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Komme von: Ein wenig Entspannung
Nach einigen Minuten Fußmarsch erreichten wir die Bibliothek. Ich ging zu einem der vielen Tische und zog einen Stuhl hervor. Vielleicht war ich ein wenig altmodisch, aber ich tat das nicht für mich, sondern damit Danielle sich dorthin setzten konnte. Also hielt ich ihr den Stuhl hin und wartete, dass sie sich setzte.
Hier war es wie immer ruhig. Ich liebte diesen Ort. Man konnte ungestört lesen, nur dann und wann kamen ein paar Erst- oder Zweitklässler und durchbrachen die Stille. Auch den Geruch mochte ich. Den Geruch nach alt. Es hörte sich vielleicht komisch an, aber hier roch es alt. Um genau zu sein, nach alten Büchern. Vielleicht bin ich verrückt, aber manchmal fragte ich mich wirklich, ob es einen schöneren Geruch als alte Bücher gab. Es roch so geheimnisvoll. Als ob jedes Buch sein eigenes Geheimnis hatte und es nur mit dem teilte, der es las. Der es las und es verstand. Nicht, weil man es als Hausaufgabe aufhatte, sondern weil man es wollte, man wollte das Geheimnis des Buches lüften.
Ich merkte, dass ich mit meinen Gedanken abgerutscht war und wandte mich wieder Danielle zu. “Hier ist es doch gleich viel schöner. Ich mag es hier.“ Meine Stimme, wie auch mein Gesichtsausdruck blieben wie immer ausdruckslos, nur in meinen Augen schimmerte es, als ich von diesem Ort redete. Am liebsten würde ich hier für immer bleiben.
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Komme von: Ein wenig Entspannung
Ich war McThorn aus dem Gemeinschaftsraum gefolgt. Draußen im Gang, als wir die laute Meute hinter uns gelassen hatten, erklärte er, dass er in die Bibliothek wolle. Ich nickte erleichtert, denn dieser Ort schien in diesem Moment genau der richtige zu sein.
Es war immer, als betrete man eine andere Welt sobald man die schwere gepolsterte Eichentür zur Bibliothek öffnete. Es fühlte sich immer ein bisschen an, als habe man plötzlich Watte auf den Ohren, so still war es. Der dicke Teppich schluckte die Geräusche der Schritte, die Stimmen waren gedämpft, nur hier und da war ein sanftes Rascheln zu hören vom Umblättern der Seiten, fast so, wie in einem ruhigen Garten wenn der Wind zart durch die Blätter strich. Es war eine entspannte Stille, und doch voller Ehrfurcht. Ich liebte die Bibliothek.
McThorn steuerte einen der Lesetische an und zog mir einen Stuhl vor. Ich muss gestehen, ich war beeindruckt. “Danke.“, sagte ich leise und setzte mich, beobachtete wie er mir gegenüber Platz nahm. „Hier ist es doch gleich viel schöner. Ich mag es hier.“, bemerkte er, und für einen kurzen Augenblick glaubte ich etwas in seinen Augen gesehen zu haben, das dem ähnlich war, was auch ich hier fühlte. Ich musste lächeln, nickte leicht und wollte gerade etwas erwidern, als Mr.Kohoorn, der Bibliothekar mit einem Stapel Bücher vorbeikam und erfreut innehielt.
“Miss DeWinther! Guten Tag, Mr.McThorn.”, begrüßte er uns. Er kannte seine Stammgäste. Dann fiel sein Blick auf das Buch, das ich noch immer in den Händen hielt. “Ah, schon durch damit, Miss DeWinther?“ Ich folgte seinem Blick und sah was er meinte. “Oh, das Buch, äh nein, aber ich möchte es trotzdem zurückgeben. Ich denke ich lese lieber wieder etwas anderes.“, gestand ich. Er lächelte und senkte den Stapel, den er in den Armen trug, etwas tiefer, und ich legte das Buch oben auf. “Verstehe. Nestor Hawk ist nicht jedermanns Fall. Also fürs nächste Mal doch lieber wieder...“ Ich unterbrach ihn mit einem eindringlichen Blick und einem flehenden Kopfschütteln. Ich wusste, was er hatte sagen wollen, doch es war mir unangenehm vor McThorn. Ich wollte nicht, dass er erführe was für eine Art von Geschichten ich üblicherweise las...Mädchenkram..romantische Geschichten mit tragischen Ende. Kohoorn verstand meine Geste, hob die Brauen und nickte langsam. “Äh ja. Da fällt mir ein, es ist ein neuer Bildband erschienen! Höhepunkte der Saison 1953.“, wechselte er also schnell geschickt das Thema und ging wieder etwas in die Knie, damit ich den dicken Wälzer, der fast ganz unten lag, herausziehen konnte. Ich musste dafür kurz aufstehen, aber nach etwas Mühe hatte ich das neue Buch in der Hand. Das Leder war noch ganz hart und roch nach neu.
“Danke Mr.Kohoorn!“ Ich legte das Buch andächtig auf den Tisch und er nickte lächelnd. “Keine Ursache, Miss DeWinther. Ich freue mich, dass Sie und Ihr Begleiter die ersten sein werden, die es betrachten. Schon bald und es wird nicht mehr so aussehen.“, fügte er etwas wehmütig hinzu, fing sich dann aber wieder und verabschiedete sich.
Vorn im roten Leder des Buchdeckels war ein magisches Bild eingelassen, es zeigte die halsbrecherische Aktion des Jägers Wesley Archer, der den Schnatz im Sturzflug gerade rechtzeitig zu fassen bekam, bevor der Ball ins Tor rauschte und die Partie zu Gunsten der gegnerischen Mannschaft entschieden hätte. Er und der Ball kreuzten sogar noch die Wege, es war wirklich knapp gewesen und der entscheidende Moment des letztes Jahres. Fasziniert sah ich auf das Bild, eine Szene die man sich wieder und wieder anschauen konnte. Schließlich löste ich meinen Blick von dem Buch und blickte zu McThorn, um zu sehen was er von dem Buch hielt, zu sehen ob vielleicht nun irgendeine Reaktion zu erkennen war, so wie eben als ich glaubte ein Funkeln in seinen ruhigen Augen gesehen zu haben.
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Als sie sah, dass ich ihr den Stuhl vorgezogen hatte bedankte sie sich leise. Für mich war so etwas fast selbstverständlich, obwohl die meisten männlichen Wesen in meinem Alter nichts mehr von diesen Anstandsregeln hielten. Kurz nachdem ich ihr gesagt hatte kam Mr. Kohoorn vorbei. Er trug einen großen Stapel Bücher, wie meistens, wenn ich hier war und das war nicht gerade selten.
Er begrüßte mich und Danielle wie alte Bekannte. Das hieß wahrscheinlich, dass er auch Danielle besser kannte als die meisten Schüler. Vielleicht war sie sogar oft dann hier, wenn auch ich hier war, doch sobald ich mich hier an einen Tisch nieder ließ und anfing ein Buch zu lesen, dann vielen mir nur noch auffällige Schüler auf. Sie gehörte wohl nicht dazu, doch das hätte ich ihr auch nicht zugetraut.
Der Bibliothekar unterhielt sich ein wenig mit Danielle über das Buch, welches sie zurückgeben wollte. Sie sagte es ihm auch gleich und er ermöglichte es ihr, das Buch oben auf den Stapel zu legen, indem er ihn ein wenig senkte. “Verstehe. Nestor Hawk ist nicht jedermanns Fall. Also fürs nächste Mal doch lieber wieder...“ Doch weiter ließ Danielle ihn nicht kommen und ein amüsiertes Glitzern flammte in meinen Augen auf. Anscheinend war es ihr peinlich, dass ich herausbekommen würde was sie sonst so las. Doch eigentlich musste ihr das nicht peinlich sein. Zwar wusste ich nicht, was sie las, aber so schlimm, dass ich sie deswegen weniger mögen würde konnte es nicht sein. Zumindest fiel mir kein Thema ein, welches so schlimm sein könnte.
Anscheinend hatte Mr. Kohoorn verstanden, dass er lieber das Thema wechseln sollte, denn er bot uns ein neues Band an. Die Höhepunkte der Saison 1953. Quidditch. Ich mochte Quidditch gerne. Ich war zwar gut im Fliegen, aber so gut, dass ich mitspielen könnte dann doch nicht. Zumindest ging ich davon aus, wirklich versucht hatte ich es nicht.
Nun ging der Bibliothekar ein wenig in die Knie, damit Danielle das dicke Buch herausziehen konnte. Es bereitet ihr wohl einige Probleme, denn sie stand kurz auf. Gerade wollte ich ihr helfen, als sie es geschafft hatte. Sie bedankte sich bei dem Mann und legte das Buch auf den Tisch als wäre es etwas Besonderes. Doch wenn man es sich ansah, dann konnte das auch durchaus stimmen, denn es sah neu aus, sehr neu. Dies bestätigte mir der Bibliothekar noch einmal, als er hinzufügte, dass er sich freute, dass Danielle und ich die ersten waren, die es betrachteten. Es war eine Ehre, dass er das sagte. Zumindest kam es mir so vor. Ich mochte ihn und freute mich, dass er uns vertraute. Auch mir tat es leid, dass es schon bald nicht mehr so sauber und neu sein würde. Doch das konnte man nun wirklich nicht verhindern. Die meisten auf dieser Schule waren verrückt nach Quidditch und dann auch noch 1953.
Ich bemerkte kaum, wie Mr. Kohoorn sich verabschiedete, so gebannt verfolgte ich den Sturzflug von Archer. Es war der beste Sieg, den ich je gesehen hatte. Furchtbar knapp und spannend. Nachdem ich es zweimal gesehen hatte hob ich wieder meinen Blick und sah meine Gegenüber an. Auch sie war wie gebannt von dem Spektakel. Schließlich sah auch sie auf und ein paar Sekunden trafen sich unsere Blicke. “Du magst Quidditch?“, fragte ich sie mit leiser Stimme. Doch das hauptsächlich, weil wir immer noch in der Bibliothek waren und ich es verabscheute, wenn man unnötig diese Stille durchbrach.
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Wieder und wieder vollführte Archer den spektakulären Sturzflug und ich sah, dass auch McThorn gebannt war. Dann sah auch er auf und fragte mich etwas, das wohl wieder einmal viel offensichtlicher in meinem Gesicht zu lesen gewesen war als jegliche Empfindung bei ihm. Etwas ertappt senkte ich den Blick und nickte, musste dabei jedoch grinsen, weil ich meine Vorliebe für diesen Sport wohl auch nicht gerade besonders versteckt. Eigentlich weiß ich nicht einmal warum ich mich ertappt fühlte, schließlich war es keine Seltenheit wenn sich ein Mädchen für Quidditch begeisterte, aber es war wohl einfach ein Impuls, ausgelöst durch das schlechte Gewissen, dass mir meine Mutter immer einzureden versuchte.
Danielle, du benimmst dich wie ein Straßenjunge! Ein Mädchen auf dem Besen, das kann ja wohl nicht dein Ernst sein. Schlag dir das gleich aus dem Kopf, junge Dame, aber sofort!
“Ja.“, erwiderte ich schließlich und sah wieder auf, ein entschuldigendes Lächeln auf den Lippen – mehr dafür, dass ich mich für meine Antwort schämte als für meine Antwort selbst. “Aber...nur zusehen. Naja, eigentlich..“, begann ich und spielte abwesend mit dem Buchdeckel. “Ich darf kaum fliegen, also vom spielen kann schon gar nicht die Rede sein.“, gab ich etwas wehmütig zu. “Aber eigentlich fliege ich sehr gerne. Ist aber schon so lange her..“ Mein Blick driftete in die Ferne als ich mich erinnerte..es musste wirklich schon Jahre her sein. Nicht einmal in den Ferien kam ich dazu zu fliegen, dafür sorgte meine Mutter schon, und selbst Matthew war ähnlicher Meinung. Es sei zu gefährlich und überhaupt. Ja, er hatte leicht Reden, als Quidditchkapitän!
“Du bist gar nicht im Team..fliegst du nicht gern?“, fiel es mir dann auf und ich blickte wieder zu McThorn.
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Eine Weile sagte sie gar nichts, schien in Erinnerungen zu schwelgen. Positiver oder negativer Natur war nicht zu erkennen. Doch dann antwortete sie mit einem „Ja.“ Sie warf mir ein Lächeln zu, welches wohl entschuldigen sollte, dass die Antwort so spät kam. Mir hatte es nichts ausgemacht. Manchmal braucht man halt Zeit, um sich über eine Antwort Gedanken zu machen. Auch wenn diese nur ein „Ja“ war. Doch damit hatte ich Unrecht, denn es folgte noch mehr. Zuerst sagte sie, sie würde nur zusehen, doch es kam ein wenig zögerlich und sie spielte mit dem Buchdeckel. Anscheinend bemerkte sie es kaum oder gar nicht. „Ich darf kaum fliegen, also vom spielen kann schon gar nicht die Rede sein.“ Ein wenig erstaunt sah ich sie an, obwohl sich das Erstaunen wieder einmal nur in meinen Augen bemerkbar machte. Mein Gesicht zeigte keine Regung – wie immer. Ich hatte noch nie von jemandem gehört, dass die Eltern einem das Fliegen verboten. Schon gar nicht bei einer Familie, die vollständig aus Zauberern bestand. Der nächste Satz von ihr, dass sie eigentlich sehr gerne fliegt, es aber schon lange her sei, weckte ein wenig Mitleid. Ich selbst mochte das Fliegen sehr gerne, obwohl ich es meistens auch nie tat, was in meinem Fall aber damit zusammenhing, dass ich keinen eigenen Besen hatte.
„Du bist gar nicht im Team..fliegst du nicht gern?“ Ihre Worte rissen mich aus meinen Gedanken. Einen kurzen Augenblick regte ich mich nicht, bevor ich begann langsam den Kopf zu schütteln. “Doch. Ich fliege auch gerne, aber ich habe keine Gelegenheit dazu.“ Es wäre wirklich schön, mal wieder zu fliegen.
Nachdenklich sah ich sie an und eine verrückte Idee bahnte sich in meinem Kopf an. Wie wäre es...? Nein! Das war gegen die Vorschriften. Ich versuchte immer, mich an die Hausordnung zu halten. So kam kein schlechter Ruf zustande, der mir meine Zukunft versauen könnte. Doch es war so verlockend. “Wir könnten ja mal fliegen.“ Die Worte kamen, ohne das ich etwas dagegen hatte tun können. Jetzt waren sie raus. Es gab kein Zurück mehr, denn einen Rückzieher machte ich nicht. Ich hatte noch nie einen gemacht, da würde ich jetzt nicht damit anfangen. Abwartend sah ich sie an und hoffte, dass ihre Antwort ein ‚Nein’ war. Ehrlich gesagt, so gestand ich mir ein, hoffe ich, dass es ein ‚Ja’ wird.
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Es dauerte einen kurzen Augenblick bis McThorn antwortete. Doch, er fliege auch gern, sagte er, doch er habe keine Gelegenheit dazu. Ich nickte verständnisvoll und rutschte ein wenig tiefer im Sessel. Es war wirklich ein Jammer, und ich konnte nur allzu gut nachvollziehen wie es war, wenn man keine Möglichkeit zum fliegen hatte. Wahrscheinlich hatte er keinen eigenen Besen, wenn dies auch ungewöhnlich war, aber eine andere Erklärung fand ich nicht. Er konnte doch einen Schulbesen nutzen im Training, dachte ich mir, aber nein, es war schon praktischer wenn alle Spieler ihre eigenen Besen hatten und so auch immer trainieren konnten, wann sie wollten, ohne erst um die Erlaubnis bitten zu müssen sich einen Besen auszuleihen. Doch konnte er sich keinen kaufen? Ich wollte jedoch nicht fragen, um ihm nicht zu nahe zu treten, es würde schon einen triftigen Grund haben warum er keine Gelegenheit zum fliegen fand.
Während ich mir diese Dinge im Kopf herumgegangen waren, hatte auch McThorn geschwiegen und sah mich nun, scheinbar nachdenklich, an. Sein Gesicht verriet wieder keine Regung die darauf hindeuten konnte, was er gerade fühlte und dachte, und so machte mich sein Blick wieder ein klein wenig nervös, einfach weil ich das merkwürdige Gefühl hatte, er könne vielleicht wissen was ich gerade dachte, als sei mein Gesicht wie ein offenes Buch.
Ich spürte wie mir ein verlegenes Lächeln herausrutschte während ich den Blick etwas unsicher wider dem Buch zuwandte, ohne es jedoch wirklich zu sehen, da überraschte er mich plötzlich seinem Vorschlag. „Wir könnten ja mal fliegen.“, sagte er und wartete ab.
Ich blickte wieder auf, gleichzeitig erstaunt und auch unweigerlich angezogen von dieser Idee. Aber...wie stellte er sich das vor? Es war verboten außerhalb der Trainingszeiten auf dem Gelände zu fliegen und...hatte er nun doch einen Besen? Ich begriff, dass dieses Angebot etwas verbotenes an sich hatte und ich gestehe, es gab der Sache noch einen gewissen Reiz, ein Kribbeln das sich zu der Begeisterung einmal wieder zu fliegen gesellte. Ich sah ihn direkt an, sah in sein abwartendes ruhiges Gesicht und ein Funkeln flackerte in meinen Augen auf, eine unausgesprochene Zustimmung.
Ein leises Lächeln bewegte meine Mudwinkel leicht. “Wo bekommen wir denn einen Besen her?“, fragte ich sehr leise, dieses Mal nicht nur , weil wir uns in der Bibliothek befanden, sondern auch wegen der Brisanz des Themas..
Ich war begeistert. Ich muss ihn angesehen haben, als hätte er mir gerade ein großartiges Geschenk gemacht, und am liebsten wäre ich gleich aufgesprungen. Es mag für jemand anderen vielleicht nichts besonderes gewesen sein, aber ich war hin und weg – nicht einmal Matthew hatte mir mal angeboten wenigsten bei ihm mitzufliegen, in dieser Hinsicht hielt er fest mit Mutter zusammen. Aber jetzt würde ich fliegen, jawohl! Vielleicht? Voller Erwartung war meine ganze Aufmerksamkeit McThorn gewidmet.
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Erstaunt blickte sie auf und sah mich an. Natürlich war sie von meinem Vorschlag überrascht – ich war es auch. Eine Weile sah sie mich an, dann erkannte ich ein Funkeln in ihren Augen. Ich deutete es als Zustimmung. Sie lächelte, als sie auf meine Bemerkung einging. “Wo bekommen wir denn einen Besen her?“ Als sie sprach war ihre Stimme leise, so dass ich mich automatisch ein wenig nach vorne beugte. Ich hatte schon fast vergessen, dass wir in der Bibliothek waren, doch nun fiel es mir wieder ein und ich lehnte mich wieder zurück. Hier sprach sowieso jeder leise, als war es auch nicht auffällig, wenn wir flüsterten. “Weißt du wo die Besen der Schule sind?“ Es wäre wesentlich einfacher gewesen hätte ich einen eigenen gehabt, doch den konnte ich mir nicht leisten. Außerdem lebte ich in der Muggelwelt und da wäre es sehr komisch würde ich dort herumfliegen.
Mein Blick hing weiter an ihrem Gesicht und ich unterdrückte den Drang mich misstrauisch umzusehen. Das wäre wirklich auffällig gewesen. Vielleicht war es sogar zu auffällig wenn wir hier einfach herumsaßen und uns über ein geschlossenes Buch hinweg unterhielten. Mr. Kohoorn sähe es sicher nicht gerne, wenn er wieder vorbeikäme. Schließlich hatte er uns das Buch gegeben, dann sollten wir es auch lesen. Also streckte ich meine Hand aus und schlug es auf. Dabei lehnte ich mich so nach vorne, dass es aussah, als würde ich interessiert auf das Bild blicken, welches nun vor mir lag. Das einzige, was noch auffällig sein könnte war, dass es von mir aus gesehen auf dem Kopf stand, schließlich lag es immer noch vor Danielle, aber ich wollte es auch nicht einfach umdrehen.
Meine Augen suchten wieder ihre und ich sah sie fragend an. Ihr Bruder war Mannschaftskapitän, vielleicht hatte er ihr gegenüber mal etwas erwähnt oder es ihr gesagt. Ansonsten mussten wir uns etwas anderes einfallen lassen.
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Zu keinem Zeitpunkt hatten wir unserem Vorhaben offiziell zugestimmt, aber dennoch war klar, dass wir es vorhatten: wir würden uns einen Besen besorgen und fliegen. Ich spürte mein Herz klopfen, versuchte nach außen hin jedoch den Anschein zu wahren, als sei nichts besonderes los.
„Weißt du wo die Besen in der Schule sind?“ Ich nickte langsam und nachdenklich, während mein Mut ein wenig sank. “In der Umkleide.“, erklärte ich. “In dem Schrank wo auch der Koffer mit den Bällen ist. Aber die Umkleideräume sind jetzt abgeschlossen. ich konnte nicht verhindern dass mein Blick die Enttäuschung verriet. McThorn hatte mittlerweile das Buch aufgeschlagen um unserer Unterhaltung einen möglichst harmlosen Anstrich zu geben. Der Buchdeckel knarzte sogar noch, so neu war das buch. Auf der ersten Seite war ein Mannschaftsfoto abgebildet, alle Spieler winkten dem Betrachter fröhlich zu, ihre Besen in der Hand. Es schien fast schon ironisch. Ich drehte das Buch etwas, so das wir beide hineinsehen konnten, ich selbst war mit den Gedanken jedoch ganz woanders.
Das war´s dann wohl mit der tollen Idee... aber es konnte doch nicht möglich sein, dass man sich von eine paar verschlossenen Türen von so einer Gelegenheit abhalten lassen würde.. ich wollte das einfach nicht einsehen. Wieder den Wind auf dem Gesicht spüren, das Gefühl im Bauch wenn der Boden sich rasant entfernte..ich unterdrückte ein Seufzen. Es musste doch eine Möglichkeit geben...!
Plötzlich fiel es mir ein! Ich könnte schwören man hätte ein kleines leises pling! hören können, als mir diese Idee kam. Zugegeben, es war wirklich gegen die Regeln, aber anders würde ich ja niemals fliegen können! “Ich hätte da vielleicht eine Möglichkeit...“, wandte ich mich vorsichtig an McThorn und beugte mich ebenfalls etwas vor, so als wollte ich das Bild besser betrachten. “Eine Zimmergenossin hat einen Besen, sie hat mir gesagt ich könne ihn ausleihen wenn ich wollte..“, sagte ich und hob eine Augenbraue, fragend und abwartend.
Es war die Wahrheit, Mia war eine von denen, die mich immer wieder dazu überreden wollten es einfach zu versuchen, ich sollte mich im Team bewerben sagte sie, egal was meine Eltern sagten. Ich sei gut und das sei doch das, was zählte. Bisher hatte ich das Angebot immer abgelehnt, es hatte ja doch keinen Sinn, aber wenn ich es mir eines Tages anders überlegen sollte, dann könne ich mir ihren Besen ruhig nehmen, sagte sie, er sei besser als die alten Schulbesen.
Zwar wollte ich mich nicht gerade im Team bewerben, aber einmal zu fliegen, das war doch so ähnlich, Mia würde sicher nichts dagegen haben, wenn ich mir ihren Besen nun doch auslieh..
“Ich könnte ihn holen.“, bestätigte ich noch einmal, und die Aufregung kämpfte das schlechte Gewissen, dass sich trotzdem noch zu Wort meldete, einfach hinunter.
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Auf meine Frage nickte sie langsam, bevor sie mir eine Antwort gab. Die Besen wären in den Umkleiden in einem Schrank, doch die Umkleiden seien abgeschlossen. Ich nickte kurz. Wenigstens wusste ich jetzt wo sie waren. Nur die abgeschlossenen Türen waren ein Problem. Doch waren Probleme nicht da, um sie zu lösen. Außerdem handelte es sich nur um angeschlossene Türen. Die konnte man leicht mit einem Zauber öffnen.
Bevor ich es ihr jedoch sagen konnte hatte sie noch eine andere Möglichkeit parat. “Eine Zimmergenossin hat einen Besen, sie hat mir gesagt ich könne ihn ausleihen wenn ich wollte..“ Ich hob meinen Kopf ein wenig, um sie besser ansehen zu können. Das wäre natürlich perfekt! Kurz darauf fügte sie noch einmal als zusätzliche Bestätigung hinzu, dass sie ihn holen könnte. “Das ist gut. Aber wenn du das machst, dann pass auf dich auf. Es ist sicher auffällig, wenn du mit einem Besen durch das Schulgebäude gehst. Ich würde es ja auch tun, aber der Zutritt zum Mädchenschlafzimmer ist mir leider untersagt.“ Das hieß sie müsste ihn alleine aus dem Zimmer holen. Am Besten war es wohl, wenn ich im Gang auf sie wartete.
So aufgeregt war ich schon lange nicht mehr, auch wenn man es mir nach Außen hin nicht ansah. Ich hatte tatsächlich vor, etwas Verbotenes zu tun. Langsam zweifelte ich wirklich daran, ob ich noch ich selbst war. Doch der Gedanke war natürlich absurd. Ich war ich. Und ich würde heute Abend fliegen. “Wo soll ich auf dich warten?“, fragte ich sie sicherheitshalber noch einmal. Dies würde ein spannender Abend werden und ich wollte mich so gut wie möglich darauf vorbereiten.
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“Das ist gut. Aber wenn du das machst, dann pass auf dich auf. Es ist sicher auffällig, wenn du mit einem Besen durch das Schulgebäude gehst. Ich würde es ja auch tun, aber der Zutritt zum Mädchenschlafzimmer ist mir leider untersagt.“ war seine Antwort auf meinen Vorschlag, und ich war mir nun sicher man hatte mein Herz hören können als es einen Freudenhüpfer tat.
“Aber McThorn, ich würde doch bei diesem Wetter niemals ohne Mantel rausgehen!“, erwiderte ich und machte dabei klar, auf welche Weise ich vorhatte den Besen zu verbergen. Nichts konnte mich jetzt noch halten, ich fühlte mich hellwach und glaubte wirklich, allein mein Herzklopfen würde Mr.Kohoorn dazu veranlassen gleich um die Ecke zu kommen um nachzusehen, wer hier diesen Lärm veranstaltete. Ich war schon dabei aufzustehen, als ich noch einmal kurz innehielt und McThorn fast etwas erstaunt ins Gesicht sah, so als sei mir eben erst etwas klar geworden. “Ich weiß deinen Vornamen gar nicht.“, gestand ich und das Lächeln der Vorfreude ließ sich auch dabei nicht aus meinem Gesicht wischen.
Ich klappte das Buch zu und nahm es unter den Arm.
“Ich bringe das hier eben auf mein Zimmer.“, sagte ich, falls mein Aufstehen irgendwelche Aufmerksamkeit und vor allem fremde Ohren auf uns gelenkt haben sollte. “Wir treffen uns am Quidditchfeld. In zehn Minuten?“, fügte ich etwas leiser hinzu und ich war mir langsam wirklich sicher, wenn ich nicht bald von hier verschwand, dann würde irgendwer doch noch aufgrund des Blitzens in meinen Augen oder der unterdrückten Fröhlichkeit in meiner Stimme Verdacht schöpfen. Aber es war auch einfach zu aufregend! Am liebsten wäre ich ihm um den Hals gefallen und hätte ihn einmal gedrückt, aber das war natürlich undenkbar. So drückte ich einfach nur das große Buch an mich und wartete auf sein OK.
Dann verließ ich die Bibliothek, verabschiedete mich von Mr.Kohoorn, der in einem Seitenregal Bücher einsortierte, und achtete darauf nicht zu hastig zu erscheinen.
tbc: Fliegen ist schön
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“Aber McThorn, ich würde doch bei diesem Wetter niemals ohne Mantel rausgehen!“ Das war eine gute Idee, schließlich war es draußen kalt, das viel niemandem auf. Außer jemand achtete besonders darauf, dann würde man vielleicht sehen, dass sie ein wenig zu grade lief. Aber ich war mir sicher, dass es klappen würde. Mir fiel auf, dass sie mich mit meinem Nachnamen angesprochen hatte. Die Begründung kam einige Augenblicke später, als sie gerade dabei war zu gehen und dann noch einmal innehielt. “Ich weiß deinen Vornamen gar nicht.“ Ein belustigtes Funkeln trat wieder in meine Augen. Sie hatte sich die ganze Zeit mit mir unterhalten und hatte keine Ahnung wie ich hieß? “Jesroe. Aber nenn mich bitte Jes, das genügt vollkommen.“ Ich mochte meinen Namen nicht und ich hatte keine Idee, wie meine Eltern auf so einen Schwachsinn kamen. Aber Jes war okay. Nichts weltbewegendes, aber okay.
“Ich bringe das hier eben auf mein Zimmer.“ Es war natürlich nur, damit sie einen Grund hatte, die Bibliothek jetzt schon zu verlassen. Wahrscheinlich würde sie das Buch mit auf ihr Zimmer nehmen und es auch lesen, aber nicht jetzt. Jetzt war es nur Tarnung. Kurz nickte ich, damit sie wusste, dass ich sie gehört hatte, als sie mir sagte wann und wo wir uns trafen. Auf dem Quidditchfeld. In zehn Minuten. Dann halt nicht auf dem Gang. Aber vielleicht war es besser so. Wir kannten uns nicht wirklich und jeder der mich oder sie kannte wusste das eigentlich, dann wäre es recht komisch gewesen, wenn wir zusammen um diese Zeit durch die Gänge marschierten.
Ich wartete noch zwei Minuten nachdem sie gegangen war. Dann verließ auch ich die Bibliothek, natürlich nicht, ohne mich von dem Bibliothekar zu verabschieden. Ich mochte ihn und er mochte mich. Das sollte man nicht zerstören.
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