Wie jeden Unterricht hatten sich die Schüler im Gewächshaus eingefunden und nur der Jahrgang zeigte, welches Gewächshaus wir besuchten. Die Fünftklässler erforderten schon wesentlich weniger Kontrolle und das Gewächshaus zwei ist auch dieses Jahr noch ihr Unterrichtsort, bevor sie die letzten zwei Jahre in das dritte Haus wechseln würden, in dem dann die – ihrer Meinung nach – interessantesten Pflanzen auf sie warteten. Für mich war jede Pflanze ein interessantes Objekt, ob sie nun harmlos, nützlich oder einfach nur gefährlich war, was allerdings bei den wenigsten der Fall war. So gut wie jede dieser Pflanzen hat eine positive Wirkung und aber auch eine negative. Es kommt, wie so meist, einfach nur auf die Dosierung der Pflanze an. Doch das den Schülern zu vermitteln ist zwar einfach, doch interessierten sie Fleischfressende Pflanzen einfach mehr als gewöhnliche Algen.
Während sie die Gewächse, die vor ihnen standen in kurzen Worten beschrieben und manchmal auch ein Bild dazu malten, um sich einzuprägen, wie diese Pflanze aussah, sich anfühlte und roch, beobachtete ich sie nur, langsam um die Gruppe herum schreitend. Nächstes Jahr würden nur noch die Schüler hier sein, die sich wirklich für dieses Fach interessierten, die Kräuterkunde liebten oder für ihren zukünftigen Beruf brauchten. Noch waren Kandidaten dabei, die der Unterricht langweilte und bei denen ich schon anhand ihrer schlampigen Aufzeichnungen sah, dass sie die Stunde nicht ernst nahmen. Meist ignorierte ich deren Getue, übersah einfach deren Desinteresse, doch manchmal provozierte genau das mich, diesen Leuten meine Fragen zu stellen. Ich wollte, dass meine Schüler wirklich aufpassten und auch etwas mitnahmen aus der Stunde, auch wenn ich bei manchen bezweifelte, dass sie vor dem Unterrichtsraum noch wussten, was sie gerade gelernt hatten. Es gab hoffnungslose Fälle.
Im heutigen Unterricht hatte ich ihnen eine Pflanze vorgestellt, die im Wasser lebte und Algen glich, was auch das mangelnde Interesse gewisser Schüler zeigte. Sie sah nicht gefährlich genug aus, man brauchte weder Handschuhe noch sonst irgendetwas, um sich vor diesen Pflanzen zu schützen. Das Einzige, was für das »Dianthuskraut« wichtig war, war das sie genug Wasser um sich hatte, warum sie auch halb mit diesem bedeckt waren. Das Kraut wirkte, als würde es darin schwimmen und wogte leicht hin und her, wurde aber durch das immer wieder vorsichtige hinein greifen der Schüler aus ihrem Rhythmus gerissen. Ich hatte sie dazu angehalten – wie immer – das algenähnliche Gewächs auch zu berühren, um zu fühlen, es auch mit geschlossenen Augen wieder zu erkennen. Dieses Mal mussten sie recht vorsichtig sein, um die Blätter nicht zu zerreißen oder abzubrechen. Ich wusste jetzt schon, dass ich nach der Stunde ein oder zwei Pflanzen hatte, die zu pflegen waren. Kinder … oder eher Jugendliche, waren nun einmal nicht ernsthaft und vorsichtig genug, um so etwas zu verstehen oder umzusetzen. Oder es war ihnen gleichgültig, was leider auch oft der Fall war.
»So, nun stellen sie die Gefäße bitte wieder vorsichtig an den Ort zurück, an dem sie sie geholt haben, versuchen dabei bitte, das Wasser darin nicht zu verschütten. Sie hatten eine Stunde lang Zeit, die Pflanze anhand dieser und auch dem Buch zu studieren und hoffe, dass sie dadurch die Hausaufgabe mit Bravour bewältigen. Und zwar sollen sie mir bitte das Aussehen so gut es geht beschreiben, ebenso die Wirkung, wofür man sie benötigt und was die Bezeichnung der Pflanze (»Gilly weed«) für Bedeutungen hat. Vielleicht kommen sie ja auch drauf, welches Getränk im »Drei Besen« ebenfalls aus dieser Pflanze gewonnen wird.« Während sie so vorsichtig und gleichzeitig so schnell wie möglich die Pflanzen zurück trugen, schrieb ich mit dem Zauberstab die Hausaufgabe noch einmal auf die Tafel. »Und nun wünsche ich noch einen schönen Tag, sie können nun gehen…«, beendete ich den Unterricht dann.
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