Sie sind vermutlich noch nicht im Forum angemeldet - Klicken Sie hier um sich kostenlos anzumelden  
Sie können sich hier anmelden
Dieses Thema hat 6 Antworten
und wurde 350 mal aufgerufen
 Die Große Halle
Professor Litby Offline

Besucher

Beiträge: 8

03.05.2006 21:18
Jedes Jahr wieder... Antworten
Komme von: Professor Litby

Meine Reise zurück nach Hogwarts - bereits zum dreizehnten Mal, wie ich erstaunt feststellte - lief nicht so ruhig wie normal ab. Wie fast immer hatte ich den Großteil der Ferien bei meinem Bruder William und seiner Frau Annemarie verbracht. Ihr Haus war zwar nicht so groß, dass man sich beständig aus dem Weg gehen konnte, aber es reichte erstens dafür, dass ich dort schlafen konnte, und zweitens, dass ich mich nicht jedes Mal, wenn ich sie sah, mit Annemarie streitete. Ich werde nie genau verstehen, wie mein Bruder ausgerechnte diese Muggel-Frau heiraten konnte.

Ich habe nichts gegenMuggel, im Gegenteil, ich finde sie ungemein faszinierend und pflege viele Freundschaften mit ihnen. Und es liegt auch nicht an ihrer Muggelabstammung, dass ich sie nicht mag, aber ich komme mit ihrer Art einfach nicht zurecht. Sie passt nicht zu meinem Bruder, ganz und gar nicht.

Vielleicht war ich schon immer der Meinung, keine Frau sei gut genug für meinen Bruder. Ich will damit nicht andeuten, dass ich selber gerne eine Beziehung mit ihm hätte, bewahre, nein! Aber von allen meinen Geschwistern und sonstigen Familienmitgliedern habe ich William am liebsten. Schon als Kinder waren wir die besten Freunde und haben alle Geheimnisse miteinander geteilt. Ich war immer diejenige, der er sich anvertraut hat, und es tat in gewisser Weise sehr weh, als ich durch seine Freundinnen und dann seine Frau "ersetzt" wurde. Natürlich ist es normal, dass Annemarie seine Vertraute ist, aber vor allem die ersten zwei Jahre hat William mir sehr gefehlt.
Zwar schreiben wir uns noch immer sehr häufig und haben ein sehr gutes Verhältnis zueinander, aber ich habe lange gebraucht, um in den Kopf zu kriegen, dass Annemarie nun diejenige ist, mit der er alles teilt.

Und nun erwartete sie ein Kind und ihre Schwangerschaft ließ ihre Launen nicht gerade erträglicher werden. Um Williams und des lieben Friedens willen nehme ich mich in ihrer Gegenwart immer stark zusammen, um ihr nicht eine der Gemeinheiten, die mir durch den Kopf gehen, an denselbigen zu werfen, aber diesmal war mir doch der Kragen geplatzt. Dass sie sich nicht immer so anstellen solle und mit ihrem ewigen Leiden aufhören solle, habe ich ihr gesagt. Nein, wohl eher entgegen geschrieen. Dass ich doch keine Ahnung von einer Schwangerschaft hätte und ja auch gehen könnte, wenn es mir hier nicht passte, hatte sie zurückgeschrieen. Erst als mein Blick auf Williams Gesicht gefallen war, blieben mir die Worte im Hals stecken. Ohne ein Wort hatte er sich umgedreht und war gegangen. Als die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, hätte ich am liebsten laut geflucht.

Er war eine Stunde später wieder gekommen und hatte mit Annemarie geredet. Von meinem kleinen Zimmer im ersten Stock konnte ich ihre laute, schrille Stimme hören, im krassen Gegensatz zu seinem gedämpften und ruhigen Bass. Kurz darauf war er zu mir hochgekommen und wir hatten lange miteinaner geredet. Je länger das Gespräch dauerte, desto mehr kam ich mir wie ein kleines, störrisches Kind vor. Der Gedanke beschämte mich, denn schließlich bildete ich mir seit ein paar Jahren doch ein, zumindest etwas erwachsen geworden zu sein. So kam es, dass ich einlenkte und William versprach, mich in Annemaries Gegenwart noch mehr zusammenzunehmen als sonst. Trotzdem meinte er mit leicht beschämt abgewandten Gesicht, es wäre besser, wenn ich mich in den nächsten Ferien nicht bei ihnen sehen ließe. In diesem Moment war die Welt für mich stehen geblieben und gleich darauf in einem roten Feuerwerk explodiert. Ich hatte William angeschrieen und ihm die Tür praktisch vor der Nase zugeknallt. Was ich gesagt habe, weiß ich nicht mehr, und vielleicht ist das auch besser so. Noch besser wäre es allerdings, wenn er das auch nicht wüsste.

Das alles hatte sich am letzten Ferientag zugetragen und als ich am nächsten Morgen aufwachte, nach einer grässlichen Nacht voller Tränen der Wut, war es bereits kurz vor ein Uhr. Mit einem Fluch war ich aufgestanden und hatte mich in Windeseile angezogen. Als ich nach unten kam, lag ein Zettel auf dem Tisch: Gute Reise und ein schönes Schuljahr, William und Annemarie
Ich war auf einen der Küchenstühle gesunken und hatte wie betäubt den Zettel angestarrt. Ich brauchte ein paar Minuten, um wieder ins Hier und Jetzt sowie mein inneres Gleichgewicht wieder zu finden - so ich denn eines hatte - doch dann stand ich mit einem weiteren Fluch auf und ging nach oben, um meine restlichen Sachen zusammenzupacken. Eine dreiviertel Stunde später war ich mit einem letzten, traurigen Blick nach Hogsmeade appariert.

Der kleine Spaziergang von dort zum Schloss hatte mir gut getan und dafür gesorgt, dass sich meine aufgewühlten Gedanken etwas beruhigten. Ja, ich konnte William verstehen. Es ging um seine Frau, seine Familie und die wollte er nicht aufs Spiel setzen. Trotzdem fühlte ich einen Stich, der mir als jener der Eifersucht bekannt war. William war mein Bruder! Wie konnte sie es wagen, ihn mir so wegzunehmen?
Als ich in meiner kleinen Lehrerwohnung in Hogwarts vor dem Spiegel stand, blickte mich eine erschreckende alte Frau an, mit geröteten Augen und wirrem Haar. Nach einer kurzen Dusche und einem Zauber gegen die roten Augen machte ich mich ganz für das Festessen fertig. Noch immer sahen meine braunen Augen nicht ganz normal aus, aber schon viel besser als vorher. Recht zufrieden mit mir ging in die Große Halle herunter.

Wie immer war es voll und damit beschäftigt, einige Kollegen und Schüler zu grüßen, brauchte ich fast zwanzig Minuten bis zum Lehrertisch. Als ich mich endlich auf meinem angestammten Platz nieder ließ, atmete ich auf und erstaunlicherweise erfüllte mich eine gewisse Ruhe. Der Blick durch die volle Halle, etwas, was ich seit über zwölf Jahren jeden Abend und Morgen tat, beruhigte mich ungemein. Er hatte etwas sehr vertrautes und wie immer am ersten Schultag, wusste ich, dass ich wieder einmal nach Hause gekommen war.

Während das Abendessen auf meinem Teller erschien, suchte ich die Halle nach bekannten und unbekannten Gesichtern ab. Am Slytherintisch entdeckte ich Matthew deWinter mit einem sehr hübschen, mir aber unbekannten Mädchen reden. Sämtliche hosenbekleidete Leute im Umkreis hingen praktisch an ihren Lippen, doch sie flirtete unübersehbar mit dem größten Mädchenschwarm der Schule. Ein kleines Schmunzeln überflog mein Gesicht, bevor ich meinen Blick abwandte und weiter wandern ließ. Am Tisch meines Hauses entdeckte ich den schlimmsten Unruhestifter Hufflepuffs, wenn nicht Hogwarts, Julian Morgan erstaunlicherweise nicht und diese Tatsache erfüllte mich mit Unbehagen. Die Gabel mit einem Stück Kartoffel auf halbem Weg zum Mund überflog ich den Hufflepuf-Tisch, doch er war nicht da. Morgan war ein Schüler, der mir von der ersten Minute an Ärger gemacht hatte und ich hatte ihm schon mehr als einmal eine saftige Strafe aufgebrummt. Genützt hatte dies bisher nichts.

Als mein Blick schließlich am Lehrertisch angekommen war, erblickte ich ein neues Gesicht. Nach einigen erstaunten Augenblicken hatte ich soweit gedacht, ihn als den neuen Lehrer für Alte Runen zu identifizieren. Er war jung und mit einem unbehaglichen Gefühl dachte ich an den alten Lehrer, Professor Warden. Er war von Hogwarts geflogen, nachdem er eine Beziehung mit einer Schülerin angefangen hatte. Ich war geschockt, als ich das erfuhr, denn ich hatte mich mit diesem Lehrer sehr gut verstanden und hätte ihm so etwas nie zugetraut. Demzufolge betrachtete ich den Neuen mit leicht kritischen Augen und wie ich vermutete, ließ sich das leicht auf meiner Stirn ablesen.
Ich registrierte etwas verspätet, dass Rosa, die Heilerin von Hogwarts, neben ihm saß und sich anscheinend recht angeregt mit ihm unterhielt. Wieder hoben sich meine Mundwinkel ein wenig und ich wandte mich endlich wieder meinem Essen zu.

Professor Graveton Offline

Besucher

Beiträge: 18

06.05.2006 11:01
Jedes Jahr wieder... Antworten
Komme von: Ein neues Zuhause


Nachdem ich Deliah gerufen hatte, stand das hübsche Mädchen sofort auf, um zu mir und dem neuen Schüler zu kommen. Ich mochte sie recht gern, eine aufmerksame Schülerin, die ihren Posten als Vertrauensschülerin verdient hatte, eine würdige Nachfolgerin von Elodie. Mit einem »Au revoir, Professor!« verabschiedete sich Joey nun von mir und nachdem ich ihn noch einmal kurz angeblickt hatte, drehte ich mich um, um wieder zum Lehrertisch zu gehen. An dieses Französisch musste ich mich noch gewöhnen, vor allem, weil ich selbst kein Wort Französisch verstand und es so für mich recht seltsam war, in einer Sprache angesprochen zu werden, die ich nicht verstand. Ich wusste zwar noch so ca. was Au revoir hieß, aber weiter kam ich mit meinem Wortschatz nicht.

Langsam schritt ich wieder zurück und als ich näher kam, sah ich Professor Litby, die sich gerade eben auf ihren Platz setzte. Sie war eine recht nette Frau, mit der ich auch gut auskam. Ebenso wie ich war sie Hauslehrerin, was uns natürlich einerseits verband, andererseits auch ein wenig rivalisieren ließ, wenn es um den Hauspokal oder das Gewinnen der Quidditchspiele ging. Dennoch ging ich lächelnd auf sie zu und setzte mich dann auf meinem Platz, nachdem ich die zwei Stufen hinaufgestiegen war. Mit einem kurzen Nicken setzte ich mich dann hin und folgte ihrem Blick, der durch die Halle schweifte. Ich sah viele bekannte Gesichter und auch einige der Erstklässler, die eifrig in Gespräche miteinander vertieft waren. Erst dann sah ich wieder zur Professorin auf meiner Seite und kurz an ihr vorbei, wo ich den neuen Professor mit der Heilerin zusammen eifrig diskutieren sah.

Sie hatte sich inzwischen ihrem Essen zugewandt und auch ich nahm wieder einen ordentlichen Schluck von meinem Getränk, bevor ich mich zu ihr drehte, um ein wenig mit ihr zu reden. »Guten Abend Feodora! Wie geht es ihnen? Schon ein paar Schüler entdeckt, die ihnen Kopfzerbrechen machen? Ich hab gerade einen neuen Schüler bekommen und einer meiner Vertrauensschüler angewiesen, ihm das Schloss zu zeigen. Und sie?«, fragte ich interessiert und meine Augen ruhten Aufmerksam auf ihrem hübschen Gesicht. Gleichzeitig erschien auf meinem Teller eine süße Nachspeise, die ich heute nicht auslassen wollte. Oft ging ich, um diese zu umgehen, aber heute war der erste Tag, da war eine Sünde erlaubt und mit einem zufriedenen Lächeln nahm ich ein Stück der Erdbeersahnetorte in den Mund.

Professor Litby Offline

Besucher

Beiträge: 8

06.05.2006 20:49
Jedes Jahr wieder... Antworten
Ich registrierte relativ verspätet, dass sich ein weiterer Lehrer dem Tisch genähert hatte und sich dann neben mich setzte. So sah ich Professor Graveton mit einem leicht erstaunten Gesichsausdruck an, bevor sich meine Mundwinkel hoben und ich lächelte.
Galhard Graveton war ein Lehrer, den ich recht gern mochte, obwohl wir auf gewisse Weise doch so etwas wie Rivalen waren. Zumindest unsere Schüler kämpften Jahr für Jahr gegeneinander um den Haus- und den Quidditchpokal, obwohl wir beide doch noch eher die beiden Häuser abbekommen hatten, die nicht zum "großen" Streit gehörten, dem zwischen Gryffindor und Slytherin. Darüber war ich recht froh, denn wie gesagt kam ich mit Professor Graveton, der, obwohl jünger als ich, bereits länger als Professor in Hogwarts tätig war, gut aus.

Er war anscheinend meinem Blick durch die Halle gefolgt, was mein Lächeln ein Stückchen breiter werden ließ. Dieser Blick war ein Ritual für mich und gerade in dieser Situation schenkte er mir die Ruhe, die ich die ganzen letzten Tage über nicht gefunden hatte. Obwohl die Rückkehr nach Hogwarts eigentlich immer mit einer Menge Trubel verbunden war und unweigerlich mit sich brachte, dass ich wieder eine Menge Menschen und Unruhe um mich hatte, fühlte ich mich am ersten Schultag immer viel besser als in den Ferien davor. Wahrscheinlich vermisste ich das alte Schloss und die ganzen Schüler tatsächlich.

»Guten Abend Feodora! Wie geht es ihnen? Schon ein paar Schüler entdeckt, die ihnen Kopfzerbrechen machen? Ich hab gerade einen neuen Schüler bekommen und einer meiner Vertrauensschüler angewiesen, ihm das Schloss zu zeigen. Und sie?«, meinte Galhard zu mir. Ich schluckte den letzten Bissen, den ich noch im Mund gehabt hatte, hinunter und erwiederte:
"Bisher oder eher gesagt jetzt wieder geht es mir sehr gut. Allerdings habe ich Julian Morgan nicht am Haustisch entdeckt und ich war gerade am Überlegen, ob ich mir deswegen nicht Sorgen machen sollte!"
Ein leicht schiefes Grinsen zeigte sich auf meinem Gesicht, doch den Anflug der Sorge konnte ich nicht daraus verbannen. Ich wollte eigentlich gar nicht wissen, was Morgan schon wieder anstellte - denn dass er etwas anstellte, war mir klar - aber ich wusste, dass ich nachher, beim Hinausgehen, unweigerlich meinen Blick auf die Punktegläser richten würde und mir graute bereits vor dem, was ich dort sehen würde. Minuspunkte am Anfang des Schuljahres waren nicht unbedingt eine Sache, die mich sehr viel glücklicher werden ließ. Trotzdem war ich momentan noch nicht bereit, meine neu errungene gute Laune abzugeben.

"Ich muss sagen, dass ich mich wirklich freue, wieder hier zu sein! So viel Arbeit und Streß man das Schuljahr über auch hat, es hat für mich immer etwas sehr Beruhigendes, wieder hier zu sein und zu sehen, dass das alte Schloss immer noch steht und sowohl Schüler als auch Lehrer stoisch an sich vorüber gehen lässt!"
Ich lachte leise, doch ich meinte diese Worte wie alles, was ich sagte, sehr ehrlich. Nur zu oft wünschte ich mir, ebenfalls aus Stein zu sein, eine feste Mauer, die allen Stürmen trotzt und nicht nachgibt. Als ich am diesen Punkt meiner Gedanken angelangt war, wanderten selbige unweigerlich wieder zu den Ferien zurück und mein zuvor doch eher fröhliches und ruhiges Gesicht verdunkelte sich etwas.
Nein! Du denkst jetzt nicht wieder daran! Bis zu den nächsten Ferien ist es noch lange hin und du musst dir nicht schon heute die Feiertagslaune verderben lassen!, rügte ich mich und tatsächlich schaffte ich es, William und Annemarie aus meinen Gedanken zu verbannen, als mein Blick auf Galhards Teller fiel.

Normal - soweit ich das mitbekam - ging der Hausleher von Ravenclaw vor dem Nachtisch aus der Großen Halle, doch diesmal aß er ihn recht genüßlich, seinem zufriedenem Lächeln nach zu urteilen.
Auch auf meinem Gesicht ließ sich ein Schmunzeln erkennen, als auch vor mir ein großer Teller mit köstlichstem Nachtisch erschien. Während ich meinen Löffel nahm, meinte ich in leicht scherzendem Ton zu meinem Sitznachbarn:
"Was ist denn mit ihnen los? Normal essen sie doch die Nachspeise nicht, oder irre ich mich da?"

Professor Graveton Offline

Besucher

Beiträge: 18

08.05.2006 11:41
Jedes Jahr wieder... Antworten
Im ersten Moment reagierte sie überhaupt nicht und dann war es ein erstaunter Blick, der dem meinen begegnete. Vermutlich war Professor Litby ziemlich in Gedanken gewesen, als ich sie angeredet hatte. Mit einem kurzen Lächeln nahm ich ihre Reaktion zur Kenntnis. Ihr Blick durch die Halle war wohl etwas, das jeder der vier Hauslehrer automatisch machte. Ich wollte selbst immer wissen, welche Schüler wo waren und vor allem, wer an meinem Haustisch war und wer aus welchem Grunde nicht. Man baute mit den Jahren doch eine gewisse Beziehung zu seinen Schülern auf und ich mochte die meisten in meinem Hause eigentlich recht gern. Natürlich gab es Störenfriede, Faulenzer und andere, die einem das Leben nicht unbedingt einfacher machten, aber genau das war es, was das Lehrerleben und vor allem das eines Hauslehrers meiner Meinung nach so interessant machte.

»Bisher oder eher gesagt jetzt wieder geht es mir sehr gut. Allerdings habe ich Julian Morgan nicht am Haustisch entdeckt und ich war gerade am Überlegen, ob ich mir deswegen nicht Sorgen machen sollte!«, gab sie zur Antwort und ich blickte sofort auf den Tisch der Hufflepuffs. Es war wahr, Morgan war nicht hier und auch ich runzelte meine Stirn. Ich hatte ihn zwar nicht mehr, aber ich hatte ihn doch zwei Jahre unterrichtet, wenn auch das schon ein Weilchen her war. Allerdings konnte ich mich immer noch sehr gut erinnern, dass er ein ziemlich auffälliger Schüler war, nicht wegen seiner Leistung sondern wohl eher wegen seinen Extravaganzen. Ich hatte Gott sei Dank keinen Schüler, der so … schlimm… war wie Julian, aber das konnte sich gut noch ändern, ich kannte den neuen Schüler noch nicht.

»Jetzt wieder?«, kurz blickte ich sie nun fragend an, redete aber gleich weiter, so dass sie meine Frage ignorieren konnte, wenn sie nicht darüber reden wollte. »Ja, ich sehe auch, dass er nicht da ist und ich glaube nicht, dass es all zu positiv ist… Das bedeutet meistens Ärger… Auch wenn ich ihnen jetzt keinen Grund zur Besorgnis geben will. Aber ich denke, wenn etwas passiert ist, werden wir es erfahren.«, setzte ich noch hinzu, um Feodora nicht zu deprimieren. Ich wollte nicht, dass sie schon gleich am ersten Tag Ärger hatte. Mein Blick suchte noch nach dem Schulleiter, fand ihn aber nicht, was mich wunderte. Eigentlich war er vorhin noch in der Halle gewesen, aber anscheinend hatte er etwas Wichtiges zu erledigen.

»Ich muss sagen, dass ich mich wirklich freue, wieder hier zu sein! So viel Arbeit und Stress man das Schuljahr über auch hat, es hat für mich immer etwas sehr Beruhigendes, wieder hier zu sein und zu sehen, dass das alte Schloss immer noch steht und sowohl Schüler als auch Lehrer stoisch an sich vorüber gehen lässt!« Ein zuerst erfreuter und lächelnder Blick, der sich dann aber leicht verdunkelte, ließ mich stutzig werden. Ich hatte das Gefühl, dass ihre Ferien nicht ganz reibungslos verlaufen waren, aber da sie nichts sagte, blieb auch ich still. Es war einfach nicht meine Art, nachzubohren. »Ja, auch ich bin gerne hier. Hier hab ich einfach das Gefühl, etwas zu tun, von Nutzem zu sein und ich unterrichte gerne. Ich hab auch meine ganzen Tiere und Pflanzen vermisst, was vielleicht lustig klingt. Aber ich hänge irgendwie an all ihnen. Ich muss sowieso noch nach dem Rechten schauen gehen nach dem Essen…«

»Was ist denn mit ihnen los? Normal essen sie doch die Nachspeise nicht, oder irre ich mich da?«, fragte sie und ein wenig erschrocken ließ ich die Gabel fallen. Verblüfft schaute ich Feodora an und nahm dann irritiert das Besteck wieder auf. »Ich habe eine ziemliche Vorliebe für Süßes und da ich meist nicht widerstehen kann, gehe ich vor der Nachspeise. Heute ist aber der erste Tag hier, da kann ich mir das denk ich leisten… Ansonsten besser nicht.«, klärte ich sie kurz auf und ein etwas verlegender Blick huschte zu meiner Nachbarin. Sie hatte mich bei etwas ertappt, was ich nicht wusste, dass es so auffällig war. Mit meiner Gabel schnitt ich ein neues Stück ab und schob es in meinen Mund. Es war einfach köstlich und ich wusste wieder, warum ich meist darauf verzichtete. Ich konnte einfach nicht genug bekommen.

Professor Litby Offline

Besucher

Beiträge: 8

11.05.2006 22:09
Jedes Jahr wieder... Antworten
Mit einem leichten Schmunzeln registrierte ich, dass Professor Gravetons Blick ebenfalls sofort zum Hufflepuff-Tisch huschte, als ich meine Befürchtungen bezüglich Julian Morgan aussprach. Natürlich kannte er Morgan und ich war mir ziemlich sicher, dass Galhard am gleichen Punkt angekommen war wie ich. Dann wandte Galhard sich wieder mir zu und meinte:
»Jetzt wieder?«, und blickte mich fragend an. Ein leicht ertappter Ausdruck breitete sich auf meinen verräterischen Gesichtszügen aus, doch der Professor sprach direkt weiter, und ich entspannte mich wieder ein wenig, »Ja, ich sehe auch, dass er nicht da ist und ich glaube nicht, dass es all zu positiv ist… Das bedeutet meistens Ärger… Auch wenn ich ihnen jetzt keinen Grund zur Besorgnis geben will. Aber ich denke, wenn etwas passiert ist, werden wir es erfahren.«

Ich lächelte leicht und ehrlich erfreut darüber, dass er mich offenbar nicht in Besorgnis versetzen wollte, doch als ich bemerkte, dass seine Augen zu Professor Dumbledores Platz hinüber schweiften, der leer war, wie mir bereits aufgefallen war, verzogen meine Mundwinkel sich zu einem leicht schiefen Grinsen.
"Genau zu diesen Überlegungen bin ich auch gelangt!", pflichtete ich ihm bei, obwohl er nichts gesagt hatte.
Albus Dumbledore war nicht da, Julian Morgan war nicht da. Ein leiser Seufzer entfloh meinen Lippen. Es war doch Ärger im Busch.
"Ich würde glatt wetten, dass ich bald eine Benachrichtigung bekomme...", murmelte ich leicht düster, "Aber irgendwie...möchte ich jetzt gerade noch gar nicht daran denken!"
Wie ich das oft machte, drängte ich sämtliche schlechten Gedanken - die momentan William, Annemarie, Dumbledore und Morgan einschlossen - mit aller Kraft weg und konzentrierte mich auf etwas Erfreuliches. Also schob ich mir genüsslich einen weiteren Löffel des Nachttisches in den Mund.

Dementsprechend dankbar war ich Galhard, als er auf mein wohl nicht ganz so erfreutes Gesicht von gerade hin nicht nachbohrte, sondern sagte:
»Ja, auch ich bin gerne hier. Hier hab ich einfach das Gefühl, etwas zu tun, von Nutzem zu sein und ich unterrichte gerne. Ich hab auch meine ganzen Tiere und Pflanzen vermisst, was vielleicht lustig klingt. Aber ich hänge irgendwie an all ihnen. Ich muss sowieso noch nach dem Rechten schauen gehen nach dem Essen…«
Verständnisvoll nickte ich. Ich hatte hier zwar keine Tiere oder Pflanzen, die einen natürlich noch einmal mehr an das Schloss banden, aber ich verband fast zwanzig Jahre meines Lebens mit Erinnerungen, die in oder um Hogwarts ihre Wurzeln hatten. Damit hatte ich mehr Zeit meines Lebens hier verbracht als außerhalb davon. Ich vermisste es immer, wenn ich länger als eine Woche nicht hier war. Dieser Gedanke erinnerte mich an etwas, recht weit hinten in meinem Kopf, doch als die Erinnerung an die Oberfläche trat, war sie so lebhaft, als wäre es gerade erst geschehen.
Vor meinem geistigen Auge erschien ein Bild von meiner Großmutter, Jeanette MacMalchey, die mich lächelnd begrüßte, als ich aus der Schule nach hause kam, eine Heckenschere in der rechten Hand, die blühenden Rosenbüsche in ihrem Rücken. Rote Rosen, weiße und rosane, wild durcheinander gewürfelt, aber in meinen Augen das schönste und einzigartigste Farbenspiel, das ich mir als vorstellen konnte.
Ich tauchte aus meiner Erinnerung auf und wandte mich wieder Professor Graveton zu, ein kleines Lächeln auf dem Gesicht. Meine braunen Augen glänzten warm im Wiederschein der vielen Kerzen, die schwerelos im Raum hingen.

"Ja, ich denke, zu einem gewissen Teil kann ich das nachvollziehen. Nicht nur, dass sie gerne unterrichten,", ich lächelte, "Sondern auch, dass man an solchen Dingen sehr hängt. Meine Großmutter...", meine Stimme wurde leicht nachdenklich und ich blickte zwei Sekunden ins Leere, bevor ich weiterredete, "An dem Haus meiner Großeltern waren Rosenbüsche. Nein, sie sind immer noch da. Meine Großmutter hat sie geliebt wie ihre...", wiederum stockte ich - warum hatte ich mit dem Thema nochmal angefangen? "...wie ihre eigene Tochter...", brachte ich meinen Satz leise zu Ende. Meine Augen brannten ein wenig, wie immer, wenn ich an meine Mutter dachte. Es war seltsam, aber ich musste fast nie weinen, wenn ich an meinen Vater dachte. Doch immer, wenn ich den Namen Morag höre oder mir dieser unverwechselbare Lavendelduft in die Nase steigt, kommen mir die Tränen. Man sollte meinen, nach fast dreißig Jahren war ich über ihren Tod hinweg, aber ich war es definitiv nicht. Nicht in Augenblicken wie diesen.
Mein Lächeln von gerade, die wunderschöne Erinnerung an blühende Rosen, das Glänzen meiner Augen, eine einzige, unüberlegte Aussage meinerseits hatte das alles fortgewischt. Das Gewicht der filigranen Goldkette um meinen Hals war auf einmal unglaublich schwer. Ich schluckte und musste stark an mich halten, um nicht hier, am Lehrertisch, vor allen Leuten und meinen Kollegen in Tränen auszubrechen.

Verdammt, was war denn an diesem Abend mit mir los? Es war ja nicht auszuhalten - weder für mich noch für jemand anderen - wie wechselhaft meine Launen heute abend waren. So selten kam es vor, dass meine Gefühle derart hochkochten. In Form von Wut, ja, das geschah noch etwas öfter, aber die Empfindungen, die gerade meinen Körper durchspülten, konnte ich nicht einmal wirklich zuordnen. Meine Gesichtszüge, denen meine Gedanken und Gefühle fast immer genau zu entnehmen waren, tanzten wahrscheinlich gerade Rodeo, bevor ich kurz die Augen schloss und tief durchatmete. Es brachte rein gar nichts, davon abgesehen, dass ich die ersten Tränen in meinen Augen spürte.
Dementsprechend aufgewühlt verpasste ich Galhard nächste Worte, die wohl meine Frage wegen seinem Nachtisch betrafen.
Nein!
Dies war mein einziger Gedanke in diesem Moment. Alle Gefühle, die ich heute morgen, den Tag über und jetzt gerade erfolgreich verdrängt hatte, kamen hoch. Mit einem Ruck stand ich auf, sodass mein Stuhl beinahe hinter mir auf den Boden polterte. In meinem Kopf schwirrten William und Annemarie, Mutter und Vater, Großmutter, ja sogar Morgan und Dumbledore in einem wilden Reigen umeinander.

"Entschuldige mich bitte!", murmelte ich in Galhards Richtung gewand. Es tat mir in einem letzten Winkel meines Kopfes leid, ihn einfach so "sitzen" zu lassen, doch ich konnte nicht anders. Gut, meine Kollegen wussten um mein Temperament und dass ich manchmal recht heftige Gefühlsausbrüche hatte, doch es war etwas Anderes, hier und jetzt in Tränen auszubrechen. Ob dies oder eher mein apruptes Verschwinden das Schlimmere war, in diesem Augenblick dachte ich nicht darüber nach. Alles in mir schrie "Weg!" und folgte diesem Aufruf ohne Nachzudenken.
Mit dem rechten Handrücken vor den Mund gepresst stürzte ich praktisch von der kleinen Tribüne, auf welcher der Lehrertisch stand, und weiter durch die Reihen der Haustische dem Ausgang entgegen. Ich registrierte weder Schüler noch Lehrer, rannte fast gegen eine Person, was mich nicht im Mindesten kümmerte, und registrierte auch nicht die dreißig Minuspunkte, die die Punktegläser in der Eingangshalle anzeigten. Ich wollte nur fort von hier, nichts als fort.

Gehe nach: kommt noch

Professor Graveton Offline

Besucher

Beiträge: 18

12.05.2006 20:30
Jedes Jahr wieder... Antworten
Anscheinend war mein Blick zu Dumbledores Platz all zu deutlich gewesen, denn meine Kollegin verzog den Mund und meinte »Genau zu diesen Überlegungen bin ich auch gelangt!«, dann seuzfte sie. Sie tat mir leid. Am ersten Tag schon Ärger, das konnte was für das folgende Jahr bedeuten. Julian war schon immer schiwerig gewesen aber jetzt übertraf er meiner Meinung nach schon sich selbst. »Ich würde glatt wetten, dass ich bald eine Benachrichtigung bekomme... Aber irgendwie...möchte ich jetzt gerade noch gar nicht daran denken!«, murmelte Feodora vor sich hin und ich berührte sie leicht an der Schulter. »Schau, schlimmer wäre es, wenn ihm etwas passiert als wenn er Schabernack anstellt. Glauben sie mir, dann fühlt man sich wirklich schlecht… Wenn einem Schüler etwas zustößt und man machtlos daneben steht. Denken sie nur an die Eltern des Kindes, das vor einigen Jahren umgekommen ist. Sie waren auch dabei… So schlimm kann Ärger mit Morgan nicht sein…«, versuchte ich sie zu beruhigen. Ich verstand ihren Unmut gegenüber ihrem Schüler aber solang er jedes Mal wieder heil nach »Hause« kam, war es nur halb so schlimm.

Auf meine Worte hin schien Professor Litby in Erinnerungen abzutauchen, regelrecht in Schwärmerei zu geraten, so verrieten es die Augen, als sie dann zu erzählen begann. »Ja, ich denke, zu einem gewissen Teil kann ich das nachvollziehen. Nicht nur, dass sie gerne unterrichten, sondern auch, dass man an solchen Dingen sehr hängt. Meine Großmutter... An dem Haus meiner Großeltern waren Rosenbüsche. Nein, sie sind immer noch da. Meine Großmutter hat sie geliebt wie ihre... ...wie ihre eigene Tochter...« Ihre Stimme klang auf einmal stockend und besorgt blickte ich sie an. Was hatte sie denn nun auf einmal? Waren die Erinnerungen etwas zu viel geworden? Ich legte meine Gabel zur Seite und beobachtete die Rektionen, die Mimik ihres Gesichtes, die sich langsam von einem fröhlichen Lächeln veränderte in… nun in was? Trauer? Einsamkeit? Verletztheit? Ich war ziemlich irritiert und als sie dann auf einmal aufstand und den Stuhl ruckartig zurückschob.

Mein Blick folgte ihr als sie erst ein "Entschuldige mich bitte!", murmelte und dann fast aus der großen Halle rannte. Mehrmals rempelte sie an Schüler, ohne diese zu beachten, bis sie den Eingang erreicht hatte und dadurch verschwand. Ich hatte das Gefühl, dass sie den Tränen nahe war und deswegen das Weite gesucht hatte. Kurz blickte ich ihr noch hinterher, als ich dann meine Gabel wieder aufnahm um weiter zu essen. Aber irgendwie war mir der Appetit vergangen und ich blickte nur auf meinen Nachtisch und schob ihn schlussendlich von mir, um ebenfalls aufzustehen. Ich nickte dem neuen Professor so wieder Heilerin kurz zu, bevor ich ebenfalls die Halle verließ um noch nach meinen Pflanzen und Tieren zu schauen.


Gehe nach: Verletztes kleines Wesen

 Sprung  
Xobor Forum Software von Xobor | Forum, Fotos, Chat und mehr mit Xobor
Datenschutz