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Dieses Thema hat 1 Antworten
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 Zaubertränke
Professor Sanderson Offline

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Beiträge: 12

14.07.2007 11:21
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Zufrieden beobachtete ich meine Schüler beim abräumen der Destilliergeräte, behielt jedoch die Sorgenmacher genaustes im Auge, denn eine unvorsichtige Bewegung würde genügen um das Thermometer auf dem Boden zerspringen zu lassen. Und die Folgen vom ausgelaufenen Quecksilber wären alles andere als angenehm. Doch wie ich es meinen Schülern gelehrt hatte, brachten sie die Kolben, die Kühler und all die anderen Bestandteile der Destilliergeräte behutsam an ihre vorgesehnen Orte zurück.

Heute hatte ich mit ihnen keine interessanten Tränke gemixt sondern einen einfachen Destilliervorgang mit viel Theorie verbunden. Ich konnte mir ihnen nicht jeden Unterricht die Praxis durchführen, die den meisten sehr gefiel und mir selbst auch. Aber es gehörter auch trockener Stoff zum richtigen Unterricht. Ein guter Zaubertrank benötigt auch alle möglichen Zutaten, manche davon sind angenehm, wie Gänseblümchen, andere wiederum unangenehm, wie die Stinkwurzel.

Auch wenn es den meisten Schülern spielerisch leicht fiel, die wirksame Substanz aus den Baldrianwurzeln zu gewinnen, hoffte ich für den Zaubernachwuchs selbst, dass sie sich auch meinen Vortrag über den Baldrian angehört hatten, denn letztendlich ging es um ihre Noten und somit auch um ihre Zukunft. Der Baldrian erweckte kein großes Interesse, schließlich war diese Pflanze sehr harmlos und man konnte daraus keine tödlichen Tränke mixen, sondern lediglich angenehme ätherische Öle die zur Besänftigung wirkten. Da waren wir beim typischen post-pubertären Verhalten der heutigen Jugend angelangt. Ihre Interesse galt dem Gefährlichen, positive Auswirkungen der Zaubertränke empfanden sie als langweilig, Liebestrank ausgenommen wobei ich bestreiten möchte, dass dessen Wirkung als positiv abgestempelt wird. Sie freuten sich sehr, wenn ich die gefährlichen Folgen eines Trankes erwähnte, die meisten zumindest, andere reagierten auf diese Tränke mit kluger Vorsicht oder, meist die Üblichen unmotivierten Lehrlinge, mit Desinteresse, wie bei allen Zaubertränken.

Wie dem auch sei. Das Leben war kein Wunschkonzert und so gehörte zum Unterricht auch einfaches Destillieren und die umfangreiche Analyse einer noch so simplen Pflanze. Doch gerade der Baldrian brachte mich innerlich zum Schmunzeln, so bezeichneten die Muggel dieses Gewächs als „Hexenkraut“ und im Altertum aromatisierten sie alles, damit meine ich wahrlich alles (von der Kleidung bis hin zum Vieh) mit dem Baldrian, in der Hoffnung, es würde die Hexen fernhalten. Welch lächerlicher Aberglaube, doch so waren die Muggel damals nun mal sehr naiv und töricht. Der einzige Nebeneffekt dieser Aktion war das anlocken von Katzen, denn wie bei der Katzenminze waren diese Tiere auch nach dem Baldrianaroma verrückt.

“Für die nächste Unterrichtsstunde bitte ich euch, Untersuchungen zum Thema der Hysterie aufzustellen“ Die Schüler, welche nun die Geräte verstaut hatten, sahen mich mit einer Mischung aus Verwunderung, Resignation und Unverständnis an. Sie fragten sich bestimmt, was das mit unserem Unterricht zu tun hatte, sehr viel, wenn sie mir in den vorherigen Stunden zugehört hatten. “Die Hysterie. Auf psychotischer Grundlage beruhende oder aus starken Gemütsregungen entstehende, abnorme seelische Verhaltensweise mit vielfachen Symptomen ohne klar umschriebenes Krankheitsbild. Oder, um es ihnen gerecht zu beschreiben, Überspanntheit und nervöse Aufregung.“ Ich lies meinen Blick durch die Runde schweifen, ehe ich meine Worte fortsetze. “Die Wissenschaft der Zaubertränke ermöglicht es, diese Verhaltensweise bei einem Lebewesen hervorzurufen, dazu benötigt man aber eine spezielle Substanz, welche nur eine Pflanze in sich trägt. Ihre Aufgabe zur nächsten Stunde ist es also, herauszufinden welche Pflanze diese Wirkungsstoffe in sich trägt und woraus ich den Sirup gewinnen kann, der den Hysterieanfall beheben kann. Ich bitte um eine detaillierte Ausarbeitung, dazu zählt der Fundort der Pflanze, das Verhalten sowie die Beschreibung des Aussehens des Kräutes und des Gegensirups.“ Während ich sprach haftete mein strenger Blick auf jeden der jungen Schüler. Sie mussten nicht nur in Kräuterkunde sich das Wissen der Pflanzen aneignen, schließlich waren die Kräuter der größte Bestandteil meines Unterrichtes. Ohne Kräuter gab es keine Zaubertränke und dessen mussten sich meine Schüler bewusst werden. Ich konnte ihnen nicht immer vorgefertigte Kräuter auf den Tisch legen und darauf warten, dass sie die erforderliche Dosis in ihre Behälter warfen. Sie sollten wissen, womit sie es eigentlich zu tun hatten.

“Ich erlaube ihnen, dass Klassenzimmer zu Verlassen und wünsche ihnen noch einen angenehmen Tag“ mit der gewohnten nachdrücklichen Tonlage verabschiedete ich mich von den Kindern und hoffte darauf, dass sie sich die Hausaufgabe zu Herzen nahmen. Aber sie waren jung und lernfähig. In diesem Alter schnappte man viel auf, leider konnte man in dem Alter auch vieles von sich drängen. Sie waren in dem Alter der Charakterlichen Entwicklung. Es lag nahezu einzig und allein an ihnen, ob sie zu fleißigen Zauberern wurden, oder zu frivolen Faulenzern.
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