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Ich hasse Bälle, das tat ich schon damals in Durmstrang. Nicht der Pompösität wegen oder weil alle so aufgetakelt herum laufen. Ist ja bei Gründen gegen solche Veranstaltungen unter den Top Ten der Alternativen...Ich habe nichts gegen Prunk und Pomp, ich wuchs darin auf. Aber ich habe etwas gegen Leute, die versuchen glanzvoll zu wirken, Möchtegern-Diven, Pseudo-Sternchen und so weiter. Und dieser Ballabend würde nur so wimmeln vor aufgetakelten kleinen Hexen und tölpeöhaften Gentlemen. Jedem, der eine gute Erziehung genossen hat, würden sich bei diesem Abend die Nackenhaare aufstellen. Bei mir taten sie es schon beim Gedanken daran.
Jeder Reinblüter, der etwas auf sich hielt, musste unweigerlich diese Veranstaltung meiden, wenn er sich eine Gehirnwäsche ersparen wollte. Schlammblüter, die sich verhielten wie unseres gleichen. Reichte ja schon, dass diese Unwürdigen überhaupt hier auf die Schule gingen und den Unterricht mit ihrer Anwesenheit verpesteten.
Hogwarts, diese Anstalt hier, war ein einziger Kindergarten, ein Irrenhaus. Keine Ahnung, wie Fij das aushielt, ich sehnte seit ich das erste Mal einen Fuß über die Schwelle gesetzt hatte, das Ende meiner Schulkarriere herbei. Das Ende meines Groß-Britannien-Aufenthalts. Unausstehliches Land, häßliche Sprache, merkwürdige Leute und zu 99,9% meiner Gesellschaft nicht würdig.
Ich hatte niemanden gefragt, ob er mich zum Ball begleiten möchte, noch hatte es irgendwer versucht, mich als Ballbegleitung zu ergattern.
Warum auch immer, wahrscheinlich meiner Schwester zu Liebe, hatte ich mich heute abend dennoch tatsächlich dazu herab gelassen, diesen fragwürdigen Ball zu besuchen. Und hätte am liebsten unendlich viele Schritte rückwärts gemacht, als ich die Musik auch nur von weitem hörte. Wer quälte da seine Geige so und verunstaltete Tschaikowskis Streichquartett in derart entstellender Weise? Es schmerzte ja schon beinahe in den Ohren. Dann die Menschenmenge. Mir reichte der Trubel bereits, wenn nur die Hälfte der Schüler zum Essen in der Großen Halle erschien, aber jetzt war selbst der Flur überschwemmt.
Ich hielt es keine fünf Minuten aus.
Einen Walzer schenkte ich meiner Schwester, dann entschuldigte ich mich höflichst und schleunigst.
Ein wenig kühlere Luft schlug mir entgegen, als ich mir einen Weg durch die Menge bahnte, um auf den Gang hinaus zu kommen. Vor dem Eingang staute es sich ein wenig, dann endlich hatte ich die zum Ballsaal umfunktionierte Große Halle hinter mir gelassen und schlängelte mich zwischen den hinausschlendernden Schülern in Festtagstracht hindurch richtung Schlossportal. Frische Luft und Ruhe vor dem Gequassel und den fürchterlichen Interpretationen klassischer Musikstücke...
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Welche Schande!
Ich wusste nicht, welches Pferd mich geritten hatte, als ich mir einfach den nächstbesten Typen geschnappt hatte und ihn als meine Begleitung ausgegeben hatte, nein, ich hatte wirklich nicht den blassesten Schimmer - nur wusste ich jetzt, ich hätte besser daran getan, einfach zu sagen, dass ich alleine auf dieser schrecklichen Veranstaltung gewesen war, nur kurz hatte vorbeischauen wollen und dann wieder vorhatte zu gehen. Verfluchter Stolz! Der stand einem nur im Weg, man bemerkte es allerdings immer erst dann, wenn sowieso schon alles zu spät war. Mein Plan hieß jetzt: Die Flucht ergreifen.
Mit stolz erhobenem Haupt ging ich schnurstracks durch die Halle, ließ nach kurzen Abschiedsworten Joel einfach wieder stehen und schaute weder nach links, noch nach rechts, beachtete einfach gar nichts um mich herum und war heilfroh, als sie die Türen der Großen Halle vor mir auftaten und ich hinaus in den Flur getreten war.
Jetzt erst einmal durchatmen, mich sammeln und dann würde es schon wieder besser sein. Ich schüttelte das seltsame Gefühl, was mich plötzlich überkommen hatte, einfach von mir ab und rückte mein Kleid ein wenig zurecht. Bauch rein, Brust raus, Rücken grade... Noch einmal durchatmen und schon war ich wieder ganz die Alte. Nur meine Laune war nach wie vor nicht besser... Das war alles nur die Schuld des dusseligen Direktors, der unbedingt wollte, dass sich die Häuser zusammenfanden! Pah, was verstand er schon davon, dass wir Slytherins lieber für uns waren..? Gar nichts, er hatte ja ein ach so großes Herz für Muggel... Innerlich würgte ich schon, äußerlich verdrehte ich nur die Augen und ging dann ein Stück weiter den Gang hinunter.
Hier war es schon wesentlich ruhiger und ich erfreute mich an der Einsamkeit, die mich umgab. In meinem Kopf fügten sich schon wieder Bilder zusammen und meine Umwelt verschmolz schlagartig mit meinen Träumen... Ich und mein Angebeteter draußen auf einer Decke, er füttert mich mit Köstlichkeiten, die er aus der Großen Halle hat mitgehen lassen und ist einfach... Bum! Ich taumelte leicht zurück und war für den ersten Moment verwirrt. Hatte mich mein Angebeteter geschlagen?! Als ich jedoch realisierte, dass ich jemanden fast umgelaufen hatte, schüttelte ich leicht verärgert den Kopf und drehte auch gleich schon wieder alles so, als ob ich hier das Unschuldslamm war.
“Musst du unbedingt da gehen oder stehen, wo ich gerade lang will?!“, ereiferte ich mich und wollte eigentlich grade nochmals zum Reden ansetzen, als ich dann erst erkannte, um wen es sich hier handelte... um niemanden geringeren als einen meiner Hausgenossen. Na ganz super...
“Andrej.“, stellte ich dann überflüssigerweise fest und beäugte ihn einen Moment, ging leicht um ihn herum. “Was treibst du dich denn in den Gängen herum?“ Fragend traf mein Blick ihn. Zwar konnte ich mir schon vorstellen, weshalb er hier war und nicht auf dem Ball, aber vielleicht steckte ja auch mehr dahinter. Wer wusste schon, ob er nicht die ein oder andere dunkle Machenschaft ausheckte? Das wäre doch dann wirklich was für mich...
Nur kam ich mir dennoch grade ziemlich dumm vor, wie ein kleines Mädchen, dass gerade das erste Mal alleine mit einem Jungen war. “Dummes Ding!“, schimpfte ich mich in Gedanken selbst. “Du bist Skylar Donovan, du bist weder ein kleines Mädchen noch dumm oder sonstwas. Du bist perfekt.“ Ja, genau. Dieser Appell an mich selbst brachte mich dazu, meine Haltung wieder aufzunehmen und nichts mehr zu sagen, was ich selbst als dumm betiteln würde.
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Ein kühler Wind wehte mir von einem halb geöffneten Fenster entgegen. Im Normalfall hätte ich mich wahrscheinlich darüber aufgeregt, welcher Idiot bei diesem Wetter alles offen stehen ließ. Im Moment war ich recht glücklich über frische Luft. Ich ging hinüber und blickte durch die kalte Scheibe hinaus in den dicht bewölkten Nachthimmel. Es roch nach Regen.
In der Großen Halle, im Ballsaal war sternenklare Nacht an der verzauberten Decke gewesen. Klar, man musste ja das richtige Ambiente haben...wer feierte schon gerne bei Wind und Gewitter, mal davon abgesehen, dass dann alle herumlaufen würden, wie begossene Pudel. Amüsante Vorstellung. Sämtliche Stunden, die einige Damen wohl vor dem Frisiertischchen verbracht hatten, um sich zu schminken und die Haare zu machen, unter Beratung der besten Freundin oder gleich des gesamten Schlafsaals, umsonst.
Ich kam nicht umhin ein wenig selbstvergessen hämisch zu Lächeln bei einem so schönen Gedanken.
Den Ball sabotieren...das war nicht sehr schwer. Man musste nur als Dementor verkleidet durch den Raum schweben, oder aber den Kronleuchter kappen...es gab so viele vielversprechende Möglichkeiten und so viele Gründe es besser sein zu lassen. Beispielsweise die Tatsache, dass Fij ebenfalls im Ballsaal war und wenn diese sich bei einer eventuell aufkommenden Massenpanik (was bei einem Dementorenauftritt ja nicht ganz abwegig war) verletzte, würde sie mir das wahrscheinlich mein Leben lang vorhalten...gut, man könnte sie vorher rausschaffen...aber wahrscheinlich amüsierte sie sich bei dieser Veranstaltung so prächtig, dass sie sich strikt weigern würde mitzukommen. Meine Schwester hatte die Eigenschaft an solchen Dingen wie Bälle, Empfänge etc. immer etwas Positives zu finden und sei es nur der gute Champagner...okay, den würde es hier wahrscheinlich nicht geben...Schulveranstaltung und so...
Sollten die da drin doch feiern und ihren Spaß haben, mit Kindersekt und mittelmäßiger bis schlechter Musik...so lange sie mich damit in Ruhe ließen und nicht auf die Idee kamen sich an diese Stelle zu verirren...
Doch hier weiter hinten im Gang war nichts mehr los. Nicht einmal turtelnde Pärchen kamen hier entlang. Am Hauptausgang war ich schon vorbeigekommen und wer wollte bei diesem Wetter auch schon hinaus in den Schlosshof gehen. Ich zum Beispiel. Doch gerade, als ich mich vom Fenster abwandte, um zur großen Eingangspforte zu gehen, wurde ich unsanft von diesem Vorhaben abgehalten. Und dann auch noch dumm von der Seite angemacht.
"Leidest du an Realitätsverlust, oder hast du deine Augen beim letzten Zaubertrankunterricht versehentlich als Zutat in den Kessel geworfen?", entgegnete ich kühl und hätte dem Störenfried am liebsten noch einen Fluch vors Gesicht geklatscht, dass dieser wirklich sein Augenlicht verlor.
Naja...hätte mir im Nachhinein vielleicht etwas Leid getan. Denn, wie ich feststellte, handelte es sich um Skylar, eine Hauskameradin.
“Was treibst du dich denn in den Gängen herum?“ Gut, vielleicht hätte es mir dann doch nicht allzu sehr Leid getan.
"Was rempelst du mich denn an...?", war die trockene Rückfrage auf Donovans Erkundigung.
Ich verschränkte die Arme vor der Brust und betrachtete sie abschätzig.
"Hast du vor hier Wurzeln zu schlagen!?" Fragend zog ich eine Augenbraue in die Höhe, als sie mich beobachtend umrundete.
"Bisschen zugig hier draußen für nen Püppchen, solltest besser wieder rein gehen..." und mir nicht weiter im Weg rumstehen. Ich lächelte mein gönnerhaftestes Blumenlächeln, dass jedoch nur Augenblicke später wieder erstarb.
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Ebenso schnell wie ich gerade, hatte Andrej sich erst aufgespielt, um schließlich doch zu erkennen, dass es sich um einen seiner Hausgenossen handelte. Nur zu gut, dass ich jetzt wusste, dass seine Laune ebenso gut wie meine war... Besser wäre es wohl gewesen, ich wäre gar nicht erst hier lang gegangen und nicht in ihn hereingelaufen, denn jetzt durfte ich mir erst einmal ein paar Kommentare anhören - und zu meiner Ärgernis auch noch meinen Kopf anstrengen, um ihm etwas entgegenzubringen. Nur zu den Augen und dem Zaubertränkeunterricht hielt ich mich lieber erst einmal bedeckt. Zwar war dies nicht mein schlechtestes Fach, aber ein Ass darin war ich auch nicht wirklich...
Nur das mit dem Realitätsverlust fand ich ganz und gar nicht passend! Zugegeben: Ich träumte gerne und viel, aber ich konnte dennoch das fiktive von dem realistischen trennen. “Und du leidest wohl an Selbstüberschätzung...“, gab ich nur murmelnd zurück und reckte trotzig mein Kinn. Wäre ja wohl noch schöner, wenn ich mich hier von einem Älteren unterbuttern ließe. Obwohl es beinahe dazu gekommen wäre.
“War ja keine Absicht...“, meinte ich nur und zuckte ein wenig mit den Schultern. Er war ja selbst Schuld, wenn er hier herumlief, während ich auch in den Gängen unterwegs war. “Und nein, Wurzeln schlagen wollte ich eigentlich nicht. Wie du siehst bewege ich mich auch noch.“ Und wie zum Beweis ging ich noch ein bisschen weiter, bis ich schließlich vor ihm zum Stehen kam. Da ich ein wenig kleiner war als er, musste ich ein bisschen zu ihm hochsehen. Leicht legte ich meinen Kopf schief, kniff die Lippen ein wenig zusammen und funkelte ihn ein wenig böse an. Püppchen?! Hatte ich da wirklich richtig gehört? Ich war doch kein Püppchen...
“Vielleicht ist es für dich hier ein bisschen zu zugig, aber ich finde es eigentlich recht angenehm. Besser als in dieser stickigen Halle, wo alle aufeinander hocken und ja ach so viel Spaß haben.“ Ich verzog mein Gesicht zu einer angewiderten Grimasse und schüttelte mich ein wenig. Ja, wirklich. Es war schrecklich gewesen, da drin gewesen zu sein, vor allem nach dem Desaster mit der Begleitung. Ich konnte mich sicherlich einige Tage nicht hier im Schloss blicken lassen...
Auf sein Lächeln, dass nur für den Bruchteil eines Momentes auf seinen Lippen erschienen war, ging ich besser nicht ein. Ich wusste schließlich, dass es alles andere als ernst gemeint war, nur fand ich es unmöglich, dass er seine seltsame Laune an mir auslassen musste. Ich hatte ihm nichts getan! “Soll ich dich besser wieder alleine mit deiner herzallerliebsten Einsamkeit und miesen Laune lassen? Oder soll ich womöglich irgendwas tun, damit sich deine Laune noch mehr in den Keller bewegt?“ Ich war grade selbst ein wenig unschlüssig, ob ich nicht einfach rausgehen und ihn wirklich alleine lassen sollte, aber irgendwie musste ich es ihm noch heimzahlen, dass er nicht gerade nett zu mir gewesen war... Das konnte ich nicht einfach so ohne weiteres auf mich sitzen lassen.
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Selbstüberschätzung? Fragend zog ich eine Augenbraue in die Höhe, ging aber nicht weiter auf diesen unsachlichen Kommentar ein.
“...nein, Wurzeln schlagen wollte ich eigentlich nicht. Wie du siehst bewege ich mich auch noch.“ Mit unveränderter Miene beobachtete ich, wie sie ihre Laufkünste vollführte und etwas zu dicht vor mir zum Stehen kam.
"Ja, wie ich sehe durchbrichst du gerade den Sicherheitsabstand...", lächelte ich daher mit einer Mischung auf Arroganz und Spott und schob sie sanft ein Stückchen von mir. Ihr tötender Blick beeindruckte mich nicht im geringsten, entlockte mir allenfalls den Anflug eines mitleidigen Schmunzelns.
Ich war Einzelgänger. Das wusste ich und das sagte Fij mir auch oft genug, als dass ich mir etwas anderes hätte einreden können. Wozu auch. Ich war gerne auf mich alleine gestellt, das verhinderte, dass man durch andere in unangenehme Situationen gebracht wurde und außerdem brauchte man sich niemandem gegenüber verantwortlich zu fühlen, außer sich selbst -und in diesem Falle noch meine Schwester, schließlich war sie ja auch ein Teil von mir.
Als ich nun hier auf dem Gang so angerempelt wurde, war das ein Anschlag auf meine selbsterwählte Einsamkeit und somit eine Einschränkung meiner Freiheit. Kein Wunder also, dass ich so abwehrend reagierte. Nun gut, im Normalfall reagierte ich grundsätzlich etwas grob, wenn man mich ansprach. Aber diese Person hatte mich ja nicht einmal richtig und vor allem höflich angesprochen, sondern beinahe schon angefallen und das ohne sich zu entschuldigen. Was sollte und konnte man also anderes tun, als den Missetäter oder die Missetäterin zurecht zu weisen.
Und, dass diese gleich so kratzbürstig reagierte und sich wehrte, machte die Sache nur umso interessanter.
"Soso..." Musternd und abschätzend wanderte mein Blick über sie. "Keine Angst, ich hatte gerade vor raus zu gehen, weil es mir hier drinnen zu sehr zieht", gab ich ironisch zurück, als das Püppchen Bedenken äusserte, mir könne hier eventuell zu kalt sein.
Die ersehnte Ruhe schien in weite Ferne gerückt, wobei ich das Mädchen jeder Zeit hätte loswerden können, hätte ich nur wirklich gewollt.
Aber irgendwie war die Kleine doch ganz putzig. Und so als Zeitvertreib war es doch allemal besser, als sich auf dem Ball mit der Anwesenheit von Schlamblütern zu quälen.
Und sie schien mir da, zumindest beim letzten Punkt, vollkommen recht zu geben. Scheinbar war sie wohl auch vor den Hogwartsfeierlichkeiten geflohen und ihm dabei zufällig über den Weg gelaufen.
Ihr angeekelter Gesichtsausdruck sprach Bände.
Da schien wohl etwas mehr passiert zu sein, als lediglich die Tatsache, dass ihr die Musik nicht gefallen hatte...
"Du glaubst, dass du das schaffen könntest...?" Beinahe musste ich laut los lachen, ein süffisantes Lächeln jedoch war ihr sicher. Der Slytherin stand die Unentschiedenheit geradezu auf die Stirn geschrieben. Ihre Worte waren kleine Versuche sich gegen etwas zu wehren und sich zu rechtfertigen, was sie überhaupt nicht beeinflussen konnte. Nämlich mein Verhalten.
"Die Herausforderung nehme ich an Prinzesschen", grinste ich überlegen und öffnete ihr formvollendet, einem Kavalier gleich, die Tür zum Schlosshof und setzte einen weiteren Seitenhieb hinzu: "Vorrausgesetzt du hast keine Angst vor der Kälte..."
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Sicherheitsabstand?! Hatte der Typ sonst noch irgendwelche Wünsche? Ich glaubte eigentlich, unter den Slytherins würde es sowas nicht geben, aber scheinbar hatte ich mich geirrt. Und scheinbar nahm Andrej das mit dem Sicherheitsabstand auch noch ernst, denn er schubste mich (okay, es war eher ein leichtes schieben) ein Stück nach hinten und gab mir mit seinen Blicken zu verstehen, was er eigentlich von mir hielt. Ungeheuerlich! Meinte der, ich ließ mich einfach so abschieben? Bestimmt nicht.... da hatte er seine Rechnung ohne mich geschrieben. Wer mich offensichtlich bemitleidete, der hatte es nicht anders verdient. Ich brauchte kein Mitleid, ich war Skylar, die hübsche, beliebte und reinblütige Skylar und Mitleid existierte in meinem Wortschatz nicht - zumindest nicht wirklich, mir taten höchstens die ganzen unwürdigen Leute leid, die es leider niemals so weit schaffen würden, wie ich das vorhatte im weiteren Verlauf meines Lebens. Aber das war wohl auch ganz gut so, immerhin konnte dann gewährleistet sei, dass sich nur noch reinrassige Zaubererfamilien in der Zauberwelt tummeln.
Oh herrlich, diese Ironie... Ich verdrehte leicht die Augen und machte eine wegwerfende Handbewegung. “Als ob dich die Kälte interessieren würde.“, sagte ich halblaut und zuckte ein wenig die Schultern. Er selbst war schon in seiner Art so kalt, selbsgefällig und gehässig, dass er sich damit problemlos an die Außentemperatur anpassen konnte... Aber eine gewisse, kalte Austrahlung wirkte irgendwie immer anziehend auf mich, warum konnte ich nicht genau sagen. Hing wohl mit meiner Vorliebe für böse Jungs zusammen... Oder mit meiner Vorliebe für die schwarze Magie, das kam wohl beides zuammen.
Natürlich glaubte ich, dass ich das schaffen konnte! Was glaubte er denn, wen er hier vor sich hatte? Ein kleines, verschüchtertes Mädchen, dass sich von einem Typen wie ihm alles gefallen ließ? Nein, ganz bestimmt nicht! “Wirst du dann ja sehen, ob ich es schaffe oder nicht.“, erwiderte ich und reckte trotzig mein Kinn, ließ meinen Blick dabei keine Sekunde von Andrej. So sah ich auch augenblicklich, wie er mir total kavaliermäßig die Tür öffnete. Eigentlich hätte es mir gefallen können, aber nicht bei den Vorreden, die hier gelaufen waren und auch nicht bei dem Seitenhieb den er mir verpasste, um mich dazu zu bringen, mich in Bewegung zu setzen.
“Danke, ich denke die Kälte wird das kleinste Übel sein.“, erwiderte ich charmant, deutlich mit einem beißenden Unterton in der Stimme. Aufrecht wie eh und je stolzierte ich schließlich durch das Schlosstor nach draußen und zog mir den Mantel, den ich nur leicht um die Schultern gelegt hatte, etwas enger um meinen Körper. Ich war immerhin noch in der Ballkluft hier und unbedingt warm war die auch nicht.. Aber nun ja, ich war hier und ich war froh, mit einem grießgrämigen Slytherin herumlaufen zu können und nicht die Gesellschaft von einem niederen Hufflepuff hinnehmen zu müssen. Nein, an diese Aktion sollte ich gar nicht weiter denken, dass war einfach nur blamabel gewesen... Ich hoffte immer noch, dass niemand wirklich morgen darüber reden würde, sonst wäre mein Ruf hunderprozentig für die Katz’.
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Wie sie mich so böse anfunkelte…hätte man in diesem Moment auf einem Bild festhalten müssen. Ich sah sie mit hochgezogener Augenbraue und arrogant fragendem Lächeln an. Ja bitte, ist noch was…? Das sagte mein Gesichtsausdruck in diesem Moment aus und ihrer?
Der meinte: wie kannst du nur so mit mir reden, ich bin etwas Besseres! Bei Merlin, wie langweilig. Irgendwie wollten sie im Hause Slytherin doch alle immer etwas Besseres, etwas Besonderes sein. Und die einzigen, die es definitiv auch waren, waren Fij und ich. Zum ersten, weil unser Familienname eine nicht unbeträchtlich lange Vorfahrenreihe aufwies –gut, damit brüskierten sich die übrigen ja auch immer- aber zum anderen, weil wir definitiv die bessere Schule besucht hatten.
Da mochte zwar manch einer anders darüber denken, vor allem wohl die lieben Lehrkörper dieser Schule. Böses Durmstrang, wo man nicht vor der schwarzen Magie warnte, sondern sie auch noch lehrte. Na eben! Gerade das machte es ja so herausragend. Und gerade danach sehnten sich die armen kleinen Slytherins hier, oder zumindest gaben sie es alle vor. Gaben sie es vor der Beste der Besten, der Böseste der Bösesten zu sein. Und, wenn es darauf ankam? Würden mehr als die Hälfte dieser aufgeblasenen Angsthasen den Schwanz einziehen…Ja, vor diesem Hintergrund gesehen: wie schlotterten mir doch die Knie vor diesem bösen Blick dieser bösen Slytherin…
“Als ob dich die Kälte interessieren würde.“ Als ob du Kälte kennen würdest…
Die Kleine gab wirklich nicht locker. Folgte mir tatsächlich nach draußen, na da hatte ich mir ja was eingefangen. Die meisten Leute mieden von vorne herein schon mal meine Gesellschaft und hätte ich dieser Gryffindor-Zicke von letztens dieses Angebot gemacht mit mir die Kälte zu genießen, hätte sie sicher dankend abgelehnt. Aber es handelte sich hier glücklicherweise -momentan so ziemlich der einzige Vorzug dieses Mädchens- um eine Hauskameradin. Und auch, wenn ich mit meinem eigenen Haus nicht so viel mehr Kontakt pflegte wie zu den übrigen Häusern, dann war mir ihre Gesellschaft doch um einiges lieber als die Gegenwart manch anderer Schlossbewohner.
Ja, irgendwie amüsierte sie mich. Diese extra zur Schau getragene, kalte Art, die bei mir selbst längst zum festen Erscheinungsbild gehörte und bei ihr, mir gegenüber, so trotzig wirkte. Ihre offensichtlich zur Schau getragene Ablehnung und gleichzeitig folgte sie mir blind.
“Na, wenn du die Kälte schon als Übel siehst, dann solltest du vielleicht besser doch wieder reingehen, Schneeprinzesschen.“
Ich nahm ihr den lose übergehängten Mantel von den Schultern und hielt ihn ihr zum Anziehen hin, wie ein Butler, der der Hausdame beim Ankleiden hilft.
Ja, ich war ein Schauspieler…ich liebte es zu spielen, ich liebte das Spiel...
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