|
|
|
Komme von: Die Zwillinge unter sich
Niemals nicht hätte ich gedacht, dass ich Ethan jemals so dankbar sein würde. Hey, ich hatte damit gerechnet, dass er mich auslachen würde, so lange, bis ich entweder den Tränen nahe geflüchtet wäre oder ihn aber erschlagen hätte. Beides keine schönen Gedanken. Aber vor nicht all zu langer Zeit wäre es vielleicht noch so abgelaufen. Vielleicht werden wir ja tatsächlich langsam erwachsen, schoss es mir durch den Kopf. Aber darüber konnte ich auch ein anderes Mal nachdenken. Ich warf also Ethan noch einen dankbaren Blick zu und verschwand dann aus dem Gemeinschaftsraum. Mein langes Kleid hochgerafft eilte ich so schnell es ging die Treppen hinunter, wobei ich mehrmals fluchend warten musste, während die Stufen sich wieder verschoben. Himmel, warum musste so etwas auch immer passieren, wenn man einfach gerade keine Zeit hatte, um zu warten? Ich meine, es war mir ja egal, wenn ich deswegen mal wieder den Unterricht versäumen sollte, aber das hier war ja wohl wesentlich wichtiger. Ich wusste nicht, was Aidan getrieben hatte, solange ich mich mit Ethan noch unterhalten hatte, aber wahrscheinlich hatte er nicht trauernd auf mich gewartet. Immerhin hätte er bestimmt jedes andere Mädchen haben können, wenn er gefragt hätte – zumindest schätzte ich ihn so ein. Und er war ja auch nicht bekannt dafür, sonderlich schüchtern zu sein. Die Chancen, dass ich ihn erwischen würde, bevor sich jemand anderes an ihn gehängt hatte, standen also relativ schlecht. Verdammt, ich musste mich wirklich beeilen!
Atemlos hetzte ich die letzten Stufen hinab, fiel dabei fast noch über meine Füße, kämpfte einen Moment um mein Gleichgewicht – irgendwie hatten die Treppenenden heute etwas gegen mich – und sah mich dann langsam um. Kaum jemand war noch hier in der Eingangshalle. Klar, die amüsierten sich alle schon beim Ball. Bitte, bitte lass ihn noch hier sein… Mit klopfendem Herzen suchte ich nach Aidans Gesicht. Nichts. Er war nicht hier. Am liebsten hätte ich laut geflucht, doch stattdessen biss ich mir nur auf die Unterlippe bis es weh tat. Niedergeschlagen wollte ich schon umdrehen, zurückgehen und im Gemeinschaftsraum alles verhexen, was sich nicht schnell genug in Sicherheit bringen konnte. Und Ethan, dem würde ich aus dem Weg gehen, denn auf seine Fragen hatte ich nun wirklich keine… stop! Schlagartig hellte sich mein Gesicht auf. Da war Aidan! Zusammen mit einem Jungen, den ich auf den ersten Blick nicht erkannte – okay, ich hatte ihn auch gar nicht wirklich angesehen – hockte er auf den Stufen. Einmal holte ich tief Luft, atmete langsam wieder aus und dann setzte ich mich in Bewegung, immer schnurgerade auf die beiden Jungs zu.
Niemals hätte ich gedacht, dass ich einmal so nervös sein könnte. Ich konnte regelrecht Kims Lachen in meinem Kopf hören. Du bist verknaaaahallt!, das hätte sie lautstark gerufen. Aber hatte sie damit Recht? Ich wusste es nicht, und Zeit, um darüber nachzudenken hatte ich auch nicht. Es dauerte nämlich nur ein paar Sekunden, bis ich vor Aidan stand und mich um ein entschuldigendes Lächeln bemühte. Die Schuldgefühle standen mir wahrscheinlich ins Gesicht geschrieben. Im ersten Moment wusste ich auch gar nicht, was ich sagen sollte. Ich hatte eher die Befürchtung, dass er aufstehen und die Flucht ergreifen würde. So viel dann zum Thema „neue Freundschaft“. Ich schluckte trocken, dann riss ich mich zusammen. Himmel, sonst war ich doch auch kein Feigling! “Entschuldige die Verspätung. Ich… bin aufgehalten worden“, erklärte ich dann. Und dieses Mal gelang mir mein Lächeln sogar. Gut, so ganz der Wahrheit entsprach der Satz vielleicht nicht, aber ich konnte ihm ja schlecht erzählen, dass ich eiskalt eingeschlafen war, und dass ich, wenn Ethan nicht gewesen wäre, wohl immer noch nicht hier wäre.
| | |
|
|
|
|
Komme von: Bittere Enttäuschung
Lächerlich, als ob ich mich nicht trauen würde mit Claire zu sprechen, das war mit Sicherheit nicht mein Problem. Es ging alleine um das Prinzip, dass sie mich gerade versetzte und dass ich keine Lust hatte ihr hinterher zu laufen. Erstens war das so gar nicht meine Art und zweitens wäre ich dann sicher der Trottel der ganzen Schule, denn so etwas sprach sich automatisch um. Nein, lieber würde ich hier noch stundenlang herumstehen und so tun als ob ich ganz aufregende Gespräche mit Joshua führen würde. Tja, so war das eben mit meinem Stolz und den hatte Claire mit ihrem Verhalten wirklich extrem in mir zum Vorschein gebracht. Ich gab wirklich nicht gerne zu, dass mich etwas kränkte und vielleicht tat ich deshalb auch so als ob ich vorhatte dennoch einen schönen Abend zu haben. Die Idee an sich war ja auch ganz gut, bloss fehlte mir die richtige Stimmung dazu und im Moment konnte selbst Josh mich nicht sonderlich aufmunternd. Wahrscheinlich war es einfach keine gute Idee gewesen Claire zu fragen, denn schließlich kannte ich sie kaum und da war es ja kein Wunder, dass sie vielleicht einfach keine Lust hatte mit mir auf den Ball zu gehen. Warum war ich auch nur manchmal so ein verdammter Idiot? Mittlerweile wusste ich sogar gar nicht mehr was mich dazu geritten hatte sie zu fragen, denn ich hatte wirklich mit fast jedem Mädchen dorthin gehen können. Gerade das war wahrscheinlich auch die Tatsache, die mich dazu verleitet hatte Claire zu fragen. Ich liebte Herausforderungen und dieses Mädchen war mir bisher immer ein einziges Rätsel gewesen, genau das machte sie allerdings auch interessant.
Während ich so in Gedanken schwelgte merkte ich gar nicht wie sämtliche Mitschüler an mir vorbeigingen und mich etwas seltsam ansahen. Naja, das war ja eigentlich auch kein Wunder, denn irgendwie sah ich wirklich aus wie ein kleines Häufchen Elend. Auch die Gesellschaft von Josh machte dies nicht wett und ich musste wirklich dringend etwas gegen diese schlechte Stimmung tun. Also schlug ich Josh doch gleich vor, dass wir uns zusammen auf den Ball begeben könnten, auch wenn ich selbst gar nicht so sonderlich begeistert von meiner Idee war. Immerhin wäre das aber eine Abwechselung und ich würde von den Gedanken um mein geplatztes Date endlich abgelenkt werden. Wer wusste schon, wen man denn so alles auf dem Ball antreffen würde und ob nicht die ein oder andere Mitschülerinnen ein Tänzchen mit mir wagen wollte. Bevor Joshua mir allerdings antworten konnte wurde ich urplötzlich aus meinen Gedanken gerissen und die wohl schönste Überraschung des Abends stand vor mir. War das tatsächlich Claire? Ungläubig stand ich auf und zwinkerte noch einmal mit den Augen, nur um sicher zu gehen.
Atemlos stand sie vor mir und dennoch stand sie da...ganz schön seltsam irgendwie. Ich schaffte es immer noch nicht auch nur ein einziges Wort herauszubringen und starrte sie stattdessen einfach nur an. Klasse, ich träumte, das musste es wohl sein, eine andere Möglichkeit gab es gar nicht. Als mein Traum allerdings auf einmal noch zu sprechen begann wusste ich, dass er Realität war. Und die Realität haute mich ganz schön um...Ich war immer noch beleidigt - zugegebenermaßen- allerdings konnte ich gar nicht anders als unwillkürlich zu lächeln. "Hey..." sagte ich etwas kühl, versuchte mich jedoch zusammenzureißen.
"Oha, wollte dich etwa jemand anderes zum Ball entführen?" rutschte es mir dann jedoch in einem sarkastischen Ton raus, bevor ich sie eine Sekunde später auch schon wieder entschuldigend ansah. "Tut mir Leid, ich bin es einfach nicht gewöhnt versetzt zu werden." gab ich zu und war damit sogar vollkommen ehrlich. Wenn man wie ich etwas nicht gewohnt war, so traf es einen meist doch etwas härter als wenn es eben schon Routine war, denn dann fing man irgendwann an damit zu leben. Was mich nun aber wirklich interessierte war ob sie wirklich aufgehalten worden war und auch von wem, so war ich eben mit meiner Neugierde. Vorerst wollte ich aber nichts überstürzen und sie nicht gleich wieder vergraulen, denn irgendwie war ich ja schon froh, dass Claire noch aufgetaucht war. "Also...Du siehst gut aus." versuchte ich verzweifelt ein Gespräch anzufangen und hatte dabei völlig vergessen, dass Joshua noch dastand. Ich entschuldigte mich schnell bei ihm und zog Claire sanft beiseite. Was wäre jetzt wohl das Richtige zu tun und naja lohnte es sich überhaupt noch auf den Ball zu gehen??
| | |
|
|
|
|