ich bin neu hier und ich will mir etwas Wissen aneignen, da ich keine Ahnung habe, wie sich wohl mein nächster Unterricht gestalten wird. Morgen habe ich zum ersten Mal Kräuterkunde und ich muss sagen, dass das Lehrbuch nicht sehr interessant ist. Also, wie sieht's aus, irgendwelche Empfehlungen?" ratterte ich hinunter, setzte einen scharfen Blick auf und sah das Mädchen schließlich abwartend an. Ich hatte keine Ahnung, wie sie auf meine so genannte Ansprache reagieren würde, aber ich war mir sicher, dass sie etwas sagen würde. Ok, vielleicht sollte ich mich ihr noch höflicherweise vorstellen, aber musste dieses Geplänkel denn immer sein?!
Ich war nun wirklich genervt davon. Leute, von den ich einfach etwas Nützliches haben wollte, denen musste ich mich doch nicht gleich vorstellen,oder? Ich war doch nicht eine Servicetante, die einen immer gleich vollquatschte und zuschleimte. Nein, das war nicht meine Art. Ich blieb da viel lieber indiskret und schön 'nett' eben. Allerdings schien mir das Mädchen auch keine große Rednerin zu sein, sodass die paar bescheidenen Worte ja nichts schaden konnten. "Achja, ich bin übrigens Fijdora Cerny, Slytherin." Kein 'Wer bist du?', kein 'Freut mich dich kennen zu lernen', einfach eine simple Vorstellung. Das müsste ihr genügen, schließlich waren wir hier nicht in einem Therapiegespräch. Und wenn hier überhaupt jemand eine Therapie bräuchte, dann waren das wohl diese Zimtzicken von gestern. Zum Glück schien mir mein Gegenüber doch keine von denen zu sein und ich hatte mich sicher an die Richtige gewendet.
So kam es auch, dass mein mattes Lächeln auf meinen Lippen ruhen blieb und ich sie einfach nur noch abwartend anblickte, während meine Hände fast automatisch meine Bücher, die ich mitgebracht hatte, zurechtlegten.
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#5 Die Ballade des asymmetrischen Schmetterlings |
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So wie im Unterricht, wartete ich auch hier auf eine Wirkung. Denn warteten wir nicht alle auf die Wirkung, auf die Reaktion von zwei Substanzen, die wir in Zaubertränke vermischten?
So wartete ich auch auf die Reaktion der Neuen auf die meinen Worte. Das erste Bild hätte ich dann schon mal von ihr, denn reagieren konnte man auf die verschiedenste Weise. Sie könnte so tun, als ob sie mich überhört hätte und künstlich ihre Interesse einem völlig belanglosen Buch schenken, da sie sich beim anstarren ertappt gefühlt hat, oder sie könnte in Verlegenheit geraten, was ich jedoch bei ihrer Schale nicht annahm (doch sollte man nicht in Schablonen denken) oder sie könnte einfach darauf eingehen… oder, oder, oder… Es gab immer so viele Optionen auf dieser Welt und mindestens die Hälfte davon, war ein ständiges Schauspiel.
Sie kam auf mich zu und jede Bewegung wirkte Makellos und voller Stolz. Meinem Bruder würde sie wahrscheinlich gefallen, denn sie strahlte eine klassische Würde aus, die in diesen Zeiten oft in deformierter Form präsent war. Beispielsweise spiegelten Rachel MacLean und Eileen Pennyfeather solche verformten Grazien aus. Sie wollten Elegant wirken, doch ohne dem Make-Up würden sie nicht viel besser als ein Bettelmädchen aussehen, sie wollte Würde ausstrahlen, doch ihre inneren Leiber waren voller Dreck, die wollten sogar Kälte ausstrahlen, doch ich weiß, dass sie gewaltige Schwächen in sich trugen… sie waren eben nur alberne Narren in edlen Gewändern.
Ganz so fließend wirkten ihre Bewegungen nicht mehr, als sie Platz nahm, doch hatte dies bei ihr eine gewisse Art der… Beharrlichkeit?
Ich entgegnete ihren Blick und ich musste zugeben, es war ein seltsamer Moment. Ich mied immer Blicke, da ich nur den Spott und die Demütigung daraus las, doch sie kannte mich angeblich nicht. Nun, ich war mir sicher, dass sie mich nicht kannte und so musste ich ihren Blick nicht meiden. Ich wollte eigentlich auch gar nicht, denn ich konnte ihr ablesen, dass sie wirklich großen Stolz besaß. Oder waren ihre Augen nur so prägnant? Doch man nannte diese doch nicht unnötig, die Spiegel der Seele.
Meine Seele war wohl vielen leid und so konterte ich sie mit einem leicht müden Blick, welcher auch noch durch die vorherige Einnahme der Tabletten verursacht war. Diese machten mich immer sehr schläfrig.
Nach ihren Worten nickte ich bedächtig. Es ging ihr um ihren eigenen Profit und ich kannte den Weg dazu. Es war doch immer dasselbe Spiel, jeder eiferte seinem eigenen Weg nach auf irgendeine Weise und ich… spielte hier einfach mit. “Ich könnte dir sogar etwas empfehlen…“. Neuland. Es war mir auch neu, jemanden etwas zu empfehlen und überhaupt eine Konversation auf diese Art zu führen, falls dies schon unter die Sparte „Konversation“ gehörte.
Kurz darauf nannte sie mir ihren Namen und das Haus, nun, ich wusste, dass sie eine von
Uns?
Den Slytherins war. Wie gesagt, man musste manchmal nur den ganzen Menschen lauschen, zwischen den Zeilen konnte man sogar nützliches heraushören.
“Vivian Elroy, ebenfalls Syltherin…“ der Schall meiner Stimme erklang in meinen Ohren sehr gedämpft doch auch ihre Stimme hatte ich nicht in den klaren Klängen vernommen. Die ganzen Chemikalien in den Medikamenten machten mich völlig Benommen, doch ich kannte diesen Zustand zwischen Illusion und Realität, denn fühlte ich mich manchmal beim wirken der Tabletten wirklich so, als wäre ich gefangen in einer Illusion. Alles war im fahlen Licht getaucht und die Geräuschekulisse wurde von einer unsichtbaren Wand gedämpft, selbst die Schmerzen verflüchtigten sich wie Rauch und meine Bewegungen glichen dem Gefühl, wie man jene im Traum empfindet.
So erhob ich mich und mir war klar, dass ich die dritte Aufgabe nicht mehr lösen würde. Doch ich hätte sie auch ohne „Störung“ niemals fertig gebracht, ich driftete doch schon vorhin gedanklich weit hinab.
Soll ich ihr sagen, sie soll mir folgen? Doch sie ist kein Hund, der nur auf Kommando hört… sie wird meinem Pfad schon folgen…
So führte ich sie schweigend zu der Reihe, wo sich die Werke befanden, die der Kategorie Kräuterkunde zugehören. Denn auch ich hatte dieses Fach und da mich die Müdigkeit oft im Unterricht einholte, musste ich vieles auf eigenen Wegen nachholen.
Am gesuchten Regel angekommen machten wir halt und meine Finger, die aus meinen Ärmeln hinausschauten, denn ich ließ immer die Ärmel meine Hand überdecken, glitten über fünf Bücherrücken in der dritten Reihe, als sie halt machten.
“Alfred N. Jewers-Clairk. Über das Alphabet der Kräuter hinaus.“ Das genannte Buch fischte ich heraus. “Ich selbst habe auch Kräuterkunde und das Buch ist wohl das Lexikon aller Kräuterbücher… durch die Randnotizen zahlreicher Schüler erhält man noch darüber hinaus nützliche Informationen…“ Eigentlich sollte man ja solche Schmierereien in Büchern melden doch wer tat das schon? Es waren ja keine stupiden Kommentare in dem Buch versehen, sondern eben dienliche Hinweise, die scheinbar in den Prüfungen von großem Wert waren.
Ich hielt ihr das Buch hin und wartete bis sie jenes an sich nahm, ehe ich erneut nach einem weiteren Werk suchte. Es lag alles schön Alphabetisch geordnet, wenigstens so eine Ordnung gab es hier… “Von Nachtschattengewächsen und Wasserpflanzen Sigmura Leandra Greiffeder.“ Auch reichte ich ihr jenes Buch, jedoch mit beiden Händen, da es ein Monster von Buch war. “Die beiden müssten für den Anfang reichen… Jenes hier ist vor allem Aufgrund der Illustrationen sehr empfehlenswert“
Ich übernahm hier schon fast die Rolle einer Bibliothekarin. Eigentlich kein schlechter Beruf… Zischte es mir in Windeseile durch denk Kopf. Als Bibliothekar ist man nützlich. Eine Suchmaschine aus Menschenfleisch. Wichtig für den Moment, aber später vergessen, und es waren sowieso die Bücher, welche im Scheinwerfer Licht standen, ich gab lediglich Informationen über den Klappentext hinaus.
Ach Vivian… jetzt fängst du wirklich an zu spinnen…
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#6 Die Ballade des asymmetrischen Schmetterlings |
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Jetzt saß ich doch tatsächlich an diesem Tisch und gegenüber von mir saß dieses Mädchen, welchen Namen ich immer noch nicht kannte und der mich im Moment auch nur halbwegs interessierte. Jedenfalls war sie mir sympathischer als manch andere Person, deren Bekanntschaft ich schon gemacht hatte und ein Rachel-Verschnitt war sie ebenfalls nicht, eindeutig einen riesiger Pluspunkt auf ihrem Konto. Auch wenn mir bei genauerem Betrachten des Mädchens auffiel, dass sie nicht sonderlich freundlich aussah. Eher wirkte sie vielmehr abgeschieden von der Welt, so blass und so kühl, kein Lächeln zu entdecken. Fast unheimlich, dieses Mädchen und dennoch, das faszinierte mich bekanntlich ja und immerhin viel besser als diese ganzen Barbiepuppen. Vielleicht hatte ich ja sogar mal irgendwann die Chance meiner Mitschülerin modische Beratung zu geben, dann hatte sie vielleicht bald nicht mehr solche Klamotten an. Ich würde zwar nicht sagen, dass sie schlecht aussah, aber ich war eindeutig der Meinung, dass sie viel mehr aus sich machen könnte. Aber darüber konnte ich noch ein anderes Mal nachdenken, schließlich war ich aus einem anderen Grund zu ihr herübergegangen.
Meine vorherige Musterung war ihr wohl nicht entgangen, aber sie schien sich nicht wirklich etwas daraus zu machen und antwortete mir schließlich sogar. Sie könne mir sogar etwas empfehlen, sagte sie zumindestens und ich war wirklich gespannt, was sie mir zu erzählen hatte. Menschen, die mir gleichzeitig unheimlich waren, waren für mich eben noch umso interessanter. Ich fragte mich also, was wohl hinter diesem Gesicht steckte und vor allem fragte ich mich auch, ob sie mir wirklich nützliche Informationen geben konnte. Sonderliche Bedenken hatte ich dabei ja nicht, aber man wusste nie, an wen man geriet. Hinter einer freundlichen Fassade konnte doch so oft ein wirkliches Biest stecken und auch umgekehrt. War denn eigentlich überhaupt jemand nach außen jemals so, wie er wirklich war? Ich glaubte nicht daran und wenn, dann war das ganz selten der Fall. Jeder trug doch ein Geheimnis in sich, manche auch einfach mehrere, kleine Geheimnisse. Aber jemand der sich total offen der Welt präsentierte und sagte "Hört her, das bin ich!"? Nein, so jemanden gab es nicht, zumindestens hatte ich noch niemanden der Sorte kennen gelernt. Selbst die Nettesten hatten mir in dieser Sache nichts vormachen können. Einzelne Gesten, Verhaltensweisen oder einfach nur der Ton, mit dem man sprach, zeigte wie sehr man sich verstellen konnte. Auch ich war eine dieser Personen, doch ich tat es bewusst. Ich tat es, weil ich damit oft das erreichte, was ich wollte. Andere taten es einfach unbewusst.
Bevor ich also irgendetwas zu der noch Fremden sagte, blickte ich sie einfach mit neutralem Gesichtsausdruck an und wartete darauf, dass sie noch irgendetwas sagte. Ich musste auch gar nicht lange warten, da hatte sie mir schon ihren Namen genannt. Vivian Elroy hieß sie also, naja, noch nie gehört. Doch die Tatsache, dass ich ihren Namen nicht kannte, war ja eigentlich kein Wunder. Ich war erst seit ein paar Tagen hier und ich konnte mir unmögliche sämtliche Namen merken, die man mir an den Kopf knallte. Natürlich sollte ich Anschluss finden und man hatte mir auch gesagt, dass dies nicht schwer sei, aber ich verschaffte mir lieber erstmal einen Überblick. Dass sie aus Slytherin kam, war allerdings nicht zu übersehen, ich hätte sie auch keinesfalls irgendeinem anderen Haus zugeordnet. Erstens hatte mir das ihre Ausstrahlung zu verstehen gegeben, zweitens sah man das ja auch an der Schuluniform, wenn man denn auf diese achtete. Und das tat ich meistens, schließlich würde ich mich keinenfalls mit irgendwelchen Einfallspinseln abgeben. Was ich damit meinte? Naja, meine Tante hatte mir da schon einige Geschichten in den Ferien erzählt. Zwar hatte Aunty nicht immer recht und dennoch, man konnte sich ja mal darüber Gedanken machen. So hatte sie mir auch erzählt, dass es wohl besser wäre, wenn ich mich an die Leute aus meinem Haus richten würde und vor allem von den Hufflepuffs und Gryffindors sollte ich mich fernhalten, die wären ganz scheußlich. Ob ich ihr glauben konnte oder nicht, das würde sich ja innerhalb meines Schuljahres noch zeigen. Jedenfalls dienten die meisten meiner Freundschaften eh nur zum Zweck. Richtige Freundschaften pflegte ich selten und wenn doch, dann waren es tiefe Freundschaften.
Ob ich mich mit dieser Vivian eventuell anfreunden könnte? Ich wusste es nicht. Wenn sie das Modebewusstsein kennen lernte, ja vielleicht. Jetzt galt es aber erstmal ihr zu folgen, schließlich hatte ich eine Menge Arbeit vor mir und ich war ziemlich froh, dass sie mir etwas weiterhelfen konnte.
So folgte mein Blick ihr kurz, bevor ich galant aufstand und ihr hinterher stolzierte. Meine anderen Bücher ließ ich einfach auf dem Tisch liegen, an die würde sicher niemand gehen.
Wir gingen also durch sämtliche Reihen hindurch und mein Blick fiel immer wieder mit großen Augen auf die vielen Bücher, die hier standen. Hier gab es einfach eine Unmenge an Büchern, dennoch waren es sicherlich nicht so viele wie bei uns in Durmstrang. Allerdings konnte man Hogwarts und Durmstrang eh nicht wirklich vergleichen, waren diese doch wirklich sehr unterschiedlich.
Dann blieben wir an einem Regal stehen und ich schaute meiner Mitschülerin gespannt zu. Hoffentlich würde mir sie nicht allzu viele Bücher geben. Ich las zwar gerne, doch mit zu viel Material auf einmal konnte selbst ich nichts anfangen.
“Alfred N. Jewers-Clairk. Über das Alphabet der Kräuter hinaus.“ Schon drückte sie mir ein recht gewaltiges Buch in die Hand und ich nahm es ihr begutachtend ab. Das würde ja ein Spaß werden, hatten die hier etwa überall so dicke Wälzer? Ich hoffte nun darauf, dass sie mir vielleicht ein etwas dünneres Buch geben würde, doch ich wurde leider wieder enttäuscht. “Von Nachtschattengewächsen und Wasserpflanzen Sigmura Leandra Greiffeder.“ sagte Vivian wieder und meine Augen fielen direkt auf das recht imense Buch, welches sie mir wieder entgegenhielt. Ich versuchte völlig gelassen zu reagieren und brachte nur ein gequältes Lächeln zustande. Hätte man mir vorher gesagt, dass es sich um solche Monsterbücher handelte, hätte ich sicherlich nicht nach ihrer Hilfe gefragt. Aber wer zu spät an solche Dinge dachte, den bestrafte das Leben eben. Durch die beiden Bücher, die ich nun mit beiden Armen anpacken musste, sackten diese etwas tiefer und ich versuchte meiner Mitschülerin irgendwie verständlich zu machen, dass ich diese schnellstmöglich abladen wollte egal wo.
"Danke." Auch hier versuchte ich in neutralem, recht höflichem Ton zu sprechen, doch es klang eher gequält, was ja eigentlich auch kein Wunder war. Ich nickte also noch einmal kurz, bevor ich auf dem Absatz umdrehte und wieder in Richtung Tisch stolzierte. Das Stolzieren sah allerdings doch mehr wie ein Wanken aus, denn das Gewicht der Bücher ließ meine Arme immer mehr nach unten sacken und so war ich recht froh, als ich nach einigen Augenblicken letztendlich an meinem Tisch angelangt war.
Mit einer Wucht ließ ich die Monsterteile los und sie knallten mit einem lauten Aufprall auf den Tisch. Oh, hoffentlich bekam ich deswegen keinen Ärger. Aber warum hatten die auch schon wieder solche dämlich schweren Bücher?
Erschöpft ließ ich mich an dem Tisch nieder und seufzte etwas. Ich hatte gar nicht mehr auf Vivian geachtet und jetzt fragte ich mich natürlich, ob die Slytherin etwa nicht auf Konversation aus war wie so viele andere. Dann kam mir allerdings schnell der Gedanke, dass sie vielleicht wirklich nur hatte höflich sein wollen und keine dieser Quasselstrippen war. Ein eigentlich recht beruhigender Gedanke, so konnte ich mich diesen Monstern widmen. Aber ob ich Lust dazu hatte? Definitiv nicht.
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#7 Die Ballade des asymmetrischen Schmetterlings |
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Als ich Fijdora mit den Monsterbüchern so dastehen sah und als sie sich bei mir für die Bücher bedankte, empfand ich in dem Moment ein Gefühl, welches mich zum Helfen drang. So als würde etwas längst Vergessenes aus meinem Hinterkopf rufen, „Hilf ihr, hilf ihr verdammt!“. Doch ich wusste nicht, wie ich handeln sollte. Ich hatte noch nie jemandem „unter die Arme gegriffen“, es hatte auch noch nie jemand von mir Hilfe verlangt, selbst Daheim erledigten alle Aufgaben die Bediensteten und wenn mein Vater etwas benötigte, wäre ich der letzte Mensch auf Erden, den er nach Hilfe fragen würde. So wie mein Vater, dachten auch alle anderen Familienmitglieder…
So stand ich eher etwas unbeholfen da und sah mit an, wie sich Fijdora abmühte. Vielleicht war diese Umzeichnung auch etwas übertrieben, aber sie wirkte nicht gerade wie ein Kind beim Blumenpflücken. Vielleicht hätte ich ihr meine Hilfe anbieten sollen? Vielleicht hätte ich ihr nicht die Bücher so aufdrängen sollen? Aber vielleicht fühlt sie sich in ihrem Stolz verletzt, wenn ich ihr meine Hilfe anbiete und vielleicht würde ich mich nur unnötig dabei lächerlich machen, wie ich vielleicht das Buch fallen lassen würde… Vielleicht, vielleicht… Das ganze Leben wurde in großen Lettern mit „Vielleicht“ geschrieben. Man konnte sich über Alles Gedanken machen, man konnte alles in Frage stellen, man konnte sich tausende Wege ausmalen, aber was tat man meist? Nichts, genauso wie ich jetzt.
Doch warum mache ich mir überhaupt die Geistige Arbeit? dachte ich mir als ich hinter der neuen Slytherin her Schritt. Kann es mir nicht absolut Gleichgültig sein, was mit ihr ist? Mit könnte es doch selbst egal sein, wenn sie einen 80 Kilo Amboss mit sich schleppen würde, es war doch ihre Sache… und doch machten sich meine Hintergedanken sorgen (nein, nicht Sorgen, das wäre viel zu viel… es war eher mit Unannehmlichkeiten verbunden…). Vielleicht war es der letzte Fetzen von Menschsein, der in mir gerade aufquoll, weil ich irgendwo, insgeheim, auch zu den Menschen zählen wollte, auch zu etwas gehören wollte und vor allem, weil mir jemand mit totaler Neutralität gegenüber trat. Sie hatte nichts über mich gehört, rein gar nichts. Keine Schauergeschichten, so hatte sie nicht die Gelegenheit gehabt, ein schlechtes Urteil über mich zu pfählen. Sie hatte auch nichts von meiner Krankheit gehört, so konnte sie auch keinen Ekel empfinden, oder Angst oder vielleicht sogar Mitleid…
Sie hatte einfach einen neutralen Grund, welchen ich nun formen konnte, je nachdem, wie ich mich verhielt. Ich bin also nicht nur das ungeschriebene Blatt, sondern zugleich der Schreiber…
Am vorherigen Standort angekommen nahm sie wieder Platz und wollte sich wohl den „Schinken“ hingeben.
Einen Augenblick lag mein Blick noch auf Fijdora, fast als würde der Meister sein eigenes Werk ansehen. Nun, irgendwie war es auch eine Art „Werk“, schließlich hätte sie ohne meiner Hilfe diese Kolosse von Informationen nicht erhalten. Dann wollte ich mich meinen eigenen Schulaufgaben widmen, als auf einmal ein plötzlicher, stechender Schmerz aus der Richtung meines Herzens kam. Es war mein Herz. Es fühlte sich an, als würde mein Herz gegen eine Klinge pochen, die sich irgendwo in meinen Innereien verfangen hatte, oder als wenn sich meine Rippen nach innen gebogen hätten und nun voller Tatendrank mein Herz durchlöchern.
Dies hatte ich oft, auch jeder gesunde Mensch hatte so ein Herzstechen ab und zu. Mir half da immer das einhalten der Luft, denn wenn ich tief einatmete, wurde der Schmerz unerträglich. Doch mein Herz pochte asymmetrisch, wie ein verwundeter Schmetterling. Mal etwas schnell, dann langsamer… wie ein Tänzerpaar, welches gerade einen Trauerwalzer übte. Fast automatisch wollte ich die schmerzende Körperstelle berühren, doch nicht vor Fijdora. Ich wollte mein krankes Bild ihr nicht jetzt schon antun. Ich wollte auch einmal ein weißes Blatt bleiben…
“Ich…“ mir fiel es schwer zu sprechen in dem Moment, doch ich konnte nicht Wortlos verschwinden, aber es schmerzte so sehr, so sehr… “…muss noch was… erledigen…“ Meine Worte mochten ihr nun etwas abgehackt und happig wirken, doch mehr konnte ich nicht leisten. Ich spürte, wie die Kälte über meinen Körper schlich. Zunächst über meine Hände, diese mussten nun eisig kalt sein wie die einer Porzellanpuppe, dann mein gesamter Körper und ich begann leicht zu frösteln. Ich muss von hier weg. Auf mein Zimmer. Zum Schrank. Ich wusste, dass sich auch die Gesichtsblässe über mein Antlitz gelegt hatte, doch ob es Fijdora auffallen würde, wusste ich nicht. Ich war ja an sich schon relativ blass. Sie wird es merken.
“Wir werden…uns... bestimmt noch sehen…bis…dann…“ meine Worte waren begleitet vom schweren und ungleichmäßigen Atem. Endlich wand ich mich von ihr ab und verschwand zwischen den Regalen. Mein Buch hatte ich auf dem Sitzplatz liegen lassen…
Gehe nach: folgt
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#8 Die Ballade des asymmetrischen Schmetterlings |
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“Ich hoffe dir bringen diese Wälzer was… ich habe nun Unterricht… Man wird sich bestimmt noch sehen… Bis dann…“ Mit diesen Worten verabschiedete sich Vivian von mir und ich sah ihr kurz mit einem Nicken hinterher. Ich hatte sie ja nicht wirklich kennen gelernt und so konnte ich auch überhaupt nicht sagen, ob ich sie jetzt mochte oder nicht. Jedenfalls war sie keine dieser Tussis, wie ich ja schon festgestellt hatte und darüber war ich immer noch sehr froh. Doch wer war sie? Welche Persönlichkeit steckte hinter dem Mädchen, dass mir eigentlich gerade recht freundlich weitergeholfen hatte? War sie vielleicht eine dieser, die sich hinter ihrer Fassade versteckten? Oder war sie einfach nur ruhig und redete nicht gerne? Dies interessierte mich doch mehr als ich geglaubt hatte und ich musste zugeben, dass ich mich wahrscheinlich wieder mit meiner Mitschülerin unterhalten würde, rein interessenhalber versteht sich.
Doch jetzt konnte ich mich ja erstmal den Büchern widmen, die sie mir vorhin in die Hand gedrückt hatte. Mein Blick fiel nur mit großen Augen auf den Platz vor mir und ich seufzte ein wenig. Das waren echt Monsterbücher und eigentlich hatte ich absolut keine Lust auch nur einen Blick hineinzuwerfen. Das waren einfach zu viele Informationen auf einmal, das konnte ich mir im Leben nicht merken. Doch ich würde sie ganz sicher nicht mit in den Schlafsaal schleppen,oder? Ich wusste ja nichtmals, wie das hier auf Hogwarts so ablief, ob man eben eine Zeitfrist hatte und die Bücher nach dieser zurückgeben musste und überhaupt. Ich merkte, dass ich so gut wie noch gar nichts wusste und schließlich konnte ich nicht einfach davon ausgehen, dass hier alles so war wie bei uns. Was würde ich denn dann machen wenn dies mal nicht der Fall war?! Schließlich konnte ich schlecht immer mit der Ausrede kommen ich hätte es nicht besser gewusst, oder? Aber wahrscheinlich würde bei den männlichen Lehrkräften eh ein Augenaufschlag genügen und die Sache wäre aus der Welt.
Allerdings ersparte ich mir hiermit immer noch nicht das Lernen, denn es gab schließlich auch weibliche Lehrpersonen und ich war mir nicht wirklich sicher, ob bei diesen solch eine Masche auch ziehen würde. Eigentlich war ich sogar davon überzeugt, dass ich bei denen schlechte Karten hatte. Ich musste mich jedes Mal sowieso schon zusammenreißen um nichts Falsches zu sagen und dann passierte es mir doch ab und an. Da half bei den Männern ein kleines Zwinkern und man hatte seine Sorgen vergessen und diese ihre Gedanken. Bei Frauen, nun ja, die waren einfach neidisch oder provozierten einen dann mit dummen Sprüchen. Ich kannte das nur zu gut und war froh, dass ich bis jetzt noch keiner dieser Lehrerinnen begegnet war. Überhaupt hatte ich ja noch recht Glück mit den Personen, die mir bis jetzt begegnet waren. Ich hatte keine allzugroßen Probleme mit irgendjemanden, ausgenommen von dieser Rachel, doch an die wollte ich erst gar nicht denken.
Als ich mir also Gedanken über dies und jenes machte und gelangweilt über meinen Büchern hing, sah ich mich verzweifelt um. Gab es denn wirklich niemanden hier in dieser Bibliothek, der gerade keine Lust auf lesen hatte, mich unterhalten wollte oder wenigstens mir sagen konnte, was es hier auf Hogwarts alles noch zu sehen gab?! Naja, vielleicht musste ich mich einfach nur in meiner Geduld üben und ein wenig warten. Ja genau, warten, das war das richtige Stichwort. Ich ließ meinen Blick wieder zurück auf meine Bücher gleiten und begann dann eher gelangweilt in dem Ersten herumzublättern.
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#9 Die Ballade des asymmetrischen Schmetterlings |
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Komme von: Wiedersehensfreude
Ein paar Minuten blieb ich noch sitzen. Joshua wollte noch mit mir reden. Das hörte sich nicht gut an, wie er es gesagt hatte. Schon gleich befiel mich wieder das altbekannte Gefühl, welches sich nur allzu gerne in meiner Magengegend einnistete. Ja, ich machte mir Sorgen, große Sorgen sogar. Was war nur passiert? Denn passiert war sicher etwas. Es beruhigte mich nur ein ganz klein wenig, dass er bereit war, darüber zu reden. Allerdings... wollte er über sein Problem reden, oder wollte er einfach nur so mit mir reden? Alice, das geht jetzt zu weit. Er würde so etwas nicht sagen, würde er nicht über seine Probleme reden wollen. So musste es sein.
Mit einem Seufzer stand ich auf, nur um hilflos in der Gegend herum zu stehen. Was sollte ich jetzt machen? Natty und Joshua waren im Unterricht und ansonsten waren auch nicht sonderlich viele andere Schüler im Gemeinschaftsraum. Welchen Unterricht hatte ich denn als nächstes? Muggelkunde. Doch bis dahin war es noch Zeit, was also tun? Lernen? Konnte eigentlich nicht schaden. Allerdings könnte ich mir auch ein Buch ausleihen, schließlich hatte ich im Moment nichts zu lesen. Also verließ ich den Gemeinschaftsraum und machte mich auf den Weg zur Bibliothek.
Dort angekommen streifte ich durch die Reihen von Regalen und hielt nach einem Buch Ausschau, welches mich interessieren könnte, doch mir stach keins wirklich ins Auge. Also ließ ich meinen Blick über die paar Schüler wandern, die sich hier aufhielten. An einem Tisch saß ein Mädchen, welches ich nicht kannte. Sie sah wirklich hübsch aus. Nicht dieses ‚hübsch’, welches man für Puppen oder sonstiges benutzt. Eher ‚hübsch’ wie ‚schön’, ‚elegant’. So etwas. Wie auch immer, ich kannte sie nicht. Vielleicht war sie neu auf der Schule, ich hatte gehört, dass dieses Jahr viele neue Schüler nach Hogwarts kommen würden.
Auf dem Tisch, an dem sie saß, stapelten sich ein paar Bücher, wahrscheinlich lernte sie, doch dabei sah sie eher gelangweilt aus. Da ich im Moment eh nichts zu tun hatte trat ich an ihren Tisch. “Guten Morgen. Ich wollte nicht unhöflich sein, aber ich habe dich hier noch nie gesehen. Bist du neu?“ Interessiert sah ich sie an. Natürlich könnte ich mich auch hinsetzen, aber das fand ich ein wenig unhöflich, also blieb ich stehen. Apropos unhöflich, vielleicht sollte ich mich vorstellen. Ich streckte ihr meine Hand entgegen. “Ich bin übrigens Alice.“, sagte ich also und lächelte sie dabei freundlich an.
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Da ich wirklich keine Lust hatte auf diese Bücher kam es mir gerade recht als ein Mädchen, welches ich noch nicht kannte etwas neugierig zu mir hinübersah und den Anschein machte als ob sie gleich zu mir hinüber kommen würde. Normalerweise mochte ich diese durchdringenden, aufschlingenden Blicke ja überhaupt nicht, doch was man nicht alles aus Langweile ertrug. Also blickte ich einfach auf, lächelte sie matt an und ließ meine Hände auf meinen Büchern ruhen. Wenn sie etwas wollte, dann konnte sie ja zu mir herüberkommen und wenn nicht, dann sollte sie es stehen lassen. Mir war zwar im Moment jede Gesellschaft recht, allerdings konnte ich mich ja immer noch irgendwo anders hinbegeben wenn sich keine Gesellschaft für mich finden würde.
Ich sah sie also beständig an und war auch nicht sehr überrascht, als sie einige Augenblicke später schon an meinem Tisch stand. Mein Blick fiel von ihrem Gesicht erst auf ihre Schuluniform, dann wieder hoch in ihr Gesicht und ich schaute sie recht skeptisch, wenn auch höflich an. Ich hatte es laut Schulabzeichen also mit einer Hufflepuff zu tun, nun ja, ich sollte wohl abwarten und nicht gleich kritisch an die Sache rangehen. Jemanden mit dem man reden konnte, egal aus welchem Haus, war eben immer noch besser als überhaupt niemand und vielleicht war sie ja gar kein Dummchen. Ich nickte bei ihren Worten also leicht und bot ihr mit einem Handwink den Platz von mir gegenüber an.
"Ja, ich bin Fijdora Cerny, komme aus Durmstrang und bist wie du richtig erkannt hast eben neu hier. Also setz dich doch." meinte ich mit neutraler Stimme und schüttelte dann kurz, aber nur aus Höflichkeit die Hand von dem Mädchen, dessen Namen ich gerade eben erfahren hatte. Alice hieß sie also und sie war eine Hufflepuff, das stand außer Frage. Doch war sie nun eine dieser Schülerinnen, die typisch Hufflepuff waren? Ebenso eine, von denen mir meine Tante viel erzählt hatte. Ihrer Meinung nach waren die Hufflepuffs nämlich dumm, naiv und einfach zu nichts zu gebrauchen. Wenn das stimmte, dann wäre diese Alice nicht wirklich eine Bekanntschaft für mich. Doch bevor ich nicht wusste ob sie mir nützlich sein konnte, egal auf welche Art und Weise, würde ich total freundlich zu ihr sein. Zumindestens würde ich mich bemühen dies zu sein. Bekanntlich fiel mir freundlichsein nicht immer leicht und ich hatte oft große Mühe damit mich so zu geben, wie ich einfach nicht war. Jedenfalls wenn ich nicht anders, also freundlich sein wollte. Schließlich gab es auch die Augenblicke, bei denen Freundlichkeit einfach von großem Nutzen war und dann, dann beherrschte ich diese Eigenschaft auch nahezu perfekt.
Ich wartete also darauf, dass sich die Hufflepuff endlich niederließ und schenkte ihr während ich sie wieder etwas musterte ein kühles Lächeln. Sollte ich noch etwas hinzufügen oder sollte ich lieber erst schweigen? Hoffentlich war sie wenigstens eine gesprächige Person sonst wäre sie ja gar nicht zu gebrauchen.
"Auch keinen Unterricht?" fragte ich eher beiläufig und versuchte dabei normal zu klingen. Ich wusste ja nicht über was die Hufflepuff reden wollte und wenn ich Pech hatte, so war sie eine totale Langweilerin.
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Sie hatte mich schon gesehen, noch bevor ich zu ihr gegangen war. Ein kleines Lächeln, welches ich nicht genau definieren konnte, war dabei auf ihren Lippen zu sehen. Als ich dann an ihrem Tisch angekommen war ließ sie ihren Blick über mich gleiten. Ihr Gesichtsausdruck war dabei.... ich konnte es nicht genau definieren. Auf jeden Fall war er nicht unhöflich, weswegen ich sie ja auch angesprochen hatte.
"Ja, ich bin Fijdora Cerny, komme aus Durmstrang und bist wie du richtig erkannt hast eben neu hier. Also setz dich doch.", antwortete sie auf meine Begrüßung. Auch ergriff sie meine ausgestreckte Hand, um diese kurz zu schütteln. Anschließend setzte ich mich, da sie mir es ja angeboten hatte. Erst jetzt ließ auch ich meinen Blick über ihre Figur wandern und meine Augen blieben an dem Hauszeichen hängen. Slytherin. Aber es stimmte, sie war von einer Art Aura umgeben, die mich dazu veranlasst hatte, sie, ohne ihr Haus zu kennen, sofort bei Slytherin einzuordnen. Doch ich war niemand, der nun sofort Reißaus nehmen würde. Auch wenn sie in dem Haus der Schlange, wie ich es gerne nannte, lebte, so konnte sie dennoch nett sein.
Nun sah ich ihr wieder ins Gesicht und erkannte dort ein kühles Lächeln. Es könnte durchaus sein, dass sie gar nicht an einer Unterhaltung interessiert war, allerdings könnte es auch sein, dass sie einfach nicht wusste was sie jetzt sagen sollte. Aber es könnte auch ganz andere Gründe für dieses Lächeln geben. Vielleicht war es einfach ihre Art. Vielleicht, vielleicht, vielleicht. Einfach viel zu viele ‚vielleichts’. Ich sollte einfach abwarten, keinen Tee trinken, aber abwarten. Hätte sie keine Lust an einer Unterhaltung, so hätte sie dies auch am Anfang sagen können, anstatt mir einen Platz anzubieten.
"Auch keinen Unterricht?" Ihre Worte rissen mich aus meinen Überlegungen. Sofort schlich sich ein freundliches Lächeln auf mein Gesicht. “Nein, ich habe auch keinen Unterricht. Also dachte ich mir, ich lerne ein wenig, obwohl ich ehrlich gesagt nicht wirklich Lust dazu habe. Es waren nur belanglose Worte, doch eigentlich brachen belanglose Worte normalerweise das Eis. Ich hoffte, hier war es auch der Fall. “Und du? Mein Blick glitt deutlich über die dicken Bücher, die auf dem Tisch lagen. “Versuchst du auch zu lernen?“ Versuchen? Das hätte ich vielleicht auch anders sagen können. Es war zwar nicht schlimm, aber ich wusste schließlich nicht, ob sie es nur versucht hatte, oder ob sie wirklich gelernt hatte, bis ich sie dabei unterbrochen hatte. Obwohl sie sehr gelangweilt ausgesehen hatte. Ja, als ich sie hier gesehen hatte, hatte sie wirklich lustlos ausgesehen, der Grund, weswegen ich sie überhaupt angesprochen hatte.
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Trotz der Bedenken, die ich bei ihr hatte, war ich noch freundlich zu der Hufflepuff und musste sagen, dass sie sich bis jetzt noch nicht als nervig erwiesen hatte. Immerhin hatte sie sich nicht einfach hingesetzt, hatte abgewartet und hatte nicht gleich begonnen irgendwelchen Stuss zu reden. Gut, umso besser, das rechnete ich ihr hoch an. Und immerhin sah sie wenigstens gemustert und recht ordentlich aus, nicht so wie manch andere. Ebenfalls so wie diese Vivian von vorhin stufte ich sie auch nicht als Tussi oder Barbiepuppe ein, sie schien mir da eher doch recht gewöhnlich und das war auch gut so. Ansonsten hätte ich mich auch sicher nicht mit ihr unterhalten. Ich hatte zu viele von diesen Puppen gesehen und langsam reichte es mir. Gab es denn keine einzige weibliche Person mit Eleganz? Eine die einfach Stil hatte? Irgendwie zweifelte ich doch stark daran. Jedoch konnte mir eine von denen sowieso nie das Wasser reichen.
Ich belächelte mein Gegenüber also etwas und machte es mir auf meinem Stuhl bequem. Eigentlich wusste ich ja, dass man in der Bibliothek nicht reden sollte oder zumindestens nicht laut sein sollte, doch das war mir egal. Die meisten Schüler waren eh im Unterricht und so war ich ganz froh, gleichzeitig auch überrascht hier jemanden anzutreffen. Außerdem schien diese Hufflepuff, wie hieß sie gleich nochmal? Diese Alice in meinem Alter zu sein und das hatte auch noch einen großen Vorteil. Wenn man ungefähr im selben Alter war, dann hatte man vielleicht die selben Dinge, die einen interessierten und konnte so auch darüber reden. Vielleicht hatte Alice ja einige interessante Geschichten zu erzählen, hatte ein interessantes Hobby oder konnte mich einfach unterhalten. Dann war sie wirklich gut, wenn sie das konnte. Doch erst einmal war ich froh, dass überhaupt Ablenkung gekommen war. Es war ja nicht üblich, dass man immer gleich zu jedem hinrannte, den man nicht kannte. Jedenfalls tat ich das nicht so. Die Kerle waren da allerdings auch schon wieder eine Ausnahme.
Gedankenversunken beugte ich mich also etwas über meine Bücher und legte den Kopf etwas schief. Hoffentlich war die nicht eine allzu große Quasseltante, aber sie musste schon etwas zu erzählen haben, mich konnte man nämlich wirklich schnell langweilen.
“Nein, ich habe auch keinen Unterricht. Also dachte ich mir, ich lerne ein wenig, obwohl ich ehrlich gesagt nicht wirklich Lust dazu habe." sagte die Hufflepuff schließlich zu mir und ich nickte verständnisvoll.
"Ja, das kenne ich. Nur da ich neu bin, sollte ich mir schon einiges zu Gemüte führen." antwortete ich ihr etwas seufzend und deutete mit einem Handwink auf meine Bücher vor mir. Wenigstens hatte sie genauso wenig Lust zu lernen wie ich, also würde sie so schnell sicher auch nicht abhauen.
Schließlich fragte sie mich, ob ich auch versucht hätte zu lernen und ich schüttelte den Kopf.
"Versucht habe ich es noch nicht. Ich wollte zwar wirklich etwas lernen, aber ich hab heute nicht so den Willen dazu." entgegnete ich ihr einfach schlichtweg und lächelte matt. Meine Hände ruhten nun auf meinen Büchern und ich sah Alice etwas fragend an. "Sag mal, wie alt bist du eigentlich?" Irgendwie wollte ich lieber sichergehen, man wusste heutzutage ja kaum noch, wie alt jemand war, nach dem Aussehen konnte man einfach nicht gehen.
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Die ganze Zeit über war mein eigentlich immer anwesenden freundliches Lächeln nicht von meinem Gesicht gewichen. Auch jetzt tat es das nicht. Noch basierte die Unterhaltung auf rein belanglosen Dingen, Eisbrechern. Ich wollte sie ein wenig kennen lernen und sie hoffentlich auch mich. Im Moment sah es zumindest so aus, als wollte sie es, da auch sie mir ein Lächeln schenkte. Es war nur ein normales, höfliches Lächeln, welches man wohl jedem geschenkt hätte, den man nicht kannte, aber immerhin war es ein Lächeln. Als ich dann die Unterhaltung ein wenig weiter führte sah sie auch nicht so aus, als würde es sie nerven. Das war immer gut, ich mochte es nicht, wenn ich jemanden nervte, was leider immer mal wieder vorkam. Ich hatte mir schon so oft vorgenommen, etwas gegen mein Helfersyndrom zu unternehmen, aber es hatte nicht geklappt. Es war, als würde ich dazu gezwungen, jemanden zu helfen, auch wenn ich das im Endeffekt auch nicht schlimm fand, aber das war nun nicht das Thema.
"Ja, das kenne ich. Nur da ich neu bin, sollte ich mir schon einiges zu Gemüte führen." Ich nickte leicht. “Aber man muss ja nicht sofort damit anfangen. Hast du dich schon ein wenig im Schloss umgesehen?“ Sie war wohl eine der Schüler, die wirklich etwas für ihre Noten taten, davon gab es leider nicht allzu viele. Doch man musste es ja auch nicht übertreiben. Im Moment war es wohl erst einmal wichtig, dass sie sich im Schloss nicht verlief, denn dann würde ihr das Lernen auch nichts bringen, da sie das Klassenzimmer nicht finden würde. Außerdem würde ich sie gerne ein wenig durch das Schloss führen und ihre Fragen beantworten und ihr auch helfen, sich zurecht zu finden.
Auf meine darauffolgende Frage schüttelte sie dann aber den Kopf. Sie hätte nicht den Willen dazu, heute zu lernen. Mein Lächeln wurde ein wenig breiter und wieder nickte ich, diesmal ein wenig mehr. “Das kenne ich. Man versucht es, aber dann sitzt man doch nur vor dem Buch und kommt zu nichts, weil einem tausend andere Dinge im Kopf herum gehen, die einem wichtiger erscheinen.“ So war es bei mir oft, was auch der Grund war, wieso ich manchmal nicht meine Hausaufgaben hatte. Mir gingen einfach völlig andere Dinge im Kopf herum, die mir wesentlich wichtiger erschienen.
Ihre nächste Frage überraschte mich allerdings ein wenig. Wie alt ich war? “17“, sagte ich deshalb einfach nur. Meine Verwirrung sah man mir wohl auch an, doch ich hatte mich schnell wieder gefangen. Vielleicht war es für sie einfach wichtig, oder sie wollte dadurch herausfinden, ob wir im gleichen Jahrgang waren. “Ich bin im 7. Jahrgang“, fügte ich sicherheitshalber noch mal dazu, denn es war bestimmt der Grund, weswegen sie gefragt hatte. Zumindest konnte ich mir keinen anderen Grund vorstellen.
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In die Bibliothek zu kommen hatte doch etwas Gutes gehabt, ich hatte sowieso nichts anderes zu tun momentan und so wurde mir auch nicht langweilig. Zwar war die Hufflepuff keine Quasselstrippe und sie hatte mir bis jetzt auch noch nichts von Belang erzählt, aber immerhin unterhielt sie mich ein wenig. Zu dumm, dass ich heute gar keinen Unterricht hatte, aber irgendwie war es auch von Vorteil. Auf der einen Seite stand da diese quälende Langweile und der eigentliche Sinn dieses freien Tages, der für das Lernen vorgesehen war, auf der anderen Seite, wen interessierte es, dass man eigentlich lernen sollte?! Es gab niemand, der einem hinterherspionierte um zu schauen, ob man auch fleißig war und selbst wenn mich jemand darauf ansprechen würde, dem würde ich glattweg etwas anderes erzählen. Jetzt hatte ich also Zeit mich zu entspannen, mich zu unterhalten, mich einfach zurückzulehnen und die Freizeit zu genießen, die ich hatte. Auch wenn ich diese Freizeit sonst immer mit meinen Freunden oder meinem Bruder verbracht hatte, was sollte ich machen? Ich war neu hier, fast niemand kannte mich und ich war auch nicht bereit gleich alles von mir preiszugeben. Es reichte mir schon, dass so unglaublich viele Zicken auf dieser Schule waren.
“Aber man muss ja nicht sofort damit anfangen. Hast du dich schon ein wenig im Schloss umgesehen?“ fragte Alice mich dann aber auf einmal und riss mich damit komplett aus meiner Entspannungsphase heraus. Eigentlich war ich kurz davor gewesen ein wenig zu grummeln, doch ich hielt mich zurück und nickte mit einem scharfen Lächeln. Ohja, und ob ich etwas vom Schloss gesehen hatte. Ich erinnerte mich nur zu gut an gestern und an die kleine Schlossführung, die mir eigentlich Sam versprochen hatte. Stattdessen hatte ich den Trophäenraum und seinen gut gebauten Oberkörper zu Gesicht bekommen, auch eine recht angenehme Alternative zu dieser Führung. Man konnte also nicht sagen, dass ich mich richtig umgesehen hatte, ich war durch die Gänge gestolpert, hatte im Gemeinschaftsraum herumgelungert, den Trophäenraum erkundet und war diesem seltsamen Professor begegnet, dem sein Büro mir äußerst gut gefallen hatte. Bei dem Gedanken an Sam und den Trophäenraum musste ich allerdings fast zu breit grinsen. Wäre nur nicht diese verdammte Eileen gewesen, ich hasste diese blöde Kuh, obwohl ich sie noch gar nicht richtig kannte. Was sollte es, was passiert war, war passiert. Nur Sam, der blieb mir in guter Erinnerung, seine weichen Lippen, seine starken Arme und ach, ich sollte aufhören darüber nachzudenken. Irgendwann würde ich ihm wieder begegnen und was dann geschehen würde, tja, das war wohl mir und ihm ganz bewusst.
Mein Grinsen verwandelte sich also urplötzlich in ein mattes Lächeln um nicht aufzufallen und ich tat so, als ob ich kurz nachdenken müsste. "Mehr oder weniger. Ich habe genau genommen nicht viel außer den Gemeinschaftsraum gesehen und da gab es diesen Pokal, keine Ahnung wo da war..." Natürlich wollte ich sie ein wenig stutzig machen und tat bewusst so ziemlich unschuldig, zumindestens sprach ich mit völliger Engelsstimme, doch mein Gesicht zeigte eindeutig den Anflug eines süffisanten Lächelns. Vielleicht, aber auch nur vielleicht kam sie darauf, dass ich sie ein wenig provozieren wollte. Das war aber eben nur Spaß, so war ich und wer damit nicht klarkam, der hatte eben ein Problem. Jedoch glaubte ich nicht, dass Alice ein Problem mit dieser kleinen Geschichte hatte und wenn schon. Ich hatte ja nichts Schlimmes gesagt und war gegenüber ihr nicht gemein geworden oder so.
Dann kamen wir darauf zu sprechen, dass ich ja eigentlich lernen hatte wollen und ich zuckte belanglos mit den Schultern. Was ich eigentlich gewollt hatte und was nicht, das war mir jetzt egal. Lernen hin oder her, dazu würde ich mich heute nicht aufraffen können. Also nickte ich nur stumm und mein Kopf neigte sich etwas zur Seite. Irgendwie war ich noch müde und nicht fähig viel zu sagen, also ließ ich es einfach und hoffte, dass mir Alice etwas zu erzählen hatte. Als sie mir schließlich erzählte, dass sie im 7ten Jahrgang sei, nickte ich nur und lächelte mal wiedr matt. "Ja ich auch."
Ok, viel war das jetzt aber nicht gewesen. Hatte die denn gar keine Geschichten auf Lager? Irgendetwas?
"Und, was hast du heut sonst noch so vor?" Eigentlich war es mir egal, aber mir war so langweilig, dass ich fast gähnen musste.
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Urplötzlich musste ich an Joshua denken, obwohl ich mich so bemüht hatte, diese Gedanken abzuschütteln – wenigstens so lange, bis ich ihn wieder treffen würde. Aber nein, sie schlichen sich wieder in meinen Kopf. Und mit diesen Gedanken kamen auch die Sorgen um ihn wieder. Natürlich waren sie die ganze Zeit da gewesen, allerdings untergründig, gut verschlossen hinter einem Gespräch mit einem Mädchen, doch jetzt durchfluteten sie mich wie eine heiße Welle und mit ihrem Kommen verschwand das Lächeln von meinen Lippen. Was hatte er? Welche Probleme hatte er? Eigentlich wusste ich ja nicht einmal mit Sicherheit, ob er überhaupt irgendwelche Probleme hatte. Doch dieser Gedanke machte es auch nicht besser. So wie er zuvor drauf gewesen war... Da war irgendetwas – nur was? Am Liebsten würde ich jetzt aufspringen, ihn suchen, fragen und ihm anschließend helfen. Wenn ich doch nur wüsste, was er auf dem Herzen hatte. War es etwas wirklich Schlimmes? War es ein normales Alltagsproblem, welches nur ein klein wenig dringender war? Machte ich mir zu viele Gedanken deswegen und hatte er nur ein klitzekleines, nicht nennenswertes Problemchen? Natürlich wäre das am Besten, doch war es auch die Wahrheit? Sagte er mir überhaupt die Wahrheit? Ich meine, natürlich würde er mich nicht absichtlich anlügen, aber vielleicht wollte er nur nicht, dass ich mir Sorgen um ihn machte, doch dafür war es nun eindeutig zu spät.
"Mehr oder weniger. Ich habe genau genommen nicht viel außer den Gemeinschaftsraum gesehen und da gab es diesen Pokal, keine Ahnung wo da war..." Ein wenig irritiert sah ich Fijdora an. Wie? Achso. Klar. Sofort begann ich wieder ein wenig zu lächeln. “Pokal? Das war dann sicher Trophäenraum.“ Da standen ja genug Pokale herum, um einen zu sehen. Allerdings... Ich runzelte leicht meine Stirn. “Wenn du im Trophäenraum warst... Wie bist du da denn hin gekommen? Versteh mich jetzt bitte nicht falsch, aber das ist normalerweise ein Raum, wohin man sich nicht allzu schnell verirrt.“ Im nächsten Moment hätte ich mich dafür schon wieder entschuldigen können. Was ging mich es denn an, wenn sie im Trophäenraum gewesen war? Gar nichts. Doch jetzt war die Frage raus und eigentlich.. wieso sollte ich sie nicht stellen? Das würde das Gespräch ein wenig in Gang halten und wenn sie darauf nicht antworten wollte – dann musste sie ja nicht, schließlich hatten wir keinen Vertrag aufgesetzt, in den ausdrücklich stand, dass jeder unbedingt auf die Fragen des anderen antworten muss, da es sonst als Vertragsbruch gelten würde.
Vielleicht wusste Natty ja etwas von Joshuas Problemen. Obwohl sie vorher auch ein wenig besorgt ausgesehen hatte. Also wusste sie wohl auch nichts. Wieso hatte er nichts gesagt? Wieso...? Nein, es brachte jetzt überhaupt nichts, sich darüber Gedanken zu machen. Ich sollte mich auf das Gespräch konzentrieren, aus welchem ich gerade erfahren hatte, dass mein Gegenüber auch das 7. Schuljahr besuchte. Das hieß, wir würden uns wahrscheinlich im Unterricht begegnen, woran ich allerdings nichts Negatives sehen konnte. Bis jetzt war mit das Mädchen durchaus sympathisch, auch wenn sie mir manchmal ein wenig gelangweilt aussah.
"Und, was hast du heut sonst noch so vor?" Gute Frage, wirklich gute Frage. “Puh... da habe ich eigentlich noch nicht wirklich drüber nachgedacht. Vielleicht habe ich heute Nachmittag noch Unterricht, meinen neuen Stundenplan habe ich noch nicht im Kopf. Ansonsten... keine Ahnung. Eigentlich plane ich eh nicht viel vor, außer natürlich es liegt irgendwas an, aber das ist heute glaube ich nicht der Fall. Obwohl...“ Ich fuhr mir mit der rechten Hand einmal nachdenklich über die Stirn. “... wenn ich mich recht erinnere hatte heute irgendwer Geburtstag und es ist glaube ich auch eine Überraschungsparty geplant. Aber sicher bin ich mir nicht, könnte auch erst morgen sein.“ Entschuldigend hob ich einmal die Schultern. Es hatte jemand Geburtstag, aber wer das jetzt war und auch wann genau das war, konnte ich nicht genau sagen. Aber wenn sie Interesse an so etwas hatte, dann würde sie sich sicher erkundigen.
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