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#1 Spaziergang zum abkühlen... oder auch nicht |
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Komme von: Butterbier und Lästerei
Einige Sekunden verharrte ich genau dort, wo ich gewesen war, nur um meine Gedanken etwas zu ordnen und mich auch zu beruhigen. Es war einfach unglaublich. So schnell ging es also, die wohl einflussreichste – wenn man dieses Wort im Zusammenhang mit einer Schule benutzen durfte – Mädchenclique auf sich zu hetzen. Die nächsten paar Wochen oder auch Monate würden wohl die Hölle auf Erden für mich sein. Doch so sehr schockierte mich das komischerweise gar nicht. Ich hatte immer gedacht, eine Art Verzweiflung würde mich überkommen, wenn ich einmal so ein Unglücksrabe sein sollte, doch davon war nichts zu spüren. Eigentlich störte es mich nicht einmal wirklich. Sollten sie doch, wenn sie wollten. Sie würden ein paar spöttische Antworten bekommen oder einfach ignoriert werden. Und sollten sie es doch einmal übertreiben, so würde ich auch nicht davor zurückschrecken, mich wirklich wie ein Streber aufzuführen und einem Lehrer mitzuteilen, dass ich armer kleiner, wehrloser Junge von denen geärgert werde. Gut, dass mit dem klein und wehrlos würde mir wohl nicht jeder Lehrer abkaufen, aber dass ich geärgert wurde mit Sicherheit. Und wenn doch nicht, dann würde ich es sicher irgendwie schaffen, dass sie mich genau dann einmal dumm anmachen, wenn zufällig ein Lehrer vorbeikommt. Schließlich hatte der Hut sicher auch einen Grund gehabt, mich nach Slytherin einzuordnen. So dachten doch die anderen Häuser, vielleicht sollte ich auch langsam anfangen, so zu denken.
Doch davon genug, schließlich würde ich mir dafür wohl noch früh genug eine Lösung einfallen lassen müssen. So setzte ich mich langsam in Bewegung, die jüngeren Schüler mit bösen Blicken aus meinem Weg lenkend. Kurze Zeit später durchquerte ich schon den Gemeinschaftsraum, ohne mich auch nur umzublicken. So bemerkte ich nicht, wer sich sonst noch so dort aufhielt. Wäre es Penny, dann war es so wohl besser für ihre Gesundheit und wäre es jemand anderes, dann wäre es mir so oder so egal. Außer vielleicht bei Charline, aber die wollte ich heute auch nicht mehr ansprechen. Bei ihr hatte ich das dumpfe Gefühl, dass sie – und vielleicht auch ich – etwas überfordert wäre. Also ging ich erst einmal in den Schlafsaal, duschte mich und zog mir frische Klamotten an, über die ich meinen Schulumhang trug. Ich mochte die Schulumhänge hier, wieso konnte ich wohl selbst nicht sagen. Doch sie gefielen mir. Was mir nicht gefiel, war, dass Penny so über mich dachte, wie sie ja offensichtlich dachte. Denn um ehrlich zu sein hatte ich doch einen leichten Stich verspürt, als sie mir das heute Abend alles so vorgeworfen hatte. Da war es mir wirklich egal gewesen, dass sie anderen das gehört hatten. Etwas, was mir fast mehr Sorgen machte, als ich bereit war zuzugeben. Denn wenn mir das so viel ausmachte, dann war wohl auch klar, dass ich Penny eigentlich recht gerne hätte und dabei hatte ich mir selbst geschworen, nie wieder jemanden so gerne zu haben, dass er mich verletzen könnte. Tja, Pech gehabt. Das war wohl schon passiert. Doch dieses Mal würde ich mich nicht verkriechen oder weglaufen. Dieses Mal würde ich… ja, was denn? Das würde ich dann wohl sehen, wenn ich ihr das nächste Mal begegnete. Erst einmal zog ich mein Tagebuch hervor und versuchte mich damit etwas abzukühlen, indem ich einfach aufschrieb, was heute so passiert war. Doch das wirkte auch nicht allzu viel, als ich dann beim Abend ankam, dabei hatte ich mir für den Rest des Tages wirklich viel Zeit genommen.
Doch bevor ich mich dort wieder hineinsteigern konnte stand ich auf und verließ den Schlafsaal, wie auch den Gemeinschaftsraum. Ich hatte wirklich absolut keine Ahnung, wie spät es war, doch es war mir auch nicht so wichtig. Hauptsache, ich beruhigte mich etwas. So begann ich einen kleinen Spaziergang durch die Gänge, ohne darauf zu achten, wo ich her lief. Wieso auch? Wenn ich keine Lust mehr hatte, dann konnte ich immer noch zurück. So versuchte ich an nichts zu denken, was wirklich nicht gerade einfach war. Dennoch schaffte ich es, Penny zumindest so weit aus meinem Kopf zu scheuchen, dass ich keinen Tobsuchtsanfall bekam. Zwar hatte ich noch nie einen gehabt, aber irgendwann war ja immer das erste Mal und ich war mir sicher, dass dieser Augenblick nicht mehr weit entfernt war, wenn ich dieses Mädchen heute noch einmal zu Gesicht bekommen würde.
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#2 Spaziergang zum abkühlen... oder auch nicht |
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Komme von: Stress und Entspannung
Nun war also die eine oder andere Stunde verstrichen und ich schlich durch die Gänge in meinem Kleid mit dem Schal um die Schultern geworfen, damit die Kälte nicht zu stechend war, die gelegentlich durch die Flure bließ. Als ich so alleine war, konnte ich meine Gedanken auch besser ordnen, obgleich die Welt sich noch etwas agehackt um mich herum bewegte, dank des Feuerwiskeys. Vielleicht war es keine gute Idee gewesen so viel davon zu trinken. Aber was sollte schon groß passieren, wenn ich alleine durch die Gänge ging? Mir viel nichts ein. Also dachte ich über mein Kleid nach und wie erleichtert ich darüber war, dass untergegangen ist, dass es technisch gesehen nicht wirklich ein Ballkleid war. Es war schwarz und ging bis knapp unter die Knie, die Ärmer hatten T-Shirtlänge und ab der Hüfte abwärts wurde es weiter, so dass es fast im neunzig Grad Winkel flatterte, wenn ich mich nur schnell genug drehte. Dies probierte ich auch gleich aus, als ich sicher war, dass niemand außer mir in diesem Gang war. Es wellte sich wunderbar bei der Bewegung und ich freute mich schon fast etwas zu sehr darüber. Nun, ich war alleine, ich konnte mir selbst gut gestehen, dass ich wohl etwas angetrunken war. Ich blickte an mir hinab und zog den runden Ausschnitt, der sich von einer Schulter zur anderen weit streckte, etwas tiefer und fand dies wiederum witzig. Ich hatte zwar nicht so viel, wie manche andere vorzuweisen, aber dieses Kleid war durchaus schmeichelhaft. Doch weil mir kalt war, zog ich den Ausschnitt doch lieber wieder etwas hoch.
Meine Schuhe tappsten lautlos über den steinernen Boden, denn sie waren flache, schlichte, schwarze Ballerinas. Ich hatte schließlich sowieso nicht vor gehabt zu tanzen. Diesen guten Vorsatz hatte ich auch eingehalten. An meiner Erscheinung war das einzig wahrlih zum Ball passende der Schmuck: Perlen am Halse und in den Ohren. Großmutters Perlen. Ich fasste mir an den Hals, wo sie kühl gegen meine blasse Haut ruhten, perfekte runde Perlen, glatt und schimmernd, wie Perlen es immer taten, obgleich ich das im schlechten Licht nicht gut sehen konnte - besonders weil sie so kurz war, dass man sie auch bei helllichtem Sonnenschein nicht am eigenen Hals sehen könnte. Nun, ich war wie gesagt etwas angetrunken. Ein Versuch war es also wert, welcher kläglich fehl schlug. Ich ließ meine Hand sinken und zog den seidigen, blass rosanen Schal enger um mich. Konnte dieser durch Zug nicht aufhören? "Brr..." frohr ich vor mich hin und entschloss, dass schneller zu gehen eine adequate Lösung sein würde, um mich etwas aufzuwärmen. Obwohl die leichte Briese dann nur mit etwas stechenderer Manier mein Gesicht und alle offenen Stellen am Körper angriff. Verdammt, ich hätte mir einfach etwas anderes anziehen sollen. dachte ich. Aber ich hatte auf der anderen Seite versucht so schnell wie möglich fort zu sein...
Ich bog um eine Ecke und konnte nur gerade so mit einem für meinen Zustand erstaunlich präziesen Schritt zur Seite vermeiden mit jemandem zu kollidieren, der scheinbar blind durch die Gegend ging. Idiot! Ich wandte mich schnell um und pöbelte dabei, "Pass doch auf wo du lang gehst, Blindschlei-" und meine Worte waren plötzlich im Hals stecken geblieben, als ich merkte, wen ich gerade fast umgerannt hatte, "Es tut mir so leid!" Stieß sie dann hervor, als hätte sie das vorherige nicht gesagt. Es war Professor Simmons welche mich ernst anblickte, dann eine leicht überraschte Augenbraue hob und schlicht sagte, "Miss Pennyfeather, achten sie doch bitte auf ihr Tempo. Wenn sie so durch die Flure rennen versauen sie sich nicht nur ihre Frisur, sie könnten noch jemanden ernsthaft verletzen." Ich dankte ihr mit aller Hast und rannte fast wieder, bevor ich mich zusammen riss und langsamer ging, denn ich konnte ihren Blick in meinem Nacken spühren. Sie war vermutlich auf dem Weg zum Ball, denn meine generelle Richtung war weg von der Großen Halle. Ich blickte noch ein mal zurück, doch sie war schon fort.
Und dann kollidierte ich wirklich mit jemandem, denn ich hatte nicht nach vorn gesehen. So hatte ich meinen Fuß gegen jemand anderes geknallt und sprang vor Schmerz aufrufend zwei Schritte urück, bevor ich laut fluchte, "Verdammte Scheiße, dieser ganze verdammte Tag geht wohl verdammt den Bach runter, verdammt!" Ich hatte scheinbar nicht viel aus meiner Begegnung mit Simmons gelernt, denn ich hatte nicht wirklich geschaut, wem ich da entgegen fluchte. Zumindest verfluchte ich die Person diesmal nicht direkt. Obwohl ich das vielleicht doch eher getan hätte, wenn ich gewusst hätte, wer es war. Denn ich hatte mir doch erst stunden zuvor geschworen diesen Kerl zu verfluchen. Aber das meinte ich Wort wörtlich, nicht nur verbal. Ich suchte nach meinem Zauberstab mit aller hast, bis ich merkte, dass ich ihn scheinbar im Schlafsaal vegergessen hatte, fluchte erneut laut und konnte nun nichts anderes mehr tun als abzuwarten, wie Jesroe reagierte. Ohne Zauberstab war nicht ganz so selbstsicher wie vorhin. Und zu allem Überfluss drehte sich die Welt um mich herum auch noch irritierend. Konnte das nicht aufhören, verdammter Feuerwiskey.
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#3 Spaziergang zum abkühlen... oder auch nicht |
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Es war aussichtslos. So sehr ich mich auch anstrengte, dieses Mädchen schaffte es immer wieder, den Weg in meine Gedanken zu finden. Und sie schnitt dabei wirklich nicht gut ab. Ich fühlte mich dabei wie eine Art Stehlampe, mit der kleine Kinder spielten und die dauernd an und ausgeknipst wurde. Sobald es mir gelang, meine Gedanken auf etwas anderes zu konzentrieren – wobei egal war, was es war, es konnte genauso gut eine Steinplatte an der Wand sein wie ein festgetretenes Kaugummi auf dem Boden – dann überkam mich glücklicherweise eine angenehme Ruhe, die ich an diesem Abend eindeutig noch nicht oft genug gespürt hatte. Sobald Penny allerdings wieder vor meinem geistigen Auge auftauchte, sprudelte die Wut nur so in mir hoch und ich war wirklich froh, dass ich niemandem begegnete, der diese Wut aus Versehen abbekommen könnte. So wütend war ich noch nie gewesen. Doch, einmal. Das war der Tag gewesen, als meine Eltern mir liebenswürdigerweise mitgeteilt hatten, dass sie ihren Sohn für irre hielten und ihn in die Klappse schickten. Vielen Dank. Hat wirklich geklappt. Zumindest haben sie damit erreicht, dass ihr Sohn sie hasst, vielleicht wollten sie das ja.
Ich hätte wohl nicht daran denken sollen. Mein Gesicht hatte sich automatisch verdunkelt und ich hatte mich nicht mehr darauf konzentriert, wo ich hinlief. Und da war es schon passiert. Jemand rannte förmlich in mich hinein – oder hatte von Anfang an vorgehabt, mir gegen das Schienbein zu treten. Scharf zog ich die Luft ein und schloss kurz meine Augen, als ich schon den Schrei der anderen Person hörte und die darauf folgenden Worte. Die Stimme kam mir leider nur allzu bekannt vor, weswegen ich meine Augen noch ein wenig geschlossen hielt und langsam bis zehn zählte. Hätte ich das nicht getan, wäre ich Penny wohl sofort an die Gurgel gegangen. Da zahlte es sich doch aus, wenn man Jahre lang daran übte, einfach ruhig zu sein und sich nicht aufzuregen. Obwohl ich mich aufregte, aber das musste sie ja nicht allzu deutlich sehen, obwohl der Zorn wohl ausnahmsweise wirklich in meinem Gesicht stand. Vielleicht bekam sie ja Angst, mir wäre das ganz recht.
Es sah sogar so aus, als hätte sie das wirklich. Gut, keine Angst, das wäre übertrieben, doch da sie recht hastig nach ihrem Zauberstab suchte war sie wohl nicht allzu gelassen. Diese Erkenntnis lockte mir ein recht spöttisches Lächeln auf die Lippen, welches noch ein wenig spöttischer wurde, als sie abermals fluchte. “Du wirst doch wohl nicht glauben, dass du deinen Zauberstab brauchst.“ Der Spott verschwand aus meinem Lächeln und es wurde eher freudlos, was mir selber allerdings nicht wirklich auffiel. “Oder hältst du mich für so gefährlich?“ Vielleicht hätte ich sie das gar nicht fragen sollen. Würde sie mit ‚ja’ antworten, dann würde mir die Antwort nicht gefallen. Mit Schrecken merkte ich, dass mich das sogar ziemlich stören würde. Wütend auf mich selbst flammte mein Zorn wieder auf und kurz wandte ich mich ab, um sie nicht weiter ansehen zu müssen, da ich sonst sicher die Beherrschung verlieren würde. So hatte ich mich schon lange nicht mehr gefühlt und eigentlich hatte ich mich auch nicht mehr so fühlen wollen. Das Einfachste wäre es wohl, sie einfach zu verfluchen oder anderweitig zu verzaubern, damit ich keine weiteren Probleme mehr hatte. Da gab es nur einige Nachteile. Zum Beispiel könnte ich von der Schule fliegen, wobei es mir sehr wichtig war, diese abzuschließen. Außerdem wollte ich sie gar nicht verzaubern, da sie dann nicht mehr Penny wäre und irgendwie mochte ich sie ja. Wäre das nicht der Fall, dann wäre es mir wirklich egal, wie sie über mich denken würde, doch da es das nicht war…
Langsam drehte ich mich wieder zu ihr um. “Willst du sofort weiter herumschreien oder brauchst du noch ein wenig Zeit, um die schrecklichsten Worte für mich zu finden, die es gibt?“ Durch meine kleine Pause eben hatte ich es geschafft, meinem Gesichtsausdruck wieder eine gewisse Ausdruckslosigkeit zu verleihen, worüber ich recht froh war. Sie sollte nicht merken, wie sehr mir die Sache nachging und eigentlich wollte ich selbst es auch nicht merken.
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#4 Spaziergang zum abkühlen... oder auch nicht |
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Dieser Typ ließ wahrlich keine Situation aus mich noch ein mal auf die Palme zu treiben. Nicht nur hielt er einen Moment die Augen konzentriert geschlossen, bevor er mich an sah, als hätte er Grund sich beruhigen zu müssen. Nein, dann trug er auch noch in den folgenden Momenten ein so widerlich spöttisches und selbstsicheres Grinsen auf den Lippen, als würde er mich nur so auffordern ihn zu verhexen. Nur, dass ich ohne Zauberstab nicht weit kam. Ich hätte ihm ja eine Ohrfeige pfeffern können, nur dass ich mich momentan nicht ganz fest auf den Beinen stand. Warum war nur alles so schwummrig, außen so wie in mir. Alles in allem schien alles darauf ausgelegt mir schlechte Karten in die Hand zu spielen. Ud zu allem Übfluss stellte er auch noch eine Frage, mit diesem Grinsen, welche ich nicht zu beantworten wusste. Mir steckten die Worte wieder im Halse fest, so dass ich meinen Mund ein oder vielleicht sogar zwei mal auf und zu machte wie ein Fisch an Land. Dann schloss ich die Lippen fest und sah wie sein Grinsen etwas zusammen sackte und noch etwas schlimmeres wurde. Fast wie abscheu oder dergleiches. Kein spielerischer Charme, kein Sarkasmus, nur etwas, dass einen bitteren Nachgeschmack auf der Zunge hinterließ.
Was antworten? Ich schluckte das trockene im Hals runter und fand meine Stimme erneut, "Gefährlich vielleicht nicht, aber vertrauenswürdig eben so wenig." stieß ich das erste hervor, was mir in den Sinn kam. Er hatte ich bereits von mir abgewandt und ich nuzte den kurzen Augenblick, um mich gegen eine Wand zu lehnen und meine Kräfte zu sammeln. Meine Sinne hinkten allem gerade etwas hinterher und ich hatte das gewaltige Bedürfnis mich auf den Boden zu setzen und zu lachen oder soetwas. Doch ich musste mich nun zusammen reissen, mich beherrschen. Der verdammte Feuerwiskey machte es mir wirklich schwer, aber ich war stärker. Das sagte ich mir in jedem Falle, stieß mich wieder von der Wand ab und suchte meine Füße fester auf den Boden zu kriegen. Ich richtete meine Haare kurz, die beim herumdrehen und Kartenspielen und allem etwas konfus geworden waren. Das war ein Reflex, der beruhigend auf meine Nerven wirkte. Diese waren nämlich aufgerieben aber für meine Vehältnisse ungewöhnlich... sabschig? Der elende Trunk.
Von seiner tiefen Abneigung hatte er sich scheinbar wieder erholt und war nun wieder zur gewohnten Ausdruckslosigkeit zurückgekehrt, als er sich mir zuwandte. Doch ich wusste, dass das Unsinn war. Innerlich spührte er es noch immer, wie ein Vulkan, der nur darauf wartete, dass ein kleines Erbeben ihn aufrüttelte, damit er einen legitimen Grund hätte auszubrechen. Sollte ich ihm einen solchen Grund liefern und es darauf anlegen? Ohne Zauberstab war das vielleicht nicht schlau, aber was würde er schon groß machen? Sicherlich war es ihm doch nicht so viel wert, dass er vo der Schule geschmissen werden wollte, oder? Ich war mir nicht so sicher, wie es der logische Gedankengang eigentlich war. Ich erkannte nur meine eigene Machtlosigkeit, ich hatte nichts außer den Worten, mit denen ich Schaden anrichten konnte. Und nun fragte er auch noch, ob ich gleich schreien wolle, oder lieber darüber nachdenke, welches die schlimmsten Worte für ihn wären, die mir einfallen. Ich biss mir auf die Unterlippe und fauchte dann, "Das Grübeln lohnt sich doch nicht, du bist doch ein Gefühlsklotz, da prallt alles sowieso ab, richtig? Oder wie soll man deinen Ausdruck interprätieren?" Ich war sicher, dass ihn das nerven würde, so wütend wie er gerade zuvor gewirkt hatte. Aus igendeinem Grunde hatte ich das Gefühl eine neue Macht gewonnen zu haben. Ich war überzeugt, dass ich ihn ebenso auf die Palme treiben könnte. Oder das hoffte ich zumindest, "Keine Ahnung, warum es dich vorhin nicht so kalt gelassen hat." Meinte ich dann gespielt unschuldig und doch voll hohn. Irgendetwas gab es dort, was es aufzudecken galt!
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#5 Spaziergang zum abkühlen... oder auch nicht |
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Ich wusste wirklich nicht, ob ich lachen oder noch wütender werden sollte, als Penny mir herrlich zeigte, dass sie mit der Situation etwas überfordert war. Wenn ich nicht wusste, was ich sagen wollte, dann sagte ich nichts und zeigte auch nicht, dass ich eigentlich etwas sagen wollte. Sie allerdings schien gerade wie ein zu trocken geratener Fisch auf einem Sandstrand mühsam zu versuchen, etwas mehr Wasser abzubekommen. In irgendeiner Weise schien sie es jedenfalls geschafft zu haben, ihre Stimme wieder zu finden, sodass ich mich nicht in aller Eile entscheiden musste, wie ich reagieren sollte, oder ob ich es ignorieren sollte. Letzten Endes reagierte ich einfach überhaupt nicht. Da mir erstens nicht nach Lachen zumute war und ich zweitens wohl kaum noch wütender werden konnte. Außerdem hatte ich ja eh nicht genug Zeit, um mich in Ruhe zu entscheiden. So starrte ich sie einfach weiter an. Vielleicht brachte sie das ja noch mehr aus dem Konzept, denn wenn ich etwas wirklich gut konnte, dann war es andere Leute ausdruckslos einfach nur anzustarren. Es war wirklich beeindruckend, wie die anderen dann unruhig wurden.
Doch ehe ich mich weiter in diesen Gedanken vertiefen konnte, lenkten mich Pennys Worte davon ab. Gut, sie hielt mich nicht für gefährlich, doch ob mir die Alternative da besser gefiel, das wusste ich nicht. Genau genommen würde ich wohl lieber für gefährlich gehalten werden, als für nicht vertrauenswürdig. Denn ich war vertrauenswürdig. Darüber, ob ich gefährlich war, hatte ich mir noch nie sonderlich viele Gedanken gemacht, vielleicht sollte ich damit mal anfangen. Doch nicht jetzt und wohl auch nicht mehr heute. So nickte ich nur langsam auf ihre Worte, wobei sich meine Kieferknochen aufeinander pressten. “Dann ist ja gut“, meinte ich leise. Was sollte ich auch sonst sagen? ‚Eigentlich wäre es mir lieber, du würdest mich für vertrauenswürdig halten’? Das tat sie eh nicht, sonst hätten wir uns diesen Abend wohl nicht ganz so angestellt, wie wir es getan hatten. Obwohl ich immer noch nicht genau wusste, wieso sie so dachte wie ich dachte, dass sie dachte. Vielleicht dachte ich auch einfach nur zu viel. Das war schon öfters mein Problem gewesen.
Irgendwie schien sie nicht ganz so zu sein, wie sie sonst war. Zwar kannte ich den Grund nicht, doch sie verhielt sich irgendwie etwas anders, obwohl ich auch nicht genau sagen konnte, wie ich auf diese Idee kam Vielleicht, weil sie sich auf die Unterlippe gebissen hatte, bevor sie mich so nett angefaucht hatte? Wirklich, keine Ahnung. Auf so etwas achtete ich normalerweise nicht wirklich, außerdem sollte ich jetzt eine passende Antwort parat haben, denn wenn es nun auf ein Wortgefecht hinauslaufen würde – was es bestimmt tat – dann wollte ich nicht derjenige sein, der als erstes keine Antworten mehr fand. Obwohl ich in dieser Situation wirklich nicht wusste, ob mir das gelingen würde, dieses Mädchen schaffte es doch tatsächlich, dass ich nicht mehr immer wusste, was ich sagen sollte.
“Richtig, da prallt alles ab“, wiederholte ich ihre Worte mit recht monotoner Stimme. Ich war mir sicher, dass ich meine Wut nicht mehr zurückhalten könnte, wenn ich jetzt noch irgendeine Gefühlsregung von mir gab. Sollte sie also im Moment gerne denken, dass an mir alles abprallte, vielleicht ließ sie mich dann ja sogar in Ruhe. Denn wenn ich genau darüber nachdachte, mochte ich sie zwar, doch sie hatte mir bis jetzt immer nur Kopfschmerzen bereitet. Das lohnte sich nicht. Da sollte ich es lieber hinbekommen, dass sie sich nicht mehr über mich aufregte und… meine Augen verengten sich etwas, als ich ihre nächsten Worte vernahm. Es waren nicht einmal die Worte – obwohl sie auch eine beträchtliche Rolle spielten – sondern eher der Hohn und dieses Unschuldsgehabe, was mich noch mehr aufregte. Unbewusst atmete ich tief ein. Ruhig bleiben, ganz ruhig bleiben. Langsam wandte ich mich von ihr ab. 1…2…3…4…..scheiß drauf! Mit Schwung drehte ich mich wieder zu ihr, die Faust wie zum Schlag erhoben, nur damit eben diese mit einem dumpfen Aufschlag einige Zentimeter neben Pennys Kopf gegen die Wand krachte. Mein Gesicht war verkrampft und nur langsam trat ich einen Schritt von ihr zurück. Ich hätte nie gedacht, dass Schmerz so entspannend sein konnte. Nun, er war nicht wirklich entspannend, doch er lenkte mich von unliebsameren Gedanken ab. Wieder trat ich einige Schritte zurück, bis ich gegen die gegenüberliegende Wand stieß und mich dort anlehnte. Während mein Gesichtsausdruck wieder so ausdruckslos wurde, wie man es wohl von mir gewohnt war, starrte ich auf irgendeinen Punkt über Pennys Kopf. Ich wusste, dass das nicht richtig gewesen war, doch sie sollte froh sein, dass ich wirklich vorgehabt hatte, die Wand zu treffen, ansonsten wäre das für sie wohl nicht so gut ausgegangen. Zudem würde sie jetzt vielleicht wegrennen, das wäre wohl das Beste, was mir passieren könnte, dann könnte ich das Gewissen, welches sich gerade in mir meldete, ausschalten, so tun als wäre nichts passiert, in den Schlafsaal verschwinden, mich hinlegen und wieder einen verdammten Alptraum haben. Wunderbare Idee…
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#6 Spaziergang zum abkühlen... oder auch nicht |
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Die Indifferenz die seine Worte erklärten, dann sei ja alles gut, waren nicht gerade, was sein leiser Ton andeutete. Des weiteren war dieses Nicken zuvor ungewöhnlich verkrampft gewesen. Ich merkte, wie ich den einen oder anderen Hieb richtig gesetzt hatte. Oder umindest ansatzweise. Ganz ins Shwarze war noch nichts gegangen. Auch auf meine weiteren Worte, er sei gefühlskalt und alles pralle an ihm ab waren nicht genug, um ihn richtig rasend zu machen. Er bestätigte nur, was ich sagte und schien mit absolut leerer Miene darauf zu warten, was ich als nächstes von mir gab. Und als ich hervor stieß, mit meiner gespielten Uschuld, dass er zuvor nicht so neutral gestellt schien hatte ich dann scheinbar meinen gewünschten Treffer erzielt. Seine Augen verengten sich zu äußerst wütenden Schlitzen die mich wie Blitze erfassten und ich erstarrte kurz in diesem Augenblick des Hohns in meinem Lächeln. Jetzt sollte er endlich losbrüllen, dann würde mir sicher eine gute Antwort einfallen, denn er war etwas aus der Balance geworfen, als hätte er nicht erwartet, dass ich die schmutzigen Tricks des Krieges anwenden würden. Tja, falsch gedacht. Ich sah wie er tief einatmete, als müsse er sich sehr beherrschen und versuche er noch zudem eine gute Antwort zu finden. Dann wandte er sich langsam ab. Ich war fast sicher, dass er jetzt einfach davon dampfen würde.
Doch da hatte ich definitiv auch mal falsch gedacht und ich hätte keine Möglichkeit gehabt das folgende vorherzusehen. Mit einem mal, nach kaum fünf Sekunden drehte er sich so ruckartig um, dass ich ein Stück gegen die Wand zurück schreckte und meine Augen zu kniff, denn seine Faust schien mit der Wucht der Drehung auf mich zu zu fliegen. Ich hatte nichteinmal genug Zeit, um meine Hände schützend vor mich zu halten. Doch dann kam der dumpfe aber prägnante Aufprall der Faust gegen die Wand, wenige Zentimeter von meinem Ohr entfernt. Meine Augen öffneten sich schreckartig und aber mein Atem stockte mir im Halse. Der Rausch war für diesen Augenblick wie weggeweht und ich starrte nur gerade aus in Jesroes Gesicht, dass nach der Aktion schon etwas schmerzverzogen war. Ich konnte mich nicht bewegen und vergaß das Atmen ganz. Meine Schultern waren hochgefahren und dort erstarrt, mein Rücken berührte kalte Steine, doch die Wut die von vor mir brannte wie Feuer ließ alle diese anderen Unannehmlichkeiten verblassen. Ich war zu dem auch im Gedanken stecken geblieben, in einer völligen Fassungslosigkeit. Und auch als er sich langsam wieder ein Schritt, dann zwei und drei von mir weg ging, so dass er auf der anderen Seite des Ganges an die Wand stieß, schien noch nichts in mir zu funktionieren.
Dann erinnerte ich mich wieder an die Notwendigkeit von Sauerstoff und zog einen scharfen Atemzug in die Lunge, der mich direkt danach erzittern ließ und in die Knie zwang. Weder Körper noch Geist hatte die Kraft sich dagegen zu wehren und ich sank zu Boden, wo ich wie eine Marionette seitlich an die Wand gelehnt saß, die Augen starr den Flur entlang gerichtet, wo nur Dunkelheit zu finden war. Es schien wieder etwas vom Feuerwiskey zurückzukehren und ein bizarrer Moment verstrich, in welchem ich wieder hätte lachen können. Aber er verstrich und kein Muskel regte sich in meiner erschlafften gestalt. Mein Gesicht war nur plötzlich sehr heiß geworden und mein Herz pockte mir bis in den Hals. Ich konnte es laut und deutlich hören, als wenn mir jemand den Takt ins Ohr brumme. Verdammt, nun waren meine Augen feucht geworden. Das half mir wieder etwas Kontrolle zu gewinnen, und ich blinelte stark als ich einen weiteren zittrigen Atemzug schluckte.
"Du... du bist verrückt." entschloss ich plötzlich leise und viel mehr zu mir selbst, als wirklich zu ihm, obgleich ich ihn direkt ansprach Ich sah ihn nicht an. Ich hatte tatsächlich für einen Moment geglaubt, dass er mir den Schädel mit der Faust einschlagen wollte. Und es machte mir gewaltige Angst, "Du..." die Artikulation versagte und die warmen Tränen rollten über meine Wange. Lange hatte ich mich nicht mehr so erschrocken. Ich war nicht traurig oder wütend oder enttäuscht oder sonst etwas. Schlicht in völligem Schock, absolute Fassungslosigkeit, die mich erstickte. Ach und der Alkohol half den Tränen auch, "Immer so... gleichgültig, dann... wütend. Erst schreit er... ich soll ihn in Ruhe lassen... und dann... wieso gehst du... nicht... dann einfach selbst?" meine Worte wurden ein Fragment fast unverständlichen Gestammers, dass wie die Tränen einfach so heraus tröpfelte. Er hatte mir einen gewaltigen Schrecken eingejagt.
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#7 Spaziergang zum abkühlen... oder auch nicht |
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Mein Kopf war wie leergefegt, während ich darauf wartete, dass sie einfach wegging. Mir war noch immer nicht ganz klar, was ich da gemacht hatte. Natürlich, ich wusste was ich gemacht hatte, aber nicht wirklich, wieso ich es gemacht hatte. Es hatte mir einfach weg getan, wie sie mich so angesehen hatte. Und nicht nur das, es tat mir verdammt weh, dass sie anscheinend ein völlig falsches Bild von mir hatte. Doch genau das wollte ich nicht. Beides wollte ich nicht. Ich wollte nicht, dass sie mir weh tat und ich wollte nicht, dass sie ein falsches Bild von mir hatte. Doch ich würde nicht die Worte finden, ihr das beides zu sagen. Nein, genau genommen hätte ich Angst davor, ihr das zu sagen. Es brachte nichts, über seine Gefühle zu sprechen, wenn man damit anfing, dann wollten nur alle einem helfen und Hilfe hatte ich in meinem Leben schon mehr als genug gehabt.
Nur aus den Augenwinkeln bemerkte ich, wie Penny langsam in sich zusammensackte und nur der Gedanke daran, wie sehr ich sie erschreckt hatte, brachten mich dazu, meine Hände zu wieder zu Fäusten zu ballen, wobei ich mir wieder dem Schmerz bewusst wurde. Wahrscheinlich ging es meinen Fingerknöcheln nicht allzu gut, vielleicht bluteten sie sogar ein wenig, doch wenn, dann war mir das egal. Hauptsache, der Schmerz blieb noch eine Weile, um mich von meinen miesen Gedanken abzulenken. Das allerdings ging nicht wirklich einfach, denn als Penny nach einigen Sekunden immer noch nichts von sich gegeben hatten, wanderten meine Augen zu ihr, doch sie starrte nur den Gang hinunter. Verdammt, ich hatte sie wohl wirklich zu Tode erschreckt. Das war nicht meine Absicht gewesen, doch hinterher war man immer schlauer. Außerdem wurde mir erst jetzt bewusst, dass ich mich wohl gar nicht daran hätte hindern können. Schon ein oder zwei Mal in meinem Leben war mir etwas Ähnliches passiert. Wenn ich einmal wirklich sauer war, dann war es, als würde mein Hirn die Funktionen abschalten und sich ganz der Wut hingeben. Das hatte ich noch nie beherrschen können, da sollte ich dringend etwas machen, bevor ich wirklich mal jemanden verletzte, das könnte mir meine ganze verdammte Zukunft versauen.
Pennys Worte rissen mich schließlich wieder in die Realität zurück und obwohl sie es nicht sehen konnte, musste ich auf ihre leicht gestotterte Feststellung recht freudlos lächeln. Ja, das hatte ich schon öfters zu hören bekommen. Komischerweise immer nur von den Leuten, die ich wirklich gern gehabt hatte. Das sollte mir wohl zu denken geben. Gerade, als ich es mir in einer kleinen Portion Selbstmitleid bequem machen wollte, sprach sie weiter und obwohl sie mich nicht ansah konnte ich die Tränen sehen, die ihre Wangen hinunter liefen. In einer recht hilflosen Geste fuhr ich mir durch die Haare. Irgendwie war das alles nicht so gelaufen, wie ich es gern gehabt hätte und dies hier war eindeutig der Höhepunkt alles Übels. Nicht wirklich wissend, was ich machen sollte, trat ich zu in ihre Richtung und ließ mich ebenfalls auf den Boden sinken, um nicht auf sie hinuntersehen zu müssen. Oder damit sie nicht zu mir hinauf sehen musste. Den wirklichen Grund wusste ich selbst nicht genau.
Ihre nächsten Worte veranlassten mich allerdings sofort zu einem Stirnrunzeln. Im ersten Augenblick hatte ich wirklich absolut keine Ahnung, was sie mir damit sagen wollte. Obwohl ich es mir schon irgendwie denken konnte. Und irgendwie hatte sie Recht. Ihr gegenüber war ich immer recht gleichgültig aufgetreten – außer in den Momenten, als ich ihr gezeigt hatte, dass mir nicht ganz so gleichgültig war und die sie wohl falsch interpretiert hatte. Ja, wieso ging ich eigentlich nicht einfach selbst? Weil ich mir das wohl nie verzeihen könnte. Ich könnte sie nicht hier einfach auf dem Boden sitzen lassen. Wahrscheinlich würde sie dann noch die nächsten drei Tage einfach nur hier herumsitzen. Zudem wollte ich, dass sie mich verstand, was wohl ein recht schwieriges Unterfangen war, wenn man bedachte, dass ich mich selbst oft genug nicht verstand.
“Es tut mir leid“, begann ich leise, wobei auch ich nun einfach in den Gang starrte. Es war wesentlich einfacher, nur mit der Dunkelheit zu reden als mit Penny. “Das eben wollte ich nicht, es ist einfach so passiert. Du hast…“ Ohne es zu wollen stockte ich, bevor ich einmal tief schluckte. “Du hast mich wütend gemacht, nachdem du…“ …mich wirklich verdammt verletzt hast. Doch das brachte ich nicht über die Lippen. Wahrscheinlich würde sie mir das eh nicht glauben, schließlich dachte sie, ich sei irgendein Casanova und hielt das hier auch für eine meiner Maschen. Das Beste wäre es wohl wirklich, einfach aufzustehen und abzuhauen, doch da waren meine Muskeln wohl anderer Meinung als mein Hirn und so blieb ich sitzen und starrte weiter in die Dunkelheit. Ich hatte mir das Leben irgendwie wesentlich einfach vorgestellt.
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#8 Spaziergang zum abkühlen... oder auch nicht |
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Ich war etwas irritiert, aber dennoch regungslos, als Jesroe sich näherte und dann mitten in den Gang setzte. Ich sah nicht direkt zu ihm, nur war mein Blick etwas an die gegenüber liegende Wand gerutscht, statt ganz starr den Gang hinunter. Die Wand war sicher. Ich muss gestehen, dass ich noch nicht wusste, was er als nächstes tun würde. Den Schrecken, den er mir gerade eingejagt hatte musste ich nun ersteinmal verdauen. Und während ich endlich etwas Kraft nahm, um mir die nervigen Tränen von den Wangen zu wischen, schaukelte meine Umgebung etwas. Und mir war auch etwas schlecht. Der Feuerwiskey wollte sich an mir rächen. Doch ich unterdrückte die Übelkeit mit aller Kraft. Schlimm genug, dass ich schluchzte und es mir peinlicher wurde, mit jeder Sekunde die sich vom Einschlag Jesroes Faust in der Wand entfernte. Ich musste jetzt nicht auch noch kotzen. Lieber würde ich sterben. Kein Scher, ganz ernsthaft, Tod über so eine Blamage. Ich erholte mich langsam von der Fassungslosigkeit und versuchte meine Gedanken noch über die Kontrolle der Übelkeit hinaus zu ordnen. Was nun?
Er hatte sich gesetzt und ich wusste nicht, ob er dies tat, um mich einfacher und gezielter erreichen zu können, falls ich wieder etwas äußerte, was ihm nicht gefiel. Oder ob er nun bereute, was gerade geschehen war. Oder gar noch ganz andere Dinge. Aber was sollte ich jetzt tun? Ich war schwächlich, hatte keine Magie und meine Stimme steckte mir wie ein Kloß im Hals. Der Tränenfluss hatte nachgelassen, doch wenn ich den Kopf zu schnell bewegte fühlte es sich an, als würde mein Gehirn an die Innenwände meines Schädels knallen. Und meine Sicht war unglaublich träge. Die Lichter der Fackeln weiter den Gang hinunter leuchteten für meine überreizten Nerven wie die Sonne, mitten in der Nacht. Das alles war zu viel. Und doch konnte ich nichts tun als es zu ertragen und die Augen zu schließen, und mich so wenig wie möglich zu bewegen. So dröhnte der Schädel etwas weniger.
Und dann brach seine leise Stimme die schier endlose Stille davor und es war eine nur halb erwartete Entschuldigung. Überraschend genug, in jedem Falle, um meinen Kopf kurz in seine Richtung schnappen zu lassen, bevor ich mir die Hand an die Stirn klatschte, irritiert stöhnte und mich wieder mit dem Kopf gegen die Wand lehnte. Die Augen zu. Er hätte das eben nicht gewollt, es sei alles einfach so passiert und ich... er stockte hier bemerkbar und ich fragte mich, was er in dieser Sekundenpause wohl dachte, was ihm durch den Kopf ging, was genau von meinem Gesagten ihn so wütend gemacht hatte. Es sei so wütend gewesen, als ich... als ich was? Verdammt, volle Sätze! OK, ich durfte mich kaum beschweren bei meinem Geplapper nur Sekunden zuvor. Es war ein Wunder, dass er überhaupt etwas verstanden hatte. Gut, technisch gesehen hatte er nicht direkt auf eine Frage geantwortet. Dies hätte er auch sagen können, ohne meinen Schock zu verstehen, den ich kläglich versucht hatte zu äußern.
Ich drehte de Kopf dieses Mal extrem langsam, entfernte ihn dabei auch nicht direkt vom schützenden und kühlenden Kontakt mit der Wand. Er war in meinem Sichtfeld und starrte, wie ich eben, den Gang hinunter, wo nichts war. Es hätte mich mehr überrascht, wenn er mich angesehen hätte. Er schien nicht wie ein Kerl, der in seinen ehrlichen Momenten seinen Gegenüber ansieht - es sei den es handle sich um Wut. Das hatte er eben und auch zuvor am Abend bewiesen.
"Wieso?" murmelte ich durch meine unwilligen Lippen, die es kaum schafften einen Spalt für das Entweichen eines Tones zu öffnen, "Sag mir die Wahrheit. Dann..." mein Kopf fiel in meinen Nacken zurück. Es war so angenehm die Augen so zu schließen, "Dann lasse ich dich für immer allein. Nur sag mir die Wahrheit. Die Decke war gewölbt und ließ dadurch kein Licht an sich. Sie war stock duster. Und langsam wurden auch meine ganzen Vermutungen über Jesroe etwas... verzerrt und unklar. Sein Verhalten war nicht ganz in einer Linie mit allem... etwas stimmte nicht. Und die Realisation war ernüchternd, "Kann es sein, dass Charline... etwas übertrieben hat, als sie von ihrer Begegnung mit dir in der Bibliothek erzählt hat... vor ein paar Monaten... da hat sich alles aufgestaut und..." ich sprach wahrlich mit mir selbst, denn die Worte verließen meine Lippen kaum.
Sagen wir so, es fiel mir wie Schuppen von den Augen. Ich glaubte doch sonst nich so zweifelsfrei was sie mir sagte. Natürlich, technisch gesehen log sie nicht, dazu hatte sie nicht das Feingefühl. Selbst wenn sie es versuchen sollte würde sie wissen, dass ich dahinter käme. Nein, eher wäre sie verlegen und würde lieber ganz schweigen, wenn es ein Geheimnis gab. Doch kannte ich keines, was sie je hätte für sich behalten können, oder auch müssen. Nein, Charline war nur... eine Übertreiberin. Sie fand Dinge nicht nur Schlimm, sie fand sie soooooooooo schrecklich. Und niedlich würde zu das niedlichste Etwas der gesamten Galaxie morphen. Und baggerte sie jemand an, so hätte er sie gleich vergewaltigen können. Und war ihr jemand sympathisch, und er war nett, dann... oh Gott, was hatte ich mir dabei gedacht? Denn in diesem Licht passte plötzlich alles. Seine Wut, seine Fassungslosigkeit, sein Sarkasmus. Plötzlich sah ich wahrlich wie eine leichtgläubige Idiotin aus. Ich drehte mich, so dass ich seitlich zur Wand saß, zog die Beine an, umarmte sie und vergrub mein Gesicht in meine Knie, "Ach du Merlins verdammte Scheiße." verfluchte ich meine Knie und klopfte meinen Kopf leicht gegen sie. Nicht zu doll, denn er pochte noch immer. Nur genug, um mir selbst meiner Dummheit bewusst zu sein.
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#9 Spaziergang zum abkühlen... oder auch nicht |
Antworten
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Ich hätte nie gedacht, dass mir eine Konservation so schwer fallen konnte. Obwohl dies ja auch keine wirkliche Konversation war. Wir saßen hier auf dem Flur, starrten beide ins Dunkel und… hingen unseren Gedanken nach? Ich wusste nicht, was sie tat. Eigentlich wusste ich nicht einmal, ob sie noch ins Dunkel starrte. Vielleicht hatte sie sich schon wieder gefangen, vielleicht starrte sie auch irgendwo anders hin und vielleicht stand sie jeden Moment auf und verschwand. Verübeln könnte ich es ihr nicht. Allerdings würde ich dann – im Gegensatz zu vorhin – nicht erleichtert sein. Im Moment wollte ich eher, dass sie mich verstand. Am Besten auch noch ohne, dass ich es ihr erklären musste. Denn das wäre für mich wirklich schwer gewesen. Wirklich verstehen tat ich mich im Moment auch nicht und das wäre für eine Erklärung wohl die Grundvoraussetzung gewesen, wenn ich mich nicht in hilflosem, unzusammenhängendem Geplapper ergehen wollte. Und das hatte ich wahrlich nicht vor.
So starrte ich also weiterhin schweigend in die Dunkelheit, darauf wartend, dass sie irgendetwas sagte oder tat. Komischerweise hatte ich nicht einmal wirklich das Bedürfnis sie anzusehen, allein aus dem Grund, weil ich Angst davor hatte. Ich hatte wirklich Angst davor. Obwohl es eher die Angst war, wieder etwas zu tun, was ich später bereuen würde. Wobei es nicht unbedingt wieder ein Schlag gegen die Wand sein musste. Was mich auch gleich wieder an meine Hand erinnerte. Der Schmerz war zu einem weit entfernten Pochen geworden und nur um irgendetwas zu tun, außer weiterhin vor mich hinzustarren, hob ich meine Hand, um zu sehen, was passiert war. Nicht wirklich viel. Ein paar Schrammen an den Knöcheln. Es blutete nicht einmal, obwohl das Blut neckisch hinter der aufgekratzten Haut hervorlugte, als würde es nicht davor zurückschrecken, doch jeden Moment hervorzukommen. Doch das tat es nicht. So ließ ich meine Hand wieder sinken, um weiter nichts zu tun, außer zu starren und auf Worte zu warten.
Und da kamen sie auch schon. Allerdings mit einer Frage vorneweg, die ich wirklich nicht zufrieden stellend beantworten könnte. Die nächsten Sätze veranlassten mich dazu, meinen Kopf wieder zu ihr zu wenden, doch statt der Wut, die ich wieder erwartet hatte, erfüllte mich eine gewisse Resignation. Nein, sie würde es wohl nicht verstehen und vielleicht war es auch besser so. Das würde uns beiden wahrscheinlich noch eine Menge Probleme ersparen. Wir würden uns einfach die restliche Schulzeit über ignorieren, dann klappte das schon. Gerade, als ich ihr das vorschlagen wollte, redete sie weiter, wobei mir bewusst wurde, dass sie wohl doch langsam verstand. Es war auch das erste Mal, dass mir wirklich klar wurde, dass ich bisher noch nicht wirklich viel dazu beigetragen hatte, um ihr zu helfen, zu verstehen. Doch wie sicher schon öfters bemerkt mangelte es mir in solchen Beziehungen etwas am Fingerspitzengefühl.
“Ich weiß nicht, was Charline erzählt hat. Ich weiß nur, dass ich mir ihr sicher nichts anfangen würde oder irgendetwas mit ihr vorhabe. Sie ist ganz niedlich, doch man kann sie wohl nur mögen, wenn man sie als eine Art kleine Schwester betrachtet und genau das ist der Fall.“ Meine Stimme hatte wieder etwas mehr Ton gewonnen und sogar ein leicht schräges Lächeln zeigte sich auf meinen Lippen, als ich an Charline dachte. “Obwohl ich zugeben muss, dass es mir wirklich öfters so vorkam, als hätte sie das alles etwas anders verstanden.“ Und das stimmte wirklich. Ich erinnerte mich nur zu gut an ihren verträumten Blick auf dem Ball. Da hatte ich mich wirklich unwohl gefühlt, doch im Moment wäre mir das wohl noch lieber, als dieses Gespräch, obwohl es gerade wieder etwas bergauf ging.
Penny allerdings schien sich gerade reichlich zu ärgern, als sie sich halb umdrehte, die Arme um die Beine schwang und etwas unverständliches – Merlins Scheiße?? – sagte, während sie ihren Kopf auf ihre Knie schlug. Oder klopfte. Recht schmerzhaft sah es nicht aus, so leicht, wie sie es machte. Jetzt hatte ich nur wieder ein Problem. Was sollte ich tun? Meine erste Reaktion wäre gewesen, ihr meine Hand auf die Schulter zu legen, allerdings wusste ich im Moment wirklich nicht, wie Penny auf mich zu sprechen war. Ich war mir zwar recht sicher, dass sie nicht mehr so sauer auf mich war wie zuvor, doch dass sie mich jetzt auf einmal mochte, das bezweifelte ich auch recht stark. So sah ich ihr erst einmal einige Sekunden dabei zu, ehe ich doch etwas näher an sie rückte. “Ich bin mir recht sicher, dass, egal worauf du jetzt sauer bist, deine Knie nichts dafür können.“ Gut, recht einfallsreich war es nicht, aber immer noch besser, als gar nichts zu sagen.
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