Komme von: "Reine Tatsachen"
Was für eine erholsame Nacht das gewesen war. Dementsprechend sah ich an diesem Morgen auch aus. Mein Haar hatte ich in der Nacht zusammengebunden, damit es am nächsten Tag ansehnlich war.
Ich hatte mich also an diesem Morgen erhoben und mich zunächst um mein Aussehen bemüht. Am Morgen hatte ich keinen Unterricht und so hatte ich Zeit.
Endlich ... heute würde der Ball sein. Ich hatte mich selbstverständlich an der Planung beteiligt, denn gerade für solche Zwecke hatte ich meinen Club ja gegründet. Amanda hatte sogar dafür gesorgt, dass am heutigen Tage eine angesagte Band auftreten würde. Es kribbelte mir jetzt schon in den Fingern. Obwohl ... nein, ich hatte noch keine Verabredung. Ich hätte sicher jeden fragen können, aber das wäre einfach nicht schick gewesen. Der Mann musste fragen. Alles andere wäre einfach nicht zu akzeptieren.
Nach einer ausgiebigen pflege meines Haars und meiner Haut begab ich mich vor einen besonders großen Spiegel, versah mein Haar mit feinen, silbernen Spangen, die verhinderten, dass mein Haar mir ins Gesicht fiel.
Meine Schuluniform belegte ich mit einem Bügelzauber. Ja, denn konnte ich wirklich. Wirklich merkwürdig, bei den einfachsten Verwandlungszaubern im Unterricht versagte ich und solch ein Zauber ging mir ganz locker von der Hand. Ich zuckte einmal mit den Schultern und verwarf den Gedanken damit. War ja schließlich alles nicht so wichtig, Hauptsache mein Rock hatte keine Falten und sah perfekt aus.
Noch einmal warf ich einen Blick auf mein herrliches Ballkleid. Amanda hatte auch hier für alles gesorgt. Da ihrem Vater eine Textilfirma gehörte, hatte sie auch allerlei Schneider und Künstler an der Leine. Diese hatten selbstverständlich unsere Maße und hatten uns Kleider nach unseren Wünschen, selbstverständlich entsprachen diese der wohl neuesten Mode, angefertigt. Wir hatten sie am gestrigen Abend anprobiert und sahen darin einfach bezaubernd aus.
Meines war zart blau und reichte mir bis knapp unter die Knie. Sogar neue Schuhe hatten sie uns geschickt, samt all der anderen Accessoires.
Heute war ich besonders früh auf den Beinen, um noch mit dem einen oder anderen zu sprechen. Außerdem keimte in mir die Hoffnung, das ich dem perfekten Tanzpartner über den Weg laufen würde, wenn ich nur rechtzeitig da wäre.
Ob es peinlich war, noch niemanden für den heutigen Abend zu haben? Keineswegs! Ich fand eher, das all die jungen Männer zu schüchtern waren, um mich anzusprechen. Ja, ich verschüchtert sie sicher mit meiner so reinen Haut, mit meinem glänzenden Haar und meinen perfekt sitzenden Kleidern.
Ich zwinkerte meinem wunderschönen Spiegelbild noch einmal fröhlich zu.
“Gut siehst du heute aus, Schätzchen!“, sagte ich mir. Amanda war noch im Waschraum und ich ließ ihr selbstverständlich alle Zeit der Welt. Die musste man sich schließlich an dem heutigen Tag auch lassen. Am Nachmittag würden wir erneut die Waschräume aufsuchen. Ich freute mich jetzt schon. Frisieren, Schminken, perfektionieren und es später so aussehen lassen, als wäre das alles mit großer Leichtigkeit und wenig Mühe verbunden gewesen. Man sollte ja nicht erkenne, das man geschminkt war. Man sollte nur erkennen, wie vollkommen wir doch waren. Ach das Leben war schön.
Beschwingt stieg ich die Stufen aus dem Keller hinauf und machte mich auf in den Wesen. Dort würde ich mich mit einigen Mitschülern treffen. Diese hatten darum gebeten, einige Tipps zu erhalten, ja Tipps von
mir.
In der Hand hatte ich ein etwa buchgroßes Kästchen. Es erinnerte sogar äußerlich an ein Buch. Ja, es sah klein aus, doch verbarg sich ein ganzer Schönheitssalon darin. Er gehörte Amanda, doch hatte sie ihn mir geschenkt. Sie gab mir immer so tolle Sachen.
Frohen Mutes schwebte ich in meiner eigenen, glitzenden Welt.
“Der Ball, ich werde tanzen, ich werde strahlen ... Eben noch heiter, prallte nun plötzlich jemand gegen mich. Ich konnte mich zum Glück irgendwie auf den Beinen halten. Ein jüngeres Mädchen war es, doch konnte ich mich gerade nicht an ihren Namen erinnern.
"Entschuldigung, tut mir Leid, ich habe dich nicht gesehen.. ", sagte sie. Ich nickte, das Nässchen in die Luft gereckt. Wie konnte man mich übersehen!? Ob sie dass mit absicht getan hatte? Nein, denn dann hätte sie mich ja nicht gemocht und Merlin bewahre, alle mochten mich!
“Ja Schätzen, sowas passiert. Eine Brille wäre vielleicht von Vorteil.“. Hach, ich war wirklich gut gelaunt, denn ich schimpfte nicht, sondern gab ihr sogar einen gut gemeinten Ratschlag.
“Dann wird sowas sicher nicht noch einmal passieren.“ Ich zwinkerte ihr zu, war fast so nett zu ihr, wie zu meinen Spiegelbild.